ISH GIBT NACH

Nachdem er zuerst wichtig über geänderte Kündigungsfristen doziert hat (siehe diesen Beitrag), zieht Kabelnetzbetreiber ish jetzt den Schwanz ein. Die Kündigung wird zum korrekten Termin bestätigt, der sich aus dem eigenen Vertragsformular und den – niemals geänderten – Besonderen Geschäftsbedingungen ergibt.

Vorsorglich fragt die Firma auch gleich, wohin sie den Monatsbeitrag hin überweisen soll, den sie zuviel eingezogen hat.

LIEBER ENGLISCH

Ich habe versucht, mit dem Stationsarzt in einer psychiatrischen Anstalt zu telefonieren. Es geht um einen Mandanten, der dort behandelt wird.

Leider spricht der Arzt schlecht deutsch. So schlecht, dass es unmöglich war, sich bei Detailfragen – zum Beispiel eine Drogensubstitution – auch nur ansatzweise zu verstehen. Ich schlug vor, das Gespräch in englischer Sprache fortzusetzen. Er nahm das Angebot dankend an.

Wie sich herausstellte, ein netter und bemühter Kerl – soweit es die Umstände zulassen. Wie er seine Patienten aber behandelt, wenn er sie nicht versteht, ist mir ein Rätsel. Vielleicht ist es halt doch eher nur eine Unterbringung.

WAHL-GEHEIMNIS

Einem Journalisten des heise-Verlags werden Informationen über die Funktion der Wahlautomaten vorenthalten, die in Deutschland eingesetzt werden. Dem Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz setzt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt das Urheberrecht entgegen.

Das könnte rechtlich problematisch werden, worauf heise online hinweist:

Nach den einschlägigen Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung sind Stimmerfassung und Auszählung allerdings grundsätzlich öffentlich. „Während der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses hat jedermann zum Wahlraum Zutritt, so weit das ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist“, heißt es beispielsweise im Paragraphen 54 der Bundeswahlordnung. Auf diese Weise soll sich jeder Bürger vom korrekten Ablauf der Wahl überzeugen können.

Bei der Verwendung von Wahlcomputern, bei denen die Ermittlung und Feststellung der Ergebnisse im Inneren des Gerätes stattfinden und deswegen nicht beobachtet werden können, wird diese Kontrollmöglichkeit des Souveräns nun ausgehebelt – stattdessen entscheidet offensichtlich ein privates Unternehmen darüber, wie öffentlich politische Wahlen künftig noch sein werden.

STRASSENKIND

Ein vor einer Woche auf dem Weg ins Krankenhaus geborenes Mädchen wird künftig in seinem Ausweis einen ungewöhnlichen Geburtsort stehen haben: auf der Fahrt zwischen Jena und Sulzbach-Rosenberg.

Laut Spiegel online haben die Eltern rechtlich schlechte Karten, wenn sie den Eintrag in die Geburtsurkunde gerichtlich verhindern wollen. Die Entscheidung des Standesbeamten ist jedenfalls nach Auskunft des Innenministeriums Thüringen auf der Basis des einfachen Rechts rechtlich korrekt. Ob sie auch mit der Menschenwürde vereinbar ist, hat man wohl eher nicht so intensiv geprüft.

Man stelle sich außerdem mal vor, das wäre dem Leimener passiert. Oder der Brühlerin.

SCHWEIGEN ZUM TODESSCHUSS

Selbst vier Tage nach dem Tod eines Familienvaters im lippischen Lage verweigert die Staatsanwaltschaft Detmold beharrlich Informationen über die Hintergründe des Schußwaffengebrauchs durch einen Polizeibeamten. Gründe dafür will Behördensprecher Diethard Höbrink nicht nennen. Er erwägt lediglich, Auskünfte erst zum „Ende der Woche“ zu geben. Inzwischen prüft das Justizministerium, ob diese Informationssperre haltbar ist. Unter bislang nicht geklärten Umständen hatte am vergangenen Samstag ein Polizeibeamter auf den Familienvater geschossen, wie oft, ist unbekannt. Der Mann soll nach unbestätigten Meldungen eine Gaspistole gehabt haben – der Einsatzgrund war eine „Ruhestörung“. (pbd)

Dazu auch Google News

FALSCHE FAXE

Ein Schwachpunkt im Büro ist der Faxempfang. Jeder, der vorbei geht, holt die Neueingänge raus und legt sie in den allgemeines Posteingang. Eigene Sachen werden, sofern keine Fristen zu notieren sind, auch gern gleich mit ins eigene Büro genommen. Oder dem Kollegen in das rote Eingangsmäppchen gelegt, das er für Eingänge hat, die nicht sofort zugeordnet werden können.

Mitunter wird dann aber nicht genau überprüft, ob es sich wirklich nur um ein Fax handelt. So einen Eingang hatte ich heute in einer Akte. Die ersten zwei Seiten des Faxes gehörten zu dem Fall; die nächsten beiden zu einem ganz anderen.

Natürlich will es mal wieder keiner gewesen sein. Allerdings werfe ich auch ungern den ersten Stein. Das gleiche Malheur ist mir neulich auch passiert. Und in der Vergangenheit auch schon einmal, na ja, vielleicht auch zweimal…

ANGELA SCHRÖDERS WELT

Ein paar deutliche Worte in der SZ:

Jeder weiß: Die Mehrwertsteuer wird erhöht. Doch auch die Versicherungssteuer wird erhöht, den Sparerfreibetrag halbiert, die Pendlerpauschale gekappt, die Zahldauer für das Kindergeld reduziert. Und Sprit wird um sechs Cent teurer. Es scheint allerdings, als hätten sich die Deutschen ihrem schwarz-roten Schicksal ergeben. … Doch die große Koalition ist dabei, das richtige Maß zu verlieren. Weil das Volk nicht meutert und es keine echte Opposition gibt, fühlen sich Unionisten und Sozialdemokraten zu immer neuen Steuerplänen ermuntert.

LOTTO-BETRUG.DE

Aus einer reinen Domain-Bezeichnung (hier: www.lotto-betrug.de) lässt sich weder eine wahre noch eine unwahre Tatsachenbehauptung herleiten. So hat es das Landgericht Frankfurt am Main entschieden (Urteil vom 30. März 2006). In dem Beschluss war allerdings nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden.

Der durchschnittlich informierte Internetnutzer entnimmt nach Auffassung des Gerichts einem Domainnamen nicht die Information, dass die dort Genannten strafbare Handlungen begangen hätten, die unter den Straftatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) fallen, und/oder wegen Betrugs verurteilt worden sind. Auch eine unzulässige Schmähkritik konnte das Landgericht nicht erkennen.

Informationen zu einem früheren Fall im FINBLOG.

HAKENKREUZE IM T-SHIRT

Eine Modekette hat laut N 24 T-Shirts mit Hakenkreuzmotiven verkauft. Die Sache soll erst bekannt worden sein, als eine Käuferin des T-Shirts in Oldenburg als rechtsradikal beschimpft wurde.

Die Hakenkreuze sollen ca. einen Zentimeter groß und in bunte Muster eingearbeitet gewesen sein. Für mich klingt das weniger nach Straftat, dafür mehr nach einem Modedesigner (in Übersee?), der mit seinem Grafikprogramm gespielt hat.

(Link gefunden im ElbeBlawg)

KATZEN FÜTTERN NICHT VERGESSEN

Ein inhaftierte Beschuldigte wollte ihren bisherigen Pflichtverteidiger loswerden. Unter anderem warf sie ihm vor, sich nicht um ihren Kater Chukey gekümmert zu haben. Dazu äußert das Oberlandesgericht Hamm einen klaren Standpunkt:

Zu den Aufgaben eines Verteidigers zählt … nicht die Versorgung der Haustiere seines Mandanten.

Ansonsten schildert der Beschluss sehr schön, mit welch windigen Methoden manche Anwälte immer wieder versuchen, bisherige Verteidiger aus dem Verfahren zu schießen und sich selbst beiordnen zu lassen. Gewisse Leute sind halt vor gar nichts fies.

(Link gefunden im Blawg mit dem langen Namen)

FREIHEIT NACH DER MITTAGSPAUSE

Das Kölner Schnellverfahren (Vorgeschichte) lief ausgesprochen human ab.

Obwohl ich mich am Anfang etwas erschrak. Die Richterin entsprach nämlich ohne Aufhebens dem Antrag, mich als Pflichtverteidiger beizuordnen. Auch vom Staatsanwalt kam kein Widerspruch. Da das Gesetz eine Beiordnung erst ab einer Straferwartung von sechs Monaten vorsieht, war ich zunächst gewarnt.

Aber so hoch wurde die Sache dann doch nicht gehängt. Die Polizei hatte ordentlich ermittelt. Somit blieb nur ein Geständnis, und zwar ein tränenreiches. Außerdem die Beteuerung, dass künftig nicht mehr ohne Arbeitserlaubnis gearbeitet wird und Reisepässe, die auf fremde Namen lauten und gestohlen gemeldet sind, streng gemieden werden.

Der Staatsanwalt forderte drei Monate Haft auf Bewährung. Angesichts einiger Vorbelastungen war das wirklich fair. Die Richterin lächelte dementsprechend leicht gequält, als ich mich beim Staatsanwalt zwar für seine Objektivität bedankte, aber trotzdem anregte, vielleicht noch mal über eine Geldstrafe nachzudenken. Immerhin wollte die Richterin nicht päpstlicher seiner als der Papst. Sie beließ es ebenfalls bei drei Monaten auf Bewährung.

Ein Scharmützel gab es mit dem Hausgefängnis. Obwohl die Richterin den Haftbefehl aufgehoben und laut Laufzttel die sofortige Entlassung angeordnet hatte, wurde meine Mandantin weiter festgehalten. Begründung: In der Justizvollzugsanstalt ist Mittagspause. Und dort müsse man vor der Entlassung telefonisch nachfragen, ob wegen einer anderen Sache noch Haft angeordnet ist. Voraussichtliche Dauer: 45 Minuten. Eben bis zum Ende der Mittagspause.

Ein Anruf der Richterin überzeugte die Beamten dann doch, dass es keine „Überhaft“ gibt. Und dass Mittagspausen nachrangig sind, zumindest gegenüber dem Freiheitsanspruch des entlassenen Angeklagten.

Meine vorherige Ankündigung, dass ich mir auch über eine Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung (45 Minuten sind dafür mehr als genug) Gedanken machen könnte, hatte dagegen keinerlei Effekt auf die verantwortlichen Herren in der Vorführstelle. „Wir haben unsere Vorschriften.“ Wenn es diese wirklich gibt, sollte man sich mal dringend über den Inhalt Gedanken machen.

BESITZ, STRENG DIENSTLICH

Gibt es einen „dienstlichen“ und damit straffreien Besitz an kinderpornografischen Bildern? Die Staatsanwaltschaft Kiel möchte am ehemaligen Jugendbeauftragten ein Exempel statuieren. Dieser hatte, so berichtet gulli, Seiten mit einschlägigen Inhalten angeklickt. Dabei hat er nach eigenen Angaben nur feststellen wollen, ob es die Seiten noch gibt. Inhalte habe er bewusst nicht heruntergeladen.

Gegen den Freispruch will die Staatsanwaltschaft Revision einlegen. Sie meint, die bloße Existenz der Informationen im Zwischenspeicher sei schon strafbar. Die Möglichkeit, sich die Bilder anzusehen, reiche aus. Außerdem gebe es keine Rechtfertigungsgründe für Angehörige bestimmter Berufsgruppen. Sonst könnte, so die Bedenken der Staatsanwaltschaft, sich ein ganzes Heer aus „Pädagogen, Journalisten und Politikern“ auf Straffreiheit berufen.

Als nächstes sind wahrscheinlich die Strafverteidiger dran. Wenn sie Akteneinsicht nehmen, um zu prüfen, ob es sich tatsächlich um verbotene Pornografie handelt (was mitunter gar nicht der Fall ist), haben sie im Sinne der Staatsanwaltschaft Kiel ja auch „Besitz“ an dem Material. Und verbreiten sie es nicht sogar? Zum Beispiel, wenn sie die Akte ihren Mitarbeitern zur Rücksendung geben. Oder wenn sie einen Sachverständigen einschalten.

(Danke an Andreas Klein für den Link)