Das Ziel der Berufung

Es kommt schon mal vor, dass sich Vorsitzende Richter am Landgericht wissen wollen, was mit einem Rechtsmittel bezweckt wird. Vor mir auf dem Schreibtisch liegt wieder so ein Schreiben:

… wird nach dem Ziel der Berufung gefragt.

Natürlich steckt dahinter nicht nur Wissbegier. Vielmehr kommt gleichzeitig ein klares Signal. Der Richter sieht nach Aktenlage wenig Spielraum für eine mildere Strafe. Ist ja schon mal nett, wenn man vorher weiß, wo man dran ist.

Andererseits gibt es noch andere Gründe, die Rechtsmittel auszuschöpfen. Zeitgewinn zum Beispiel. Wobei jeder Monat, der ins Land geht, meist der Lebensplanung des Angeklagten entgegenkommt – auch wenn es bei rationaler Betrachtung vielleicht oft besser wäre, eine Haftstrafe ohne Bewährung direkt hinter sich zu bringen.

Aber die reine Wartezeit bis zur Verhandlung kann sich auch als solche strafmildernd auswirken. Die Verfahrensdauer ist immer ein Kriterium. Das Verfahren belastet den Angeklagten. Schon deshalb sind Gerichte verpflichtet, zügig zu arbeiten. Was bekanntermaßen nur selten gelingt. Gerade Landgerichte brauchen mitunter seeeeehr lange, um Berufungen gegen Urteile des Amtsgerichts zu entscheiden.

So deutlich kann ich das mit dem Zeitaspekt allerdings nicht schreiben. Sonst habe ich kurzfristig die Ladung für übernächste Woche im Briefkasten. Ich belasse es deshalb wie üblich bei meinem Standardsatz, dass der Angeklagte auf Freispruch, jedenfalls aber auf ein milderes Urteil hofft. Über Einzelheiten reden wir dann im Gerichtssaal. Im Frühjahr 2013, schätze ich mal.