DURCHNÄSST

Vor der „Opanke Handnaht“ muss gewarnt werden. Ist ein Schuh nämlich nach dieser Methode gefertigt, eignet er sich nicht für nasses Wetter. Dass er allerdings schon bei leichtestem Spaziergang über feuchte Großstadtstraßen für durchnässte Füsse sorgt, wollte unser Mandant nicht hinnehmen. Immerhin hatte er 85 Euro in den rustikalen Herrenschuh eines deutschen „Traditionsunternehmens“ investiert.

Der Verkäufer weigerte sich allerdings beharrlich, die Schuhe (inzwischen wieder trocken) zurückzunehmen. Auch einem Vergleich zeigte er sich nicht zugänglich. So beauftragte das Amtsgericht einen Sachverständigen für das Schuhmacherhandwerk. Und man muss sagen, der Mann hat sich Arbeit gemacht.

Das Gutachten lief so ab:

Der Sachverständige besprühte fünf Paar Schuhe inklusive der reklamierten mit 0,5 Liter Wasser mit einem Feinstrahlsprühnebel, bis das Sprühbehältnis geleert war. Jedes Paar aus gleicher Entfernung und mit gleichem Druck. Von den zehn Schuhen wiesen zwei sofort auf eindeutiges Eindringen von Wasser hin, sodass die eingedrungene Wassermenge den Schuhinnenraum einnässte.

Die beiden Schuhe, die eine deutliche Undichtigkeit aufwiesen, waren die zu begutachtenden Schuhe. Besonders der rechte Schuh erwies sich als so undicht, dass im Spitzenbereich das eindringende Wasser direkt durchwanderte und den Innenraum füllte. Die übrigen Schuhe trockneten normal ab und wiesen trotz Eindringen des Wassers in das Oberleder keinen nassen Schuhinnenraum auf.

Somit steht für den Sachverständigen fest: Das Schuhwerk ist mangelhaft, da die anderen geprüften Schuhpaare in gleicher Preisklasse und gleicher Machart erheblich besser gegen Spritzwasser abgedichtet sind.

Der Schuhladen wird sich freuen. Denn nach aller Voraussicht muss er nicht nur den Kaufpreis zurückzahlen, sondern auch den Gutachter entlohnen. Wobei die anderen vier Schuhpaare ja wohl auch zu Buche schlagen werden. Ein Umtausch wäre auf jeden Fall die deutlich bessere Idee gewesen.

Und, ja, so einen Prozess kann man natürlich nur führen, wenn man Rechtsschutz hat.