Ein paar Worte zu viel

Der deutsche Anwalt des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat sein Mandat niedergelegt. Michael Hubertus von Sprenger möchte für Erdogan nicht mehr arbeiten, weil er dessen Nazi-Vergleiche nicht mehr erträgt. Von Sprenger erklärte laut meedia.de, sein Vater sei im Nationalsozialismus verfolgt worden, ihm habe sogar Konzentrationslager gedroht.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich der Anwalt einen Gefallen tut. Damit meine ich nicht die Mandatsniederlegung an sich. Ein Anwalt ist zur Kündigung des Mandats selbst gegenüber einem Präsidenten berechtigt, und das auch ohne Grund. (Mit der Einschränkung, dass die Kündigung nicht zur „Unzeit“ erfolgen darf, zum Beispiel am Morgen eines wichtigen Verhandlungstermins.) Sorgen könnte von Sprenger aber der Umstand bescheren, dass er öffentlich die Gründe für seinen Ausstieg benennt.

Stichwort: anwaltliche Schweigepflicht. Die Schweigepflicht ist in der Bundesrechtsanwaltsordnung so definiert:

Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Grundsätzlich muss der Anwalt also über sein Mandat schweigen. Und das eisern. Die Enttäuschung von Sprengers über seinen Mandanten ist wohl keine „offenkundige“ Tatsache. Denn das Gefühlsleben des Anwalts in Bezug auf den Mandanten, mit dem er seinen Rückzug begründet, kennen wir ja erst seit seiner Äußerung. Sonst könnten wir nur darüber spekulieren, warum er nicht weiter macht.

Ebenso lässt sich fragen, ob von Sprengers Angaben tatsächlich „keiner Geheimhaltung bedürfen“. Wenn sich der eigene Anwalt mit solchen Gründen öffentlich vom Mandanten distanziert, wirft das in jedem Fall ein schlechtes Licht auf den Mandanten. Ob zu Recht oder Unrecht, darauf kommt es überhaupt nicht an. Ein Geheimhaltungsbedürfnis wird also kaum zu verneinen sein. Denn die Geheimhaltung dient ja dazu, Schaden vom Mandanten abzuwenden. Ich meine jedenfalls, dass von Sprenger besser gar nichts gesagt hätte. Wobei ich mal unterstelle, dass er Erdogan vor seinen Äußerungen nicht gefragt und dessen Einverständnis bekommen hat.

Genau darin liegt mutmaßlich auch das juristische Risiko. Erdogan ist als klagefreudig bekannt. Ob er neben den Gerichten auch noch eine deutsche Anwaltskammer beschäftigt, dürfte für ihn kaum eine Rolle spielen.