ENTRÜCKT

ENTRÜCKT

Der neue Mandant, ein älterer Herr, gibt mir seine Visitenkarte.

Oh, die Telefonnummer ist nicht mehr aktuell.

Er streicht die alte Nummer, schreibt die neue daneben.

Moment noch, ich habe jetzt auch ein Fax.

Er kritzelt eine Faxnummer auf die Visitenkarte.

Ach, da fällt mir auf, die Postleitzahl ist jetzt ja auch fünfstellig. Moment mal, die lautet … ich komme gleich drauf.

Schließlich notiert er auch noch seine neue Privatanschrift, denn er ist ja 1998 umgezogen.

Ich hoffe inständig, dass wenigstens der Name noch stimmt…

NICHT NUR IN FLORIDA

Der Unmut über Sozialhilfemissbrauch wächst. Die Berliner Morgenpost schildert einige aktuelle Fälle:

Die Frau und der Mann, beide 31, besaßen nach Angaben des örtlichen Amtsgerichtes Uhren und Schmuck im Gesamtwert von mehr als 106 000 Euro und ein Auto, das mindestens 20 000 Euro wert ist. Im hessischen Hofheim wurde ein mutmaßlicher Sozialhilfebetrüger mit Yacht und Eigentumswohnung enttarnt. Er soll sich in den vergangenen zwei Jahren 22 000 Euro erschlichen haben. Luxus auf Staatskosten auch im Landkreis Goslar: Dort leistete sich ein Sozialhilfeempfänger drei Autos. Eines davon, 44 500 Euro teuer, hatte der 31-Jährige erst vor einer Woche gekauft und bar bezahlt.

(link via Handakte WebLAWg)

SELBST SCHULD

Jedes halbe Jahr befällt mich der do-it-yourself-Wahnsinn. Heute also bei trends in Haan ein Wohnzimmerregal und einen Hochschrank fürs Badezimmer besorgt. Geschleppt, geschraubt, geflucht. Einen Vorteil hat die Sache aber. Nach diesem Erlebnis freut man sich richtig auf einen Sonntag im Büro.

Note 2 myself: Beim nächsten Anfall diesen Eintrag lesen. Liefern und aufstellen lassen.

MAKLER & CO.

MAKLER & CO.

Interessant für alle Wohnungssuchenden:

Das Kassieren von Gebühren vor einer Wohnungsvermittlung ist nach einem Urteil des Amtsgericht Mitte von Berlin verboten. Es verurteilte die Wohnungsvermittlungsfirma «Home Info» dazu, einem Wohnungssuchenden 185 Euro eine so genannten Abonnementsgebühr zurückzuzahlen. Einzelheiten

Sowohl Makler als auch (vermeintlich) alternative Vermittlungszentralen nehmen immer wieder Buchungs-, Reservierungs-, Bearbeitungs- und Mitgliedsgebühren. Das ist alles nur Wortgeklingel. Für die Vermittlung von Wohnraum dürfen nur dann Kosten anfallen, wenn tatsächlich ein Vertrag geschlossen wird.

Wichtig: Die zu Unrecht gezahlten Gebühren können zurückgefordert werden.

SCHWUNGVOLL

Beim Aufsuchen der Toilette in ihrer Firma wurde einer Arbeitnehmerin (Umschülerin) von einer temperamentvollen Kollegin unbeabsichtigt die Toilettentüre so schwungvoll ins Gesicht geschlagen, dass es zu schweren Verletzungen am Kopf mit Sehverlust am linken Auge kam.

War das ein Arbeitsunfall? Das Bayerische Landessozialgericht sagt Nein:

Wird eine Arbeitnehmerin verletzt, während sie vor einer Toilette im Betrieb ansteht, so ist dies kein Arbeitsunfall. Im Betrieb sei zwar der Gang zur und von der Toilette geschützt. Das eigentliche «Geschäft» und das Verweilen schon hinter der äußeren Toilettentür aber nicht. Es handele sich insoweit nicht um ein betriebsbedingtes, sondern ein privates und damit von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfasstes Tun.

Der Weg ist noch geschützt, das Warten aber nicht. Klingt für mich nicht sehr überzeugend. Vor allem war der Gang zur Toilette doch nur unterbrochen, bis diese frei wurde. Wenn tatsächlich schon die äußere Toilettentür die Grenze zwischen beruflichem und privatem Tun sein soll, dann hätte die Frau wohl besser behaupten müssen, sie habe sich nach dem Toilettenbesuch auf jeden Fall auch noch einen Tintenklecks von den Fingern waschen wollen…

(Quelle: beck-aktuell)

FREI ERFUNDEN

Ein Beamter der Kreisverwaltung Cloppenburg hat einem abgelehnten Asylbewerber frei erfundene Personendaten zugeschrieben, um ihn leichter abschieben zu können. Vor Gericht wurde er jetzt freigesprochen.

Die ganze – merkwürdige – Geschichte in der Frankfurter Rundschau.

Das ist wieder so ein Fall, auf den das Strafgesetzbuch vielleicht nicht 100%-ig zugeschnitten ist. Aber nicht, weil solche „Kreativität“ in einem Rechtsstaat erwünscht ist. Sondern einzig und allein deswegen, weil sich kein Gesetzgeber so einen Unfug überhaupt vorstellen kann, bevor er wirklich passiert.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

E-R-M-I-T-T-L-U-N-G-SVERFAHREN

Chronologie eines „Ermittlungs“verfahrens wegen schweren Ladendiebstahls:

18.10.02: Die Polizei in R. fertigt eine Strafanzeige.

22.10.02: Das Polizeipräsidium in W. schickt die Akte an das Polizeipräsdium in D mit der Bitte, die Beschuldigte zu vernehmen.

04.11.02: Das Polizeipräsidium in D. verschickt eine Einladung zur Vernehmung für den 24.11.02.

18.11.02: Die Beschuldigte teilt der Polizei telefonisch mit, dass sie sich anwaltlich vertreten lässt.

19.11.02: Die Polizei in D. schickt die Akte an die Polizei in W. zurück.

24.11.02: Ich melde mich schriftlich als Verteidiger und beantrage Akteneinsicht.

20.08.03: Die Staatsanwaltschaft in W. bemerkt, dass sie sachlich nicht zuständig ist. Sie schickt die Akte an die Staatsanwaltschaft in D.

02.09.03: Die Staatsanwaltschaft in D. gewährt mir Akteneinsicht.

Viel passiert in den letzten 11 Monaten, oder?

TITEL

Wer schon mal einen Prozess verloren hat, kennt die Situation. Mit dem Urteil hat die Gegenseite einen vollstreckbaren Titel. Wenn jetzt nicht gezahlt wird, kommen der Gerichtsvollzieher, Lohn- und Kontopfändung. Die meisten überweisen das Geld und freuen sich – endlich ist Ruhe.

Eine Stolperfall gibt es allerdings. Der Gegner ist nach wie vor im Besitz des vollstreckbaren Titels. Den kann er in seine Schublade legen und Jahre abwarten. Häufig sind es aber auch Erben, die dann nach 7, 10, 15 oder sogar 20 Jahren auf das Papier stoßen und sich fragen, ob das Geld denn jemals gezahlt worden ist.

Wer in dieser Situation die Zahlung nicht (mehr) nachweisen kann, hat schlechte Karten. Denn das Urteil oder der Vollstreckungsgbescheid verbriefen den Zahlungsanspruch auf praktisch unbegrenzte Dauer. Wer dann keine Quittung vorweisen kann, zahlt doppelt.

Es ist deshalb superwichtig, sich nach einer Zahlung den Originaltitel aushändigen zu lassen. Am besten mit einem Vermerk des Gegners auf dem Titel, dass dieser bezahlt worden ist. Nur so lassen sich böse Überraschungen vermeiden.

Wenn der Gegner sich nicht rührt, kann man den Spieß sogar umdrehen und auf Herausgabe des Titels klagen.

WEGE ZUM REICHTUM

Wie werde ich reich? Chirurgen müssen sich angeblich nur selbst verstümmeln – schon winken dicke Versicherungsprämien. Laut Express droht jetzt einem Chirurgen aus den neuen Bundesländern sogar Ärger mit dem Staatsanwalt. Er soll sich in der Hoffnung auf Millionen die Finger mit dem Skalpell selbst amputiert haben. Die Behauptung eines Unfalles mit der Kettensäge verweisen die Ermittler ins Reich der Legende.

Noch toller soll es aber der größte Pechvogel unter Deutschlands Chefärzten getrieben haben:

Innerhalb von zehn Jahren stürzte er angeblich mit dem Kopf ins Skalpell (Auge futsch), verlor Daumen und Zeigefinger beim Holzhacken, sein Dackel geriet bei der Jagd in den Flintenabzug (Hand von Schrot zerfetzt), beim Rasenmähen trat er ins Messer (Fuß zerfetzt) und langte dann noch unglücklich ins Mähwerk (Zeigefinger weg).

GEFÜHL

GEFÜHL

Telefonnotiz:

Herr Uwe L. bittet um Rückruf. Er hatte schon 2 Anwälte. Einer will ihm nicht mehr schreiben. Den anderen hat er wegen Befangenheit abgelehnt und bei der Kammer angezeigt. Er braucht dringend einen neuen Anwalt. Telefon…

Warum sagt mir mein Gefühl, dass heute eine ähnliche Notiz bei mindestens 10 weiteren Anwälten auf dem Schreibtisch liegt?

WOCHE DER AUSREDEN

Wir eröffnen die Woche der guten Ausreden. Gestern rettete sich eine Frau mit Odol vor einer Strafe wegen Trunkenheit am Steuer. Heute bemüht ein Chemiker seine Mama, um nicht wegen Anstellungsbetruges verurteilt zu werden:

Sein Zeugnis habe er nur gefälscht, um seiner eigenen Mutter zu gefallen, entschuldigte sich der 41-Jährige vor dem Landgericht Düsseldorf. Das Blatt mit der Note Eins statt Drei sei dann aus Versehen in die Bewerbungsmappe geraten. Die Erklärung klingt seltsam, aber die Richter akzeptierten sie.

Die ganze Geschichte steht hier.

Interessant wäre, warum der Nerd nicht wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist. Wahrscheinlich hat er nur eine Kopie verfälscht und hiervon wiederum eine Kopie vorgelegt. Kopien sind aber in aller Regel schlicht und einfach keine Urkunden.

Ähnlich ist es bei den beliebten Tacho-Justierungen. Es ist nicht verboten, seinen Tacho auf eine genehme Kilomterzahl zu drehen. Und strafbar ist es bislang auch nicht, so einen Service anzubieten. Der Betrug kommt erst ins Spiel, wenn der Besitzer einem Kaufinteressenten den falschen Tachostand als „wenig gelaufen“ unterjubelt.

MORGENSTUND…

MORGENSTUND…

In einem Ermittlungsverfahren hatte ich angeboten, dass sich mein Mandant bei der Polizei vernehmen lässt. Aber nur, wenn ich dabei bin. Die Ladung der Polizei kam prompt:

15. September 2003, 7.00 Uhr.

Da ich 70 Kilometer Anfahrt habe, bat ich den Beamten um einen etwas späteren Termin. Der Polizist zeigte sich sehr kulant:

7.30 Uhr könnte ich machen.

Ich schlug vor, einen anderen Tag zu wählen.

Einen anderen Tag können sie haben. Wollen sie 7.00 Uhr? Oder eine halbe Stunde später?

Auf meine Bitte, a) eine christliche Zeit zu wählen und b) auf meinen Anfahrtsweg Rücksicht zu nehmen, erntete ich nur einen grimmigen Kommentar:

Für Vernehmungen mit Anwalt habe ich keine anderen Termine. Dann bleibt es beim 15. September.

Patsch. Eingehängt. Was machen? Ich entschied mich für ein Fax an den zuständigen Staatsanwalt. Drei Tage später flatterte mir eine neue Einladung der Polizei auf den Tisch:

15. September 2003, 10 Uhr.

Na, bitte. Es geht doch. Auf das Psychoklima bei der Vernehmung bin ich allerdings schon jetzt gespannt…

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