Minister bietet Richterin “Nachhilfe”

Persönliche Post von unzufriedenen Innenministern bekommen Amtsrichter eher selten. Das ist auch gut so, denn Urteilsschelte mit persönlicher Anrede, verbunden mit gönnerhaften Angeboten könnte als Druck “von oben” angesehen werden. So was verträgt sich schlecht mit der richterlichen Unabhängigkeit. Der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Schlie hat diese Vorgaben nun missachtet – er rüfftelte eine Elmshorner Amtsrichterin in einem quasi-offenen Brief.

Die Richterin hatte einen Polizisten wegen des Einsatzes von Pfefferspray wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Obwohl die Entscheidung nicht rechtskräftig ist und noch nicht mal die Urteilsgründe vorliegen, schrieb der Innenminister die Richterin an und äußerte Unverständnis über das Urteil.

Schlie merkt an, Polizisten seien immer häufiger mit gefährlichen Situationen konfrontiert, in denen sie sekundenschnell entscheiden müssten. Ob und welche Mittel zum Einsatz kämen, könnten nur die Beamten selbst entscheiden. Im Kern spricht Schlie der Richterin das Recht und wohl auch die Fähigkeit ab, über den Sachverhalt zu urteilen. Gönnerhaft lädt er sie zu einer Nachtfahrt mit Beamten ein, damt sie sich selbst mal ein Bild von den Belastungen machen kann.

Opposition, eine Richtervereinigung und sogar der Justizminister sind nicht glücklich mit dem Brief des Innenministers, berichtet shz.de. Zu recht, denn so ein Brief ist ein dreister Versuch, eine Richterin einzuschüchtern nach dem Motto: Wir haben dich im Blick.

Schon vom Ansatz her sind die Ausführungen des Ministers (nachzulesen hier) verfehlt. Es ist die Aufgabe einer Strafrichterin, bestimmte Lebenssachverhalte zu beurteilen. Wenn sie es mit der Anklage gegen eine Polizisten zu tun hat, gilt das auch und uneingeschränkt für die Arbeit des Polizisten. Der Richterin hier mangelnde Fähigkeit oder Einsicht zu unterstellen und ihr eine nächtliche Streifenfahrt anzudienen, ist schon deswegen ein Affront, weil noch nicht mal die Urteilsgründe vorliegen.

Sicher hat auch in Innenminister das Recht, Urteile zu kritisieren – sobald sie inhaltlich bekannt sind. Aber darauf wollte Schlie nicht warten. Überdies missachtet der Minister auch grob jede Etikette. So hat er die Richterin nicht nur unter Namensnennung angeschrieben, sondern Kopien dieses Schreibens auch noch “den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landespolizei” zugesandt.

Dass hier gegen die Richterin ein Pranger aufgemacht wird, wiegt nach meiner Meinung sogar noch schwerer als die verbale Fehlleistung des Innenministers. Und das gilt unabhängig davon, ob das Urteil in weiteren Instanzen Bestand haben wird.

Nachtrag: Der Justizminister schreibt dem Innenminister