Im Zweifel gegen den Angeklagten

Der Sänger Xavier Naidoo darf nicht als Antisemit bezeichnet werden. Das Landgericht Regensburg untersagte einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung entsprechende Behauptungen.

„Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar“, soll die Referentin gesagt haben. Die Richterin hielt diesen Vorwurf für nicht ausreichend belegt, wie etwa bei der FAZ nachzulesen ist.

Es geht mir hier gar nicht um die innere Haltung Naidoos, über diese weiß ich zu wenig. Interessant finde ich das Urteil trotzdem, denn es zeigt in schöner Deutlichkeit: Wer Negatives – im Sinne einer Tatsache – über andere behauptet, muss diese Behauptung im Zweifel beweisen. Gelingt dies nicht, ist die Äußerung halt nicht erlaubt.

Gleiches gilt auch im Bereich des Strafrechts, beim sogenannten Ehrenschutz. Man braucht nur § 186 StGB (üble Nachrede) aufmerksam zu lesen:

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe … Geldstrafe bestraft.

Auch hier hat der Angeklagte das Gericht also im Zweifel zu überzeugen, dass die behauptete Tatsache wahr ist. Wohlgemerkt: Der Angeklagte muss den Beweis erbringen, das Gericht muss den Beweis nicht von Amts wegen suchen. Bleiben Bedenken, gilt hier auch nicht der Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten. Gerade bei Tatsachenbehauptungen („B. ist ein ebay-Betrüger und vorbestraft“, „J. ist ein Pädophiler“) muss man demgemäß stets damit rechnen, nach der Aussage in die Verlegenheit zu kommen, diese auch zu belegen.

Wer das dann nicht kann, kippt hintenüber.