Abschreiben ist auch ein Fall für den Staatsanwalt

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch immer nicht dasselbe, weiß der Volksmund. Wenn der Volksmund recht hat, geziemt dem Knecht offenbar noch lange nicht, was dem Herrn gefällt. Und in diesem Vergleich wäre (der erst gestern einsichtige) Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg der Herr gewesen – Andreas K., ehemaliger Spitzenpolitiker der CDU in Lippe der Knecht.

K. war, ebenso wie der Bundesminister, ein Student der Rechtswissenschaften. Er reichte vor sieben Jahren der Universität Göttingen eine Doktorarbeit ein, begann nahezu gleichzeitig seine politische Karriere im benachbarten Nordrhein-Westfalen und wurde im Sommer vor drei Jahren zum Vorsteher des Landesverbandes Lippe gewählt.

Dann stolperte Aufsteiger K. über seine Dissertation. Ein Rechtsanwalt hatte ihn bei der Staatsanwaltschaft Göttingen angezeigt. Die Strafverfolger reagierten rigoros. Gleich 11 Passagen „aus verschiedenen Werken“ habe K. „bewusst und gewollt als eigene geistige Leistung“ in seiner vermeitnlich wissenschaftlichen Arbeit ausgegeben.

„Bei diesem Umfang“, sagte gestern der Göttinger Staatsanwalt Andreas Buick, habe man „sofort öffentliches Interesse“ bei den Ermittlungen unterstellt und auf ansonsten notwendige Strafanträge der düpierten Urheber verzichtet.

Das Ergebnis waren ein Strafbefehl sowie eine weitere Geldbuße, die K. akzeptierte. Dem „voll Geständigen“ hatten die Strafverfolger in Ostwestfalen nämlich noch geistigen Diebstahl aus anderen „literarischen Werken“ nachweisen können, wie es der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Braun gestern formulierte.

Der Doktortitel wurde K. – wie ja auch Karl-Theodor zu Guttenberg – aberkannt. Allerdings hatte das für K. auch direkte berufliche Folgen. Dabei ging die Initiative vom Arbeitgeber aus. Vor knapp einem Jahr wurde er als Vorsteher der lippischen Landesverbandsversammlung einstimmig abgewählt.

Kurz danach berichtete eine knappe Pressemitteilung: „K. hat gegenüber dem Ministerium und dem Landesverband Lippe schriftlich erklärt, dass er darauf verzichtet, Rechtsmittel gegen die Abberufungsverfügung einzulegen. Damit ist der Weg für das Ausschreibungsverfahren für eine/n neue/n Landesverbandsvorsteher/in frei“. (pbd)