„Es stimmt, ich war zu schnell“

Wer wegen eines Verkehrsverstoßes angehalten wird, kennt vielleicht die Situation. Der Polizeibeamte nimmt nach einem lockeren Gespräch die Personalien auf. Und später liest man als Betroffener dann in den Unterlagen, dass man den Tatvorwurf eingeräumt hat. Standardformulierung: „Es stimmt, ich war zu schnell.“

Genau hiermit sollte auch ein mutmaßlicher Temposünder überführt werden. Der zuständige Polizeibeamte konnte dem Richter allerdings gar keine konkreten Informationen liefern, um wie viel der Betroffene tatsächlich zu schnell durch eine Tempo-30-Zone gefahren sein soll. Insbesondere blieb der Polizist eine Erklärung schuldig, nach welchem Maßstab er von einer Geschwindigkeitsüberschreitung ausging.

Blieb letztlich nur das vermeintliche Geständnis im Rahmen der Anhörung zum Tatvorwurf. Seine mündlichen Angaben muss der Betroffene in solchen Fällen nicht durch Unterschrift bestätigen. Der Polizeibeamte sagt einem in der Regel auch nicht, wie er einen zu zitieren gedenkt.

Vor diesem Hintergrund will sich der Richter in dem entschiedenen Fall aber nicht alleine auf das angebliche Geständnis verlassen. Ohne nachvollziehbare Fakten, die ihm eine eigene Überprüfung möglich machen, könne er sich nicht auf das Geständnis stützen. Die Pflicht des Gerichts, den Verkehrsverstoß mit den vorliegenden Beweismitteln selbst zu überprüfen, werde durch ein angebliches Geständnis nicht außer Kraft gesetzt.

Überdies hatte der Betroffene in der Hauptverhandlung natürlich auch darauf hingewiesen, dass er den ihm in den Mund gelegten Satz so nicht gesagt hat.

Link zum Beschluss des AG Dortmund

Telemedizin soll Inhaftierten helfen

Die Telemedizin ist ja groß im Kommen. Derzeit ändern die Ärzte ihre Standesregeln für die Fernbehandlung von Patienten, und jetzt entdeckt auch die baden-würrtembergische Justiz den möglichen Nutzen für den Strafvollzug. Im Rahmen eines Modellprojekts sollen dort künftig Gefangene Fachärzte online konsultieren können.

Einzelheiten stehen in diesem Bericht. Interessant ist auch das Argument, dass die Telemedizin die Fluchtgefahr mindern dürfte. In der Tat, das darf ich hoffentlich sagen, sind gerade Ausführungen zu Ärzten oft eine günstige Gelegenheit, wenn sich ein Gefangener aus dem Staub machen will. Aber die Regel ist das natürlich nicht.

Ich persönlich denke in diesem Zusammenhang gern an einen schwer zuckerkranken und auch überdies sehr angeschlagenen Mandanten, der sich auch mal selbst aus der Haft entließ. Aber nur, um im Knast „nicht zu krepieren“, wie er es formulierte. Den Aufenthalt in einer Privatklinik hat ihm seinerzeit sein Bruder finanziert. Nach knapp drei Wochen ging der Mandant dann freiwillig zurück und saß brav seine Reststrafe ab.

Mehr Rechte für Flugreisende

Der Europäische Gerichtshof stärkt die Rechte von Flugreisenden. Bei verspäteten Umsteigeflügen können die Reisenden sowohl am Abflugs- als auch am Zielort die vorgeschriebene Entschädigung einklagen.

Dieses Recht auf Wahl des Gerichtsstandes gilt der Entscheidung zufolge, wenn die verschiedenen Flüge für eine Reise einheitlich gebucht wurden „und die große Verspätung bei Ankunft am Endziel auf eine Störung zurückzuführen ist, die sich auf dem ersten Flug ereignet hat“.

Konkret bedeutet die Klarstellung durch das Gericht, dass sich ausländische Airlines, die eine Teilstrecke bedient haben, nicht auf einen Gerichtsstand in ihrem Heimatland berufen dürfen. Vielmehr können sie auch sowohl an Start und Ziel des Reisenden verklagt werden. In dem entschiedenen Fall musste sich die spanische Air Nostrum, die den ersten Teilflug innerhalb von Spaniens durchgeführt hatte, nun dem Prozess in Düsseldorf stellen. Dort war das Endziel der Reise, deren letzte Etappe Air Berlin ausgeführt hatte.

Das Grundsatzurteil gilt für alle Airlines, die ihren Sitz in der EU haben (Aktenzeichen C-274/16, C-447/16, C-448/16).

Mehr Penisbilder

Wenn es nach dem Verwaltungsgericht Cottbus geht, dürfte die Fahndungskartei der Polizei künftig um eine Rubrik reicher werden. Penisbilder. Das Gericht hält es für zulässig, wenn zur Verbrechensvorbeugung bei Sexualdelikten auch das Geschlechtsteil des Beschuldigten fotografiert wird.

Ein Beschuldigter, selbst Polizist, hatte sich gegen die Anordnung gewehrt, im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung auch seinen Schniedel ablichten zu lassen. Dem Polizisten, der wegen der angeblichen Tat bislang noch nicht verurteilt ist, wird sexueller Missbrauch eines Kindes vorgeworfen. Der Beamte soll über seinen Dienstrechner länger mit einem Kind erotische Chats geführt haben.

Von sich selbst hat der Beamte allerdings nur Bilder verschickt, die ihn mit unbekleidetem Oberkörper zeigen. Dennoch halten es die Richter für erforderlich, dass bei künftigen Ermittlungen auch ein Bild seines Geschlechtsteils zur Verfügung steht. Immerhin sei es nicht unüblich, dass im Internet auch Intimbilder ausgetauscht werden. Von daher liege die Vermutung nahe, dass der Betroffene auch zum Austausch von Nacktbildern bereit sei. Wenn eine Aufnahme seines Geschlechtsteils vorliege, sei es in ähnlichen Fällen schneller möglich, ihn als Täter zu ermitteln. Oder ihn auszuschließen.

Dieser Beschluss dürfte keine lange Haltbarkeit haben. Die Menschenwürde gilt auch für Verdächtige einer Straftat, und zwar uneingeschränkt. Fotos des Geschlechtsteils, schon gar nicht im erigierten Zustand, können nach meiner bescheidenen Meinung nicht erzwungen werden – wenn man eben diese Menschenwürde nicht völlig über Bord wirft. Fotos des nicht erigierten Penisses, die man vielleicht noch irgendwie als zulässig betrachten könnte, sind aber als solche kaum für die Zwecke des Erkennungsdienstes „erforderlich“, wie es § 81b StPO ausdrücklich verlangt. Und zwar schon ganz einfach deswegen, weil die Versender der Bilder in 99,9 % der Fälle ganz sicher nicht als Schlappschwanz dastehen wollen. Mir sind aber schon Gerüchte zu Ohren gekommen, dass nicht erigierte Penisse eher überhaupt keinen Rückschluss darauf zulassen, wie sie im erregten Zustand aussehen. Von daher wäre die Penisbilderkartei nur eins: schlicht nutzlos und somit gesetzeswidrig.

Aber nun ja, vielleicht gibt es ja zumindest in anderen Polizeipräsidien kluge Köpfe, die solche Praktiken in unserem Land dann doch eher auch nicht wollen (Aktenzeichen 3 L 95/18).

Fernlöschung

Die Staatsanwaltschaft hat mir Bescheid gesagt, dass die Polizei einem Mandanten sichergestelltes Bargeld wieder aushändigen muss. Ein schöner Betrag, doch komischerweise löste bei meinem Mandanten der zweite Teil der Mitteilung viel größere Freude aus: Der Mandant kriegt auch sein Handy wieder.

Was wohl bedeutet: Die Fernlöschung hat tadellos funktioniert in dem Augenblick, als ein Polizeibeamter ganz konventionell den Ein-Schalter gedrückt hat.

Aber das alles reime ich mir möglicherweise auch nur zusammen, und der Mandant hatte überhaupt keine sensiblen Daten auf seinem Gerät.