ZIELGRUPPE

Aus dem Sekretariat dringt ein Hilferuf:

Mein Computer schreibt keine ü´s mehr.

Eigentlich möchte ich folgendes sagen:

Nehmen Sie erst mal ö´s. Oder ä´s. Neue ü´s sind schon bestellt.

Weil Sarkasmus jedoch an der Zielgruppe mitunter vorüber geht, lediglich einen Neustart des Systems empfohlen.

SAAL 111

SAAL 111

Die Strafrichter sind souverän, die Verteidiger sehr selbstbewusst, die Angeklagten uneins – und Staatsanwalt Johannes Puls lässt nicht locker. Die Süddeutsche Zeitung berichtet ausführlich und unterhaltsam über die Stimmung im Mannesmann-Prozess.

KÜNDIGUNG PER MAIL?

KÜNDIGUNG PER MAIL?

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat in einem Urteil klargestellt, was ohnehin im Gesetz (§ 623 BGB) steht: Arbeitsverträge können nicht per e-mail gekündigt werden. Gleiches gilt für Aufhebungsverträge und die Zustimmung des Betriebsrates.

Anders ist die Lage, wenn die e-mails qualifiziert elektronisch signiert sind. Darauf weist Vertretbar.de hin.

VIER-AUGEN-PRINZIP?

Das Impressum des Oberlandesgerichts München enthält den schönen Satz:

Bei Links handelt es sich zudem stets um „lebende“ (dynamische) Verweisungen; die fremden Inhalte können deshalb geändert worden sein, ohne dass das Oberlandesgericht Nürnberg hiervon Kenntnis hat.

Copy & Paste ist doch eine feine Sache.

(danke an Basti Hösch)

TROTZIG

In Potsdam steht demnächst ein Oberstaatsanwalt wegen mehrfachen Betruges vor Gericht. Er soll Reise- und Trennungsgelder zu Unrecht abgerechnet haben. Sein Anwalt erklärte laut rbb online folgendes:

„Mein Mandant hat in jeder Phase des Verfahrens die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten und bestreitet sie auch weiterhin.“

Klingt trotzig. Als glaube man nicht an die eigene Sache. Immerhin bestreiten die meisten Angeklagten. Worauf die Gerichte in der Regel herzlich wenig geben. Das sollte ein Staatsanwalt eigentlich wissen…

(link von Mathias Schindler)

PROST

Langsam wird´s unheimlich. Nachdem erst vor wenigen Tagen ein Düsseldorfer Kriminalbeamter wegen Strafvereitelung im Amt verurteilt wurde, steht jetzt schon wieder ein Kollege vor Gericht. Er soll die Akten in 71 Fällen nicht bearbeitet haben, berichtet der Express.

Unverantwortlich, wie die Presse zwischen den Zeilen den Eindruck erweckt, es handele sich hier vielleicht nicht um Einzelfälle. Wer schreibt mal darüber, wie die meisten Kriminalbeamten wirklich sind – engagiert, kompetent und fair? Warum wird immer verschwiegen, was für ein hochgradig effizient geführtes Unternehmen unsere Polizei ist?

Ist gut, Frau W., ich blogge nie wieder und trinke gleichzeitig einen Wir-freuen-uns-aufs-Wochenende-Prosecco.

SIXTUS.NET

SIXTUS.NET

Der Düsseldorfer Journalist Mario Sixtus hat jetzt ein eigenes Weblog. Dort gibt es auch ein Archiv mit seinen Artikeln, u.a. aus der Zeit, Spiegel online und der Frankfurter Rundschau.

POR NO

Das Oberlandesgericht Düsseldorf kämpft für die Sauberkeit des Internet. Danach reicht es nicht aus, wenn ein deutscher Pornoanbieter die Volljährigkeit der Nutzer anhand der Personalausweisnummer überprüft. Das OLG hob, so heise online, deshalb einen Freispruch des Landgerichts Düsseldorf auf.

Im Kern dreht sich alles um den antiquierten § 184 Strafgesetzbuch, der die Verbreitung pornografischer Schriften strikt reglementiert. Wenn man sich überlegt, dass zehntausende anderer Anbieter aus dem Ausland legal ihre Angebote übers Internet in Deutschland an den Kunden bringen, reduziert sich die Vorschrift im Prinzip nur noch auf die Funktion eines teilweisen Berufsverbotes für die deutsche Sexbranche.

Gleiches gilt übrigens auch für den Versandhandel mit pornografischen Werken. Was in anderen europäischen Ländern erlaubt ist, wird in Deutschland rigoros untersagt. Selbst der komplizierteste Alterscheck ändert nichts daran, dass Pornos per Post bei uns unter Strafe stehen. Während der Anbieter aus Flensburg also nur Softsex auf den Postweg geben darf, hat zum Beispiel der Konkurrent aus Amsterdam damit keinerlei Probleme. Die Chance, dass der Zoll die Waren rausfischt, geht gegen Null. Besonders witzig wird die Sache noch dadurch, dass sich der Besteller in Deutschland nicht strafbar macht.

Die Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf fechten also gegen Windmühlenflügel. Damit sind aber schon andere gescheitert.

WEITER GEHT´S

WEITER GEHT´S

Sorgfältig abgetipptes Zitat aus einem Widerspruchsbescheid des Arbeitsamtes Köln:

Zwar fehlte die Sorgfalt, sich um die rechtzeitige ( Arbeitslosmeldung und ) Antragstellung zu kümmern. Mit Verspätung werden ab er Leistungen in Anspruch genommen. Mit dieser fehlenden Sorgfalt, sich um den eigenen Anspruch zu kümmern geht aber einher das Verschulden, sich nicht rechtzeitig darum zu bemühen, dass auch frühzeitig bei der Behörde persönlich arbeitssuchend zu melden, damit die Behörde frühzeitig tätig werden kann zur Vermeidung längerer Arbeitslosigkeit.

Wie es aussieht, sind die Juristen, die Hartz I – IV verbrochen haben, gleich in einen Anschlussjob vermittelt worden.

ANWALTSKOSTEN

Die Telekom hatte einen Kunden gemahnt. Und ihm sogar die Sperre des Anschlusses angedroht. Da er sich nur im Callcenter-Gestrüpp verirrte und schriftliche Proteste keine vernünftige Auskunft erhielt, nahm sich der Betroffene einen Anwalt. Schließlich machte die Telekom einen Rückzieher und räumte ein, dass ihre Forderung nicht besteht. Sie weigerte sich aber, die Anwaltskosten zu übernehmen. Dazu hat das Landgericht Mosbach sie jetzt verurteilt. Näheres in den Fränkischen Nachrichten.

(Danke an Dagmar für den link)

CRASH-KURS

Die Autoren von JurText online fühlen sich nach Recherchen, die mit einem Pädophilen-Ring zu tun haben sollen, verfolgt:

Sollten wir die geplante Artikel- Serie schalten, werden wir nicht die (auf dieser Webseite) übliche Zurückhaltung in Sachen Datenschutz und Persönlichkeitsrecht an ?den Tag“ legen. Einstweilige Verfügungen wurden bewusst einkalkuliert. Widerspruchsverhandlungen sind öffentlich und wir werden für die notwendigen Presseeinladungen sorgen. Und noch ein persönlicher Hinweis: Ich habe letztmalig die Sicherheitsschlösser zur Wohnung und zum Büro ausgetauscht und die ausländischen Sicherheitsschlösser entfernt. Wer sich in meinen Räumlichkeiten (künftig) umsehen will, soll dies – nach Überwindung der in Deutschland üblichen Sperren – ruhig tun. Ach ja, wir benutzen für die Kommunikation immer noch Boten, PGP und Verschlüsselungshandys (der sicherlich schon bekannten Marke). Für das Passwort der oben genannten CD-ROM wurde uns zwischenzeitlich von einem deutschen Verlag 80.000 Euro geboten. (Nichts erhöht die Auflage mehr, als der Schmutz an den weißen Westen von Prominenten.) Also keine Sorgen, wir verfügen damit über ausreichende Refinanzierungsmittel für jeden Prozess.

Das ist natürlich ein ganz anderes Kaliber als die Drohungen, die unsereiner gewöhnt ist. Vor einigen Tagen raunte zum Beispiel ein Schuldner, dem wir das Gehalt pfänden mussten, am Telefon:

„Schönes Auto steht da immer vor Ihrer Kanzlei. Sollten Sie dafür nicht besser eine Garage haben?“

Ist mir egal, du Troll. Der Porsche gehört dem Notar zwei Häuser weiter.

PLUMPSKLO

Wer ein abgelegenes Ferienhaus anmietet, sollte nicht zuviel Komfort erwarten. Ein Urlauber hatte sich in Südschweden eine Hütte gemietet, die nach Angaben des Veranstalters mit Waschmaschine, Geschirrspüler, Dusche und „Toilette“ ausgestattet war. Statt der Toilette fanden sich aber nur ein Eimer mit Toilettenbrille und viele Plastiktüten – ein Plumpsklo, das er selbst leeren musste.

Wie Spiegel online berichtet, hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass der Vermieter hierauf nicht hinweisen musste. „Mag die Toilette auch einfachster Art gewesen sein, durfte sie doch als Toilette bezeichnet werden.“ Das Wort stelle nur „einen Oberbegriff“ dar, unter den auch ein Plumpsklo fallen könne.

Sorry, aber für mich ist ein Eimer ein Eimer. Und keine Toilette.

FREIBRIEF

Spätestens seitdem die Nebenkosten immer mehr zur zweiten Miete werden, setzen viele Vermieter auf niedrige Vorauszahlungen. Dadurch wird die Miethöhe optisch geschönt. Die Überraschung kommt dann mit der ersten Nachzahlung und der „Anpassung“ der Vorauszahlungen. Dieser weit verbreiteten Praxis – wir Anwälte von der Basis wissen das – leistet der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil zumindest Vorschub.

Danach verletzt der Vermieter keine Pflicht, wenn er vom Mieter viel zu geringe Vorauszahlungen auf die Nebenkosten fordert. Er ist nicht verpflichtet, die Vorauszahlungen des Mieters von vorneherein in etwa kostendeckender Höhe zu kalkulieren. Nur wenn der Vermieter bei Vertragsschluss die Angemessenheit der Nebenkosten zusichert oder die Vorauszahlungen bewusst und in Täuschungsabsicht zu niedrig kalkuliert, kommt nach Auffassung des BGH eine vertragliche Pflichtverletzung in Betracht. Nur dann kann der Mieter möglicherweise die Nachzahlung verweigern. Dumm nur, dass man einen derartigen Vorsatz praktisch nicht beweisen kann. Gleiches gilt natürlich für die übliche Beschwichtigung, dass die Vorauszahlungen schon irgendwie hinkommen.

Fast schon skurril ist der Hinweis der obersten Richter, der Mieter solle sich doch nicht beschweren, wenn ihm der Vermieter die Nebenkosten durch zu niedrige Vorauszahlungen „kreditiert“. Das Argument ist so schief, dass es schon quietscht. Plötzlich ist der Vermieter eine Bank, die noch nicht mal Zinsen nimmt. Darauf muss man erst mal kommen!

Was spräche gegen eine Offenbarungspflicht des Vermieters, wenn die Vorauszahlungen unter den letztjährigen Betriebskosten des Vormieters liegen? Oder warum muss der Vermieter nicht gleich angeben, wie hoch die Betriebkosten in den letzten fünf Jahren waren? Wenn ich mir überlege, wie Verbraucher in anderen Lebensbereichen gepampert werden, kommt mir so ein Freibrief zum Abzocken schon reichlich seltsam vor.

(link via Vertretbar.de)

VATERSCHAFTSTEST

Ein Mann hatte sich einen benutzten Kaugummi seiner vermeintlichen Tochter besorgt. Die DNA des Speichels ließ er untersuchen. Ergebnis: Er ist gar nicht der Vater. Doch mit der Vaterschaftsanfechung kam der Mann bislang nicht durch. Der heimlich durchgeführte Speicheltest verstößt nach Ansicht des Oberlandesgericht Celle gegen das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung. Der Test soll damit nicht verwertbar sein, zumindest solange die sorgeberechtigte Mutter nicht zustimmt.

Letztlich geht es um die Frage, ob ein privates Vaterschaftsgutachten einen hinreichenden „Anfangsverdacht“ dafür liefert, dass der Betreffende nicht der Vater des Kindes ist. Erst bei so einem Anfangsverdacht ist das Gericht verpflichtet, ein Abstammungsgutachten einzuholen. Viele Gerichte bejahen einen Anfangsverdacht in der Regel nur dann, wenn die Mutter für die Empfängniszeit einräumt, dass sie mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hatte oder der vermeintliche Vater dies beweist.

Es bestehen sicher gute Aussichten, dass der Bundesgerichtshof das Urteil kippt. Zunächst geht es ja nicht wirklich um das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Interesse wird ja letztlich durch die Mutter definiert und ist somit von deren Interessen beeinflusst. Außerdem könnte man genauso sagen, dass das Eingeständnis von „Mehrverkehr“ ebenfalls nur eine Wahrscheinlichkeit begründet, dass das Kind einen anderen Vater hat. Ein richtiger Grund, die DNA des Kindes zu überprüfen, wäre das dann auch nicht.

Und ist es auch nicht im Interesse eines Kindes, dass sein wirklicher Vater möglichst früh festgestellt wird? Spätestens mit Eintritt der Volljährigkeit würden sich die meisten Opfer falsch verstandenen Datenschutzes bedanken, wenn sie erfahren, dass ihnen berechtigte Zweifel über die Person ihres Vaters mit derart formalen Argumenten vorenthalten worden sind.

(link via Handakte WebLAWg)