Wird überdacht werden

Der Staatsanwalt ist angepisst. Ich habe es gewagt, gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Einspruch einzulegen. Zu allem Überfluss habe ich den Einspruch auch noch begründet und Schritt für Schritt dargelegt, warum mein Mandant sich nicht strafbar gemacht hat. Oder ihm eine Straftat zumindest nicht nachzuweisen ist.

Die Argumente haben den Richter immerhin veranlasst, eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft einzuholen. Die vorgeschlagene Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld lehnt der Anklagevertreter jedoch brüsk ab. Stattdessen holt er, ohne Argumente in der Sache, zum Gegenschlag aus:

Bei näherer Betrachtung war es zum vorliegenden Fall schon kaum vertretbar, im Strafbefehlsantrag nur die Mindeststrafe zu verhängen. Dies wird mit Sicherheit in der anzuberaumenden Hauptverhandlung überdacht werden.

Was sagt uns das?

Zunächst staune ich über das offene Eingeständnis, dass der Ankläger bislang offenbar nicht so genau in die Akte geschaut oder dabei zumindest nicht genug verstanden hat. Auch wenn ich nicht so ganz sehe, wie eine nähere Betrachtung ausgerechnet dazu führen soll, dass mein Mandant (noch) härter zu bestrafen ist. So schlecht sind meine Argumente nun auch wieder nicht.

Wobei sich das auch daran zeigt, dass offen gedroht wird: Es könnte ja noch schlimmer kommen. Das ist nach dem Buchstaben des Gesetzes zwar richtig; in der Hauptverhandlung ist das Gericht nicht mehr an den Strafbefehl gebunden. Andererseits kommt die Drohung von eben jenem Staatsanwalt, der den Strafbefehl für das Gericht erst vor kurzem vorformuliert hat. Was ja nichts anderes heißt, als dass sein eigener Vorschlag dann „mit Sicherheit“ Schrott gewesen wäre.

Insgesamt also eine inhaltsleere Drohgebärde. Das ist ziemlich unprofessionell. Ich werde mich gerne daran erinnern, wenn mir mal wieder vorgeworfen wird, Verteidiger würden nur tricksen, tarnen und täuschen. Offensichtlich sind wir damit zumindest nicht allein.