NETZBESCHMUTZER

Künftig reicht schon ein bisschen Schmuddelkram, um ins DNA-Register zu kommen. Lyssa macht sich interessante Gedanken zum soeben verschärften Sexualstrafrecht:

Denkt da etwa jemand, Netzbeschmutzer würden ihre Körpersäfte auf Internetservern hinterlassen und seien so künftig schneller zu identifizieren? Oder glaubt tatsächlich jemand, daß Pornographen früher oder später bestimmt auch unschuldige Frauen in dunklen Parks überfallen, wenn ihnen sonst nichts mehr für ihre Seiten einfällt? Da kann man nur hoffen, daß sich das Bundesverfassungsgericht dieser Gesetzesänderung mit etwas weniger Druck vom Wähler und etwas mehr Weitsicht annimmt. Aber bitte bald, bevor noch jemand auf die Idee kommt alte PorNO-Kampagnen künstlich wiederzubeleben und wir uns eines Tages alle auf der nächsten Wache mit dem Wattestäbchen im Mund wiedersehen. Na ja, auch ne Art von Bloggertreffen.

Update: Faircafé-Trinker kämpfen mit Piktogrammen gegen Sexkonsum an Hochschulen – Näheres bei Spiegel online.

BIG MONEY

Ein Bonner Rechtsanwalt ist wegen Urkundenfälschung und Betrugsversuch angeklagt. Er soll versucht haben, einen Scheck der Firma IBM über 608.000 US-$ einzulösen. Der Scheck war nach einem Bericht des Express eine Totalfälschung; nicht einmal die Kontonummer habe gestimmt.

Der angeblich hoch verschuldete Rechtsanwalt will ahnungslos gewesen sein. Angeblich hat er den Scheck von angolanischen Rebellen der UNITA erhalten, die ihm erhebliche Honorare schuldeten. Es wäre interessant zu wissen, wieso IBM Schulden bei afrikanischen „Befreiungskämpfern“ haben sollte.

GUTE SACHE

Rainer Langenhan weist auf YouSendIt hin. Ein Service, mit dem man Dateien bis zu 1 GB (!) problemlos von der Festplatte verschicken kann. Der Empfänger erhält einen link zum download. Der link ist sieben Tage gültig. Angeblich werden die Daten sogar auf Viren gescannt. Eine sichere Verbindung wird auch angeboten.

Das Angebot taugt auch als externe Festplatte für Daten mit kurzem Verfallsdatum. Bisher habe ich Sicherungskopien, insbesondere von längeren Schriftsätzen in Bearbeitung, bei einem freemail-Provider abgelegt. YouSendIt hat aber zumindestens den Vorteil, dass sich die Daten von selbst verflüchtigen.

DATENSICHERUNG

Wer Computer repariert, haftet nicht uneingeschränkt gegen Datenverlust. Das Oberlandesgericht Hamm (Volltext des Urteils) wies die Schadensersatzklage eines Reisebüros ab. Dem waren bei einer Wartung wichtige Daten verloren gegangen. Nach Ansicht der Richter hätte jedoch zumindest vor der Reparatur die Daten gesichert werden müssen. Dies sei – zumindest im gewerblichen Bereich – eine selbstverständliche Pflicht. Aber Achtung: Die Computerfirma muss sich vor dem „Eingriff“ versichern, dass eine Datensicherung erfolgt. Im entschiedenen Fall hatte der Techniker wohl falsche Auskünfte erhalten.

(danke an Andrea Altefrone für den Hinweis)

RSS

Florian Holzhauer, der den RSS-Feed des law blog hostet, ist zwar in den USA. Es hat ihn aber nicht daran gehindert, sofort den nächsten Hotspot zu suchen und den Feed zu justieren. Jetzt klappt es wieder, auch mit der neuen Kommentarfunktion.

Danke!

EINSATZ

Ich sitze in der D´ORO Coffeebar, gegenüber dem Landgericht Bochum. Zeit für einen latte macchiatio. Von der Leere auf der Autobahn heute Morgen zu urteilen, läutet die halbe Republik ohnehin schon die Feiertage ein. Da wird man mich im Büro ja nicht allzu sehr vermissen.

Die Verhandlung war sehr erfreulich. So was sorgt bei mir für gute Laune. Ich habe zwar damit gerechnet, dass die Kammer einen Vergleichsvorschlag macht. Dass aber die Gegenseite 90 % (!) der Forderung meines Mandanten bezahlen soll, war doch eine Überraschung. Na ja, wir haben dann großzügig 5 % nachgelassen und den Sack zugemacht.

Selbst mein Mandant war platt, dass er in so einer wackeligen Kiste so viel Geld rausschlagen kann. Und das, ohne dass Zeugen gehört werden. Allerdings trug der Gegenanwalt einen guten Teil zu unserem Wohlbefinden teil. Er war mental offensichtlich schon im Osterurlaub. Jedenfalls gehe ich zu seinen Gunsten mal davon aus, dass er ansonsten etwas mehr Einsatz zeigt.

EHRENWERT

Es ist schon ehrenwert, wenn sich Ämter um Bürgernähe bemühen. Zum Beispiel, indem sie e-mail-Adressen „für Anfragen“ nennen. Naheliegende Idee, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Beim Einwohnermeldeamt etwa. Dumm allerdings, wenn dann nach 12 Tagen nicht die Auskunft kommt. Sondern eine amtliche Belehrung: „Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir Anfragen mit elektronischer Post nicht beantworten. Bitte wenden Sie sich schriftlich an uns.“

BELEHRUNG

Bei Verträgen mit Widerrufsrecht muss jeder Verbraucher darüber informiert werden, dass er den Vertrag innerhalb von zwei Wochen bzw. einem Monat widerrufen kann. Nach dem Gesetz muss dieser Widerruf in Textform erklärt werden. Das Landgericht München I ist laut beck-aktuell der Meinung, dass der Verkäufer auch mit Beispielen darüber aufklären muss, was Textform bedeutet, nämlich zum Beispiel Brief, Fax oder e-mail. Ohne diese Klarstellung sei die Widerrufsbelehrung unverständlich und damit unwirksam.

Eine wasserdichte Widerrufsbelehrung ist gar nicht schwierig zu gestalten. Es gibt die „Verordnung über Informations- und Nachweispflichten im bürgerlichen Recht“ (BGB-InfoV). Dort ist in der Anlage ein Muster für Widerrufsbelehrungen abgedruckt; dieser Text kann von Gerichten nicht beanstandet werden.

LÄRMSCHUTZ

LÄRMSCHUTZ

Manche Tempolimits dienen nicht der Verkehrssicherheit, sondern dem Lärmschutz. Aber selbst der Hinweis darauf schützt nicht vor einem Fahrverbot. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe laut beck-aktuell entschieden. Damit bleibt es dabei, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ab 31 Stundenkilometern in der Stadt und 41 Kilometern außerhalb „regelmäßig“ ein Fahrverbot verhängt wird.

Einen Bußgeldrechner gibt es hier.

KEIN LUXUS

In der Ausbildung befindliche Kinder nehmen nicht ohne weiteres am Luxus ihrer gut verdienenden Eltern teil. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg entschieden. Eine Fachschülerin hatte von ihrem nichtehelichen Vater (Monatseinkommen: 15.000 Euro), mit dem sie nie in einem Haushalt gelebt hat, zunächst über 2.000 Euro Unterhalt verlangt. Diesen Betrag benötige sie für ein standesgemäßes Leben.

Das sieht das Oberlandesgericht anders: Volljährige Kinder seien auf dem Sprung in die wirtschaftliche Selbstständigkeit. Sie hätten keinen eigenständigen Anspruch darauf, auch in der Ausbildungsphase ähnlich gut zu leben wir ihre Eltern. Konkret konnte das Gericht nur einen Unterhaltsbedarf von 865 Euro feststellen, geringfügig mehr als der Vater schon vorher gezahlt hatte.

(link via Handakte WebLAWg)

LINIENTREU

Ein Kriminalkommissar-Anwärter hat kein Recht auf unliniertes Papier in einer Klausur. Das Verwaltungsgericht Berlin wies damit den Eilantrag eines Polizisten zurück, der seine Arbeiten seit 15 Jahren auf unliniertem Papier formuliert hatte. Anlass für den Streit war die Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst, bei der dem Beamten weisses unliniertes Papier verweigert worden war (Beschluss vom 29.03.2004, Az.: VG 28 A 81/04).

Wer heute noch nicht den Kopf geschüttelt hat, liest die ganze Geschichte bei beck-aktuell.

UNBEKANNTERWEISE

Manche Zeugen haben echt Talent. Sie zermürben Richter und Staatsanwälte. Indem sie Ladungen beharrlich ignorieren. Zwangsgelder schrecken nicht. Ist sowieso häufig nichts zu holen. Und die Androhnung von Gefängnis für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht eingetrieben werden kann, ist meist eine leere Drohung. Kümmert sich ja doch keiner um die Vollstreckung. Und, by the way, sind die Haftanstalten nicht ohnehin überfüllt?

Aus der schlechten Zeugenmoral kann man als Verteidiger Kapital schlagen. Gestern zum Beispiel war die entscheidende Augenzeugin nicht gekommen. Zum zweiten Mal. Es hätte zwar nahe gelegen, einfach wieder einzupacken – bis zum nächsten Termin. Aber warum nicht mal den Vorschlag machen, dass der Angeklagte seine Sicht der Dinge darstellt? Dass er definitiv nicht in der Tankstelle mit einer fremden Kreditkarte gezahlt hat. Und dass die Fotos der Überwachungskamera bullshit sind, weil die Uhren von Kasse und Überwachungssystem gar nicht synchron laufen.

Es war deutlich zu sehen, dass weder Richterin noch Staatsanwältin auch nur ein Wort von dem glaubten, was mein Mandant erzählte. Nach 20 Minuten Aussage allerdings war klar, dass die Zeugin ganz schön in die Mangel genommen werden würde, wenn sie denn mal zum Gericht kommt.

Lag es da nicht nahe, auch über andere Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung nachzudenken? Zum Beispiel eine Einstellung wegen geringer Schuld, bei der die Staatskasse sogar die Gerichtskosten übernimmt? Der Vorschlag kommt dann wie erhofft, wenn auch „schweren Herzens und mit großen Bauchschmerzen“.

Wir nehmen natürlich an. Und bedanken uns hiermit recht herzlich bei der Zeugin. Unbekannterweise, zum Glück.

KOMMENTARE

Die Kommentare werden nicht angezeigt? Liegt nicht an euch, sondern am Provider. Hoffen wir mal, dass die nicht schon im Osterurlaub sind.

Notbehelf: Arne weist darauf hin, dass mitunter ein Reload der Kommentarseite mit gedrückter Shift- und/oder Strg-Taste hilft, manchmal aber auch erst nach mehreren Versuchen.