Vergreisung der Justiz

Obwohl alle Bürger einen Anspruch auf die Dienstleistung der Justiz haben, bricht die langsam aber sicher zusammen. 1.000 Angehörige werden sie im kommenden Jahr verlassen müssen. So beschrieb gestern der Vorsitzende des Bezirkspersonalrats beim Oberlandesgericht Köln (OLG) die aktuelle Situation.

Damit stellte sich Wolfgang Meyer „in einen offenen Widerspruch“ zum politischen Handeln der Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter und ihres Finanzkollegen Helmut Linssen, beide CDU. Der „Ausverkauf der Justiz“ besteht nach Meinung der Personalsratspraktiker darin, dass qualifiziertes Personal nach selbst 10-jähriger Zugehörigkeit die Behörden verlassen muss , auf der anderen Seite Rückstände und Missstände „schön geredet“ und „übertüncht“ werden: „Der Bereich der Büroorganisation wird weit über das Erträgliche abgebaut“.

Ähnlich reagierte gestern Rudi Olbers aus dem Bezirkspersonalrat des OLG Düsseldorf: „Bei uns geht es an die Substanz“. Kollegen hätten jahrelang vergeblich auf Verträge gewartet, werden nicht übernommen: „Die bekommen nicht einmal mehr einen Bankkredit“.

Aus Hamm, dem dritten nordrhein-westfälischen OLG-Bezirk meldete Heiner Sasse „prekären Stellenabbau, Aktenberge in den Gerichten und horrende Rückstände bei der Bearbeitung in mittlerweile allen Sparten der Justiz“. Die CDU/FDP-Regierungskoalition habe versprochen, die schlimmen Zustände der rot-grünen Vorgängerregierung zu mildern, davon sei nichts zu spüren. Im Gegenteil. Die Technik funktioniere nicht, neue PC-Programme zeigten Macken, deren Reparatur dauere oft monate- bis jahrelang.

Zudem werden, kritisierte Sasse, kaum noch junge Leute eingestellt. Das sei eine „Vergreisung der Justiz“. (pbd)

Datenschutz: Rüffel ist angekommen

Über ihren dubiosen Umgang mit Daten zeigt sich die Düsseldorfer Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Stadtreinung (Awista) jetzt zerknirscht. Zu dieser reuigen Einsicht ist sie aber erst nach einer Rüge der Landeauftragten für den Datenschutz gelangt. Die hatte, wie berichtet, das Unternehmen für eine Praxis kritisiert, die alltägliche Verstöße produzierte: Düsseldorfer Bürger, die Gegenstände für die Sperrmüll-Abfuhr anmeldeten, mussten sich zuvor als Kunden der Stadtwerke AG ausweisen.

Konnten sie das nicht, wurden sie „zum Zwecke der Identifizierung“ beispielsweise nach der Nummer des Stromzählers im Haushalt gefragt. Und bekamen erst danach einen Termin genannt oder eben keinen – obwohl sie einen Anspruch darauf haben. Die bisherige Rechtfertigung hieß: Die Stadtwerke AG, also der Stromversorger, ist Hauptgesellschafter der Awista. Die Datenschutzbeauftragte hatte allerdings eine Verquickung beider Datenbanken beanstandet: „Der gemeinsame Zugriff ist unzulässig!“

Dieser Rüffel ist bei beiden Unternehmen angekommen. Sie schaffen ein eigenständiges „Sperrgutsystem“. In dem sollen die Mitarbeiter datenschutzrechlich „intensiv geschult und sensibilisiert“ werden. Und künftig keine Fragen mehr stellen, die auch nur irgendwie im Zusammenhang mit Strombezug, – zählernummern oder sonstigen Stadtwerke-Daten stehen. (pbd)

Früherer Bericht

Zeugenschaftlich

Vorladung der Polizei:

Sehr geehrter Herr M., unter dem o.a. Aktenzeichen ist ein Ermittlungsverfahren gegen H. u.a. wegen Verdachts des Betrugs im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Aktien von P. Enterprises Inc. anhängig. H. war unter einem auf Ihren Namen registrierten Handy erreichbar.

Aus diesem Grund sollen Sie zeugenschaftlich vernommen werden.

Monika B., die ihre eigenen Kinder umgebracht haben soll, haben Sie damals auch als Zeugin vernommen, obwohl man sie längst der Tat verdächtigte. Dieser Fehler setzte ein schier endloses Revisionskarussell in Gang. An sich sollte sich spätestens seitdem herumgesprochen haben, dass es sich nicht lohnt, Beschuldigte erst mal als Zeugen zu „behandeln“.

Überdies weiß der Polizeibeamte, dass ich Herrn M. verteidige. Wenn er es so plump probiert, gehe ich zwanglos davon aus, dass er mich für eine Schnarchnase hält.

Alles erfasst

Das letzte Prepaid-Handy habe ich vor langer Zeit gekauft. Damals habe ich angegeben, Thomas Gottschalk zu heißen. Das trug der Verkäufer brav ins Formular ein. Gut war’s.

Heute war ich froh, meinen Personalausweis dabei zu haben. Ohne genaue Erfassung aller Daten gibt es nämlich keine SIM-Karte. Bis der Kundenberater meinen Personalausweis abgeschrieben hatte, vergingen gute fünf Minuten. Der Ausdruck irgendwelcher Papiere dauerte noch einmal so lange.

Dann vom „Service-Point“ zur Kasse. Die Dame dort scannte alle Formulare. Noch eine Unterschrift, dann durfte ich 14,99 € bezahlen und bin immer dran, wenn der demnächst Beschenkte mit dem Handy Scheiß macht. Zum Glück ist er gerade sieben Jahre alt, so dass ich mir nicht allzu große Sorgen mache.

Mit dem Mann am Service-Point habe ich übrigens noch diskutiert. Er wollte zunächst nicht akzeptieren, dass ich das Kleingedruckte streiche, mit dem ich den Anbieter ermächtige, alle meine Daten beliebig zu verwenden und mich insbesondere mit Werbung zuzuschütten. Eine Rückfrage beim Abteilungsleiter ergab aber, dass das o.k. ist. Wobei ja sogar im Kleingedruckten zum Kleingedruckten steht, dass die Klausel gestrichen werden kann, „sofern gewünscht“.

Aber um das noch lesen zu können, braucht man wirklich gute Augen.

Privatadressen aus dem Polizeicomputer?

Die Affäre um Angehörige der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die sich von Polizei-Anwärtern private Adressen und persönliche Daten beschafft haben sollen, um damit Versicherungspolicen zu verkaufen, weitet sich aus.

Wegen der Verstöße gegen den Datenschutz hatte die Sonderkommission der Essener Kriminalpolizei vor 4 Monaten zunächst bei einem GdP-Funktionär, vor wenigen Tagen bei drei weiteren Funktionären durchsucht. Das bestätigte gestern Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch auf Anfrage.

Die beschlagnahmten Unterlagen werden momentan ausgewertet. Die Funktionäre sollen für die Datensammlungen bereits Provisonen kassiert haben – von Versicherungen, an denen die GdP auch beteiligt ist. (pbd).

Kein Beweis

Der Beklagte bestreitet nicht, vom Kläger ein Darlehen erhalten zu haben. Er bestreitet aber, dass der Kläger ihm später noch mehr Geld geliehen hat. Der Klägeranwalt erwidert hierauf:

Es verbleibt dabei, dass der Kläger dem Beklagten auch die übrigen Geldbeträge darlehensweise gewährt hat. Dass der Kläger hierfür keinen Beweis antritt, liegt in der Natur der Sache und insbesondere darin begründet, dass bei Übergabe der Geldbeträge kein Zeuge zugegen war.

Der Klägeranwalt macht laut seiner Homepage schwerpunktmäßig Zivilrecht…

Direkt zum Kern

„Wenn Sie wegen Konkursverschleppung angeklagt sind, wie wollen Sie mich dann bezahlen?“

So zitiert ein Fast-Mandant, den ich wegen einer Terminkollision absagen musste, einen Kölner Kollegen. Den hatte er anschließend gefragt.

Schon Kunde

Heute Morgen gehe ich ausnahmsweise mal ans Telefon, den Apparat zu Hause. Hätte ich lieber lassen sollen, denn es meldet sich eine bemüht gutgelaunte Dame. Im Auftrag eines Telefonanbieters. Ich erkläre ihr, dass ich keine Werbeanrufe wünsche und frage, ob sie denn nicht weiß, dass Cold Calls verboten sind.

„Aber Sie sind doch bereits unser Kunde“, erwidert sie, jetzt schon etwas weniger lustig aufgelegt. „Sie telefonieren doch ab und zu über unsere preisgünstige Vorwahl.“

Manche* lernen es wohl nie.

* Es war nicht Arcor.

Heute was umsonst

Außer Gratiscontent gibt es heute im law blog heute noch was anderes kostenlos: Verlost werden fünf großformatige Anwaltskalender 2008. Gezeichnet hat sie der Karikaturist wulkan.

Weil Weihnachten schon so nah ist, machen wir es ganz einfach: Jeder, der einen Kommentar zu diesem Beitrag schreibt, nimmt an der Verlosung teil. Bitte E-Mail-Adresse angeben, damit ich die Gewinner nach ihrer Postanschrift fragen kann. Der Kalender wird dann zugesandt.

Berücksichtigt werden Kommentare, die bis Sonntag, 16. Dezember 2007, eingehen.

Wer nicht auf sein Glück vetraut, kann sich den Kalender für 19,90 Euro (zuzüglich 5,50 € Versand) bestellen. Telefonisch unter 0172 200 35 70. Oder per Mail: wulkan@arcor.de.

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Oh, eine Virenwarnung

Oh, eine Virenwarnung. Die Warnung bezog sich angeblich auf den Firmen-PC mit der Nr. 12. Das war für die Firma Anlass genug, sich mal die Festplatte des Mitarbeiters Meier vorzuknöpfen. Natürlich in dessen Abwesenheit. Fündig wurde sie im Ordner „Dokumente Meier“. Besonders interessant erschienen all jene Word-Dateien des Abteilungsleiters in dem privaten Ordner, die mit einem Passwort geschützt waren. Dass der Virenscanner wegen eines dieser Dokumente angeschlagen hat, behauptet der Arbeitgeber nicht.

Aber trotzdem war alles eilig. So sehr, dass der System-Administrator sich lieber aus dem Internet einen Passwortknacker für Word saugte, statt mal den Mitarbeiter anzusprechen. Mit dem Tool öffnete er heimlich alle Dokumente, las sie und legte sie dem Chef vor. Der freute sich. Denn Mitarbeiter Meier hatte sich kritische Notizen zum Arbeitsalltag gemacht, einige To-do-Listen verfasst und eine Bewerbungsstrategie entworfen. Daneben fanden sich auch tagebuchartige Notizen, die nicht nur freundliche Anmerkungen über Vorgesetzte und Kollegen enthielten.

Ein willkommener Grund für die fristlose Kündigung. Jedenfalls bis zum heutigen Termin vor dem Arbeitsgericht. Ich sagte nämlich einleitend etwas zu den Hackerparagrafen 202c, 202a des Strafgesetzbuches und begründete kurz, warum sich der Systemadministrator strafbar gemacht hat. Und dass man sich als Arbeitnehmer in so einer Situation durchaus überlegen könnte, ob ein Strafantrag Sinn macht. Zumal die Vorschriften ja erst seit dem 15. August gelten und der Sachverhalt für engagierte Staatsanwälte sicher interessant ist.

Nicht unbedingt ein Thema, mit dem die Arbeitgeberseite gerechnet hatte. Zumal ausgerechnet der Prokurist, der die Firma im Gerichtstermin vertrat, wohl selbst die EDV unter sich hat.

Von da waren es nur noch wenige Minuten bis zu einem vernünftigen Vergleich…

Stundenlang

Satellitenschüssel.

Gerade selbst eilig ein Schreiben getippt, in dem das Wort achtmal vorkommt. In fast ebenso vielen Varianten stand es dann da. Einige sind ganz witzig. Darüber hätten wir in der sechsten Klasse stundenlang gelacht.

In o.g. Art und Weise auffällig

Wer am Flughafen arbeiten will, wird auf seine Zuverlässigkeit überprüft (§ 7 Luftsicherheitsgesetz). Da liest der Betroffene dann, an seiner Zuverlässigkeit bestünden Zweifel. Denn, so erfährt der überraschte Adressat, er sei schon mal „wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten“:

Erkenntnisquelle: LKA NRW
Datum: 22. März 2007
Aktenzeichen: Unbekannt (StA Duisburg)
Delikt: Verstoß gegen das BtMG
Verfahrensausgang: Unbekannt

Man könnte ja denken, dass sich die Behörde hier zunächst bemüht, Auskunft darüber zu erhalten, was hinter dem Unbekannt / Unbekannt steckt. Dazu hat sie die Befugnis, bei den zuständigen Stellen nachzufragen. Aber nein, stattdessen wird der Antragsteller belehrt:

Die Tatsache, dass Sie in o.g. Art und Weise auffällig wurden, ist im Rahmen meiner Prüfung von sicherheitsrelevanter Bedeutung und könnte dazu führen, dass ich Ihre Zuverlässigkeit nicht bejahen kann.

Und weiter:

… gebe ich Ihnen vor meiner Entscheidung die Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

Traurig dabei ist, dass es sich vermutlich nur um Datenspuren handelt. Der Antragsteller ist mal im Rahmen eines Konzerts kontrolliert worden; seine Personalien wurden notiert. Seitdem hat er nie wieder von der Sache gehört. Das spricht dafür, dass das Ermittlungsverfahren, so es denn jemals eines gab, mangels Tatverdachts eingestellt worden ist.

Eine Platte

Die Polizei ist schnell bei der Hand, abgehörte Telefongespräche einseitig zu interpretieren. Selbst dann, wenn sich ansonsten rein gar nichts Verdächtiges in der Akte findet. Manchmal kann man hierzu mit wenigen Worten Stellung nehmen:

Auch die angebliche Äußerung des A., er habe W. noch eine Platte gebracht, ist kein Beleg für ein Drogengeschäft. Es gibt auch andere Platten, z.B. Kuchenplatten und Schallplatten.