Maulkorb für die heute-show

Der Bundestag hat der heute-show eine Drehgenehmigung für das Parlament verweigert. Begründung: Es handele sich nicht um „unmittelbare politisch-parlamentarische Berichterstattung“, wie sie die Geschäftsordnung des Bundestages fordere.

Klingt erst mal nachvollziehbar. Wenn es da nur nicht das Grundrecht auf Pressefreiheit gäbe, welches dieser doch sehr einschränkenden Interpretation entgegenstehen dürfte. Das erläutert sehr nachvollziehbar Rechtsanwalt Jonas Kahl im Blog Telemedicus.

Auch Rechtsanwalt Thomas Stadler weist darauf hin, dass nicht diejenigen den Rahmen für Berichterstattung vorgeben können, über die berichtet werden soll. Zumal die heute-show selbst bei zurückhaltender Betrachtung ein zwar lustiges, aber gleichzeitig ernstzunehmendes und einflussreiches politisches Sendeformat ist.

Der Eindruck, dass hier unliebsame Berichterstattung mit Paragrafen erschlagen werden soll, ist nicht von der Hand zu weisen. Ebenso wenig die begründete Aussicht, dass die Bundestagsverwaltung nicht nur in Medien, sondern letztlich auch vor Gericht eine schlechte Figur machen würde.

Ansonsten …

Neulich kam ich von einem Gerichtstermin im schönen Hamburg erst mit 140 Minuten Verspätung zurück. Grund für die Verspätung war ein Oberleitungsschaden bei der Bahn. Oder vielleicht auch ein Personenschaden. Oder eine Stellwerksstörung. Je nachdem welcher der Durchsagen und diversen Meldungen in der Bahn-App man nachträglich glauben möchte.

Immerhin gibt es für so eine Verspätung 50 Prozent des Fahrpreises zurück. Die Entschädigung habe ich mittlerweile auch erhalten, und zwar überraschend schnell. Allerdings kann ich mich nicht so richtig über die Zahlung freuen. Denn ich weiß nicht, ob ich vielleicht ein Betrüger bin, wenn ich das Geld behalte.

Es handelte sich nämlich um eine Reise, die ich als Pflichtverteidiger eines inhaftierten Mandanten machte. Die Fahrtkosten erstattet mir die Staatskasse. Die Frage ist nun, ob ich die Verspätungsentschädigung anrechnen lassen muss.

Viel Sinn würde das zweifellos nicht machen, denn ich habe höchstpersönlich im Intercity geschmort. So habe ich mich zunächst mal zu der rechtlichen Auffassung durchgerungen, dass die Entschädigung der Bahn keine Fahrpreiserstattung ist, sondern eine Art Schadensersatz für die persönliche Unbill des Reisenden. Also werde ich das Geld erst mal behalten.

Na ja, liege ich falsch, kenne ich immerhin einige gute Anwälte…

Dauerpraktikantin kriegt kein Geld

Die Dauerpraktikantin in einem Bochumer Supermarkt enthält doch keinen nachträglichen Arbeitslohn. Die Frau hatte 17.281,50 Euro brutto nachgefordert, nachdem sie insgesamt knapp acht Monate in dem Supermarkt als Praktikantin tätig war. Das Landesarbeitsgericht Hamm wies ihren Anspruch nun zurück.

In der ersten Instanz hatte die junge Frau noch Erfolg. Das Arbeitsgericht Bochum sah in dem mehrfach verlängerten Praktikum ein normales Arbeitsverhältnis. Mit der Folge, dass der Marktbetreiber den normalen Stundenlohn zahlen muss.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm spielt die doch erhebliche Dauer des Praktikums aber keine Rolle. Die Frau habe in der ganzen Zeit Förderleistungen von der Arbeitsagentur erhalten und sei offiziell beim Bildungszentrum des Handels beschäftigt gewesen. Demnach handele es sich um eine berufsvorbereitende Maßnahme, für die üblicherweise kein normaler Arbeitslohn gezahlt wird (Aktenzeichen 1 Sa 664/14).

Rüstungsdeals bleiben im Dunkeln

Die Bundesregierung darf Rüstungsgeschäfte deutscher Unternehmen bis zu ihrer Genehmigung geheim halten – auch gegenüber dem Parlament. Das Bundesverfassungsgericht billigt in einer Entscheidung über einen Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien die bisherige Praxis, dass alleine Mitglieder der Bundesregierung über Exportgenehmigungen entscheiden.

Geklagt hatten grüne Parlamentarier, nachdem sie 2011 erst aus der Presse von Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien erfahren hatten. Nach Art. 26 Grundgesetz entscheidet die Bundesregierung über Rüstungsexporte. Hierfür gibt es den „Bundessicherheitsrat“, dem diverse Minister unter dem Vorsitz der Bundeskanzlerin angehören.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichts unterliegen insbesondere die Vorberatungen über Rüstungsdeals keiner parlamentarischen Kontrolle. Das gelte auch für sogenannte Voranfragen, mit denen Rüstungsfirmen bei der Bundesregierung ausloten, ob geplante Deals Aussicht auf eine Genehmigung haben. Nach bisheriger Praxis unterrichtet die Bundesregierung das Parlament nur durch regelmäßige Berichte. Aber nur über bereits genehmigte Geschäfte, und das auch meist nur in allgemeiner statistischer Form (Aktenzeichen 2 BvE 5/11).

Der bedrohte Richter

Mit einem eher ungewöhnlichen Anfechtungsgrund gehen die Verteidiger eines mutmaßlichen Schlägers gegen das Urteil vor. Sie sagen, der Vorsitzende Richter sei massiv bedroht worden – ohne dies in der Hauptverhandlung mitzuteilen. Am Ende des Verfahrens stand ein hartes Urteil. Die Anwälte werfen nun die Frage auf, ob die Drohungen am Ende nicht vielleicht sogar gewirkt haben.

Wenn die von Spiegel Online geschilderten Hintergründe zutreffen, lässt sich sicher darüber diskutieren, ob der Vorsitzende Richter befangen war. Immerhin gingen die Drohungen wohl weit über das hinaus, was Richter, wie es der zitierte Gerichtssprecher formuliert, normalerweise aushalten müssen.

Ich kenne es aus meiner Praxis auch eher, dass so massive Umstände der Verteidigung zumindest mitgeteilt werden – es muss ja zunächst nicht unbedingt in der öffentlichen Hauptverhandlung passieren. Oder dass man es ohnehin erfährt, weil einem die Personenschützer im Gerichtssaal kaum entgehen. Das Bedrohungsszenario den anderen Prozessbeteiligten über einen längeren Zeitraum vorzuenthalten, führt dann halt notgedrungen zu Zweifeln an der Objektivität des Richters.

Die Frage ist halt nur, ob die späte Erkenntnis seiner Anwälte dem Angeklagten noch etwas hilft. Einen Befangenheitsantrag hätte der Angeklagte bis zum Ende seines letzten Wortes stellen müssen. Richter können sich zwar auch selbst ablehnen. Dass sie dies trotz guter Gründe unterlassen haben, kann mit der Revision nicht erfolgreich gerügt werden. Hätten die Anwälte früher etwas erfahren, hätten sie einen Befangenheitsantrag zumindest stellen können, über den das Revisionsgericht nun entscheiden müsste.

Kleine Maus, große Wirkung

Wenn der Flieger mehr als fünf Stunden Verspätung hat, ist das normalerweise Grund für eine Entschädigung. Aber gilt das auch, wenn sich eine Maus in die Maschine verirrt hat? Diese Frage musste das Amtsgericht Düsseldorf entscheiden.

Wegen „Mausalarms“ in Punta Cana (Dominikanische Republik) konnte ein Flieger nicht abheben. Es ging es erst sechs Stunden später Richtung Deutschland. Das Amtsgericht Düsseldorf wertet die Maus als „nicht vorhersehbares und nicht beherrschbares Ereignis“ im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Fluggesellschaft habe sich auch nachweislich um ein Ersatzflugzeug bemüht. Deshalb müsse das Unternehmen nicht die an sich fällige Entschädigung von 600,00 € zahlen (Aktenzeichen 47 C 17099/13).

Im richtigen Augenblick

Mein Mandant kam spätabends angetrunken zu seinem Auto zurück, setzte sich rein, justierte den Sitz und schaltete das Licht ein. Weiter kam er nicht, denn freundliche Polizeibeamte klopften an die Seitenscheibe. Sie warfen ihm Trunkenheit am Steuer vor. Es folgte das volle Programm, eine Blutprobe auf der Wache eingeschlossen.

Meine Verteidigungsschrift an die Staatsanwaltschaft war denkbar kurz:

Mein Mandant hat kein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand geführt. Ein Fahrzeugt wird erst geführt, wenn es in Bewegung gesetzt wird (Thomas Fischer, StGB, § 315c Rdnr. 3a). Das war nach den Feststellungen der Polizei nicht der Fall.

Der Versuch ist nicht strafbar.

Verfahren eingestellt. An sich wäre jetzt eine großzügige Kaffeespende für die örtliche Polizeiwache angebracht.

Ein Schriftsatz reicht

Sehr erfreulich finde ich eine Entscheidung des Amtsgerichts Siegen. Es ging um die Frage, welche Anwaltsgebühren ich gegenüber der Staatskasse abrechnen kann, nachdem das Gericht eine ziemlich dünne Anklage der Staatsanwaltschaft schon gar nicht zur Verhandlung zugelassen hat.

Ich hatte die sogenannte „Mittelgebühr“ geltend gemacht, woran der Kostenbeamte natürlich krittelte. Es habe sich, zusammengefasst, doch nur um eine kleine Sache gehandelt. Was schon zutrifft, aber vor dem Amtsgericht werden halt nun mal vorwiegend die kleinen Sachen verhandelt. Das sieht erfreulicherweise auch der zuständige Richter so. Er schreibt kurz und knapp:

Zwar hat der Verteidiger nur einen Schriftsatz eingereicht, das Verfahren und die Tätigkeit sind aber für ein Strafverfahren vor dem Strafrichter zumindest durchschnittlich.

Mir klingen da auch noch die Worte eines unvergessenen Strafkammervorsitzenden im Ohr, dem man auf keinen Fall zu viel Papier auf den Tisch legen durfte. „Ich wiege nicht, ich lese“, seufzte er im Fall einer Zuwiderhandlung.

Nichtraucherschutz gilt auch im Knast

Nichtraucherschutz – auch in Gefängnissen kein leeres Wort. So erklärte es jetzt das Oberlandesgericht Hamm für rechtswidrig, wenn ein nichtrauchender Gefangener in einer Gemeinschaftszelle für Raucher untergebracht wird.

Geklagt hatte ein süddeutscher Gefangener, der wegen eines Gerichtstermins einige Tage in der Justzivollzugsanstalt Gelsenkirchen war. Dort kam er in einen Gemeinschaftsraum, in dem auch Raucher untergebracht sind. Dies war unzulässig, befindet das Oberlandesgericht. Das Rauchen sei nach der aktuellen Gesetzeslage ab dem Moment untersagt, in dem sich ein Nichtraucher in dem Raum aufhält.

Es sei deshalb Sache der Anstaltsleitung, dafür zu sorgen, dass tatsächlich nur Raucher in eine gemeinsame Zelle kommen. Das bedeute auch, dass der Gefangene vorher gar nicht ausdrücklich protestieren musste. Vielmehr habe das Gefängnis von jedem Inhaftierten vorab dessen ausdrückliches Einverständnis mit einer Raucherzelle einzuholen (Aktenezeichen 1 Vollz (Ws) 135/14).

Eine einmalige Sache

Wer nach einer fristlosen Kündigung den Chef als „Arschloch“ tituliert, muss nicht unbedingt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Genau das hatte eine Firma von ihrer bisherigen Mitarbeiterin, einer Verkäuferin, verlangt.

Im entschiedenen Fall verneinte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein die Wiederholungsgefahr. Das Arbeitsverhältnis war nämlich mittlerweile beendet und abgewickelt. Es gab auch keine sonstigen Berührungspunkte.

Normalerweise wird Wiederholungsgefahr vermutet, wenn es um Unterlassungsansprüche geht. Hier sah das Gericht jedoch triftige Gründe, dass sich die Beleidigung gerade nicht wiederholen dürfte. Es habe sich bei dem Kündigungsgespräch um eine einmalige eskalierende Situation gehandelt (Aktenzeichen 3 Sa 153/14).

Dashcams sind derzeit legal

Die bayerischen Behörden werden künftige keine Bußgelder mehr verhängen, bloß weil Autofahrer eine Dashcam in ihrem Auto installiert haben. Dies hatte das Landesamt für Datenschutzaufsicht versucht, war damit aber vor Gericht gescheitert. Das Verwaltungsgericht Ansbach erklärte vor kurzem das Bußgeld gegen einen Anwalt für unwirksam, dem die Behörde den Betrieb einer Dashcam untersagt hatte. Die Datenschützer wollen das Urteil akzeptieren.

Stattdessen wollen sie künftig verstärkt darauf achten, wie die Aufnahmen von Dashcams genutzt werden. Das Verwaltungsgericht Ansbach hat in dem Urteil nämlich festgelegt, dass eine Kamera zwar laufen darf. Allerdings sei es unzulässig, die Aufnahmen zu veröffentlichen, etwa auf Youtube. Gleiches gilt laut dem Verwaltungsgericht auch, wenn das Bildmaterial Dritten zur Verfügung gestellt wird – Polizei und Versicherungen eingeschlossen. Bei Verstößen droht die Behörde Bußgelder bis zu 300.000 Euro an.

Die Frage ist nur, ob das Amt damit mehr Glück hat als beim Versuch eines kompletten Dashcam-Verbots. Immerhin dürfte es auch ein wenig darauf ankommen, was die Aufnahmen konkret zeigen und wie groß das Beweisinteresse des Betroffenen ist. Das letzte Wort ist auch in diesem Punkt jedenfalls noch nicht gesprochen, zumal die Polizei ja eventuelle Beweismittel auch beschlagnahmen darf.

Kernbotschaft für Autofahrer: Eine Dashcam ist derzeit legal, ins Netz stellen sollte man die Aufnahmen aber besser nicht.

Anwälte müssen draußen bleiben

Eine Stadtverwaltung darf es nicht mit einem „Hausverbot“ verhindern, wenn Bürger sich bei Verhandlungen von einem Anwalt vertreten lassen wollen, hat das Amtsgericht Rastatt entschieden.

Bei einem Gespräch wollte die Stadtverwaltung Rastatt Probleme mit einigen Vereinen lösen. Den Rechtsanwalt der Vereine, ausgerechnet ein früherer Rastätter Oberbürgermeister, wollte man nicht dabei haben. Kurzerhand deklarierte der derzeitige Amtsinhaber die Veranstaltung als „Informationsgespräch“, bei dem Anwälte unerwünscht sind. Er ließ den Anwalt von Mitarbeitern abweisen.

So geht es nicht, urteilte das Amtsgericht Rastatt. Anwälte seien nach dem Gesetz „der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten“. Daraus ergebe sich auch das Recht eines Anwalts, bei allen Gesprächen dabei zu sein, sofern dies seine Mandanten wünschen. Lediglich der Gesetzgeber könne dieses Recht einschränken, nicht jedoch eine Gemeinde (Aktenzeichen 3 C 92/14).

Bericht bei beck-online

Alles freiwillig

Wichtig zu wissen: Die Polizei muss bei Verkehrskontrollen nicht darüber belehren, dass ein Atemalkoholtest freiwillig ist. Pustet man freiwillig, kann man sich später nicht gegen eine Verwertung des Messergebnisses wehren. Das ergibt sich aus Entscheidungen des Oberlandesgerichts Brandenburg und des Kammergerichts Berlin.

Auch bei Verkehrskontrollen gilt der Grundsatz, dass niemand an seiner eigenen Überführung mitwirken muss. Das bedeutet: Die Teilnahme an einem Atemalkoholtest ist stets freiwillig; niemand kann dazu gezwungen werden. Gleiches gilt auch für Drogenwischtests, die Abgabe einer Urinprobe oder Kontrollen der Motorik. Eventuelle Aufforderungen durch Polizeibeamte sind stets nur als freundliche Bitte zu verstehen. Dieser kann man folgen, muss es aber nicht.

In den Gerichtsentscheidungen ging es lediglich um die Frage, ob Beamte aktiv auf die Freiwilligkeit hinweisen müssen. Nur dies wird verneint. Man muss also seine Rechte kennen und sich aktiv darauf berufen. Nicht zulässig ist es allerdings, wenn Beamte den Eindruck erwecken, man sei zum Atemtest etc. verpflichtet. Das könnte eine Täuschung sein, die das Messergebnis unverwertbar machen kann.