Die eigene Abschiebung nicht gefördert

Mein Mandant ist afrikanischer Herkunft. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er kann aber nicht in seine Heimat abgeschoben werden, weil ihm kein Land einen Pass ausstellt. Zunächst hat die Botschaft Sierra Leones abgewinkt. Mein Mandant gibt an, aus Sierra Leone zu stammen.

Später wurde er so gut wie zu jeder afrikanischen Botschaft in Deutschland gefahren. Seltsamerweise fand sich kein Land, das ihn als Staatsbürger akzeptieren wollte. Womit ihm also zumindest nicht nachzuweisen ist, dass er nicht aus Sierra Leone stammt.

Das hindert das Amtsgericht aber nicht, gegen meinen Mandanten einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 600,00 € zu erlassen. Wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz. Der Tatvorwurf: Mein Mandant habe keine zumutbaren Anstrengungen unternommen, um im Rahmen seiner, so wörtlich „Mitwirkungs- und Initiatvipflicht die Feststellungen der sierreleonischen Botschaft zu widerlegen und insoweit die für eine Abschiebung erforderliche Passbeschaffung zu fördern“.

Es wird interessant werden, welche Handlungen denn von meinem Mandanten im Rahmen seiner Initiativpflicht erwartet werden, um die Botschaft seines Heimatlandes davon zu überzeugen, dass er doch aus Sierra Leone kommt. Soll er den zuständigen Sachbearbeiter schütteln? Oder ihn bestechen? Einen Hungerstreik vor der Botschaft beginnen? Diplomaten als Geiseln nehmen?

Sehr freundlich ist auch, dass das Gericht meinem Mandanten gestattet, die Strafe in monatlichen Raten von 100,00 € zu zahlen. Das wird ihm allerdings auch nicht leicht fallen. Er kriegt vom Staat 1,91 € Taschengeld – pro Woche. Aber vielleicht nimmt die Justizkasse ja auch Lebensmittelgutscheine, und ich weiß es nur nicht.