Sie haben Recht, bekommen es aber nicht

Sie haben als Bürger mit Ihrem Anliegen zwar Recht, bekommen es aber nicht. Dafür fallen aber ein paar warme Worte ab. Niemand beherrscht diese Methode besser als die Richter am Bundesverfassungsgericht. Eine aktuelle Entscheidung zeigt sehr schön, wie das mitunter so läuft in Karlsruhe.

Das Anliegen der Beschwerdeführerin wird in dem Beschluss mit dem Hinweis abgebügelt, der Rechtsweg sei nicht ausgeschöpft. Die Verfassungsbeschwerde wird als unzulässig eingestuft. Deshalb, so das Gericht, müsse man sich nicht inhaltlich mit dem Anliegen auseinandersetzen. Um genau das dann aber zu tun, und zwar in einem sogenannten obiter dictum, einer beiläufigen Anmerkung zur Sache. Die freilich hat es in sich.

In dem Fall ging es um eine Verkehrskontrolle. Die Auseinandersetzung eskalierte, der kontrollierende Beamten aktivierte seine Bodycam. Daraufhin filmte auch die Betroffene, und zwar mit ihrem iPhone. Die Polizei beschlagnahmte das Smartphone auf telefonische Anordnung der Staatsanwaltschaft, und zwar wegen des Verdachts auf Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB. An sich machte die Betroffene alles richtig, auch wenn sowohl das Amts- als auch das Landgericht die Beschlagnahme des Telefons für zulässig hielten. Ihr Fehler lag nur darin, die sogenannte Anhörungsrüge (§ 33a StPO) nicht zu erheben.

Auch wenn sich die Frau nichts dafür kaufen kann, geht das Gericht mit seiner lässigen Bemerkung inhaltlich auf sie zu. Der Senat zeigt sich skeptisch, dass nach Aktivierung einer Bodycam durch einen Polizeibeamten noch ein schützenswertes vertrauliches Wort gesprochen werden könne – immerhin zeichnet die Polizei ja selbst auf. Außerdem zweifelt das Gericht an der Verhältnismäßigkeit der Beschlagnahme. Diese dauerte schon länger an, mehr als drei Monate hält das Gericht für fragwürdig. Schon wegen der geringen Strafdrohung des fraglichen Paragrafen. Aber auch aufgrund des Umstandes, dass es die Bodycam-Aufnahmen gibt. Was also sollen die möglichen Bilder auf dem Smartphone also noch beweisen?

Immerhin können wir als Allgemeinheit etwas mitnehmen. Nicht alle Strafanzeigen, die Polizeibeamte gern erstatten, wenn sie gefilmt werden, müssen begründet sein. Und die Beschlagnahme eines Mobiltelefons darf nicht unzumutbar lange dauern. Wird sicher interessant, ob sich jemand diese warmen Worte aus Karlsruhe zu Herzen nimmt (1 BvR 975/25).

Karikatur: wulkan