Haftstrafe für vorgetäuschte Vergewaltigung

Eine Britin ist zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil sie sich wahrheitswidrig als Opfer einer Vergewaltigung ausgegeben hat. Die 32-Jährige hatte der Polizei gesagt, ein Mann habe sie von der Straße in ein Auto gezerrt, zu einer öffentlichen Toilette gefahren und dort sexuell missbraucht, berichtet The Independent.

Tatsächlich hatte die Frau einen 26-Jährigen kennengelernt, als sie angetrunken auf dem Nachhauseweg war. In dessen Wohnung gab es einvernehmlichen Sex; zum Abschied tauschten beide noch die Telefonnummern aus. Später habe die Frau dann Angst um ihre Ehe bekommen und Passanten erzählt, sie sei von einem Unbekannten vergewaltigt worden.

Den 26-Jährigen verhaftete die Polizei, weil die bei der Frau gefundenene DNA mit seiner übereinstimmte. Die DNA war dem Mann wegen eines „kleineren Vergehens“ entnommen und in einer Datenbank gespeichert worden.

Der Richter begründete die Haftstrafe für die Frau mit der enormen Verschwendung von Polizeiressourcen, die an anderer Stelle gefehlt hätten, und mit der ungeheuren Angst, die der falsch Beschuldigte ausstehen musste.

Muslim muss Alkohol-Anfassverbot belegen

Ein als Ladenhilfe in einem Supermarkt beschäftigter Arbeitnehmer muss mit Arbeitsaufgaben rechnen, die den Umgang mit Alkoholika erfordern. Allerdings kann es religiöse Gründe geben, die ihm den Umgang mit Alkohol unzumutbar machen. Diese Grundsätze hat nun das Bundesarbeitsgericht aufgestellt. Es wies die Klage eines muslimischen Angestellten, der im Supermarkt keinen Alkohol in Regale räumen wollte, an die Vorinstanzen zurück. Diese müssen nun den Sachverhalt näher klären. 

Der Kläger ist gläubiger Moslem. Er war seit 1994 als Mitarbeiter eines großen Warenhauses tätig. Seit dem Jahr 2003 wurde er als "Ladenhilfe" beschäftigt. Im Februar 2008 weigerte er sich, im Getränkebereich zu arbeiten. Er berief sich auf seinen Glauben, der ihm jegliche Mitwirkung bei der Verbreitung von Alkoholika verbiete. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.

Ob diese Kündigung rechtmäßig war, wollten die obersten Arbeitsrichter nicht entscheiden. Grundsätzlich stehen sie aber auf Seiten des Arbeitnehmers. Gebe es für diesen eine religiöse Pflicht, den Umgang mit Alkohol zu meiden, müsse ihm der Arbeitgeber andere Tätigkeiten zuweisen, sofern ihm dies möglich ist.

Allerdings scheint das Bundesarbeitsgericht gewisse Zweifel zu haben, ob der Kläger als gläubiger Muslim tatsächlich keinen Alkohol in Regale räumen darf. Sie kritisieren nämlich, der Betroffene habe nicht konkret dargelegt, was ihm seine Religion genau verbietet. Der Kläger muss also zunächst darlegen, dass er aus religiösen Gründen Alkohol nicht nur nicht trinken, sondern auch nicht “anfassen” darf.

Sollte das Alkoholverbot belegt werden, komme es darauf an, ob der Arbeitgeber andere Einsatzmöglichkeiten hat.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 AZR 636/09

Beigeordnet und zugeleitet

Bei der Düsseldorfer Polizei hat sich jemand einen neuen pompösen Textbaustein ausgedacht:

Ihr Antrag auf Akteneinsicht ist hier am (Datum) eingegangen und wird der hier in kriminalpolizeilicher Sachbearbeitung befindlichen Akte beigeordnet und nach vorläufigem Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf zugeleitet.

Ich rufe morgen mal an und lass es mir übersetzen.

Die „Kölner Halbe“ als Quell der Ruhe

Nachts ist es bekanntlich kälter als draußen. Ich weiß nicht, ob die Kölner Ordnungspolitiker aus ähnlichen Erknenntnisquellen schöpfen. Kreativ sind sie aber auf jeden Fall. Das belegt eindrucksvoll die neueste Fassung der Kölner Straßenordnung, mit der es ab März ernst wird.

Das bunte, womöglich sogar fahrende Volk auf ihren Straßen scheinen Kölner Politiker, wohl maßgeblich auf Druck der örtlichen Geschäftsleute, schon bisher vorwiegend als störend empfunden zu haben. Jedenfalls bestimmte die Straßenordnung:

Musiker oder Schauspieler müssen den Standort ihrer Darbietungen auf Straßen und Plätzen nach 20 Minuten so verändern, dass ihre Darbietungen am ursprünglichen Standort nicht mehr hörbar sind, mindestens aber 200 Meter weitergehen.

Es ist klar, dass selbst eine hochgerüstete Ordnungstruppe mit der Überwachung Probleme haben dürfte. Da wird es ordentlich Streit darüber gegeben haben, wie lange genau jemand schon seinen Hut oder die Spendendose auf dem Trottoir ausgebreitet hat, was 200 Meter sind und ob Mitarbeiter des Ordnungsamtes besonders feine Ohren haben. Einfache Opfer werden wohl nur Straßenmaler gewesen sein.

Offenkundig hat man mit dieser Vorschrift das mobile Künstlertum nicht ausreichend vergrault. Deshalb ist sie jetzt um folgende Sätze verschärft worden:

Musiker und Schauspieler dürfen nur in den ersten 30 Minuten einer vollen Stunde ihre Darbietungen vorführen. Die zweite Hälfte jeder vollen Stunde ist spielfrei zu halten.

Offiziell wird dies damit begründet, man müsse den Menschen ja auch mal eine Fiedel-, Schrammel- und Trötpause gönnen. Konsequent wäre es dann allerdings auch, die in Köln ja recht ausgeprägte Fortbewegung mit Hilfe von Verbrennungsmotoren in den Minuten 30 bis 59 einer jeden Stunde zu untersagen. Eine entsprechende Initiative ist bislang allerdings nicht bekannt.

Der pfiffige Paragraf erweckt deshalb bei mir den Verdacht, dass er gar nicht die „Kölner Halbe“ als Quell erquickender Ruhe etablieren soll. Vielmehr scheint er mir schlicht dazu zu dienen, das fahrende Volk möglichst in randständige Zonen, also vorrangig zu uns nach Düsseldorf, abzudrängen, weil man dort 100 % länger spielen und entsprechend mehr verdienen kann.

Ob das klappt, darf bezweifelt werden. Klaus der Geiger testet schon mal mögliche Verteidigungsstrategien: „Ich habe nur mein Instrument gestimmt“, ist für den Anfang ein brillanter Ansatz, der virtuos den Wortlaut der Vorschrift („Darbietung“) aufgreift. Alles weitere dann demnächst vor dem Kölner Amtsgericht.

NRW will Zwangsouting in Gefängnissen prüfen

Häftlingen in nordrhein-westfälischen Gefängnissen droht die Isolation, wenn sie sich nicht schriftlich zu ihrer HIV-Infektion oder AIDS-Erkrankung bekennen. In der Diskussion zu dieser umstrittenen Regelung rudert Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) jetzt zurück: „Diese Praxis ist nach Jahren 23 Jahren zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen“, sagte Kutschaty gestern im Landtag.

Bislang müssen Häftlinge ihre Krankheit schriftlich offenbaren, wenn sie etwa Kontakt zu Zellennachbarn haben wollen – die wiederum müssen sich schriftlich einverstanden erklären. Diese Verwaltungshaltung samt der Vorschriften werden heftig von der deutschen AIDS-Hilfe kritisiert. Auch die FDP-Fraktion hat zunächst mit einer Anfrage ans Ministerium, kürzlich außerdem mit einem Antrag im Landtag auf dieses „Zwangsouting“ reagiert.

Der Justiziminister verteidigte im Parlament zunächst seine Haltung. Die Inhaftierten seien über Nacht oder beim Kontakt zu Nachbarn „für mehrere Stunden in enger räumlicher Gemeinschaft in verschlossenen Hafträumen untergebracht“. Dabei sei erstens eine ununterbrochene Beaufsichtigung nicht gewährleistet, und zweitens seien Aktivitäten möglich, „die grundsätzlich geeignet sind, Infektionen zu übertragen“.

Als Beispiele nannte Kutschaty Tätowieren und ungeschützte Sexualkontakte. In solchen Fällen habe das Recht infizierter Häftlinge auf „informationelle Selbstbestimmung“ (Datenschutz) klare Grenzen – die etwa der Gesundheitsvorsorge anderer Gefangener.

Dennoch sagt der Justizminister zu, die geltenden Regelungen zu überprüfen. Er kommt damit den Forderungen der AIDS-Hilfe und der FDP-Fraktion entgegen. Beide Seiten behaupten, einzig in Nordrhein-Westfalen werde das „Zwangsouting“ praktiziert. Deswegen will Kutschaty erfragen, wie es andere Bundesländer halten. Nach einer entsprechenden Auswertung sei dann wohl neu zu entscheiden. (pbd)

Früherer Bericht im law blog

Mit der Stromfrequenz auf Verbrecherjagd

Ich sehe täglich genug Akten mit rotem Einband. Spontan hätte ich gesagt, dass mir so ziemlich jede Ermittlungsmethode der Polizei bekannt ist. Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung belehrt mich eines Besseren.

Das Bayerische Landeskriminalamt speichert nach eigenen Angaben seit letztem Jahr rund um die Uhr die „Frequenz“ des europäischen Stromnetzes. Nach Ansicht der Ermittler ergeben die lastbedingten Schwankungen in der Stromversorgung einen „Zeitstempel“.

Dieser Zeitstempel soll sich etwa auch auf Tonspuren von Videoaufnahmen finden, in Form eines normalerweise nicht hörbaren Brummens. Die Momentaufnahme des Frequenzbilds soll also so was sein wie ein Fingerabdruck. Hierdurch lasse sich feststellen, wann eine bestimmte Aufnahme gemacht worden ist. Das geht angeblich sogar dann, wenn eine Videokamera gar nicht am Stromnetz hängt, sondern per Akku betrieben wird. Oft reiche der Ton, der von anderen Elektrogeräten im Raum ausgeht, um die Schwankungen in der Frequenz zu messen.

Die Beamten glauben so an ihre Methode, dass sie eine Datenbank mit der Stromfrequenz aufbauen wollen. Ich glaube erst dran, wenn dieses Beweismittel erstmals im Gerichtssaal Bestand hatte.

Die Polizei soll beleidigt sein

Ein stellvertretender ostdeutscher Polizeichef namens Andreas Arnold hat Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse angezeigt – wegen Beleidigung der Polizei. Thierse hatte am Samstag im MDR-Fernsehen gesagt:

Die Polizei ist eben vollauf damit beschäftigt, die Neonazis zu schützen. Das ist sächsische Demokratie.

Nach Auffassung des Herrn Arnold müssten sich nun sächsische und andere Polizeikräfte beleidigt fühlen, berichtet Spiegel online.

Da sieht man mal wieder, mit welch profunder Unkenntnis juristischer Basics man in Behörden Karriere machen kann. Der stellvertretende Polizeidirektor scheint nämlich noch nie davon gehört zu haben, dass „die Polizei“ in dieser Allgemeinheit schlicht nicht beleidigungsfähig ist. Ebenso wenig wie „die Bundeswehr“, „die Bundesregierung“ oder „die Abgeordneten“.

Das haben unsere höchsten Gerichte schon etliche Male entschieden. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass sie nun davon abweichen. Die Anzeige wird also geschwind beim Altpapier landen.

Gläsern in den eigenen vier Wänden

Elektronische Verbrauchserfassung in der Wohnung klingt praktisch. Immerhin muss man nicht mehr einmal im Jahr auf den ista-Mann warten und ihn durch die Wohnung stiefeln lassen. Die Bequemlichkeit hat aber ihre Tücken. Wird der Wasser-, Wärme- und Stromverbrauch elektronisch erfasst und womöglich automatisch per Funk gemeldet, sind die Bewohner der Betroffenen Wohnung ziemlich gläsern. Mit einer Petition soll jetzt erreicht werden, dass Wohnungsbesitzer stets der elektronischen Verbrauchserfassung widersprechen können.

Die Initiatoren der Petition sagen:

„Intelligente Zähler“ bedrohen die Unverletzlichkeit unserer Wohnungen. Mithilfe der elektronischen Verbrauchsaufzeichnungen dieser Geräte können Anwesenheit und Verhalten in Privatwohnungen in bisher ungekanntem Maße nachvollzogen und ausgewertet werden. Aus den Schwankungen des Stromverbrauchs kann Analysesoftware beispielsweise errechnen, welche Geräte wir zu welcher Zeit und zu welchem Zweck jeweils betreiben und betrieben haben. So kann festgestellt werden, wann wir morgens die Dusche (Wasserboiler) oder den Toaster benutzen, zu welchen Zeiten wir fernsehen und wann wir zu Bett gehen (Licht), wie viele Personen anwesend sind (Verbrauch im Badezimmer), wann wir zuhause, außer Haus oder in Urlaub sind.

Die Missbrauchsmöglichkeiten seien enorm:

Der Vermieter oder Ehepartner kann unsere Anwesenheit und unser Verhalten zuhause überprüfen. Das Wissen über die in einem Haushalt vorhandenen Geräte kann zu Werbezwecken genutzt werden. Aber auch Polizei oder Geheimdienste können anhand der Daten unser Verhalten zuhause noch nach Monaten nachvollziehen. Schließlich können die Daten zu kriminellen Zwecken verwendet werden. So können Informationen darüber, welche Geräte vorhanden sind und wann üblicherweise niemand zu Hause ist, zur Vorbereitung eines Wohnungseinbruchsdiebstahls verwendet werden. Schon Call-Center-Mitarbeiter haben teilweise Zugriff auf die Daten. Auch Hackern ist es bereits gelungen, unbefugt auf digitale Messeinrichtungen zuzugreifen.

Bei jedem Nutzerwechsel müsse es deshalb die Möglichkeit des Widerspruchs gegen elektronische Verbrauchserfassung geben. Das bisher geltend Widerspruchsrecht beim erstmaligen Einbau sei nicht ausreichend.

Hier geht es zur Petition.

Mach‘ mal den Dr. raus

So ein Abschied tut natürlich immer weh. Und niemals geht man so ganz. Das zeigt sich auch an unserem Verteidigungsminister. Der verkündet zwar, er werde seinen Doktortitel nicht mehr führen / zurückgeben / was auch immer. So ganz scheint ihm bzw. seinem Umfeld die Trennung aber nicht zu gelingen, wie ein Blick auf die Homepage zuguttenberg.de belegt:

„Promotion im Jahr 2007 zum jur. (summa cum laude)“ steht da immer noch im Lebenslauf. Da hat wohl jemand die Aufforderung „Mach‘ mal den Dr. raus“ allzu wörtlich genommen.

Nachtrag: „Promotion im Jahr 2007 zum jur. (summa cum laude)“ ist inzwischen von der Seite genommen.

Roter Punkt an der Zellentür?

Solches Leben kann einem Spießrutenlauf gleichen: Häftlinge in nordrhein-westfälischen Gefängnissen, die schon mit einer HIV-Infektion oder einer Aids-Erkrankung gestraft sind, müssen diese Krankheit auch noch offenbaren – es sei denn, sie wollen ihre Haft einsam in einer Einzelzelle absitzen.

Sobald sie aber Kontakt zu anderen Häftlingen haben wollen, zu Gesprächen etwa oder einem Kartenspiel, werden sie vom Justizministerium zur Preisgabe der Infektion genötigt. Diese „Zwangsouting“, so prangert es Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH) an, sei eine „Missachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Landesregierung“.

Inzwischen hat das heikle Thema auch den Landtag erreicht. Der soll beschließen, so ein Antrag des FDP-Rechtsexperten Robert Orth, die bestehende „Diskriminierung mit sofortiger Wirkung aufzuheben“.

Das Justizministerium verschanzt sich derweil hinter selbst geschriebenen Verwaltungsvorschriften.

Diese Regeln sollen Mitgefangene und Bedienstete der Justizvollzugsanstalten schützen. Dahinter steckt folgendes Argumentationsmuster: Die Spritze des Arztes ist eine Körperverletzung, ebenso der Haarschnitt eines Frisörs bei einem Kunden. Beide Berufsgruppen machen sich nur deshalb nicht strafbar, weil der Patient, der Kunde einverstanden ist. Juristen nennen so was einen Rechtfertigungsgrund. Das Justizmnisterium fordert eine derartige „Einwilligung“ auch von allen, die mit HIV-Infizierten Gefangenen zusammen sind.

Nachdem sich ein Häftling auf einem Formular zur Infektion bekennt, muss der andere Gefangene stets seine Einwilligung zum persönlichen Kontakt unterschreiben. Fürsorge für alle Beteiligten? Nur vermeintlich, so behauptet es die FDP in ihrem Antrag: „Der angestrebte Schutz wird durch diese Regelung nicht erreicht.“ Denn es sei klar, dass HIV in alltäglichen sozialen Kontakten eben nicht übertragen wird, auch nicht beim Husten oder Niesen, nicht bei der Krankenpflege und auch nicht in Saunen oder Schwimmbädern.

Die Aidshilfe: „HIV ist ein schwer übertragbarer Erreger, Schutz vor HIV-Übertragungen bieten etwa Kondome – und hier ist NRW eigentlich fortschrittlich, denn in den Haftanstalten kommt man leicht und anonym an dieses Schutzmittel heran.“

Davon war keine Rede, als die einst heroinabhängige Duisburgerin Katja S., ledige Arbeiterin, wegen etlicher Betrügereien in die JVA Dinslaken kam. Aber ins Gerede kam sie angeblich sofort – es geht um einen zweiten wunden Punkt im Datenschutz: „Ich war in Einzelhaft. An meiner Zellentür war ein roter Punkt. Alle wussten: Ich bin HIV-positiv.“

Den roten Punkt bestreitet das Justizministerium. Aber: „Eine Information ist zulässig, soweit dies zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist.“ Dass heißt: Wenn nicht bereits Kriminalbeamte während ihrer Ermittlungen die Krankheit schriftlich festgehalten haben, „unterrichtet der Anstaltsarzt den Anstaltsleiter unverzüglich, wenn die Blutuntersuchung des Gefangenen ein positives Ergebnis erbracht hat“. Der Gefängnisleiter wiederum nformiert „nach Erfordernis“ seine Mitarbeiter. Diese unterlägen ja der Schweigepflicht.

Schweigepflicht im Knast? Die verletze schon der Arzt, kritisiert Bärbel Knorr von der Deutschen Aidshilfe. Die Gefängnisärzte machten sich strafbar, sagt der Liberale Robert Orth. Wie viele Kranke in den Gefängnissen mit erkennbar oder unsichtbarem „Zwangsouting“ leben müssen, weiß das Justizministerium auch auf Anfrage nicht. Fest steht: Sie müssen.

„Diese Praxis gibt es nur in Nordrhein-Westfalen“, unterstreicht Bärbel Knorr. „Die Folge kann sein, dass sich Gefangene nicht auf HIV testen oder behandeln lassen.“ Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich Mithäftlinge in falscher Sicherheit wiegen und auf Schutzmaßnahmen verzichten.

Rüdiger Wächter ist Sozialpädagoge in Duisburg. Er kennt die tägliche Praxis. „Die Häftling sollten sich besser selbst schützen“, sagt er, „statt irgendwelche Erklärung zu unterschreiben“. Die Haltung des Justizministeriums sei eine Farce. Zwar werde niemand zur Unterschrift gezwungen. Wer sie aber verweigert, darf nicht mehr am Knastleben teilnehmen, muss die Tage und Nächte allein in seiner Zelle hocken – an der womöglich ein roter Punkt klebt. (pbd)

Was im Fahrschulauto gar nicht geht

Ein Fahrlehrer, der einer 17-Jährigen während einer Fahrstunde Pornobilder zeigt, ist für seinen Beruf ungeeignet. Ihm darf die Fahrlehrerlizenz mit sofortiger Wirkung entzogen werden. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.

Geklagt hatte ein Fahrlehrer, der mit seiner Schülerin während der Fahrstunde auf einen Parkplatz gefahren war. Dort hatte er ihr im Auto pornografische Bilder gezeigt. Hierfür wurde er strafrechtlich mit einer Geldstrafe belangt. Die zuständige Behörde entzog ihm im Anschluss mit sofortiger Wirkung die Fahrlehrer- und Fahrschulerlaubnis. Mit einem gerichtlichen Antrag wollte der Fahrlehrer erreichen, dass er vorläufig weiter arbeiten darf.

Dem erteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Absage. Dem Mann fehle die erforderliche Zuverlässigkeit. Als Fahrlehrer habe er ein besonderes Vertrauens-, Autoritäts- und Machtverhältnis ausgenutzt.

Die meist jüngeren Fahrschüler seien nur schwer in der Lage, sich gegen persönliche Grenzüberschreitungen und sexuelle Anzüglichkeiten zu wehren. Zudem herrsche in einem Fahrschulauto eine räumliche Enge, welche der Fahrlehrer für seine eigenen sexuellen Interessen genutzt habe.

Ob die Fahrschülerin selbst mit sexuellen Themen angefangen hat, spielt nach Auffassung der Richter keine Rolle. Der Ausbilder hätte sich dem entziehen und der Minderjährigen klare Grenzen aufzeigen müssen.

Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Februar 2011, Aktenzeichen 11 CS 10.3056