Die AfD hat eine gute Idee

Wer als Anwalt zumindest ab und zu Verfassungsbeschwerden für seine Mandanten formuliert, kennt das Gefühl einer gewissen Leere im Bauch, wenn die sorgfältig ausgearbeitete Verfassungsbeschwerde nicht mal zur Entscheidung angenommen wird. Richtig schlimm ist es allerdings gerade für den Mandanten, wie dies geschieht. Die Richter in Karlsruhe verlieren nämlich in aller Regel kein Wort zur Sache. Der Antragsteller bleibt völlig im Unklaren, warum ausgerechnet seine Beschwerde nicht mal für eine nähere juristische Prüfung taugt.

Mit einem Einzeiler ohne jeden Sachbezug abgebürstet zu werden, das ist weiß Gott nicht jedermanns Sache. Auch wenn ich es jetzt nicht sonderlich gerne mache, muss ich in diesem Zusammenhang die AfD loben. Deren Bundestagsfraktion weist in einem aktuellen Gesetzentwurf nämlich drauf hin, dass die Begründungspflicht für Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts über die Jahrzehnte immer mehr ausgehöhlt wurde und mittlerweile bei null angekommen ist.

Völlig zu Recht sieht die AfD hierin ein Defizit, denn es ist eines Rechtsstaats in der Tat unwürdig, wenn gerichtliche Entscheidungen zwar ergehen, aber nicht mal ein Wort zu ihrer Begründung gesagt werden muss. Dies gilt umso mehr, als der Wegfall jedweder Begründungspflichten offiziell ja nur einen einzigen Grund hat und hatte: Arbeitsersparnis für das angeblich so stark belastete Verfassungsgericht.

Insofern ist es wirklich keine schlechte Idee, mal wieder über eine Begründungspflicht für die Nichtannahme von Verfassungsbeschwerden nachzudenken. Ein paar einzelfallbezogene Sätze, warum es halt nicht gereicht hat, wären durchaus Balsam auf die Seelen unzähliger Beschwerdeführer (und natürlich auch auf die ihrer Anwälte). Natürlich lässt sich dem AfD-Antrag deutlich entnehmen, dass es der Fraktion selbst um etwas anderes geht, nämlich das vermeintlich ungerechtfertigte Abbügeln politisch „unbequemer“ Verfassungsbeschwerden durch eine stillschweigende Koalition von Politik und Verfassungsgericht.

Das ändert aber nichts daran, dass die Begründungspflicht natürlich insgesamt kein Rückschritt, sondern ein Fortschritt wäre. Die paar Euro Mehrkosten wären wahrscheinlich gut angelegtes Geld, wenn man was gegen Staatsverdrossenheit unternehmen will, von der ja interessanterweise wiederum die AfD profitiert.