ZWEIEINHALB GLÄSER WEIN

ZWEIEINHALB GLÄSER WEIN

Warum sollte ich trotz Promistatus (semi) mit einem Anwalt sprechen – bevor ich einer Boulevardzeitung Interviews gebe? Was muss ich tun, um meinen Führerschein auf Lebenszeit zu verlieren (wegen charakterlicher Ungeeignetheit)? Gibt es auch Polizeigewalt, die nicht auf Willkür beruht? Antworten stehen hier.

FAHRERFLUCHT

Zettel am Auto eines Mandanten, der vor unserer Tür geparkt hat:

Ich habe Ihre Stoßstange angefahren. Tut mir schrecklich leid. Bitte ab 19 Uhr melden bei G. , Tel. 0211-49….

Abgesehen davon, dass neben der Stoßstange auch der Kotflügel rasiert ist, reicht so ein Zettel nicht – auch nicht bei kleinen Schäden. Das ist vielmehr ein klarer Fall von Verkehrsunfallflucht und kostet aller Voraussicht nach den Führerschein, wenn der Geschädigte die Polizei ruft. Bei einem Schaden von 1.500 Euro kann die Sperre locker sechs bis neun Monate betragen.

HATTEN SIE EINEN ORGASMUS?

BILD wittert einen neuen Justizskandal:

Birte M.* (27), Opfer eines brutalen Sexverbrechens, musste sich im Prozess von der Anwältin des mutmaßlichen Täters die Frage anhören: „Hatten Sie einen Orgasmus?“

Ein gut aussehender Mann soll auf der Straße Frauen angesprochen haben. Sie sollen ihm ihre Telefonnummern gegeben haben. Auf späteren Treffen soll es dann zu Vergewaltigungen gekommen sein.

Die Verteidigern sieht Anhaltspunkte, dass die sexuellen Kontakte einvernehmlich waren. Die Frage ist, wenn sie so gestellt wurde, sicher reichlich plump. Aber „abstoßend, menschenverachtend und widerwärtig“, wie es die Staatsanwältin nennt? Immerhin soll der Mann nach ihren Vorstellungen fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis.

FIFFI ERBT NICHT

Hunde sind keine rechtsfähigen Personen und können deshalb auch nicht erben. Mit dieser Begründung enttäuschte das Landgericht München nach einem Bericht des Anwalt-Suchservice eine Frau, die den testamentarisch bedachten Hund Berry nach dem Tod der Besitzerin aufgenommen hatte.

VIELEN DANK

Oh, Mann. Da war ich doch glatt zu spät. 4 Minuten. Was so ein richtiges Strafgericht am Niederrhein jedoch nicht daran hindert, mit der Sitzung zu beginnen. Sicher, Anwälte und Zeugen lässt das Gericht gerne warten. Notfalls stundenlang. Aber wenn ein Anwalt von auswärts anreist, fängt man pünktlich an. Auf die Minute. Oder sogar eine zu früh, wie mir mein Mandant erzählte.

Lustig wird es, wenn der Herr Gerichtsvorsitzende mit vorwurfsvollem Blick ins Protokoll diktiert: „Nunmehr erscheint auch Rechtsanwalt Vetter aus Düsseldorf als Verteidiger des Angeklagten zu 2).“ Vielen Dank. Damit hat sich das Gericht einen zwingenden Aufhebungsgrund nach § 338 Ziff. 5 Strafprozessordnung nicht nur gezimmert, sondern ihn auch noch beweiskräftig festgehalten. Denn angeklagt ist in dieser Sache ein Verbrechen (Delikt mit einer Mindeststrafe von einem Jahr). Hier darf nicht mal eine Minute ohne die Anwesenheit eines Verteidigers verhandelt werden.

Jetzt muss man nur noch in einem günstigen Augenblick dafür sorgen, dass dem Herrn Vorsitzenden nachträglich ein Licht aufgeht. Vielleicht gibt´s dann aus Angst vor schenkelklopfenden Richtern am Revisionsgericht ein so mildes Urteil, dass sich ein Rechtsmittel gar nicht mehr lohnt.

R-GESPRÄCH

R-GESPRÄCH

Ein Anrufer zu meiner Sekretärin:

„Rufen Sie mich auf dem Handy zurück und verbinden Sie mich dann mit Herrn Vetter.“

Auf Bitten der verdutzten Mitarbeiterin gibt es es sogar eine Begründung für diesen Wunsch:

„Meine CallYa-Karte ist leer.“

Sorry. Aber seit zwei Minuten gibt es bei uns die klare Ansage vom Chef, dass wir so was grundsätzlich nicht machen.

VÖLLIG EGAL

VÖLLIG EGAL

Eine Mandantin hat eine private Krankentagegeldversicherung. Sie ist schon längere Zeit wegen psychischer Probleme arbeitsunfähig. Das kostet die Versicherung richtig Geld. Am 15. Dezember 2003 verlangt die Versicherung eine Untersuchung bei einem eigenen Arzt. Dieser stellt fest, dass meine Mandantin „in vollem Umfang arbeitsfähig“ ist. Die Versicherung schrieb:

Sie sind ab dem 16. Dezember 2003 nicht mehr arbeitsunfähig im Sinne von § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen/AVB. Somit endet Ihr Krankentagegeldanspruch mit dem 15. Dezember 2003. Wir betrachten den Versicherungsfall als abgeschlossen.

Der Hausarzt der Mandantin schüttelt über diese Diagnose nur den Kopf. Er schreibt ein kurzes Gegengutachten. Darauf lädt die Versicherung zur Begutachtung bei einem weiteren Arzt. Über das Ergebnis unterrichtet sie mit folgendem Schreiben:

Aufgrund der Untersuchung vom 11. Februar 2004 halten wir nicht mehr an unserer Entscheidung vom 15. Dezember 2003 fest. Das Krankengeld haben wir … nachgezahlt. Jedoch wurde am 11. Februar 2004 festgestellt, dass Ihre Mandantin berufsunfähig im Sinne der AVB-KT ist. Die Krankentagegeldversicherung endet, sobald Berufsunfähigkeit eintritt.“

Anscheinend ist es völlig egal, ob meine Mandantin kerngesund oder ein Wrack ist. Hauptsache, die Versicherung muss nicht zahlen. Wohl dem, der bei so einer „Behandlung“ das richtige Gegenmittel hat – eine Rechtsschutzversicherung…

VERTRAGSSTRAFEN

Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen sind nach wie vor zulässig. Nach der Neufassung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen war überwiegend davon ausgegangen worden, dass Vertragsstrafen – zum Beispiel bei Nichtantritt der Arbeit und der Weitergabe von Geschäftsinformationen – unwirksam sind. Das Bundesarbeitsgericht ist jedoch anderer Meinung und begründet dies in einem Grundsatzurteil vom 4. Februar 2004 mit den „Besonderheiten des Arbeitsrechts“.

EINSAM

Helmut H. (35) aus Mittelfranken will, dass das Sozialamt seine Bordell-Besuche zahlt. Er verlangt vier Mal pro Monat – weil er sich ohne seine Frau so einsam fühlt. Wer nicht glaubt, dass dieser Fall sogar vor dem Verwaltungsgericht verhandelt wird, klicke hier.

Update: Der Gute hat verloren. Lesenswerter Prozessbericht in der Rheinischen Post.

TELEKOM

Abends um 20.30 Uhr festgestellt, dass eine unserer ISDN-Leitungen nicht mehr funktioniert. Die Zahl der Amtsleitungen nach außen reduziert sich also von vier auf zwei. Anruf beim Technischen Kundendienst der Telekom. Es geht sofort jemand dran. Der Mann klinkt sich in unsere Leitungen ein und stellt fest, dass er wohl am nächsten Tag einen Techniker rausschicken muss.

Morgens frage ich noch einmal nach. Es geht schon wieder jemand ran. „Die Störung ist im System notiert“, erklärt die Gesprächspartnerin. „Entweder wir lösen das von hier. Oder es kommt in den nächsten 90 Minuten jemand vorbei.“ Ein knappe halbe Stunde später ein Anruf der Telekom. „Die Störung ist beseitigt. Bitte entschuldigen Sie die Umstände.“

Da kann man doch nicht meckern, oder?

KRIMINELL

Spiegel online hat einen neuen Kriminalitätsbrennpunkt ausgemacht – den Notebook-Klau. Unsere Kanzlei wurde jetzt auch das Opfer skrupelloser Täter. Die haben einfach nachtS die (leeren) Blumenkästen von den vorderen Fensterbänken mitgenommen.