Meine 0172-Rufnummer

Die neue Vodafone-Werbung hat für reichlich Diskussionen gesorgt. Einer der Kritikpunkte: Vodafone umschmeichelt die „Generation Upload“, war aber in der Koalition der Willigen ganz vorne dabei, als es um die Einführung der Netzsperren ging.

Auf einen offenen Dialog scheint das Unternehmen keinen Wert zu legen. Im Vodafone-Blog erklärt ein Mitarbeiter, der für Vodafone als Strippenzieher in Berlin arbeitet, wie er sich den weiteren Ablauf der Debatte vorstellt:

Um langfristig zu dem Thema eine sachliche Debatte zu führen, ist es aus unserer Sicht wichtig, den Extremfall Kinderpornographie aus der Diskussion um Internetsperren als erledigt ausklammern zu können.

Vorher hat er lediglich ein paar Sprechblasen abgesondert. Diese könnten, merkt es ein Kommentator im Vodafone-Blog treffend an, direkt aus Ursula von der Leyens Notizblock stammen.

Der Verantwortliche kann sich noch nicht einmal zu einem klaren Statement durchringen, dass Vodafone Netzsperren aus anderen Gründen nicht mitmachen und sich dagegen wehren wird. Er schreibt lediglich, Vodafone lehne eine Ausweitung „strikt ab“. Im Kontext klingt das reichlich verwaschen.

Kein Wort zu den Argumenten gegen Netzsperren. Ich finde das sehr schwach. Vodafone hätte sich problemlos selbst mal als „Held für einen Tag“ erweisen und sachlich in die Debatte einsteigen können. Man könnte ja mal darlegen, wie die Entscheidungsprozesse im Haus abgelaufen sind – und warum man letztlich als einer der Ersten den Sperrvertrag unterschrieben hat.

Es wird im Hause Vodafone ja nicht nur Begeisterung für die Stoppschilder gegeben haben. Wie mutig wäre es denn, mal die Bedenkenträger, die es ja sicherlich gab, zu Wort kommen zu lassen? Neben den Befürwortern? Und dann zu erklären, wie es trotzdem zu der Kooperation gekommen ist. Ein Bekenntnis zu innerer Zerrissenheit wäre wohl eher ein Weg, im Gleichklang mit der eigenen Kampagne zu gehen.

Stattdessen wird die Diskussion von oben herab für überflüssig und beendet erklärt. Wenn das der Umgang mit der „Generation Upload“ ist, dann fehlen bei Vodafone jedenfalls noch die Qualitäten, die man den eigenen Kunden nun so vollmundig attestiert.

Ich habe noch eine 0172-Rufnummer. Langsam sind es nicht mehr nur die unpassenden, überteuerten Tarife von Vodafone, welche die Freude hieran trüben.

Nachtrag: Der Vodafone-Spot, leicht abgewandelt

Tankbetrug: Halter muss Fahrer nicht nennen

Der Halter eines Fahrzeuges muss den Fahrer nicht nennen – auch wenn der Fahrer Tankbetrug begangen hat. Das Amtsgericht München wies, wie n-tv berichtet, die Klage eines Tankstellenbetreibers ab. Dieser hatte von einer Frau wissen wollen, welchem Mann sie den Wagen überlassen hatte. Der Betreffende hatte für 50 Euro getankt, aber nicht gezahlt.

Nach Auffassung des Gerichts gibt es keine vertragliche oder gesetzliche Anspruchsgrundlage für den Tankstellenbesitzer, welche die Halterin zur Auskunft verpflichtet. Die Frau hatte lediglich die 50 Euro gezahlt, aber nicht 242,83 Euro „Ermittlungskosten“.

(Danke an Daniel Schwinn für den Link)

Schnell, schnell zum Notar

Der Streit dreht sich nicht um das Ob, sondern um das Wie. Mein Mandant ist grundsätzlich bereit, für einen bestimmten Vorfall Schmerzensgeld zu zahlen. Aber nicht den von der Gegenseite geforderten Betrag. Außerdem sind nur Raten drin.

Nun erhalte ich folgende Aufforderung: Mein Mandant soll zum Notar gehen und dort ein Anerkenntnis über den Betrag abgeben, den er zu zahlen bereit ist. Außerdem soll er die für diesen Teil bei der Gegenseite entstandenen Anwaltskosten akzeptieren und sich der Zwangsvollstreckung unterwerfen.

Über den Rest werde dann „ein Rechtsstreit geführt“, heißt es. Man kann es natürlich auch kompliziert machen, wenn es einfach geht. Der Gegner hätte ja auch die Möglichkeit, den gesamten Betrag einzuklagen, wenn er denn schon unbedingt einen vollstreckbaren Titel haben will. Wir würden dann halt überlegen, welchen Teilbetrag der Klageforderung wir anerkennen – wenn wir anerkennen. Das Gericht erließe dann in dieser Höhe ein Anerkenntnisurteil, welches ebenfalls vollstreckbar ist.

So ganz erschließt sich mir nicht, worin jetzt auch nur ein geringer Vorteil für meinen Mandanten liegen soll. Ohne den wird er sich jedenfalls nicht bewegen.

Drogenmarkt hinter Gittern

Mein Mandant ist inhaftiert. Die Zeit hat er sich mit krümelartigen Substanzen etwas angenehmer gestaltet. Das hat nun zu einer Strafanzeige geführt. In dieser Anzeige spricht sich die Haftansalt vehement dagegen aus, das Verfahren trotz der denkbar geringen Menge einzustellen. (Eine quantitative Analyse war gar nicht möglich.)

Interessant finde ich, dass die Anstaltsleitung ausdrücklich von einem „Betäubungsmittelmarkt innerhalb der Anstalt“ spricht. Auf diesem Markt werde bei „doppelten Preisen“ gehandelt. Bei den geringen Verdienstmöglichkeiten der Gefangenen führe das zu „verschärften Bedingungen“.

Wenn es gegen die eigenen Gefangenen geht, gibt es also einen Drogenmarkt innerhalb der Gefängnismauern. Sogar die Preise scheinen der Anstaltsleitung bekannt zu sein. In offiziellen Verlautbarungen wird man derartige Eingeständnisse eher selten finden. Da wird zwar schon mal eingeräumt, dass Drogen in Haftanstalten ein Problem darstellen. Dass es aber einen Markt und nachvollziehbarer Preisbildung gibt, ist, so weit ich weiß, eine offiziell nicht bekannte Sicht der Dinge.

Totally unfounded and misleading

Die Indien-Äußerung der Bundesfamilienministerin, wonach Kinderpornografie dort nicht geächtet ist, hat zahlreiche Leser nicht ruhen lassen. Ich habe viele Kopien von E-Mails an die indische Botschaft erhalten. Nun liegt auch eine erste Antwort vor:

Dear Sir/Madam,

Please refer to your email expressing doubts about the legal provisions in India for combating child abuse and child pornography.

The contention that there are no laws in India against child pornography and that child abuse is legal in India is totally unfounded and misleading.

The Indian Penal Code and Code of Criminal Procedure, 1973 have several provisions to punish child abuses e.g. Section 354 dealing with outraging the modesty of a woman, Section 375 dealing with the offence of rape (any act consensual or otherwise with a minor is considered rape) Section 377 dealing with unnatural acts and offences. These cover the crimes related to the child abuse in a comprehensive manner.

To deal with the cases of child pornography in the electronic form,the Information Technology (Amendment) Act, 2008 ? was enacted on 5 February 2009. As per Section 67 sub-clauses B(a) & (b) of this Act, it is a criminal offence in India to publish,transmit,collect,create,seek,promote,advertise,exchange or distribute material in any electronic form depicting children in obscene or indecent or sexually explicit manner. Conviction for such offences is punishable with imprisonment up to 7 years and a fine up to Rs 1 million (Euros 15000/- approx). It is an equal offence in India to browse or download any such material and is punishable with the same sentence and fine.

The sub-clauses B (c) to (e) cover other offences related to online abuse of children. Full text of the Section 67 B of the said act is given below for your information. German translation of the message is also appended.

Ashutosh Agrawal
First Secretary (Info & Press)
Embassy of India Berlin

CRE129: Globales Dorf – Rechtsfreier Raum?

Nachdem Udo sich anscheinend mal persönlich einen Eindruck verschaffen will, warum der geplante Ausbau der A8 durchaus seine Berechtigung hat, ist hier heute ziemlich ruhig. Offenbar bloggt es sich unterwegs eher schwer.

Daher an dieser Stelle als Blog-Posting-Ersatz der Hinweis, dass heute „Chaosradio Express 129: Globales Dorf – Rechtsfreier Raum?“ veröffentlicht wurde. Tim Pritlove unterhält sich rund zwei Stunden lang mit Udo Vetter rund um das Thema Recht und Internet, oder wie Tim es auf der Chaosradio Express selbst schreibt:

Themen: der Einfluß des Internets auf unsere Gesellschaft, die Schizophrenie in der Bewertung der Netzzensur im eigenen und Ländern wie Iran und China, die Abmahnpraxis im Internet, das Internet als genereller Buhmann, Polizeistreifen im Internet, die anlassunabhängige Internetüberwachung, die Bedeutung der Internetkultur, Selbstregulierungskräfte im Netz, die Bedeutung der Medienkompetenz, das Phänomen der Twitterstörsender, die Rolle der etablierten Medien, die Unschlagbarkeit der Online Community und die Unmöglichkeit, das Internet abzuschalten und zu regulieren, das Selbstverständnis der Netzgemeinde, die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Zensurgesetze, Nazipropaganda vs. Meinung vs. Tatsachenbehauptung, Grauzonen, Verlautbarungsjournalismus, die Einschränkung der Bürgerrechte und die gewachsenen Befugnisse der Behörden, Kontoabfragen und Hausdurchsuchungen, der Stand der Dinge bei der Bekämpfung der Vorratsdatenspeicherung und repressive Staaten und der Konformismus.

Chaosradio Express ist ein seit 2005 erscheinender Podcast, in dem Tim Pritlove mit ständig wechselnden Gästen über verschiedene meist Netznahe Themen spricht. Auch die anderen Folgen sind durchaus hörenswert und interessant. Persönliche Favoriten von mir unter den aktuellen Folgen sind CRE 112: Roboterfussball, da ich selbst vor kurzem noch in Graz auf der Roboter-Fussball-WM war, sowie CRE121: Internet-Meme mit Christian Heller und Jens Ohlig.

DHL gibt Auskunft über fremde Pakete

Wer sich schon immer dafür interessiert hat, was es mit den vielen Paketen auf sich hat, die ständig bei den Nachbarn angeliefert werden, kann auf der Sendungsverfolgungsseite von DHL derzeit viel Spaß haben und sicher einige Rückschlüsse ziehen.

So geht’s: Im Feld „Referenznummer“ einfach eine beliebige Postleitzahl eingeben und auf der Folgeseite im dafür vorgesehenen Feld die Postleitzahl nochmals wiederholen. Dann werden mal mehr, mal weniger Pakete und deren Auslieferungsstatus angezeigt. Überdies der Name des Empfängers und wer die Sendung tatsächlich entgegengenommen hat.

(via)

Duisburg: Polizei sammelt DNA von Polizisten

Die Gewerkschaft der Polizei wehrt sich gegen DNA-Proben – bei ihren eigenen Mitgliedern. Im Visier der GdP ist insbesondere das Polizeipräsidium Duisburg. Dort werden derzeit DNA-Proben von Polizisten genommen und die Datenprofile gespeichert. Betroffen sollen vorwiegend Beamte sein, die an Tatorten aktiv sind.

„Die Speicherung von DNA-Daten ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Sie bedarf nach der geltenden Rechtsprechung der konkreten Begründung im Einzelfall und darf keinesfalls vorsorglich für bestimmte Personengruppen angeordnet werden. Auch nicht für Polizeibeamte“, erklärte der GdP-Landeschef Frank Richter.

Offiziell sei die Abgabe der DNA-Proben zwar freiwillig, doch die GdP fürchtet Druck auf die Beamten. Richter: „Auch Polizeibeamte stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Vorgesetzten. Sie könnten sich zur Abgabe ihrer DNA-Probe genötigt sehen, weil sie sonst berufliche Nachteile befürchten.“

Zudem bezweifelt die GdP, dass die im Duisburger Polizeipräsidium praktizierte Speicherung von DNA-Proben von Kriminalbeamten, die bei der Spurensicherung eingesetzt werden, zu einer schnelleren Aufklärung von Straftaten führt. „Um Täterspuren bereits im Anfangsstadium eindeutig identifizieren zu können, müssten alle Polizeibeamten, Rettungskräfte und Staatsanwälte, die am Tatort eingesetzt werden können, bereits im Vorfeld eine DNA-Probe hinterlegen. Selbst dann, wenn sie aus anderen Städten kommen. „Das würde zu einer riesigen, nicht eingrenzbaren Massendatei führen“, warnt Richter.

No-kids.org nach Kritik offline

Obwohl das Angebot der Internetseite „no-kids.org“ angeblich gut durchdacht und mit Experten abgesprochen war, haben sich die Betreiber die im law blog geäußerte Kritik zu Herzen genommen – und die Seite vorerst vom Netz genommen. Dies hat die Geschäftsleitung der Werbeagentur Grabarz & Partner der FAZ bestätigt.

Ursprünglicher Plan von no-kids.org war, Internettauschbörsen mit gefälschten kinderpornografischen Dateien zu überfluten. Statt des im Namen der Datei angegebenen Kinderpornos sollten die Tauschpartner einen Warnhinweis finden und die Empfehlung, sich in Therapie zu begeben.

Technisch sollten Besucher der Seite no-kids.org ihre IP-Adresse für die „Teilnahme“ an Tauschbörsen hergeben. Der jeweilige Anschlussinhaber wäre also identifizierbar gewesen. Laut FAZ will Grabarz & Partner das Konzept überarbeiten. Hierfür soll mit den Ermittlungsbehörden gesprochen werden. Oberstes Ziel sei es, dass für Teilnehmer kein Risiko besteht.

Wir werden sehen.

Posten im Ministerium als Strafe für Pannen

Weil die Pannenserie in der Justiz immer länger wird, unterbrach Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) ihren Urlaub. In Wuppertal wurde vor vier Wochen ein des schweren Raubes beschuldigter Mann ebenso vorzeitig aus der Untersuchungshaft entlassen wie kürzlich in Mönchengladbach ein mutmaßlicher Kinderschänder, außerdem ein Gewalttäter.

Wieder war es das Oberlandesgericht Düsseldorf, das der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht Wuppertal erlahmende Arbeit vorwarf. Und das Freiheitsrecht des Untersuchungshäftlings nach 6 Monaten höher als die Ermittlungsarbeit stufte. Wegen der ähnlichen Störfälle in Mönchengladbach ist dort jetzt der Chef der Staatsanwaltschaft für drei Monate ins Justizministerium versetzt worden.

Auch der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt Gregor Steinforth bekannte sich gestern zu einem „bedauerlichen Fehler“. Er hatte die Entlassung des vermeintlichen Räubers erst vor zwei Tagen dem Ministerium gemeldet. Zugleich räumte Steinforth ein, dass es unter seiner Aufsicht bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach schon seit geraumer Zeit Verfahrensverzögerungen gegeben habe. „Schlendrian nehme ich nicht hin“, gab sich die Ministerin konsequent.

Sie wich aber der Frage aus, wie viel Geld sie vom Finanzminister brauche, um endgültig Ordnung in den Apparat zu bringen: „Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten tun wir alles!“ Unterdessen, so versicherte sie, werden die dienstrechtlichen Ermittlungen gegen Beamte in Mönchengladbach „mit Hochdruck fortgesetzt“.

Auf ein „Frühwarnsystem“ angesprochen, dass sie vor 2 Jahren zur Beschleunigung von Strafverfahren angekündigt hatte, sagte Müller-Piepenkötter: „Ich habe die Spitzen der Oberlandesgerichte und Generalstaatsanwälte einbestellt.“ Denen habe sie deutlich gemacht, dass die Strafverfahren mit gleichzeitig laufender Untersuchungshaft in Einklang mit dem Beschleunigungsgebot stehen müssen. Und die reibungslose Kommunikation in der Justiz habe sie eingeklagt.

Ihren von der Opposition geforderten Rücktritt lehnt sie ab. In zwei Tagen fliegt sie nach Griechenland, zurück in den Urlaub. (pbd)

Hintergrund: Über 7 Jahre nach einem Raubüberfall in Wuppertal wurde im November vorigen Jahres anhand von Genspuren ein mutmaßlicher Täter ermittelt und in Untersuchungshaft gebracht. Die Polizei brauchte 8 Wochen für eine Gegenüberstellung. Plötzlich gab es Probleme mit der Identität des Beschuldigten. Deshalb wechselte die Zuständigkeit in den Kammern des Landgerichts. Ein Verteidiger löste den ersten ab. 8 Monaten waren vergangen. Zuviel, urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf und setzte den Mann auf freien Fuß. (pbd)

Akkurat ausgedruckt

Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Schreiben „vorab per Telefax“ nicht lustig sind. Vielleicht waren sie es, als Telefonleitungen noch wackelten und Faxgeräte verschmierte Ausdrucke lieferten, sofern sie nicht ohnehin kaputt waren.

Aber heute nervt „vorab per Telefax“ nur noch. Ich brauche in 99,8 Prozent der Fälle einen Brief, den mir das Laserfax äußerst akkurat ausdruckt, nicht am nächsten Tag nochmals als „Original“. Selbst dann nicht, wenn der Briefbogen der gegnerischen Anwaltskanzlei dezent farbig gesetzt ist.

Wer aber sagt, der Wahnsinn sei nicht steigerungsfähig? Heute schickt mir ein Anwalt „vorab per Telefax“ folgenden Text:

Dementsprechend übersende ich Ihnen anliegend die vollstreckbare Ausfertigung des Prozessvergleichs mit der Bitte, die ebenfalls beigefügte Zustellkarte zu unterzeichnen und … zurückzusenden.

„Vorab per Telefax“ ist nicht ganz richtig. Tatsächlich steht im Kopf des Schreibens folgendes:

Vorab per Telefax (ohne Anlagen)

Das allerdings ist schon wieder lustig.