Muss sich der Bürger in einem Gerichtsurteil wegen eines angeblichen Tempoverstoßes als „betroffene Person“ bezeichnen lassen? Darf der Sachverständige vom Gericht als „sachverständige Person“ tituliert werden und der angehörte Messbeamte als „messverantwortliche Person“? Nein, sagt das Oberlandesgericht Naumburg. Gendern, noch dazu krampfhaftes, kommt laut dem Gericht nur in Betracht, „wenn die betreffenden Verfahrensbeteiligten ausdrücklich um eine geschlechtsneutrale Bezeichnung nachsuchen“.
Der Senat am Oberlandesgericht folgt inhaltlich dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Diese attestiert dem zuständigen Richter am Amtsgericht Dessau-Roßlau heftige Sprachverwirrung. Das Geschlecht eines Verfahrensbeteiligten sei ein „wesentliches Persönlichkeitsmerkmal“. Deshalb könne die nicht erbetene sprachliche Reduzierung des Betroffenen auf ein Neutrum dessen persönliche (Geschlechter)-Ehre verletzen und sei despektierlich. Schon der Verteidiger des Betroffenen hatte darauf hingewiesen, dieser sei unzweifelhaft ein Herr.
Aufgehoben wurde das Urteil allerdings nicht wegen sprachlicher Mängel. Vielmehr weist die Entscheidung auch zahlreiche sachliche Fehler auf.
Sich selbst hat der Richter übrigens als solchen im Urteil bezeichnet – und nicht als „richtende Person“ (Aktenzeichen 1 ORbs 133/25).