Ich habe niemanden

Weil ein 49-Jähriger aus Köln immer wieder ohne Fahrerlaubnis fuhr, ist die ihm für acht Jahre richterlich entzogen worden. Wegen derselben Taten saß er in Haft und wurde mit der Auflage entlassen, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Das hat der Mann am vergangenen Samstag auch getan, aber nicht mit der Pfiffigkeit eines 33-jährigen Polizeikommissars gerechnet. Der interessierte sich nämlich dafür, wie der Mann zur Wache gekommen war und folgte ihm. Er sah, dass der 49-Jährige in ein Auto stieg und losfuhr, dann von dem Beamten aber angehalten wurde. Die Erklärung des auf frischer Tat ertappten Wiederholungssünders klingt glaubwürdig: „Ich hatte niemanden, der mich zur Wache fahren konnte“. (pbd)

Ausrutscher

„Ein Alkoholrausch macht in etwa deine Trainingsbemühungen der letzten drei Wochen zunichte“, erklärt mir gerade die Mc Fit Mitgliederzeitschrift 07/08. Wie passend, da habe ich mich von Freitag auf Samstag ja ungefähr auf den Stand von Mitte Mai gebracht.

Aber langsam geht’s wieder.

Vorsorgemaßnahmen

Ich bewundere mitunter die Kreativität von Anwälten. Zum Beispiel jener, welche die Idee hatten, zwei Einbrecher auf ganz besonderen Schadensersatz zu verklagen.

Die Einbrecher hatten ein Motorradgeschäft ausgeräumt. Danach wurde noch öfter in das Geschäft eingebrochen; hier konnten die Täter aber nicht festgestellt werden. Die Gebäudeversicherung des Motorradhändlers wollte den Versicherungsschutz nur aufrechterhalten, wenn das Geschäft mit einer Alarmanlage ausgestattet wird. Die Kosten für die Alarmanlage verlangte der Händler von den Einbrechern.

Dazu das Oberlandesgericht Hamm:

Die Zielrichtung des Einbaus der Alarmanlage ging nicht dahin, dass durch sie der durch den Einbruch von Anfang Dezember 2004 entstandene Schaden beseitigt oder vermindert werden sollte, sondern diente der Abwehr künftiger ähnlicher Schadensfälle.

Der von den Beklagten Anfang Dezember 2004 unternommene Einbruch war – neben den weiteren Einbrüchen, die Anfang Januar 2005 stattgefunden haben – lediglich ein Indiz dafür, dass die Gefahr weiterer ähnlicher Ereignisse nicht gering war, und dass deswegen weitergehende Abwehrmaßnahmen sinnvoll waren. Diese sollten aber ausschließlich der Abwehr künftiger ähnlicher Schadensfälle dienen.

Aufwendungen des Geschädigten zur Abwendung künftiger Rechtsgutverletzungen sind auch dann, wenn die Entschließung für solche Maßnahmen durch den vorangegangenen Vorfall herausgefordert worden sind, nicht dem Urheber jenes Schadensfalls zuzurechnen, weil dessen Belastung mit den Kosten für eine Vorsorgemaßnahme, die gar nicht ihm, sondern der Abwehr künftiger Schädiger gegolten hat, den Rahmen haftungsrechtlicher Zurechnung sprengen würde.

Aber ein netter Versuch, das muss man einräumen.

(OLG Hamm, Urteil vom 16. 8. 2007 – 6 U 67/07)

Anwälte gegen Super-BKA

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt Onlinedurchsuchung und Erweiterung des großen Lauschangriffs ab. Der Bundesrat befasst sich heute mit der BKA-Novelle. Nach dem am 4. Juni 2008 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf erhält das Bundeskriminalamt Befugnisse, die bisher nicht einmal den Landespolizeibehörden zustanden. Der Lauschangriff soll nach dem Entwurf sogar auf Kontakt- und Begleitpersonen ausgeweitet werden.

„Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden“, so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV. „Auch in Zeiten der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist es wichtig, dass es einen Kernbereich privater Lebensgestaltung gibt, in den der Staat nicht eingreifen darf“, so Kilger Dieser Schutz könne bei der Online-Durchsuchung wegen der technischen Untrennbarkeit der Kernbereichsdaten von den sonstigen Informationen nicht gewährleistet werden.

„Auf diesem hochsensiblen Gebiet des Eingriffs in die Vertraulichkeit der informationstechnischen Intimsphäre muss der Grundsatz ,in dubio pro libertate‘ gelten“, fordert Kilger.

Der DAV ist der Überzeugung, dass durch immer größere staatliche Eingriffe in die Bürgerrechte auch bei Privatunternehmen die Hemmschwelle sinke, Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Dies könne man am Beispiel des Spitzelskandals bei der Deutschen Telekom sehen.

Pressemitteilung des DAV

Löschungsantrag gegen „law blog“

Gegen die Marke „law blog“ ist ein Löschungsantrag gestellt worden. Übrigens nicht vom „Gegner“ in dieser Sache, denn hier haben wir uns letztlich verständigt.

Antragsteller sind Patentanwälte. Ob diese sich ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhoffen oder im Auftrag eines Dritten handeln, weiß ich nicht. Den Antrag kann jedermann stellen. Wer Anwälte beauftragt, bleibt sogar anonym. Immerhin scheint es die andere Seite ernst zu meinen. Denn für den Antrag sind ein paar hundert Euro Gebühren eingezahlt worden.

Der Kollege Dominik Boecker aus der Kanzlei greyhills hat für mich Widerspruch eingelegt. Wir sind kampfeslustig. Müssen wir auch, denn schließlich wollen wir nicht, dass im Falle einer Löschung die Welt untergeht.

Das MarkenBlog merkt einiges zum Löschungsantrag an. Außerdem veröffentlicht das MarkenBlog das Ergebnis seiner Umfrage zur Marke law blog.

Nachtrag: Mich erreichen bereits freundliche Hiflsangebote, zum Beispiel auf kostenlose Überlassung der Domain „justizbus.de“. Danke. Aber selbst eine Löschung der Marke hätte keinen Einfluss auf den Titel dieses Blogs oder die Domains lawblog.de und lawblog.eu.

Royals

Der Herzog von Edinburgh … lässt bei seinen öffentlichen Auftritten kein Fettnäpfchen aus. … So fragte „Phil“ in Australien eine Delegation von Aborigines einmal: „Werft ihr immer noch mit Speeren aufeinander?“ Und in China „belehrte“ er britische Studenten: „Wenn ihr noch länger hierbleibt, bekommt ihr auch Schlitzaugen.“ Helmut Kohl begrüßte er 1997 gar mit „Herr Reichskanzler“.

P.J. Blumenthal über Prinz Philip, P.M. History 7/2008

Nicht unfehlbar

„Bei einer Grobdurchsicht der beschlagnahmten CDs konnten jedoch schon Dateien mit dutzenden kinderpornografischen Bildern festgehalten werden.“

Dies schrieb ein Polizeibeamter in seinen Durchsuchungsbericht. An sich hätte ich gegen die Durchsuchung und Beschlagnahme Beschwerde eingelegt. Die Informationen, die zum Ermittlungsverfahren und dem Durchsuchungsbeschluss führten, waren nämlich dünn. An sich reichten sie nicht aus, um den Betroffenen in aller Frühe heimzusuchen.

Aber dann der Vermerk. Man kann sich ausmalen, wie erfolgreich ein Rechtsmittel sein wird, wenn tatsächlich was gefunden worden ist. Und überdies ist es in unserem Land ja leider so, dass es kein automatisches Beweisverwertungsverbot gibt, wenn eine Durchsuchung rechtswidrig war.

Also keine Beschwerde. Jetzt, nach Wochen, stellt sich heraus, der Vermerk ist falsch. Tatsächlich ist gar kein kinderpornografisches Material auf den CDs. Die Überprüfungssoftware wurde „fehlerhaft gehandhabt“. Sagt die Polizei.

Gute Nachrichten für meinen Mandanten. Der hat nämlich die Welt nicht mehr verstanden, als er von den angeblichen Funden erfuhr. Für Verteidiger, Staatsanwälte und Richter allerdings ein Grund mehr, Auswertungsergebnissen der Polizei nicht blind zu vertrauen. Auch dort ist man nicht unfehlbar, und das ist noch vorsichtig ausgedrückt.

Neues Leben

Der Vorwurf lautete: illegaler Aufenthalt.

Ich nahm hierzu Stellung:

Meine Mandantin streitet nicht ab, illegal eingereist zu sein. Jedoch ist sie selbst eher Opfer als Täterin. Meine Mandantin verfügt über praktisch keine Schulbildung. Eine Schlepperorganisation hat ihr in Deutschland das „goldene Leben“ versprochen. Meine Mandantin konnte sich nur mit Hilfe ihres neuen Lebenspartners, der deutscher Staatsbürger ist, vor einem Abgleiten in die Prostitution bewahren. Meine Mandantin hat große Angst, dass man ihr gegenüber ausgesprochene Drohungen wahr macht.

Wegen des gemeinsamen Kindes hat meine Mandantin nun einen vorläufigen Aufenthaltstitel erhalten, wie in der Akte vermerkt. Meine Mandantin hat nun möglicherweise die Chance, ein geordnetes Leben zu führen.

Ich rege vor diesem Hintergrund an, das Ermittlungsverfahren nach § 153 StPO einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft antwortet:

Das Ermittlungsverfahren habe ich gemäß § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts eingestellt.

Eine Entscheidung mit Augenmaß. Das freut mich für meine Auftraggeberin. Ihrem neuen Leben dürfte damit nichts mehr im Wege stehen.

Auch Unschuldige fliehen

Das Landgericht Koblenz verurteilte einen Mann wegen Vergewaltigung. Einen Fluchtversuch lastete ihm das Gericht ausdrücklich an:

Hinzu kommt der Umstand, dass der Angekl. einen Fluchtversuch unternommen hat. Zusammengenommen sprechen diese Gesichtspunkte dafür, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat, aber die Verantwortung dafür nicht übernehmen möchte.

Ein Fluchtversuch ist kein Indiz, das eine Täterschaft belegt, meint dagegen der Bundesgerichtshof. Denn ein Fluchtversuch lasse sich unterschiedlich erklären:

Auch ein Unschuldiger kann sich einem Strafverfahren mit einem für ihn ungewissen Ausgang entziehen wollen. Ein Beschuldigter ist nicht gehalten, an der Aufklärung der ihm zur Last gelegten Tat mitzuwirken. Wie bei der Frage der Würdigung des Scheiterns eines Alibis ist zu beachten, dass ein Angekl. meinen kann, seine Lage durch falsche Angaben verbessern zu können. Ein solches Verhalten lässt regelmäßig keine tragfähigen Schlüsse darauf zu, was sich wirklich ereignet hat. Das LG durfte daher aus dem Fluchtversuch des Angekl. L kein Indiz für seine Täterschaft herleiten.

Der oberste Gerichtshof in Simbabwe oder Birma hätte sich wahrscheinlich nicht so angestellt.