Hier geht es am Montag weiter. Auf der Übersichtsseite Jurablogs lässt sich feststellen, ob andere Blawger fleißiger sind.
Archiv des Autors: Udo Vetter
WIE ERWARTET
Telefonat mit einem Kollegen:
Wie geht´s?
Ganz gut, ich habe vorhin eine aussichtslose Sache verloren.
Ja, dann…
BAYERN IM VORTEIL
„Mich leckst am A…“ Mit dem Götz-Zitat hat sich ein in Bayern lebender Bosnier für die (wahrscheinlich illegale) Gewaltanwendung eines Mitarbeiters der Landshuter Sicherheitswacht bedankt. Der Hilfssheriff hatte den Radler in einer Fußgängerzone vom Fahrrad gezogen. Die Beleidigung ahndete das zuständige Amtsgericht jetzt mit einer Gedbuße von 1.000 Euro. Erstaunlich ist eher die Tatsache, dass nach dem Bericht der Passauer Neue Presse ein Bayer wohl straffrei geblieben wäre…
(Danke an Thomas Illig für den Link)
PUNKTE KOSTEN
Wer schon Punkte in Flensburg hat, dem kann bei einem erneuten Verkehrsverstoß eine höhere Geldbuße auferlegt werden. Grund: Die im Katalog vorgesehenen Regelbußen gelten für normale, unvorbelastete Fahrer. In der Akte eines Ordnungsamtes habe ich jetzt einen Berechnungsbogen dafür gefunden. Jeder Punkt, der nicht älter ist als ein Jahr, erhöht die Buße um 10 %. Jeder Punkt, der älter ist als ein Jahr, erhöht die Geldbuße um 5 %. Erhöht sich nach der Berechnung die Buße insgsamt um mehr als 100 %, muss der Sachbearbeiter seinen Vorgesetzten fragen.
VORLEISTUNG
Werbeagenturen und sonstige Freiberufler treten immer wieder mit Konzepten in Vorleistung. Der Bundesgerichtshof hat jetzt in einem Urteil klargestellt, dass es für solche Vorarbeiten bzw. Akquisitionsaufwendungen nicht unbedingt Geld gibt. Das gilt insbessondere dann, wenn der Vertrag nicht oder nur in einem geringeren Umfang als erwartet zustande kommt.
Es sei keineswegs selbstverständlich, so das Gericht, dass derartige Arbeiten bezahlt würden. Demgemäß sei – mangels ausdrücklicher Preisabsprache – auch nicht der ortsübliche Lohn geschuldet (Urteil vom 4. Juni 2004 im Volltext)
Dienstleister müssen also noch mehr als schon bisher auf die Grenze achten, ab der sie definitiv nicht mehr „umsonst“ arbeiten wollen. Im Zweifel hilft nur eine schriftliche Vereinbarung – ansonsten hat der Kunde später die besseren Karten.
HAARE GUCKEN
Das muss ja ein spannender Vortrag gewesen sein.
ANFRAGE
„Nach meinem zweiten juristischen Staatsexamen bin ich daran interessiert, die mir in der Bewerbungsphase zur Verfügung stehende Zeit zu nutzen, um praktische Berufserfahrung zu sammeln. Ich möchte daher anfragen, ob die Möglichkeit eines Praktikums/Mitarbeit in Ihrer Kanzlei an zwei bis drei Tagen in der Woche besteht.“
Verstehe ich es falsch, oder bietet mir hier eine Volljuristiin an, umsonst für mich zu arbeiten? Beide Staatsexamina befriedigend, zwei Fremdsprachen, abgeschlossener Fachanwaltskurs Arbeitsrecht. Es muss wirklich düster aussehen, da draußen auf dem Arbeitsmarkt.
EDDING
Der Tag fängt nicht gut an, wenn du feststellst, dass jemand die Motorhaube deines Autos mit einem schwarzen Edding bemalt hat. Es wird aber deutlich besser, wenn du merkst, dass es offensichtlich auch noch die wasserlösliche Variante zu klauen kaufen gibt.
ARME NONNEN
Frühere Nonnen prozessieren gegen ihre eigenen Orden, weil diese kaum Sozialbeiträge abeführt haben. Im Falle des – gar nicht seltenen – Austritts aus dem Orden führt dies dazu, dass die Nonnen nur geringe Rentenansprüche haben. Das Landgericht Berlin soll jetzt klären, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist, berichtet Spiegel online.
(Danke an Hartmut Nissen für den Link)
WIDERRUFSRECHT
Der Bundesgerichtshof entscheidet laut Spiegel online am 3. November 2004, ob ebay-Kunden ein Widerrufsrecht zusteht.
Ich tippe: ja.
GELACHT
Manche Anwaltskollegen sind fleischgewordene Klischees. Wenn einem Google dann noch verrät, dass er Vorsitzender eines Golfclubs ist, bedauert man es irgendwie, dass einfach die Zeit fürs Verfassen einer Anwalts-Sitcom fehlt.
STRAFBARE LINKS
Vor dem Amtsgericht Stuttgart findet am 7. Oktober die Verhandlung gegen Alvar Freude statt. Ihm wird vorgeworfen, durch das Setzen von Links auf Seiten mit rechtsradikaler Propaganda, diese Propaganda verbreitet zu haben. Allerdings setzt sich Freude kritisch mit den Inhalt der Seiten auseinander. Das Strafverfahren steht in Zusammenhang mit dem Bemühen der Düsseldorfer Bezirksregierung, das Internet zu zensieren. Mehr im Lawgical.
FAIR UND FREUNDLICH
Rechtsanwalt Bernhard Syndikus, wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Bildung einer kriminellen Vereinigung einige Tage inhaftiert, bedankt sich laut heise online für das faire und objektive Verfahren und seine freundliche Behandlung in der Untersuchungshaft.
Unterschiedliche Meinungen gibt es zu seiner Rolle bei ftpwelt.com. Der Anwalt steht nach nach dem Bericht auf dem Standpunkt, er habe darauf vertrauen können, dass seine Mandantin rechtmäßig handelt. Er sieht die grundsätzliche Frage berührt, wie sehr sich ein Rechtsbeistand über die Geschäfte seiner Auftraggeber informieren bzw. sich sogar einmischen muss.
Die Staatsanwaltschaft soll dagegen erklärt haben, es gebe ausreichenden Verdacht gegen Syndikus. Er werde angeklagt.
(Danke an Andrea Altefrone für den den Link)
NOBEL
Die noble Kanzlei (19 Anwälte, 19 mit Doktortitel) erkennt man auch am Stempel für die Schriftsätze:
SCHLAFLOSE NÄCHTE
SCHLAFLOSE NÄCHTE
Frage in den Kommentaren: „Ist denn jetzt irgendwas bekannt geworden das gegen einzelne ftpwelt-user schon vorgegangen wird (Hausdurchsuchung etc.)? Oder wird sowas wohl noch Monate dauern?“
Antwort: Zuständig für Verfahren gegen die User wäre nicht die Staatsanwaltschaft Mühlhausen. Diese wird die Akten vielmehr an die Wohnsitz-Staatsanwaltschaft abgeben. Wenn das geschieht (d.h. die Staatsanwaltschaft Mühlhausen bejaht einen Anfangsverdacht), dauert es bei solchen Massenverfahren erfahrungsgemäß Wochen bis Monate. Immerhin müssen die User ja erst identifiziert werden. Aktenanlage und Versendung nehmen ebenfalls Zeit in Anspruch.
Dann prüft die Staatsanwaltschaft am Wohnsitz, ob sie ebenfalls einen Tatverdacht bejaht. Sie ist an die Wertung der Staatsanwaltschaft Mühlhausen nicht gebunden. Wird ein Anfangsverdacht bejaht und auch die Möglichkeit der sofortigen Einstellung wegen geringer Schuld verneint, wird die Behörde die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Das kann der Auftrag an die Kriminalpolizei sein, den Beschuldigten zu einer Vernehmung einzuladen. (Nicht hingehen, sondern zunächst vom Schweigerecht Gebrauch machen und rechtlichen Rat einholen.) Das kann aber auch der Antrag an das Amtsgericht sein, einen Durchsuchungsbeschluss zu erlassen.
Auch das kann wieder dauern. Und vor allem kann es dazu führen, dass in einzelnen Regionen die Sache völlig unterschiedlich gehandhabt wird. Während einige Staatsanwaltschaften die Akten vielleicht aus zutreffenden Gründen gleich zuklappen, werden andere möglicherweise mit aller Härte zulangen.
Das kann man beispielsweise derzeit in den BaföG-Verfahren erleben. Während beispielsweise die Staatsanwaltschaften Köln und Düsseldorf relativ freundlich zu den Betroffenen sind, können diese in Münster und Essen nur auf wenig Verständnis hoffen.
Ftpwelt-User werden also nicht auf superschnelle Klärung hoffen. Obwohl ich aus den bereits dargelegten Gründen nach wie vor meine, dass schlaflose Nächte und Existenzängste sicher eine übertriebene Reaktion sind.