Ich nehme mir ein Recht

Als Googles Street View freigeschaltet wurde, habe ich mich spontan geärgert. Die Straße, in der ich wohne, sieht auf Street View so aus:


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Nur ein Haus ist vermummt. Die Golzheimer Straße 128 in Düsseldorf.

Da wohne ich.

Eine oder mehrere Parteien aus dem Haus haben also bei Street View widersprochen. Das war ihr Recht, welches ihnen Google unter erheblichem Druck zugestanden hat, obwohl es juristisch nicht notwendig war.

Ich will jetzt nicht das Pro und Contra Street View auswalzen, sondern auf einen anderen Aspekt hinweisen: den Verlust des demokratischen Prinzips in der Hausgemeinschaft. Wer auch immer für das Haus widersprochen hat, hielt es nicht für erforderlich, seine Mitbewohner zu fragen, was diese denn davon halten. Kein Tagesordnungspunkt auf der Eigentümerversammlung, kein Aushang am Schwarzen Brett im Treppenhaus, kein persönliches Wort. Irgendjemand knipst die Golzheimer Straße 128 in Düsseldorf aus dem Internet – und seine Nachbarn, obwohl hiervon nun selbst betroffen, wissen noch nicht mal warum.

Vielleicht hätte ja ein Gespräch gereicht, um die Bedenken des Bedenkenträgers zu zerstreuen. Mutmaßte er vielleicht, Street View sei so eine Art Webcam und jeder kann nun in sein Zimmer gucken, wenn er die Vorhänge aufzieht? Oder verschreckten ihn die diffusen, teilweise grotesken Ängste vor dem Datenmonster Google, die Ilse Aigner, Thilo Weichert und viele andere mehr zur besten Sendezeit im Fernsehen artikulieren durften?

Man hätte das ja mal besprechen können. So wie die Eigentümer ja auch darüber sprechen, ob das Treppenhaus saniert oder das Dach erneuert wird. Alles Aktionen der letzten Jahre. Bei denen saßen wir auch mit der Verwaltung an einem Tisch. Es gab durchaus Meinungsverschiedenheiten (und Abstimmungen). Aber nichts hat dazu geführt, dass man sich bei einer Begegnung im Treppenhaus nicht mehr grüßt…

Wie das heute so ist, kenne ich meine Nachbarn nicht näher. Jedoch würde ich von keinem annehmen, dass er so bräsig ist, vor dem Absenden des Widerspruchs nicht mal einen Gedanken daran zu verschwenden, was wohl seine Nachbarn von der Aktion halten. Statt aber kurz Bescheid zu sagen und sich vielleicht sogar einer Diskussion zu stellen, werden vollendete Tatsachen geschaffen. Aus dem Hinterhalt. Und anonym. Das ist zwar formal nicht zu beanstanden. Aber trotzdem feige.

Das verstimmt mich nicht nur diffus, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Mir gehört nicht nur eine Wohnung in dem Haus. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Vermietungschancen durch die Verpixelung des Objekts sinken. Weil Mietinteressenten natürlich Street View nutzen, wenn sie nach Düsseldorf ziehen wollen. Aber auch weil die vermummte Fassade jedenfalls für mich als Wohnungssuchenden ein Warnsignal wäre: Vorsicht, da leben empfindliche Gestalten; Ärger programmiert?

Vor diesem Hintergrund nehme ich mir heute auch mal ein Recht. Das auf Panoramafreiheit. Ein Recht, für das in der deutschen Geschichte gekämpft wurde. Ich zeige nun also heute, einfach mal so, weil es mir Spaß macht, mein Wohnhaus in aller Öffentlichkeit:


(Golzheimer Straße 128, 40476 Düsseldorf. Foto für private und kommerzielle Nutzung frei)

Auf Panaramio habe ich das Bild auch mal hochgeladen. Falls Bedenkenträger aus dem Haus nun hierüber aus den Löchern kriechen und mit mir diskutieren möchten, sage ich schon jetzt ganz gepflegt: F… o.. .