Bekannt ist…

Aus dem Schreiben einer Tierhaftpflichtversicherung:

Bekannt ist, dass man sich in eine Hundebeisserei nicht einmischt und die Leine besser loslässt.

Das nur nur zur Info für alle, welche

a) diese Lebensregel noch nicht kannten und

b) unbeteiligt zusehen können, wie ihr Hund von einem größeren Tier zerfleischt wird.

Chefärztin soll Kollegen verleumdet haben

Nur ein Wunder kann die Chefin des Duisburger Herzzentrums vor dem anstehenden Strafprozess retten: Die 8. große Strafkammer des Landgerichts Münster hat jetzt 10 von 13 Anklagepunkten der Staatsanwaltschaft gegen Sabine D. zugelassen. Die elf Vorwürfe der Ankläger gegen ihren Lebensgefährten sind in vollem Umfang zugelassen worden. Das bestätigte gestern Behördensprecher Benedikt Vieth.

Die Medizinerin soll während ihrer Zeit an der Universitätsklinik Münster gemeinsam mit ihrem Freund anonyme Schreiben verschickt haben, in denen sie dem Klinikum vermeintliche Fehler vorwarfen. Die Briefe gingen an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm, an Angehörige Verstorbener und Journalisten. Ziel soll es gewesen sein, den Leiter der Herz-Thorax-Chirurgie in Münster zu diskreditieren.

Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer erläutert seine Sicht: „Frau D. hat versucht, den Leiter der Herz-Thorax-Chirurgie zu diskreditieren, damit dieser vorzeitig aus dem Dienst entfernt wird. Sie wollte früher als geplant Leiterin der Herzabteilung werden.“ Wegen siebenfacher Verletzung von Privatgeheimnissen muss sich D. nun verantworten, weil sie laut Anklage Informationen von Patienten weitergegeben hat.

Außerdem wird sie der falschen Verdächtigung, der versuchten Nötigung, der Verleumdung und eines Verstoßes gegen das Datenschutzgesetzt beschuldigt. Gegen ihren Lebenspartner, einen Unternehmensberater, besteht der hinreichende Verdacht, in neun Fällen personenbezogene Daten unbefugt verbreitet zu haben. Dazu wird ihm vorgeworfen, er habe verleumdet, genötigt und falsch verdächtigt.

Bei solchen Delikten wird ein Prozess normalerweise vor einem Amtsgericht geführt. Das Landgericht Münster hat sich aber der Meinung der Staatsanwaltschaft angeschlossen. Die hat dem Verfahren, das einen großen Umfang mit vielen Zeugen und Sachverständigen hat, eine „besondere Bedeutung“ unterstellt.

Diese besondere Bedeutung sieht der Geschäftsführer des Duisburger Herzzentrums allerdings noch nicht. Otto Eggeling hält an Chefärztin Sabine D. fest: „Alles andere wäre eine Vorverurteilung, die wir nicht wollen“. Allerdings kommen auf D. und ihren Partner noch zivilrechtliche Forderungen zu. Die Uni-Klinik in Münster behauptet, durch die Rufmordkampagne sei ihr ein Millionen-Schaden entstanden: „Wir strengen die Schadensersatzklage an“, bekräftigte gestern Kliniksprecherin Simone Hoffmann. (pbd)

Das billigste MacBook aller Zeiten

Gestern hatte Otto ein echtes Schnäppchen im Angebot. Das MacBook Air kostete bei Onlinebestellung 49,95 Euro. Das sind immerhin 1.650,49 Euro weniger als der übliche Preis. Kein Wunder, dass viele bestellten.

Wenig überraschend auch, dass Otto wenig Lust hat, die MacBooks zum angezeigten Preis zu liefern, obwohl viele Kunden offensichtlich Bestellbestätigungen erhalten haben.

Die Sach- und Rechtslage ist nicht klar und auf jeden Fall abhängig von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dem Wortlaut der Angebote und den versandten Bestellbestätigungen. Also mal ein Fall, in dem Kunden mit Rechtsschutzversicherung klar im Vorteil sind.

Nachtrag: Ich ziehe einen interessanten Kommentar von „henk“ nach oben, weil er schön eine Besonderheit des Falles darstellt:

Problematisch ist jetzt allerdings, dass Otto nicht etwa die Kaufverträge als „nicht zustandegekommen“ behandelt, sondern nachträglich den Kaufgegenstand anpasst (konkret in ein Notebook-Taschenset ändert: http://tinyurl.com/n8ussx ) und diese umgewandelten Kaufverträge als zustandegekommen erachtet. Die Anfechtung dieser „neuen“ Kaufverträge wiederum obliegt nun den Kunden. Damit hat sich Otto die Einrede der Nichtigkeit nach 119 BGB verunmöglicht und den Kunden die Möglichkeit an die Hand gegeben, wegen arglistiger Täuschung zu klagen.

Die Rechtsabteilung von Otto ist derzeit wohl nicht besonders gut besetzt…

(Danke an Robert M. für die Links)

Alles verpeilt

Passend zum letzten Beitrag habe ich gerade ein schönes Beispiel dafür auf dem Schreibtisch gehabt, wie schnell man heutzutage die Polizei bei sich in der Wohnung stehen hat.

Das Amtsgericht erließ Anfang April 2009 einen Durchsuchungbeschluss. Meinem Mandanten wurde darin vorgeworfen, sich im Februar 2009 per Internet eine pflanzliche Substanz aus Holland bestellt zu haben. Diese Substanz falle unter das Betäubungsmittelgesetz. Es bestehe also der Verdacht der illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln.

Die Polizei stellte vor knapp zwei Wochen die Wohnung meines Mandanten auf den Kopf. Und fand – nichts.

Tatsächlich hätte es nie zu der Durchsuchung kommen dürfen. Weder der Staatsanwalt noch der Amtsrichter haben nämlich die Akte richtig gelesen. Hätten sie es, wäre ihnen aufgefallen, dass die Strafanzeige, mit der das Verfahren ausgelöst wurde, offensichtlich lange beim Zoll herumgelegen ist. Tatsächlich war die Bestellung nicht vom Februar 2009, sondern vom Februar 2008. Sie lag also ein Jahr weiter zurück.

In keinem einzigen Papier des Zolls findet sich ein falsches Datum. Immer steht dort Februar 2008. Weder dem Staatsanwalt, der den Beschluss entworfen hat, noch dem Richter, der ihn unterschrieben hat, ist das offenbar aufgefallen.

Diese Schlamperei hat juristische Konsequenzen. Die fraglichen Pflanzen sind nämlich erst zum 1. März 2008 in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden. Vor diesem Tag waren die Substanzen in Deutschland legal und konnten auch eingeführt werden.

Dass die Warensendung knapp einem Monat vor der Gesetzesänderung beschlagnahmt wurde, hat dann schon der Zoll ignoriert. Im chemischen Gutachten vom Mai 2008 (!) heißt es dazu nur, diese Proben fielen unter das Betäubungsmittelgesetz. Kein Wort davon, dass die Sendung aus dem Februar ist, der Bezug dieser Pflanzen aber erst ab dem 1. März 2008 unter Strafe steht.

In der Folgezeit hat sich niemand mehr darum gekümmert, ob das tatsächlich so ist. Staatsanwalt und Richter offensichtlich schon deshalb nicht, weil sie die Akte nicht richtig gelesen haben und schlicht nicht mal peilten, dass der Vorfall ein Jahr weiter zurückliegt. Und wahrscheinlich auch, weil sie die unrichtige Stellungnahme des Zollamtes zur Betäubungsmitteleigenschaft kritiklos übernahmen und es nicht für Wert erachteten, neben zeitlichen Angaben auch mal die Gesetzeslage zu überprüfen.

Wie gesagt: So schnell kann es gehen.

Früchte des verbotenen Baums dürfen weiter geernet werden

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer heute veröffentlichten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass Beweise verwertet werden dürfen, auch wenn sie auf rechtswidrige Weise gewonnen wurden.

Konkret ging es um die Hausdurchsuchung bei einem Bürger, dem Markenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden. Der Durchsuchungsbeschluss wurde später für rechtswidrig erklärt, weil die Verhältnismäßígkeit nicht gewahrt war.

Bei der Durchsuchung wurden aber Betäubungsmittel in nicht geringer Menge und zwei Feinwaagen gefunden, was später zu einer Verurteilung wegen Drogendelikten führte. Diese „Zufallsfunde“ unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot, so das Verfassungsgericht:

Es besteht aber kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre. Für die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu insbesondere ein Beweisverwertungsverbot zählt, sind in erster Linie die Fachgerichte zuständig. Diese gehen in gefestigter, willkürfreier Rechtsprechung davon aus, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß bei der Beweisgewinnung einstrafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist.

Ein Beweisverwertungsverbot bedeutet eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Insbesondere die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers können – müssen indes nicht in jedem Fall – danach ein Verwertungsverbot nach sich ziehen.

Diese Sicht der Dinge hat zur Folge, dass nach wie vor Beweismittel illegal gewonnen werden können – und dies normalerweise keinerlei Konsequenzen für die falsch Handelnden hat. Weder werden sie, außer in krassen Fällen, dienstlich belangt, noch bleibt ihnen der „Ermittlungserfolg“ versagt. Denn die Erfahrung lehrt, dass Gerichte in den allermeisten Fällen das Strafverfolgungsinteresse des Staates weitaus höher schätzen als die Rechte des Beschuldigten. Gerichtlich bestätigte Beweisverwertungsverbote sind deshalb die große Ausnahme.

Nach meiner Meinung kann nur ein automatisches Beweisverwertungsverbot bei allen Rechtsverstößen, die über Bagatellen hinausgehen, einen Disziplinierungseffekt für die Ermittlungsbehörden herbeiführen. Wieso dieser nötig ist, steht ja mitunter in diesem Blog.

Pressemitteilung des Gerichts

Für Nachteulen

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag bin ich zu Gast in der „Nightline“ des Frankfurter Senders YOU FM. Das ist das junge Radio des Hessischen Rundfunks.

Ich werde mit Moderator Holger Klein über aktuelle Themen plaudern. Festlegen werden wir uns vorher nicht so genau, denn so viel ich momentan weiß, sollen Hörer anrufen, Fragen stellen und mit uns diskutieren.

Die Sendung läuft von 23 bis 1 Uhr.

Digitales Privatleben

Es geht um eine verschlüsselte Festplatte. „Wenn Ihr Mandant nichts zu verbergen hat, kann er doch das Passwort herausgeben“, sagt der Polizeibeamte am Telefon. Ich frage zurück, wie es ihm gefiele, wenn sich ein Kollege durch sein digitales Privatleben wühlte.

„Das ist ein interessanter Gedanke“, sagt der Polizist. „Angenehm wäre das auf keinen Fall.“

Mein Gefühl sagt mir, dass sich heute abend jemand näher mit diesem TrueCrypt-Dingens beschäftigt.

Rainer Hass

Sehr geehrte Rechtsanwalt Rainer Haas & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,

wir wollen Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen. Sie haben ja genug damit zu tun, Inkasso für namhafte Unternehmen zu machen.

Wir wären Ihnen aber ebenso dankbar, wenn Sie nicht unsere Zeit unnötig in Anspruch nähmen. Zum Beispiel mit der seit neuestem immer wieder aus dem hohlen Bauch heraus gestellten Frage, ob unser Mandat noch besteht.

Wenn wir zum Beispiel am 10. Juni 2009 für unseren Mandanten Widerspruch gegen einen Mahnbescheid eingelegt haben, spricht doch eigentlich kaum etwas dafür, dass unser Auftrag am 21. Juli 2009 erloschen ist. Wenn wir unseren Mandanten nicht mehr verträten, würden wir dies überdies auch dem Gericht mitteilen. Das Gericht würde Ihnen eine Kopie schicken, und Sie wüssten Bescheid.

Dass wir auf Ihr letztes Schreiben nach dem Widerspruch nicht geantwortet haben, hat übrigens auch einen Grund. Sie fordern uns darin auf, die Gründe für den Widerspruch mitzuteilen.

Hallo?

Wir haben bereits mehrfach im schönsten Juristendeutsch geklöppelt, warum Ihre Auftraggeberin von unserem Mandanten kein Geld verlangen kann. Zuletzt ging so ein elegantes Kurzgutachten an das vor Ihnen beauftragte Inkassobüro infoscore Forderungsmanagement GmbH.

Es würde also völlig reichen, wenn Sie die Unterlagen lesen. Dann würden Sie nicht nur Gründe, sondern auch Paragrafen kennen – und müssten nicht so, Sie verzeihen unseren Unmut, dämlich nachfragen.

Außerdem haben wir am Ende unseres liebevoll gestalteten Ablehnungsschreibens sogar noch geschrieben, dass wir freundlich darum bitten, unseren Mandanten nicht mit weiteren Mahnungen und Anschreiben zu belästigen – weil alles gesagt ist.

Sicher, es war vielleicht ein Fehler, unser Anwaltsbüro nicht ausdrücklich in diese Bitte aufzunehmen. Deshalb zur Klarstellung: Wenn wir sagen, dass wir nichts mehr sagen, wollen weder unser Mandant noch wir mit weiteren nichtssagenden Schreiben belästigt werden. Sie können dann gern klagen und dem Gericht erklären, warum Ihre Mandantin Geld von unserem Mandanten will. Wir schreiben dann ans Gericht, warum Ihre Mandantin kein Geld verlangen kann. Am Ende steht ein Urteil. Von dem wir beide wissen, wie es ausfalllen wird, nicht wahr?

Natürlich können wir Sie zunächst nicht davon abhalten, uns weiter mit Briefen zu nerven. Aber die lapidare Anfrage in Ihrem neuerlichen Schreiben hat schon was Nerviges und auch, wir alle haben nur begrenzte Zeit um unser Geld zu verdienen, einen äußerst unkollegialen Touch.

Bitte lassen Sie uns deshalb auf diesem Wege mitteilen, dass wir in allen gemeinsamen Fällen so lange mandatiert sind, wie wir Sie nicht vom Gegenteil informieren. Schreiben Sie das irgendwo in Ihr Adressverzeichnis zu unserer Kanzlei. Dann können Sie sich Bearbeitungskosten und Porto sparen.

Falls Sie allerdings solche Briefe schreiben, um Ihrer Partei Aktivität vorzugaukeln, schmeißen Sie diese nichtssagenden Briefe an uns doch einfach in den Müll. Wir haben nichts dagegen.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

RAe Udo Vetter & Annette Mertens

„In Gladbach dauert eben alles länger“

Peinliche Pannenbeichte: Die Schlampereien in der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach hatten offenbar System. Jahrelang wurden Strafakten – auch von des Kindesmissbrauchs Verdächtigen – verschleppt. Das offenbarte gestern der neue Behördenchef Emil Brachthäuser.

Während sein inzwischen ins Justizministerium versetzter Vorgänger Heinrich Franzen im Karneval die kostümierte Witzfigur „Balderich“ abgab (O-Ton: „In Gladbach dauert eben alles ein wenig länger und geht nicht einfach so ruck-zuck“), kam es zu massiven Verzögerungen in heiklen Verfahren. So bestätigte es gestern auch Peter Lichtenberg, der Vizechef der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft.

Erst kürzlich mussten, wie berichtet, zwei mutmaßliche Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Unter den jetzt sechs aufgedeckten Fällen, die wenigstens vier Jahre lang vertrödelt wurden, sind gleich drei brisante: Einem Mann, der seine Tochter sexuell missbraucht hatte, wurde vom Bundesgerichtshof ein halbes Jahr Rabatt auf die einst vierjährige Haftstrafe gewährt. Der Täter habe die Verzögerung der Justiz nicht zu verantworten.

Mit ähnlicher Begründung erreichte ein Angeklagter, dem 15-facher Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde, statt drei Jahre nur gut ein Jahr Haft. Bei richtiger, zügiger Arbeit hätte die Staatsanwaltschaft sogar den Missbrauch einer 14-jährigen verhindern können. Einem Mann, der wegen sexueller Handlungen vor einem Kind angeklagt war, attestierte das Oberlandesgericht Düsseldorf „rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung“ der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach. Drei Monate Haft wurden deswegen erlassen.

Eine einzelne Mitarbeiterin soll für all das und mehr verantwortlich sein. Sie ist versetzt worden, Maßnahmen gegen sie werden geprüft. Aber nun auch gegen andere Verantwortliche, etwa Ex-Chef Franzen alias „Balderich“. Dass Akten einfach verschwanden oder außer Kontrolle gerieten, ist laut Vize-General Lichtenberg seit 2005 nicht mehr möglich: „Seitdem gibt es ein elektronisches Kontrollsystem“. Das gefälligst zu nutzen, dazu sind nun alle 19 Staatsanwalten aus dem Justizministerium eindringlich gemahnt worden.

Unterdessen müssen in Mönchengladbach tausende Verfahren rückblickend überprüft werden. Staatssekretär Jan Söffing verspricht: „Alle Umstände, die zu den Mängeln geführt haben, werden rückhaltlos aufgeklärt.“ Es gehe bei der Aufarbeitung auch darum, so Söffing tatsächlich wörtlich, „das Vertrauen der Bürger in eine funktionierende Justiz zu erhalten“. (pbd)

Zahllos

Im Umgang mit Kinderpornografie scheint die Hybris nun auch in die Büros der Strafverfolger einzuziehen. Diese sind an sich zur Objektivität verpflichtet. Aber es kann in aufgeregten Zeiten ja nicht schaden, moralische Entrüstung durchschimmern zu lassen. Wie in dieser Passage einer Anklageschrift:

Am 6. September 2008 lud der Angeschuldigte einen ca. 30-minütigen Film mit zahllosen kinderpornografischen Filmsequenzen herunter. In 30 Filmsequenzen wird der sexuelle Missbrauch von Kindern dargestellt.

Hatte ich bei der Verwendung des Begriffs „zahllos“ zunächst an einen Diktatfehler oder einen einmaligen stilistischen Missgriff geglaubt, wurde ich auf der nächsten Seite eines Besseren belehrt. Dort heißt es schon wieder:

Am 18. November 2008 war der Angeschuldigte im Besitz zahlloser Dateien mit Kinderpornografie. Auf zwei Rechnern befanden sich insgesamt 894 Einzelbilder und 240 Videodateien mit kinderpornografischen Inhalten.

Was will uns der Autor sagen? Dass 30 Filmsequenzen, 894 Einzelbilder und 240 Videodateien einfach zu sachlich ist und doch nur verharmlosend klingt? Dass er sich sorgt, ohne seine wolkige Umschreibung werde das Gericht womöglich die wahre Dimension des Falles verkennen?

Jedenfalls nicht, dass er zu faul zum Zählen ist. Das hat er ja immerhin gemacht.