Falsch adressiert

Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Neudeutsch: Shit happens. Davon bleiben mitunter auch Staatsanwaltschaften nicht verschont, wobei des einen Leid natürlich des anderen Freud ist. Das gilt insbesondere für meinen Mandanten, denn der hat jetzt – hoffentlich – ein ziemlich heftiges Strafverfahren vom Hals.

Gut, allzu viel Mühe hat sich die Staatsanwaltschaft von Anfang an nicht gegeben. Jedenfalls nicht genug, um vor den Augen der zuständigen Amtsrichterin zu bestehen. Die Richterin lehnte es nämlich ab, die von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage zuzulassen. Sprechen wir mal von gravierenden handwerklichen Mängeln, welche die Richterin penibel sezierte.

Die Staatsanwaltschaft hätte die schon vorab mehrfach geäußerte Kritik der Richterin aufgreifen und nachbessern können. Stattdessen schaltete sie auf stur und legte – innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Wochenfrist – gegen die Nichteröffnung den vorgesehenen Rechtsbehelf ein. Das ist die sofortige Beschwerde ein. Das sah so aus:

Das klingt erst mal gut, hat aber einen Schönheitsfehler. Der Fehler findet sich in § 306 StPO, der über § 311 StPO auch für die sofortige Beschwerde gilt:

Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

Angefochten ist der Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts. Das Landgericht, an welche der Rechtsbehelf geschickt wurde, ist das Beschwerdegericht. Mit anderen Worten: Die Staatsanwaltschaft hat die Beschwerde ans falsche Gericht geschickt. Gemerkt hat man es, wenn überhaupt, erst laaaaange nach Ablauf der Wochenfrist. Folge: Die Frist ist versäumt, der Nichteröffnungsbeschluss somit wirksam.

Das wiederum hat zur Folge, dass die Anklage praktisch mausetot ist. Sie dürfte nämlich nur neu erhoben werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel auftauchen (§ 211 StPO). Das jedoch wird bei dem Fall kein Schlupfloch sein, da ohnehin alles auf dem Tisch liegt. Wollen wir spekulieren, wie die Dienstbesprechung bei der Staatsanwaltschaft ausfällt, in der dieses Debakel intern zur Sprache kommt? Angenehm wird’s sicher nicht.