Nutzungsausfall für beschlagnahmte Computer

Kaum eine Hausdurchsuchung, bei der nicht der Computer des Betroffenen mitgenommen wird. Sehr viele Hausdurchsuchungen stellen sich nachträglich als rechtswidrig heraus. Oder das Verfahren wird mangels Tatverdachts eingestellt. Die Polizei kommt bundesweit mit der Auswertung beschlagnahmter Computer nicht nach. Betroffene müssen oft monatelang, manchmal sogar bis zu ein Jahr auf ihre Hardware warten. Nun könnten ergebnislose und vor allem lange Untersuchungen für die Justiz zumindest im Geldbeutel spürbar werden: Das Oberlandesgericht München hat einen Schadensersatzanspruch für den Entzug eines privaten Computers bejaht.

Auf „Nutzungsausfall“ geklagt hatte eine Frau, bei der ein Computer und ein Laptop beschlagnahmt wurden. Da ihr Antrag zunächst abgewiesen wurde, verlangte sie vom Oberlandesgericht München Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen den Staat. Erfolgreich. Die Richter stellten sich die Frage, ob ein internetfähiger Computer heute ein Lebensgut darstellt, „dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist“. Nur für so wesentliche Güter gibt es Schadensersatz. Bisher zählten dazu für die Wohnung Möbel, Kühlschrank, Herd und Fernseher.

Zum Computer stellen die Richter fest:

Angesichts der zunehmenden Bedeutung, die die Nutzung eines Computers in Privathaushalten hat, hält es der Senat zumindest für diskutabel, dass die ständige Verfügbarkeit eines solchen Gerätes mittlerweile zum notwendigen Lebensbedarf gehört. Maßgebliche Aspekte sind hierbei der hohe Grad der Verbreitung, vor allem aber die ständig zunehmende Internet-Nutzung im privaten Alltag, sei es zur Informationsbeschaffung, zur Kommunikation, zur Abwicklung von Geschäften oder als Unterhaltungsmediumdie in aller Regel einen Computer erfordert.

Allerdings reiche auch ein Computer aus. Die monatliche Miete für einen Computer schätzt das Gericht auf immerhin brutto 200,00 €. Der Antragstellerin, die sich kein Gerät gemietet hatte, stehen hiervon 40 % als „Kompensation“ zu, allerdings nur vom Nettobetrag. Für jeden Tag kommt das Gericht auf 2,30 € Schadensersatz. Da die Frau 77 Tage keinen Computer hatte, würde sie 177,00 € bekommen.

Mit der vom Oberlandesgericht bewilligten Prozesskostenhilfe kann die Betroffene nun klagen.

(Oberlandesgericht München, Beschluss vom 23. März 2010, 1 W 2689/09)