„Ihnen ist egal, was wir denken“
BKA darf Lampen nicht zu Waffen erklären
Von der Leyen warnt Jugendämter vor Übereifer
Während in Afghanistan deutsche Soldaten Krieg führen, bahnen sich jetzt in Deutschland rechtliche Querelen für arglose Bundeswehrangehörige an. Bei Polizeikontrollen, vor allem in Schleswig-Holstein, sind nämlich Soldaten außerhalb des Dienstes mit einem juristischen Vorwurf konfrontiert worden: Verstoß gegen das Waffengesetz. Ihr Vergehen? Die Soldaten, meist in Uniform auf dem Heimweg ins Wochenende, hatten das „Standardmesser“ der Bundeswehr dabei.
Es handelt sich um ein Taschenmesser (Hersteller: Victorinox), allerdings in Form eines Einhandmessers. Die Besonderheit an Einhandmessern ist, dass sie mit einer Hand geöffnet werden können. Problem: Einhandmesser fallen seit neuestem unter das Waffengesetz. Wer so ein Messer bei sich hat, riskiert ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro.
Das Bundesinnenministerium vertritt in einem mir vorliegenden Schreiben eine harte Linie:
Die an Soldaten ausgegebenen Messer vom Typ Bw Einhandmesser Original Victorinox, Jungle Devil und Bw-Kampfmesser Infanterie fallen grundsätzlich unter den Tatbestand des Führensverbots des § 42a Abs. 1 WaffG.
Nur dienstliche Nutzung sei erlaubt. Freizeit, auch in Uniform verbrachte, sei jedoch kein Dienst:
Führt ein Soldat vor oder nach dem Dienst, auch in Uniform, solch ein Messer mit sich, greift das Waffengesetz. Es wird hierbei davon ausgegangen, dass die Bundeswehr es nicht für erforderlich hält, dass ein Soldat auf dem Heimweg oder bei der Fahrt zur Kaserne bzw. Dienststelle ein Kampf- oder Einhandmesser mit sich führt. Auch Schusswaffen und andere an Soldaten ausgegebene Ausrüstungsgegenstände müssen nach dem Dienst grundsätzlich auf dem Bundeswehrgelände verbleiben.
Weiter:
Auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge der Bundeswehr für junge und charakterlich noch nicht gefestigte Soldaten scheint es vorzugswürdiger, Bundeswehrmesser grundsätzlich in der Kaserne bzw. Dienststelle zu belassen.
Der Reservistenverband hat sich inzwischen auch schon eingeschaltet. Er rät allen Reservisten dringend ab, die zur Ausrüstung gehörenden Einhandmesser bei sich zu führen, und zwar „weder bei dienstlichen Veranstaltungen noch privat“.
Zum Thema: BKA darf Lampen nicht zu Waffen umdefinieren
In der Affäre um den, wie mehrfach berichet, geschassten Ex-Abteilungsleiter des NRW-Umweltministeriums Harald F. haben SPD und Grüne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt. Ob dieser Ausschuss überhaupt in die Tiefen des Strafverfahrens schauen kann, ist höchst fraglich.
Gerade zum heiklen Bereich – der Telekommunikationsüberwachung auch von Landtagsabgeordneten und Journalisten – hat der zuständige Oberstaatsanwalt Ralf Meyer bereits am 24. November 2008 dem Landeskriminalamt einen Vernichtungsauftrag erteilt. Wörtlich heißt es: „Ich bitte unverzüglich sämtliche Daten, Beweissicherungsdatenträger und die schriftlichen Dokumentationen in den TKÜ-Sonderbänden – soweit erstellt -, die im Rahmen der TKÜ-Maßnahmen angefallen sind, zu löschen.“
Das Landeskriminalamt reagierte gut eine Woche später prompt: „Nach Verfügung der StA Wuppertal vom 24.11.2008 zur Vernichtung bzw. Löschung sämtlicher Daten, Beweissicherungsdatenträger und schriftliche Dokumentationen in den TKÜ-Sonderbänden wurden die betreffenden Unterlagen und Datenträger vernichtet bzw. gelöscht.“
Unterdessen spitzt sich der Streit um die Einstellung des Ermittlungsverfahren zwischen der ermitteltenden Staatsanwaltschaft Wuppertal und ihrer Aufsichtsbehörde zu. „Die Geschichte ist gestorben“, zieht ein leitender Beamter der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bereits die Bilanz.
Sein Kollege in Wuppertzal widerspricht heftig: „Unsere Ermittlungen werden sich wenigstens noch über die Sommerpause erstrecken“. Dabei gehe es auch nicht darum, ob Herr F. nur Pommes Frites oder doch auch Schnitzel gegessen hat – es gehe bei Spesenabrechnungen um Differenzen bis zu 300 Euro: „Das alles ist kein Pappenstiel.“ (pbd)
Das Bundessozialgericht hat heute entschieden, dass die Praxisgebühr von 10 Euro für den Arztbesuch pro Quartal nicht verfassungswidrig ist.
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger begehrte die Rückzahlung von 30 Euro, die er als Praxisgebühr für das 1. – 3. Quartal 2005 hat entrichten müssen. Er hält die Praxisgebühr für grundsätzlich verfassungswidrig und beantragte bei der Beklagten schon Ende 2004, ihn von dieser frei zu stellen.
Die Beklagte lehnte dies ab, weil die Voraussetzungen einer Befreiung und die Praxisgebühr nicht verfassungswidrig sei. Die Klage hiergegen ist in allen Instanzen erfolglos geblieben. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Praxisgebühr sieht der Senat nicht.
Die Praxisgebühr fügt sich nach Auffassung des Bundessozialgerichts nahtlos ein in das System der sonstigen Zuzahlungen, die von den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten sind. Die Krankenkassen sind weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung darf vielmehr auch von finanziellen Erwägungen mitbestimmt sein.
Gerade im Gesundheitswesen hat der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht. Dem Gesetzgeber ist es im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes grundsätzlich erlaubt, die Versicherten über den Beitrag hinaus zur Entlastung der Krankenkassen und zur Stärkung des Kostenbewusstseins an bestimmten Kassenleistungen in der Form von Zuzahlungen zu beteiligen, jedenfalls soweit dies dem Einzelnen finanziell zugemutet werden kann und der Versicherungsschutz durch die Höhe der Zuzahlungen nicht ausgehöhlt wird.
Davon kann bei einer vierteljährlichen Zuzahlung von 10 Euro für den Praxisbesuch und einer Begrenzung der Gesamtsumme aller Zuzahlungen auf 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (§ 62 SGB V) ‑ bei chronisch Kranken, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, auf nur 1 % ‑ nicht die Rede sein.
Aktenzeichen: B 3 KR 3/08 R
Der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss läuft nach seinem Austritt aus der SPD zu Hochform auf. So gibt er auf abgeordnetenwatch.de Einblicke in die Welt seiner ehemaligen Kollegen aus der Bundestagsfraktion:
Ein grosser Teil der Parlamentarier ist mit dem Internet nicht aufgewachsen. Sie empfinden es daher moeglicherweise sogar als Bedrohung. Sie nehmen es nicht als technisches Netz oder als Kommunikationsinfrastruktur wahr, verstehen nichts von Netzneutralitaet, sondern als etwas, wo man eben Boeses bekommen kann und wo vermeintlich das Boese auch herkommt und die Gesellschaft durchdringt. Das Netz spiegelt nicht Probleme wider, sondern verursacht sie in deren Augen. …
Kein (SPD-) MdB kaeme z.B. auf die Idee, zum Gespraech auf einen Bauernhof zu fahren, ohne sich vorher etwas ueber die Milchquote oder dergl. anzulesen oder wenigstens aufschreiben zu lassen. Unter „Internet“ koennen sich aber eben viele immer noch weniger vorstellen als unter einer Kuh. Ein weiterer Teil hat sich daher auf die Aussagen von „Fachleuten“ wie Martin Doermann verlassen, der in der Fraktion von einem „guten Kompromiss“ und „Verhandlungserfolg“ gegen die Union sprach. Dass sich Stasi 2.0 die Haende reibt weiss er nicht, will er nicht wissen, weil es ihm weder die Bundesnetzagentur noch sein Referent so aufgeschrieben haben und nur ueble Lobbyisten das Gegenteil behaupten. …
Und ein anderer Teil hat sich, wie Peter Struck, davor gefuerchtet, ein negatives Medienecho zu bekommen (ueberlegt mal bei einer Ablehnung, was wohl die Zeitungen dazu sagen….). Dieser Teil der Partei, zu dem auch Muentefering gehoert, nimmt die „digitale“ Welt noch allenfalls als eine wahr, in die man preiswert und ohne Portokosten „etwas hinschicken“ kann. Bevorzugt nette Worte ueber sich selbst oder die Partei.
Die ganze Abrechnung auf abgeordnetenwatch.de.
Das Lehrerbewertungsportal spickmich.de hat sich durchgesetzt: Auch künftig dürfen Schüler ihre Lehrer im Internet benoten. Der Bundesgerichtshof wies die Revision einer Lehrerin zurück, die von ihren Schülern nicht mit vorgegebenen Noten bewertet werden wollte.
Im einzelnen:
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Bewertung der Leistungen der Klägerin als Lehrerin mit Namensnennung durch Schüler auf der Website www.spickmich.de, die von den Beklagten gestaltet und verwaltet wird.
Zugang zu dem Portal haben nur registrierte Nutzer. Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des Namens der Schule, des Schulortes, eines Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse. An die E-Mail-Adresse wird ein Passwort versandt, das den Zugang zu dem Portal eröffnet.
Die mit den Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien gebunden wie etwa „cool und witzig“, „beliebt“, „motiviert“, „menschlich“, „gelassen“ und „guter Unterricht“. Ein eigener Textbeitrag des Bewertenden ist nicht möglich. Aus dem Durchschnitt der anonym abgegebenen Bewertungen wird eine Gesamtnote errechnet. Die Nutzer können außerdem auf einer Zitatseite angebliche Zitate der bewerteten Lehrer einstellen.
Die Klägerin, deren Name und Funktion auch der Homepage der Schule, an der sie unterrichtet, entnommen werden kann, erhielt für das Unterrichtsfach Deutsch eine Gesamtbewertung von 4,3. Ihr zugeschriebene Zitate wurden bisher nicht eingestellt. Mit der Klage verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Löschung bzw. Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, des Namens der Schule, der unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung und der Zitat- und Zeugnisseite auf der Homepage www.spickmich.de. Sie blieb in den Vorinstanzen erfolglos.
Der u. a. für den Schutz des Persönlichkeitsrechts und Ansprüche aus dem Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision zurückgewiesen.
Unter den Umständen des Streitfalls hat der BGH die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für zulässig gehalten.
Zwar umfasst der Begriff der personenbezogenen Daten nicht nur klassische Daten wie etwa den Namen oder den Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen und Beurteilungen, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen. Für die Erhebung, Speicherung und Übermittlung solcher Daten in automatisierten Verfahren gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes.
Die Erhebung und Speicherung von Daten zur Übermittlung an Dritte ist auch ohne Einwilligung des Betroffenen nach § 29 BDSG u.a. dann zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und –speicherung nicht gegeben ist. Ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin hat der BGH nach Abwägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und des Rechts auf freien Meinungsaustausch andererseits für nicht gegeben erachtet.
Die Bewertungen stellen Meinungsäußerungen dar, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen, bei der der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre genießt. Konkrete Beeinträchtigungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Äußerungen sind weder schmähend noch der Form nach beleidigend. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig, weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes Individuum gebunden ist. Die Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich das Recht, das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.
Auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an den Nutzer kann nur aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Im Streitfall ist im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten und die Zugangsbeschränkungen zum Portal die Datenübermittlung nicht von vornherein unzulässig. Besondere Umstände, die der Übermittlung im konkreten Fall entgegenstehen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Post aus der Justizvollzugsanstalt:
Sehr geehrter Herr Vetter, die Revision ist durchgegangen. Bitte um schnellstmöglichen Besuch. Wir müssen das weitere Vorgehen besprechen.
Na, das nenne ich mal überschäumende Freude.
Die Idee liegt nahe. Sie ist lange gewälzt worden, in der Mitte vorigen Jahres hat sie sich im Justizministerium verfestigt und wird nun umgesetzt. Spätestens in sechs Monaten sollen vier ausgebildete Hunde durch zunächst ebenso viel Justizvollzugsanstalten des Landes schnüffeln, um Rauschgift aller Art bei Gefangenen, deren Besuchern und in den Zellen aufzuspüren.
Dazu sind speziell belgische, aber auch deutsche Schäferhunde geeignet. Cockerspaniel oder Labradore kommen auch infrage. Die können allerlei aufspüren. Marihuana etwa, Kokain, Opium, Heroin sowieso und Amphetamine, dieses leicht nach Fisch riechende Aufputschmittel. Das Projekt beginnt in den Justizvollzugsanstalten (JVA) von Kleve, Köln, Castrop-Rauxel und Hamm.
In Kleve etwa, so sagt es Ministeriumssprecherin Andrea Bögge, sitzen „der Grenznähe zu den Niederlanden mit 153 Menschen überdurchschnittlich viele Abhängige“. Sollte der Probelauf erfolgreich sein, werden Spürhunde auch in anderen JVA eingesetzt. Tücken gibt es dabei angeblich keine.
Zunächst setzt Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) auf den hoch entwickelten Riechsinn der Hunde. Vier solcher Tiere werden, sobald sie nach ein bis zwei Jahren ausbildungsreif sind, zuerst 20 Tage lang in der Polizeihundeschule Stukenbrock bei Gütersloh auf Gehorsam gedrillt. In den 50 Tage danach wird ihnen das Wittern nach Drogen beigebracht. Sie sollen dann gelernt haben, Duftgemische wahrzunehmen, sogar Teilgerüche herauszufiltern.
Die Menschen an ihrer Seite werden vom allgemeinen Dienst freigestellte JVA-Beamte sein. Die bringen, so der Plan, die Hunde artgerecht zuhause unter. Wobei eventuell die Familie mitspielen wird – „freiwillig“, so betont es Andrea Bögge. Der finanzielle Aufwand liegt bei 19.400 Euro. Darin sind die Kosten für die Anschaffung (8.000 Euro), vier Zwinger (5.600), die Tierärzte (800), das Futter (4.080) und selbst für mögliche Reinigungen (940) enthalten.
Diesen Ausgaben stehen allerdings alarmierende Zahlen entgegen. In den 37 nordrhein-westfälischen Gefängnissen gibt es 6.401 Menschen, die abhängig von illegalen Drogen sind (Alkohol und Medikamente zählen beispielsweise nicht dazu). 5.629 Männer gehören dazu, 412 Frauen. Allen wird mit den Spürhunden der Konsum schwer oder unmöglich gemacht. Bei Funden wird es keine Lockerung des Vollzuges mehr geben, neue Strafverfahren folgen.
Die Schnüffelfahndung ist, so erklärt es Andrea Bögge, mit dem Strafvollzugsgesetz abgedeckt: „Schon jetzt werden die Zellen wenigstens einmal wöchentlich durchsucht“. Dabei helfen bereits Suchhunde von Polizei und Zoll. Die der Justiz bekommen einen neuen Schwerpunkt. Sie dürfen und sollen auch schon im Besuchsbereich schnuppern. Fällt dort jemand auf, der Rauschgift hinter die Gitter schmuggeln will, folgt notfalls eine Durchsuchung von Polizeibeamten. (pbd)
Freitag letzter Woche habe ich mich verschaukelt gefühlt. Ein Gegner sagte, er habe die Unterlassungserklärung am Montag unterschrieben und noch am gleichen Tag weggeschickt.
Ein Brief von Bremen nach Düsseldorf braucht fünf Tage? Eher unwahrscheinlich. Heute wurde ich eines Besseren belehrt. Die Erklärung ging tatsächlich am Samstag bei uns ein – mit Poststempel vom Montag, 15. Juni 2009. Eigenartigerweis trägt der Brief aber auch noch einen Poststempel von Freitag, 19. Juni 2009. Vermutlich hat er sich irgendwo in einer Ecke des Briefzentrums 28 ausgeruht.
Ganz ausgesanden ist die Sache noch nicht. Für eine weitere Erklärung lief die Frist vorhin ab. Ob es schon wieder an der Post liegt, wird sich wohl erst in den nächsten Tagen zeigen.
Wenn Behörden zum Nachteil des Bürgers entscheiden, weisen sie ihn regelmäßig auch darauf hin, welche Rechtsmittel er einlegen kann. Geschieht dies nicht, laufen großzügige Fristen. Im Verwaltungsverfahren ist die Klage dann beispielsweise noch innerhalb eines Jahres zulässig.
Anders im Zivilverfahren. Aus einem nicht näher nachvollziehbaren Grund hält es dieser Rechtszweig nicht für nötig, Prozessparteien oder sonstige Beteiligte über Rechtsbehelfe zu informieren. Heute hatte ich den Fall von Zeugen. Ihnen war ein Ordnungsgeld aufgebrummt worden, weil sie nicht zur Beweisaufnahme erschienen waren.
In der Sache könnte man gegen diesen Ordnungsgeldbeschluss einiges vorbringen. Nur leider finden die Argumente vor Gericht kein Gehör. Die Beschwerde reichten die Betroffenen nämlich erst drei Tage nach Ablauf der zweiwöchigen Frist ein, welche die Zivilprozessordnung für solche Rechtsmittel anordnet.
Normalerweise kennt man als Bürger einen Monat für Widerspruch oder Klage. Eine Belehrung über die Zweiwochenfrist fand sich im Ordnungsgeldbeschluss nicht. Das zuständige Landgericht hat nun, wenig überraschend, keine Lust, sich inhaltlich mit den Ordnungsgeldern zu beschäftigen. Stattdessen der Hinweis, dass das Bundesverfassungsgericht Rechtsmittelbelehrungen fürs Zivilverfahren nicht für erforderlich hält (NJW 1995, 3173).
Genau genommen hat das Gericht damals geschrieben, „derzeit“ sei keine Belehrung erforderlich. Heute sind wir 14 Jahre weiter. Vielleicht müsste mal wieder jemand klagen, um zu klären, ob „derzeit“ schon vorüber ist.
Wer sich vorsichtig dem Niveau annähern möchte, auf dem der Bundestagsabgeordnete „umme Ecke“ argumentiert, kann sich beispielsweise mit Elke Ferner beschäftigen. Die SPD-Parlamentarierin aus Saarbrücken rechtfertigt ihre Zustimmung zum Internetzensurgesetz unter anderem so:
Schließlich bleibt bei der Abwägung der Zustimmung zu diesem Gesetz auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die entsprechende Sperrinfrastruktur aufgrund der abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern bereits aufgebaut wird. Diese Verträge beinhalten keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und erfahrensrechtliche Sicherungen und sind deshalb höchst problematisch. Ich sehe es als meine Pflicht als Abgeordnete an, solche weitgehenden, intransparenten und verfassungsrechtlich schlicht unzulässige Verträgen zu Lasten Dritter durch eine gesetzliche Grundlage abzuschwächen und ihre negative Wirkung zu reduzieren.
Carsten Dobschat hinterfragt diese Argumente:
Will die uns für blöd verkaufen? Hält die ihre Wähler tatsächlich für lobotomierte und grenzdebile Volltrottel, die nicht von 12 Uhr bis Mittag denken können? Sie schreibt selbst, dass die Verträge “verfassungsrechtlich schlicht unzulässig” seien – ja wie ungemein bescheuert muss man sein, um das als Begründung zu verwenden, ein Gesetz zu machen, das genau den Inhalt dieser verfassungsrechtlich schlicht unzulässigen Verträge zum Inhalt hat? Wird das nun das neue Vorgehen des Bundestags? Ein Minister macht Verträge, die nicht mit bestehenden Gesetzen vereinbar sind und statt gegen die Verträge vorzugehen, werden diese als Vorlage für ein neues Gesetz genommen? Geht’s noch? Wer ist denn hier der Volltrottel?
Hoffen wir, dass Frau Ferner diesem Gedankengang folgen kann. Oder jemanden kennt, der ihr erklärt, was der Bürger aus ihrem Wahlkreis ihr rüberbringen möchte.
(Elke Ferner steht für viele SPD-Abgeordnete, die diesen oder einen ähnlichen Text an protestierende Bürger versenden.)
Ich war noch nie auf der popkomm, habe mir aber sagen lassen, dass es dort meist stinklangweilig war. Da sich niemand gerne langweilt, könnte es natürlich sein, dass die Messe für Aussteller wie Besucher einfach von Jahr zu Jahr unattraktiver geworden ist.
Da braucht es schon jemanden wie den Jammerlappen vom Dienst, Messeveranstalter und Musikverbandschef Dieter Gorny, um den eigenen Misserfolg noch in eine, wenn auch lächerliche Attacke zu verwandeln:
Viele Unternehmen können es sich wegen des Diebstahls im Internet nicht mehr leisten, an der Popkomm teilzunehmen.