„Es gibt einen Videobeweis“

In einem Ermittlungsverfahren geht es um eine Schlägerei. Der Wirt einer Gaststätte hat der Polizei ein Überwachungsvideo übergeben, welches die Polizei ausgewertet hat.

Mein Mandant, seinerzeit noch ohne Anwalt, ging zur Polizei und ließ sich vernehmen. Ich zitiere:

Möchten Sie sich zur Sache äußern? Tatvorwurf ist eine schwere Körperverletzung, möglicherweise auch Landfriedensbruch.

Es gibt einen Videobeweis, der uns hier vorliegt und der mittlerweile ausgewertet ist.

Was der Beamte nicht sagte: Auf dem Video ist mein Mandant nicht zu sehen. Es gibt auch keinerlei sonstigen Belege dafür, dass er überhaupt vor Ort war.

Die Hoffnung des Beamten war klar. Wenn es eine Möglichkeit gab, dass mein Mandant sich selbst belastet, dann nur unter dem Druck des angeblichen Videos. Die Art und Weise dieses Vorgehens kann man sicherlich noch als bloße kriminalistische List einsortieren. Man könnte aber auch daran denken, ob hier nicht schon der Grenzbereich zu einer verbotenenen Vernehmungsmethode in Form der Täuschung tangiert wird (§ 136a StPO).

Der Mandant hat die List jedenfalls durchschaut, was ja keineswegs einfach ist. Er verweigerte ab diesem Punkt jedwede Angaben und widerstand so der Versuchung, durch voreilige Angaben Beweismittel gegen sich selbst zu schaffen. Die einzigen Beweismittel, die es dann überhaupt gegeben hätte. Dem Staatsanwalt wird nun kaum etwas anderes übrig bleiben, als das Verfahren mangels Tatverdachts einzustellen.

Ich weiß nicht, ob der Polizeibeamte stolz auf sich sein kann.

„… nicht meine Aufgabe“

Vor einigen Monaten wurde in einem größeren Prozess die Ermittlungsführerin als Zeugin vernommen. Das ist die Polizistin, bei der in einem Ermittlungsverfahren alle Fäden zusammenlaufen, welche die Arbeit innerhalb der Ermittlungskommission verteilt und Kontakt zum Staatsanwalt hält. Und jene, die den sogenannten Abschlussbericht verfasst. Oder zumindest unterschreibt.

Bei der Befragung der Zeugin ging es seinerzeit hoch her. Einfach, weil sich an jeder Ecke Pannen und Versäumnisse zeigten. Als Krönung empfand ich die Reaktion der Polizistin auf die Frage, warum eine Nachfrage bzw. Recherche bei einem Sachverhalt unterblieb, obwohl diese sich eigentlich aufdrängte. Es war da nämlich schon klar, dass sich die Sache nicht ganz so zugetragen haben kann, wie es die Polizei gerne gehabt hätte. Die Ermittungsführerin sagte:

Es ist nicht meine Aufgabe, Entlastendes zu ermitteln.

Heute kam die Sache noch mal aus anderem Grund zur Sprache. Dabei stellte die Vorsitzende Richterin klar, die Ermittlungsführerin habe das wirklich gesagt. Aber sie habe es so verstanden, dass die Dame erst mal nur sich meint und nicht ihre Kollegen.

Eine sicher wohlwollende Auslegung, wir reden ja nicht über eine nachgeordnete Mitarbeiterin im Polizeipräsidium. Jedenfalls ist nun klar, dass auch dem Gericht dieser Satz in lebhafter Erinnerung geblieben ist.

Sicher nicht ohne Grund.

Nichts zu meckern

Auch wenn es hier vielleicht nicht immer den Eindruck erweckt, gibt es doch auch bei Staatsanwaltschaften und Gerichten eine ganz Menge Leute, mit denen man prima auskommen und arbeiten kann.

Zunächst mal menschlich. So war es ein sehr freundliches Gespräch, das ich mit einem Staatsanwalt geführt habe. Da gibt’s nichts zu meckern.

Daneben gibt es aber auch immer eine sachliche Ebene. Hier stand die Frage im Raum, ob das Verfahren gegen meinen Mandanten vielleicht nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Auflage eingestellt werden kann. Auch hier hatten wir schnell Konsens.

Der Knackpunkt ist dann oft der Betrag, der in die Staatskasse oder für einen guten Zweck fließen soll. Vom Mandanten hatte ich schon mal eine Freigabe, und zwar bis 3.500 Euro.

Der Staatsanwalt brachte von sich aus 200 Euro ins Spiel. Ich tat natürlich mein Bestes, um meine innerliche Freude zu verbergen. Das Gesamtpaket betrachtet, gab es also rein gar nichts zu meckern.