Gerichtstermin? Maske!

Wer am Amtsgericht Hagen bei der 10. Zivilabteilung einen Verhandlungstermin hat, der versucht wohl besser, eine (seit Tagen ausverkaufte) Atemschutzmaske herbei zu schaffen: Ein Richter besteht nämlich auf das Tragen derselbigen in seinem Gerichtssaal.

Die möglichen Rechtsfolgen, die einen bei der Weigerung erwarten, sind tatsächlich interessant. Ebenso wie die Frage, ob diese Verfügung wohl noch von der sitzungspolizeilichen Gewalt des Vorsitzenden gemäß § 176 GVG getragen werden kann und was die Beteiligten tun sollen, wenn sie nicht zur Gruppe der „Prepper“ gehören und entsprechend unvorbereitet ohne Atemschutzmaske zum Termin erscheinen müssen.

Von KollegInnen hört man, dass der Richter aber tatsächlich im Ernstfall bereit ist, Masken aus seinem persönlichen Vorrat zur Verfügung zu stellen. Die Frage ist nur, wie lange der jetzt noch reicht und natürlich auch, ob Anwälte bereit sind, das Angebot dankend anzunehmen. Beklagtenvertreter haben es am Zivilgericht ja meist eher nicht eilig. Zumindest für sie dürfte die Perspektive einer Vertagung bis auf weiteres durchaus verlockend sein. RAin Jennifer Leopold

Vielen Dank an den Kollegen Rechtsanwalt Botsaris für das Foto.

Bitte richtig rechnen

Wer länger Krankengeld bezieht, wird sich vielleicht für dieses Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf interessieren. Eine Krankenkasse hatte dem Versicherten weiteres Krankengeld versagt, weil dieser die Folgebescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit angeblich einen Tag zu spät eingereicht hatte. Dabei ist es allerdings die Krankenkasse, die nicht rechnen kann.

Die Wochenfrist zur Vorlage der Bescheinigung beginnt nämlich, so das Sozialgericht Düsseldorf, nicht schon mit dem ersten Tag der weiteren Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr sehe die gesetzliche Regelung im Sozialgesetzbuch – den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches folgend – einen Fristbeginn erst zum Ablauf des ersten Tages der Arbeitsunfähigkeit vor. Anders ausgedrückt: Der erste Tag der weiteren Arbeitsunfähigkeit zählt bei der Wochenfrist nicht mit. Nach diesem Maßstab hatte der Kläger seine Bescheinigung noch rechtzeitig vorgelegt, wenn auch am letzten möglichen Tag (Aktenzeichen S 9 KR 589/19).

Ein Telefonat. Pro Monat.

Mein Mandant sitzt in Untersuchungshaft. Eine Staatsanwaltschaft in Bayern hat mir 1 (in Worten: ein) unüberwachtes Telefonat mit meinem Mandanten genehmigt.

Pro Monat.

Die Justizvollzugsanstalt hat sich übrigens komplett quergestellt. Tenor: Telefonate mit Verteidigern – wo kommen wir denn dahin? Insoweit muss ich der Staatsanwältin danken, die sich sogar ins Zeug gelegt hat. Halt im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Allerdings gibt es auch Bundesländer, die Telefonate mit dem Verteidiger deutlich liberaler als Bayern handhaben. So gut wie alle anderen, um genau zu sein.

Bloß viel zu schnell – oder schon Straftäter?

Wer sich mitunter flott im Straßenverkehr bewegt, sollte an eins denken: Mit der Einführung des „Raserparagrafen“ (§ 315d StGB) drohen längst nicht mehr nur Fahrverbot und happige Bußgelder, sondern auch Gefängnisstrafen – ohne dass irgendjemand konkret gefährdet oder gar verletzt wurde.

Das Landgericht Köln bejaht beispielsweise einen dringenden Tatverdacht gegen einen Autofahrer, der im unmittelbaren Bereich von Schulen 72 km/h statt der erlaubten 30 km/h gefahren sein soll – wenn auch mit abgefahrenen Reifen. Dem Mann wird nun die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen und er muss sich einem Strafverfahren stellen. Höchststrafe: 2 Jahre Gefängnis.

Knackpunkt ist in diesem Fällen die Frage, ob so jemand tatsächlich gehandelt hat, ob er tatsächlich „grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ gehandelt hat und überdies, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Dies fordert das Gesetz. Die Überschrift des Paragrafen lautet – sicher nicht ohne Grund – „Verbotenes Autorennen“. Die bloße Geschwindigkeitsüberschreitung kann also nicht ausschlaggebend sein. Darauf wird auch immer wieder hingewiesen, etwa von Krumm im Anwaltskommentar StGB:

Strafbar soll sein, wer „objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt“.* Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kraftfahrzeugverkehr und ein Überholvorgang regelmäßig dem „möglichst“ schnellen Vorankommen dient, so dass zum bloßen zügigen Überholen ein Fahren mit Renncharakter hinzukommen muss. Ein Renncharakter ist gegeben, wenn der Fahrer sein Fahrzeug bis an die technischen und physikalischen Grenzen ausfährt. Nach hier vertretener Ansicht wird es kaum ausschließlich um das Erreichen der höchstmöglichen Fahrzeuggeschwindigkeit gehen können. Es wird wohl auf die zur Tatzeit auf der Fahrstrecke überhaupt aus Tätersicht ohne Unfallverursachung erzielbare Höchstgeschwindigkeit abzustellen sein.

Die Entscheidung des Landgerichts Köln geht aber eindeutig in die Richtung, dass bloßes „Rasen“ ausreicht, um nicht nur den Führerschein zu riskieren, sondern auch eine strafrechtliche Verurteilung (Aktenzeichen 101 Qs 8/20).

Nachtrag: Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hält den neuen Raserparagrafen für verfassungswidrig, weil zu unbestimmt. Es hat die Vorschrift deshalb dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, siehe auch diesen Beitrag in der Legal Tribune Online. Danke an die zahlreichen Leser, die mich auf den Vorlagebeschluss hingewiesen haben.

Explosion in der Hosentasche

Wenn deine E-Zigarette in der Hosentasche explodiert, ist das unerfreulich. Nach dem ersten Schreck stellt sich natürlich die Frage, wen man dafür zur Kasse bitten könnte – möglicherweise die gesetzliche Unfallversicherung? Genau das versuchte die Mitarbeiterin einer Firma in Nordrhein-Westfalen, allerdings mit mäßigem Erfolg.

Die Arbeitnehmerin argumentierte so: Sie müsse in der Firma den Müll rausbringen. Dazu habe sie den Dienstschlüssel in ihre Hosentasche gesteckt. Dort befand sich auch der Ersatzakku ihrer E-Zigarette. Durch den Kontakt mit dem Schlüssel soll ein Kurzschluss entstanden sein, in dessen Folge sich der Akku entzündete und die Hose der Betroffenen (nicht die Betroffene selbst) in Brand setzte.

Das Sozialgericht Düsseldorf konnte hier keinen Arbeitsunfall erkennen. Der Schlüssel sei zwar mitursächlich für den Brand gewesen, doch von ihm sei keine Gefahr ausgegangen. Denn Schlüssel ließen sich nicht anzünden. Die Brandgefahr sei lediglich vom Akku ausgegangen, und diesen habe die Klägerin aus rein privaten Gründen dabei gehabt. Ein Arbeitsunfall liege deshalb nicht vor (Aktenzeichen S 6 U 491/16).

Ferienzeit

Ich wusste, mir etwas entfallen. Nämlich die Mitteilung, dass ich wie jedes Jahr die Karnevalszeit für einen Urlaub nutze.

Das hole ich jetzt gerne nach. Spätestens ab Donnerstag, 5. Freitag, 6. März, ist wieder mit neuen Beiträgen zu rechnen. Bis dahin.