Eine Berufung scheidet aus…

Was sind die Beweggründe der Staatsanwaltschaft Mannheim, im Verfahren gegen Jörg Kachelmann Revision einzulegen? Im Gespräch mit Focus online äußert Jura-Professorin Monika Frommel ihre Ansichten. Unter anderem sagt sie:

Eine Berufung scheidet ohnehin aus, weil die Staatsanwaltschaft dann neue Beweise vorlegen müsste.

Diese Erwägung ist, nun ja, etwas neben der Spur. Wenn die Strafkammer am Landgericht wie im Fall Kachelmann in erster Instanz geurteilt hat, gibt es keine Berufung. Das einzig mögliche Rechtsmittel ist die Revision zum Bundesgerichtshof.

Eine Berufung wäre nur möglich, wenn das Amtsgericht gegen Jörg Kachelmann verhandelt hätte. Hat es aber nicht.

Die Äußerung der Juristin offenbart eines der großen Rätsel der Strafprozessordnung. Bei harmloseren Anklagen, die am Amtsgericht verhandelt werden, hat der Angeklagte zwei Rechtsmittel. Die schon erwähnte Berufung, über die dann tatsächlich das Landgericht entscheidet. Und dann die Revision gegen die Berufungsentscheidung des Landgerichts, die am Oberlandesgericht verhandelt wird.

Wer wegen einer schwereren Straftat direkt am Landgericht angeklagt wird, kann dagegen nur in Revision gehen. Die Frage einer Berufung stellt sich im Fall Kachelmann also nicht.

Auch der Hinweis Frommels, wonach eine Berufung zwingend neuer Beweismittel bedarf, ist so nicht richtig. Weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte sind gezwungen, neue Beweismittel zu nennen. Die Sache muss bei fristgerecht eingelegter Berufung immer neu verhandelt werden, so weit das Urteil angefochten wurde. Nur bei Bagatelldelikten (Geldstrafe bis 15 Tagessätze) hat das Landgericht die Möglichkeit, die Berufung ohne Hauptverhandlung zu verwerfen.

Ich halte es übrigens für sehr wahrscheinlich, dass der Interviewer nichts verstanden und/oder einiges durcheinander geworfen hat.