Das Sommerloch im Winter

Die flächendeckende Katastrophe ist ausgeblieben. Trotzdem hat Daisy eine Katastrophe mitgebracht – für die Medien, welche die Schneehölle ausgerufen haben. Jörg Kachelmann fasst in einem Gastbeitrag für Stefan Niggemeier zusammen, was falsch gelaufen ist:

Wir haben gelernt, dass wir Hamsterkäufe machen sollen, wir wurden aber nicht gehindert, Autofahrten in die Schneeverwehungen zu machen. Dadurch bleiben in der Nacht viele Autofahrer an Straßenrändern liegen und werden nicht oder nur notdürftig versorgt. Die Autofahrer sind losgefahren, weil sie von 95% der Bevölkerung erfahren haben, dass Daisy nicht so schlimm sei. Zu viel(e) gewarnt ist so schlimm wie nicht gewarnt. Dafür gibt es Bilder eingeschlossener Autofahrer. Der DWD wird zufrieden feststellen, dass er schon immer gesagt hätte, dass es (irgendwo) schlimm würde. Es gibt Bilder von eingeschlossenen Autofahrern und verwehten Autobahnen. Der Weltuntergang, der meteorologisch nicht stattfand, wird durch die Hintertuer teileingeführt, weil man die Strassen einfach offen und Leute in die Schneewehen fahren lässt.

Dazu ein passender Leserkommentar zum Beitrag:

Wir saßen zu Beginn des Sponge-Bob-Alarms vor ein paar Tagen zusammen und haben in alten Familienfotos aus den Fünfzigern gestöbert. Als wir die Winterfotos von Männern sahen, die einem Postbus und dem Milchauto den Weg frei schaufelten, links und rechts türmten sich etwa 1,20 Meter mittelgebirgischer Schnee, kannte unsere Belustigung über die 10-Zentimeter-Schneewarnung des DWD keine Grenzen mehr. Auch meine Kindheitserinnerungen sagen mir, dass selbst bei 30 Zentimeter Neuschnee innerhalb weniger Stunden kein Mensch durchdreht. Aber das beste war der Blick in die alte Fotokiste. Lachende Männergesichter mit Schaufeln und Mützen. Jemand reichte von rechts eine Thermoskanne ins Bild. Die Relativierung von frisch angesagten „Katastrophen” liegt oft in einer Schuhschachtel und wartet darauf, wieder mal entdeckt zu werden.