MORGENSTUND…

MORGENSTUND…

In einem Ermittlungsverfahren hatte ich angeboten, dass sich mein Mandant bei der Polizei vernehmen lässt. Aber nur, wenn ich dabei bin. Die Ladung der Polizei kam prompt:

15. September 2003, 7.00 Uhr.

Da ich 70 Kilometer Anfahrt habe, bat ich den Beamten um einen etwas späteren Termin. Der Polizist zeigte sich sehr kulant:

7.30 Uhr könnte ich machen.

Ich schlug vor, einen anderen Tag zu wählen.

Einen anderen Tag können sie haben. Wollen sie 7.00 Uhr? Oder eine halbe Stunde später?

Auf meine Bitte, a) eine christliche Zeit zu wählen und b) auf meinen Anfahrtsweg Rücksicht zu nehmen, erntete ich nur einen grimmigen Kommentar:

Für Vernehmungen mit Anwalt habe ich keine anderen Termine. Dann bleibt es beim 15. September.

Patsch. Eingehängt. Was machen? Ich entschied mich für ein Fax an den zuständigen Staatsanwalt. Drei Tage später flatterte mir eine neue Einladung der Polizei auf den Tisch:

15. September 2003, 10 Uhr.

Na, bitte. Es geht doch. Auf das Psychoklima bei der Vernehmung bin ich allerdings schon jetzt gespannt…

KOMMENTARE

Die Kommentarfunktion funktioniert derzeit nicht richtig. Es liegt offensichtlich am Anbieter und nicht an euren Browsern, denn im Forum von enetation beklagen etliche Nutzer das gleiche Problem. Sorry für die Umstände.

DOOF?

Die Werbung mit 5 kostenlosen Büchern für eine 2-jährige Mitgliedschaft in einem Buchclub ist keine irreführende Werbung. Hat der Bundesgerichtshof entschieden. Die Kläger hatten geltend gemacht, bei so einem Angebot verliere jeder Verbraucher den Verstand. Was ja schon dadurch widerlegt wird, dass nicht alle Bundesbürger Mitglied in einem Buchclub sind.

Das Urteil ist interessant, weil es (erneut) klarstellt, dass es keinen Grundsatz gibt, wonach Verbraucher doof und übermäßig schutzbedürftig sind. Eine Zusammenfassung gibt es hier.

Das wird die Kollegen aus der Abteilung „abgemahnt & abgezockt“ nicht besonders freuen…

HARTNÄCKIG

HARTNÄCKIG

Heute mal meine urlaubende Kollegin (btw: schöne Grüße vom Lake Tahoe) am Arbeitsgericht vertreten. Unsere Mandantin, eine Firma mit ein paar hunder Beschäftigten, ist sehr angenehm. Sie weiß, wo die Grenzen für Arbeitgeber gesteckt sind. Deshalb bieten wir bei betriebsbedingten Gründen meistens die „Regelabfindung“ an. Die beträgt ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr.

Heute waren wir sogar bereit, noch etwas draufzulegen. Auch die Richter warnten die Klägerin, dass sie den Prozess verlieren kann. Immerhin haben wir ziemlich gute Gründe, die meine Kollegin auch seitenweise dargelegt hat. Die Sozialauswahl stimmt auch. Und der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört.

Obwohl für die Klägerin Euro 25.000,00 rausgesprungen wären, sagte sie kategorisch nein. Selbst auf den Hinweis des Gerichts, dass sie wahrscheinlich gar nichts bekommt, wenn ein Urteil gesprochen werden muss, blockte sie immer noch ab. Und ihr Anwalt bestärkte sie sogar noch darin: „Meine Mandantin möchte unbedingt ihren Arbeitsplatz behalten.“

Wenn die Kündigung aber doch durchgeht, wonach es aussieht, hat die Gute keine Arbeit mehr. Und keine Abfindung.

Das verstehe, wer will.

BERATUNG

Vor dem Besuch beim Anwalt steht fast immer eine Hürde. Die finanzielle. Einige Kollegen machen die Situation nicht einfach. Sie sagen den Leuten auf die Frage, was eine Beratung kostet: „Das ist nicht so teuer. Wir rechnen nur die Erstberatungsgebühr ab.“

Die „Erstberatungsgebühr“ beträgt Euro 232,00. Ich glaube nicht, dass die Mehrzahl der Kunden an so eine Summe denkt, wenn sie „nicht so teuer“ hört…

Hinzu kommt, dass die Aussage sachlich auch noch falsch ist. Die „Erstberatungsgebühr“ ist in Wirklichkeit eine maximale Obergrenze. Mehr darf eine erste Beratung grundsätzlich nicht kosten. Bei niedrigen Streitwerten werden die Kosten meistens deutlich darunter liegen. Wenn es zum Beispiel um eine Forderung von Euro 400,00 geht, beträgt die Beratungsgebühr Euro 30,02.

Ich mache neuen Mandanten, die sich nicht so auskennen, immer folgenden Vorschlag:

Unser erstes Gespräch ist zunächst mal eine Beratung. Die kostet zwischen Euro 30,00 und Euro 50,00 pauschal. Nach der Beratung kennen sie meine Meinung und wissen, was aus meiner Sicht zu tun ist. Auf dieser Grundlage können wir dann entscheiden, ob wir, sofern erforderlich, weiter zusammen arbeiten. Wenn es weiter geht, wird die Beratungsgebühr angerechnet.

Ich glaube, so eine Regelung hat Vorteile für alle Seiten. Für den Mandanten ist das Abenteuer neuer Anwalt kalkulierbar. Ich muss nicht schon am Telefon endlos lange über die Gebührenordnung oder Stundensätze refererieren, sondern kann am Ende der Beratung, wenn ich den Fall kenne, über das spätere Honorar verhandeln. Der Mandant hat außerdem in Form der Beratung auf jeden Fall einen Nutzen, denn er hat einen konkreten Ratschlag erhalten.

PARKSCHEIBE

Eine dänische Parkscheibe ist ein echtes Teufelsding. Zeigt zwar die gleiche Zeit, hat aber kein weißes P. Und keinen blauen Hintergrund. Deshalb gibt es einen Strafzettel, zumindest in Erkrath bei Düsseldorf.

Der Clou: Wer statt einer dänischen Parkscheibe einen Zettel mit der Ankunftszeit aufs Armaturenbrett legt, geht angeblich straffrei aus. Sogar in Erkrath.

Mehr über diese Posse im Express.

ABGEHÖRT

ABGEHÖRT

Spiegel online berichtet unter dem Titel „Mein Handy, eine Wanze“ über die neuesten Abhörtricks der Polizei, insbesondere den IMSI-Catcher:

Der IMSI-Catcher empfängt diese Nummer und macht das Mithören des Anschlusses möglich. Allerdings leiten alle Handys in der Nähe dieser kontrollierten Funkstelle automatisch ihre Daten und Kennummern an den Catcher weiter.

Schnuffelig-treuherzig das Statement aus dem Innenministerium:

„Personenbezogene Daten unbeteiligter Dritter werden nur erhoben, soweit dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Einsatzzwecks unvermeidbar ist. Gegebenenfalls angefallene Daten Unbeteiligter werden nach Einsatzende sofort gelöscht.“

Unvermeidbar … sofort … unbeteiligt. Schöne Worte. Wer mag daran glauben, bei so einem reizvollen Spielzeug?

GEGEBENER ANLASS

Mich erreicht gerade ein Fax des Arbeitsgerichts Wuppertal:

Sehr geehrte Rechtsanwälte,

in Sachen P./C. wird der Kammertermin vom 3. September 2003, 11.30, Gerichtstag Velbert, aus gegebenem Anlass – Explosion der Polizeiwache Velbert – verlegt nach Wuppertal.

Es ist das gleiche Haus.

EVÜ

EVÜ

Es ging zwar „nur“ um Euro 50,62. Aber eine gewonnene Dialerklage – vor allem gegen die Firma T. aus Elmshorn – freut mich immer. Das Risiko ist immer groß, weil internetunkundige Amtsrichter häufig ziemlich ratlos vor der Problematik stehen. In dem heute reingeflatterten Urteil vom 15. August 2003 hat das Amtsgericht Velbert die Sache gleich ganz am Anfang totgemacht:

Die Klage wird abgewiesen.

Soweit die Klägerin ein mit „EVÜ“ bezeichnetes Blatt Papier vorlegt, ist dieses nicht geeignet, eine Inanspruchnahme von Leistungen durch die Beklagten zu beweisen. Es handelt sich bereits nicht um eine Urkunde. Denn eine Unterschrift enthält das Blatt nicht. Der auf ihm befindliche Text lässt sich mit jedem besseren Computer selbst herstellen. …

Unter diesen Umständen wäre es angesichts des Umstandes, dass die Beklagten jedenfalls spätestens mit Schreiben vom 19. Mai 2002 die Forderung beanstandet hatten, Aufgabe der Zedentin gewesen, durch Offenlegung der vollständigen Zielrufnummer – also ungekürzt um die letzten 3 Ziffern – zunächst einmal substantiiert darzulegen, mit wem die Beklagten telekommuniziert haben sollen. Erst sodann wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, dies durch konkrete Angaben zu erschüttern.

(Aktenzeichen 17 C 183/03)

AUF REZEPT

Seit heute dürfen niederländische Apotheker – als erste in Europa – Cannabis in kleinen Mengen verkaufen. In Packungen zu jeweils fünf Gramm wird der Stoff für 44 Euro oder 50 Euro je Dosis angeboten, teilte das Gesundheitsministerium in Den Haag mit.

Aber nur für medizinische Zwecke, meldet Focus.

BEWEGUNG

Endlich kommt mal Bewegung in unser verkrustetes Strafsystem. Die Bundesjustizministern möchte als Alternative zur Strafe die gemeinnützige Arbeit einführen. Bei Freiheitsstrafen von bis zu 6 Monaten würde es künftig heißen: malochen statt sitzen. Außerdem wäre das leidige Problem der Leute gelöst, die ins Gefängnis müssen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können. Die sind nämlich zu einem Gutteil an der Überbelegung der Haftanstalten verantwortlich.

Bin allerdings gespannt, wie viele Betroffene auch „arbeitswillig“ sind.

(Quelle: beck-aktuell)

NOCH MEHR BÜROKRATIE

NOCH MEHR BÜROKRATIE

Der Wertsack ist ein Beutel, der auf Grund seiner besonderen Verwendung nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden.“
(Merkblatt der Deutschen Bundespost)

Mehr schräge Beamtensätze in Bild online.

LEERE

Bei der Diskussion um die Frage, wie künftig gerichtliche Übersetzer bezahlt werden sollen, finden sich wirklich tiefschürfende Überlegungen. Beispiel:

Maßeinheit für die Vergütung soll die im Bereich des Übersetzerwesens allgemein eingeführte Standardzeile sein, die sich aus 55 Anschlägen einschließlich der Leerzeichen zusammensetzt. Zwar vertritt die ganz herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur die Meinung, Leerzeichen seien keine Schriftzeichen im Sinne des § 17 Abs. 4 ZuSEG, weil sie nicht der Kommunikation dienten und damit auch keine Übersetzungsleistung erforderten. Wegen der weitverbreiteten Akzeptanz der Standardzeile erscheint es jedoch angebracht, diesen Umrechnungsmaßstab aufzugreifen.

Bei solchen Auswüchsen des deutschen Bürokratismus fühle ich nur noch eins – tiefe, gähnende Leere…

(Quelle des Zitats: Transblawg)