Der Krieg nach dem Kampf

Als Anwalt sollte man sich eigentlich freuen, wenn der Mandant freigesprochen wird. Oder wenn das Gericht das Verfahren einstellt, wobei die Staatskasse die gesamten Kosten trägt. Auf der anderen Seite beginnt danach oft genug etwas, was ich einen Krieg nach dem Kampf nennen möchte. Es geht um die beharrliche Neigung vieler sogenannter Bezirksrevisoren, das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz extrem kleinlich auszulegen.

Dabei setzen die zuständigen Damen und Herren natürlich auch auf den Effekt, dass sie als Beamte alimentiert werden, wogegen der Anwalt den Streit um gestrichene oder reduzierte Kostenpauschalen, Fahrtkosten, die richtige Höhe der Verfahrensgebühren etc. erst mal mit Arbeitszeit unterfüttern muss, die er ansonsten womöglich besser bezahlt bekäme.

Ich habe vor langer Zeit beschlossen, zumindest echten Kriegserklärungen ( = wirklich hanebüchene Auslegungen des Vergütungsgesetzes) nicht deshalb aus dem Weg zu gehen, weil es vielleicht „nur“ um 94,30 Euro geht. Oder auch mal nur um 12 Euro. Wobei wir beim aktuellen Fall wären.

Thema war die sogenannte Aktenversendungspauschale. Diesen Betrag muss der Verteidiger an die Staatskasse zahlen, wenn er sich die Ermittlungsakte für die Akteneinsicht zusenden lassen will. Es gibt hunderte Gerichtsentscheidungen zu Einzelfragen. An sich dachte ich, dass da nichts mehr kommen kann (außer, dass sich ein Kostenbeamter schlicht nicht an die Präzedenzurteile hält). Aber vor kurzem wurde ich eines Besseren belehrt.

Der Bezirksrevisor beim Amtsgericht Köln wollte mir die 12 Euro nicht gönnen. Mit folgender Argumentation:

Unzweifelhaft ist eine Akteneinsicht des Verteidigers notwendig. Für die Einsicht vor Ort werden von dem Anwalt keine Kosten erhoben. (Die Aktenversendungspauschele) entsteht nicht, wenn die Akten innerhalb desselben Gerichts in ein Fach zur Abholung durch den Anwalt gelegt werden. … Ein örtlicher Verteidiger erhält weder bei einer Akteneinsicht vor Ort noch bei einer Abholung der Akten Ersatz seiner Reisekosten. Dienst die mit Kosten verbundene Übersendung der Arbeitserleichterung des Anwalts, sind solche Kosten keine zur Erfüllung des Mandantenauftrags Erforderlichen, also keine Aufwendungen.

Übersetzt heißt das: Weil in Köln eine (sicher überschaubare) Zahl von Anwälten sich die Post in ein Fach einlegen lässt und dies für sie kostenlos ist, müssen andere Anwälte – egal aus welchem Ort – sich halt auch ein solches Postfach besorgen. Oder eben die Aktenübersendung aus eigener Tasche bezahlen.

Das Amtsgericht Köln folgt dieser Argumentation allerdings nicht:

Nach hiesiger Auffassung wäre es auch einem in Köln und somit am Prozessgericht ansässigen Rechtsanwalt nicht zumutbar, für jede Akteneinsicht die Akte am Prozessgericht abzuholen oder sie dort einzusehen. (Somit kann dies einem außerhalb des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt erst recht nicht zugemutet werden.)

Ich will jetzt nicht lamentieren, wie viel Zeit, Personal- und Materialkosten sowie Porto mich dieser Streit um 12 Euro gekostet hat. Es ist mir vielmehr eine Freude, dass der betreffende Kostenbeamte sich jetzt nach einer noch abenteuerlichen Begründung umsehen muss. Dafür zahle ich gerne drauf (Aktenzeichen 540 Ds 161/15).