Ein Urteil für Knastis – und ihre Bewacher

Verantwortliche Mitarbeiter in Justizvollzugsanstalten, aber auch Gefangene dürften heute aufatmen. Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil gegen Abteilungsleiter von hessischen Gefängnissen aufgehoben, die einem verurteilten Straftäter Ausgang gewährt hatten. Beim letzten dieser Ausgänge hatte der Mann mit dem Auto eine Frau totgefahren.

Dafür sollten nun wiederum auch die Knast-Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen werden mit der Begründung, ohne Freigang hätte es den Unfall nicht gegeben. Tatsächlich verurteilte das Landgericht Limburg auf diese schon argumentativ höchst gewagte Anklage die Gefängnis-Mitarbeiter zu Bewährungsstrafen.

So geht es aber nicht, meint der Bundesgerichtshof. Die für den Freigang Verantwortlichen hätten bei der Entscheidung über die Haftlockerungen ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Grundsätzlich müssten sie abwägen zwischen der Sicherheit der Allgemeinheit und dem grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse eines Strafgefangenen. Dabei seien aber keine Fehler feststellbar. Insbesondere sei dem Gefangenen auch zur Auflage gemacht worden, keine Fahrzeuge zu führen (er war wegen vieler Verkehrsdelikte in Haft).

Mit anderen Worten: Eine rechtmäßig gewährte Vollzugslockerung wird nicht dadurch unrechtmäßig, bloß weil der Gefangene die Lockerung für eine Straftat nutzt.

Ob Kontroll- und Überwachungspflichten ausreichend erfüllt wurden, musste der Bundesgerichtshof nicht entscheiden. In dem Fall war es nämlich so, dass der Gefangene mit dem Auto vor einer Polizeikontrolle flüchtete, sogar noch nachdem sein Auto von der Polizei gerammt wurde. Er fuhr auf der Gegenspur als Geisterfahrer weiter und stieß dort mit zwei Autos zusammen; eine 21-jährige Frau kam ums Leben. Deswegen wurde der Mann wegen gemeingefährlichen Mordes rechtskräftig verurteilt.

So ein Geschehensablauf liege „außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung“, heißt es aus Karlsruhe. Damit hätten die Justizmitarbeiter weder rechnen können noch müssen. Die Vorhersehbarkeit ist aber Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Fahrlässigkeit (Aktenzeichen 2 StR 557/18).