Wir haben zugestimmt

Für einen Mandanten streite ich mich mit einem Spammer. Über die Frage, ob jemand in einem Weblog als Spammer bezeichnet werden darf, wenn er ein Programm entwickelt hat, dessen Aufgabe darin besteht, in zwei Millionen Blogs automatisch Kommentare mit beliebigem Text abzusetzen.

Eine etwas akademische Frage, wie ich finde. Wenn der Spammer nicht behaupten würde, alle Blogbetreiber, deren Seiten in seinem Spamprogramm aufgeführt seien, hätten dem Spam ausdrücklich zugestimmt. Einverständniserklärungen lägen ihm vor.

Mein Mandant hat es schweren Herzens auf sich genommen, dem Spammer um die 35 Euro für das Programm in den Rachen zu werfen. Eine lohnende Ausgabe. Sowohl das Weblog meines Mandanten als auch das law blog gehören zu den Weblogs, die mit der Software zugespamt werden können. Wir befinden uns da in bester Gesellschaft. Man hat schon Mühe, ein einigermaßen bekanntes Weblog nicht in der Liste zu finden.

Ich für meinen Teil habe nun den Spammer erst mal um Mitteilung und Beleg gebeten, wann und wie ich der Aufnahme meines Weblogs in das Spamprogramm zugestimmt haben soll. Das könnte noch ganz interessant werden.

Mario Sixtus evaluiert die Spamsoftware

Unnötige Verfahren

Aus einem Anhörungsbogen:

… gegen Sie wird der aus der Anlage ersichtliche Vorwurf erhoben.

Der Anzeigenerstatter, ein Vermieter, schildert in dieser Anlage folgende Geschichte: Er habe Herrn S. eine Wohnung vermietet. Herr S. habe über ein Jahr die Miete gezahlt. Dann habe er plötzlich nicht mehr gezahlt. Er, der Vermieter, habe eine Räumungs- und Zahlungsklage gewonnen. Vor der Zwangsräumung sei Herr S. ausgezogen.

Worin die Anwälte des Vermieters einen Eingehungsbetrug erkennen, ist nicht nachvollziehbar. Sie selbst tragen ja noch nicht einmal Indizien dafür vor, dass Herr S. schon bei Abschluss des Mietvertrags auch nur geahnt hätte, dass er nach ungefähr einem Jahr nicht mehr zahlen kann.

Aber ein Ermittlungsverfahren eröffnen, Anhörungsbögen verschicken – das geht heute ja fast automatisch. Würde ich nicht davon leben, könnte ich mich über so unnötige Ermittlungsverfahren ein wenig aufregen.

Was ist eine geringe Menge?

Was ist eine geringe Menge? Der Deutsche Hanfverband hat eine übersichtliche Tabelle veröffentlicht. Gleichzeitig wird erläutert, wie unterschiedlich einzelne Bundesländer die Bestrafung von Betäubungsmittelkonsumenten handhaben.

Ergänzend dazu möchte ich davor warnen, sich darauf zu verlassen, dass der Besitz geringer Mengen Marihuana oder Haschisch straflos bleibt. Trotz der Vorgaben entscheiden viele Staatsanwälte und Richter individuell, ohne sich groß an den festgelegten Werten zu stören. Ausreißer in beide Richtungen sind keineswegs ungewöhnlich.

Quelle des Links

Was ist Was

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist

a) für den Fall, dass der Beschwerdewert von 200,00 € überschritten wird, die sofortige Beschwerde,

b) andernfalls, die befristete Erinnerung

zulässig.

Die Rechtsbehelfe müssen binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung bei Gericht eingegangen sein und können auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.

Man sollte immer ergänzend schreiben, dass man „das zulässige Rechtsmittel“ einlegt. Dann kann man es sich sparen, über Unterschiede zwischen sofortiger Beschwerde und befristeter Erinnerung zu grübeln.

Phishing funktioniert

Phishing funktioniert. Zur Verschleierung setzen die Phisher derzeit gerne Deutsche ein, die dringend einen (Neben-)Verdienst suchen. Diese Deutschen sind es dann, die im Fahndungsnetz hängenbleiben – und teuer bezahlen.

Über Spam-Mails wird den Interessenten ein lukrativer Job vorgegaukelt. Auszug aus mir vorliegenden FAQs in einem realen Fall:

Falls ich die Stelle eines Managers für Zahlungsbearbeitung bekomme, woher wird das Geld kommen und an wen soll es überwiesen sein?

Sie arbeiten als Manager für Zahlungsbearbeitung. Ihre Aufgabe ist die Zahlungen von einem Kunden zu bekommen und an den Anderen zu senden. Da unsere Gesellschaft u.a auf Resedienstleistungsmarkt tätig ist, werden bei uns Reisen und Touren stets gekauft und verkauft. Mit diesen Geld werden Sie arbeiten. Zum Beispiel: Einerseits kauft der
Kunde etwas bei uns und schickt das Geld an Sie, andererseits kaufen wir selber etwas bei einem anderen Kunden und sollen dies bezahlen. Dann beginnt Ihre Arbeit. Sie schicken das Geld an den anderen Kunden und bekommen Ihre Prozente für die durchgeführte Operation.

Was folgt, wenn ich kein Geld an Sie schicke und das ganze Geld zurückbehalte?

Gegen Sie wird unverzüglich eine Anzeige erstattet. Ihre Angaben werden sofort an Schufa, das Bundeskriminalamt, Interpol und andere internationale Organisationen, mit denen wir im Kontakt stehen, überreicht.

Wieviel Prozente von der Summe bekomme ich für meine Arbeit?

Das hängt von Qualität und Geschwindigkeit Ihrer Arbeit ab. Der Hauptzins ist 7 Prozent. Dabei übernehmen wir alle Überweisungskosten. Bei der erfolgreichen Arbeit werden Ihre Prozente zunehmen.

Mit welchen Summen werde ich zu tun haben?

Sie werden mit Summen von 500 bis auf 100 000 Euro (für erfahrene, seit längeren eingestellte Mitarbeiter) operieren.

Als PDF-Datei kommt dann noch ein Arbeitsvertrag. Der wirkt ziemlich seriös.

Der neue Mitarbeiter kriegt nach seiner Einstellung bald telefonisch die Info, dass heute auf seinem Konto Geld gutgeschrieben wird. Dieses soll er, abzüglich seiner sieben Prozent, sofort bar abheben und gleich bei Western Union wieder einzahlen. Die „Namen“ der Empfänger und den Zielort (zum Beispiel St. Petersburg) bekommt er gleich mitgeteilt.

Das Geld stammt natürlich nicht aus irgendwelchen legalen Transaktionen. Die Quellkonten gehören vielmehr Phishing-Opfern, die bei einer der bekannten Anfragen („Bitte überprüfen Sie Ihre Kontodaten, sonst wird Ihre Bankverbindung gesperrt“) Ihre Kontonummern und eine gültige TAN eingegeben haben.

Für die Hintermänner ein ziemlich risikoloses Geschäft. Die „Mitarbeiter“ hier in Deutschland trifft es doppelt hart. Sie haben nicht nur ein Ermittlungsverfahren am Hals, vielleicht sogar eine Hausdurchsuchung und Untersuchungshaft, sondern auch die Rückforderungsansprüche des Kontoinhabers bzw. seiner Bank.

Aus dem schnellen Nebenverdienst wird so schnell ein herbes Minus.

Exportiert

Die Versicherung des Unfallgegners teilt mit:

Eine Nachbesichtigung des Fahrzeuges durch unseren eigenen Gutachter ist dringend erforderlich.

Der Sachverständige wird sich freuen. Der Wagen ist verkauft und nach Serbien und Montenegro exportiert.

Polizeigewerkschafter unter Verdacht

Angehörige der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stehen unter einem bösen Verdacht. Sie sollen sich private Adressen und persönliche Daten von Polizei-Anwärtern beschafft haben, um diesen Versicherungspolicen zu verkaufen. Wegen dieser Verstöße gegen den Datenschutz ermittelt die Staatsanwaltschaft Duisburg gegen diese GdP-Mitarbeiter.

„Es fing mit einem Gewerkschaftsfunktionär an“, sagte gestern Oberstaatsanwalt Jürgen Gaszczarc, „und wir wissen noch nicht einmal, wieviele Beschuldigte es inzwischen noch gibt, weil wir erst am Anfang der Ermittlungen sind“. Die werden auch klären, ob die GdP-Funktionäre sich bereicherten. Sie sollen für die Datensammlungen bereits Provisonen kassiert haben – von Versicherungen, an denen die GdP auch beteiligt ist. Deren Sprecher Heinz Rump bestätigte zwar, dass GdP-Funktionäre im Aufsichtsrat der Polizeiversicherungs-AG sitzen – die GdP aber habe mit einem Datenmissbrauch nichts zu tun: „Wir werben Mitglieder, sonst nichts“.

Oberstaatsanwalt Gaszczarc bestätigte auf Anfrage, dass die Wohnung des Sekretärs durchsucht worden ist: „Wir haben einen entsprechenden Beschluss beim Amtsgericht Wuppertal beantragt und den bekommen“. Das Ermittlungsverfahren war ausgelöst worden durch eine mit der GdP konkurrierenden Organisation. Der nordrhein-westfälische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund (DpolG) hatte eine entsprechende Anzeige bei der Kripo in Essen erstattet. (pbd)

Pingpong

Unser Fax ging um 14.18 Uhr an den gegnerischen Rechtsanwalt raus. Um 15.35 Uhr faxt er uns eine zweiseitige Stellungnahme.

Wenn ich Lust hätte, könnten wir heute sicher noch einige Male Pingpong spielen.

Habe ich aber nicht.

Work Flow gebremst

Eigentlich müsste ich mir die DVD aus einer Ermittlungsakte anschauen. Ob die darauf gespeicherten Filme tatsächlich pornografisch sind.

Geht aber gerade nicht. Die Kanzleikinder sind zu Besuch.

Höflicher Anwalt

Einleitung eines Anwaltsschriftsatzes:

… würden wir uns freuen, wenn das Landgericht demnächst einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen würde.

Das Gericht hat die Aufforderung „zur Kenntnisnahme“ übersandt und keinen Termin anberaumt. Gutes Gericht. Wir vertreten den Beklagten. Der hat es gar nicht eilig.

Nur eine Zeugin

Nur eine Zeugin ist erschienen. Sie verweigert die Aussage. Zu Recht. Die anderen vier Zeugen lassen sich geschlossen nicht blicken. Einer ihrer Angehörigen wurde schon im Gerichtssaal gegrillt. Ein Grund für die kollektive Verweigerung lässt sich also erahnen.

Auch wenn man mit dem Verfahren natürlich vorankommen will, kommt mir das nicht ungelegen. Die Temperaturen im Sitzungssaal, sind schon jetzt, um kurz nach zehn, ein Fall für amnesty international. Die Sonne bullert gegen die dicken Vorhänge in meinem Rücken.

Ab 11.30 Uhr wird’s dann unappetitlich.