Supermans Landeplatz

Zum Start ins Wochenende noch eine Anfrage, die mich schmunzeln ließ. Wer weiß, vielleicht hat ja jemand Lust, die intergalaktische Problematik zu lösen. Hier die Leserpost:

Ich habe mal eine Frage aus purem Interesse heraus.

Wenn Supermans Raumschiff nicht in Smallville Kansas, sondern in
Buxtehude gelandet wäre, würde er als illegaler Einwanderer gelten?

Ist er gemäß deutschem Recht eine natürliche Person und unterliegt damit denselben Rechten und Pflichten wie ein Homo Sapiens?

Oder wäre das deutsche Recht (wie das US-Recht sicherlich auch) gar
nicht wirklich vorbereitet auf diese Frage?

Streaming-Abmahnung mit vielen Fragezeichen

Gestern habe ich über eine neue Form der Abmahnung berichtet. Es geht nicht um Filesharing im klassischen Sinne. Vielmehr verlangt die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U + C) im Namen einer „The Archive AG“ 250 Euro Schadensersatz für das Betrachten eines Videostreams auf der Pornoseite „redtube“.

Es handelt sich offensichtlich um eine veritable Abmahnwelle. Unser Kanzleipostfach quillt über mit Rückfragen von Betroffenen. Auch die Leserdiskussion zum erwähnten Beitrag im law blog verläuft mit bislang rund 220 Kommentaren lebhaft.

Ich habe jetzt selbst einige der Abmahnschreiben vorliegen. Die Kanzlei U + C fordert 250 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 169,50 Euro Anwaltskosten, 65 Euro Ermittlungskosten und stolzen 15,50 Euro (!) Schadensersatz für den angeblichen Filmgenuss. Außerdem sollen die Anschlussinhaber eine Unterlassungserklärung abgeben. Bislang berichten nur Kunden der Telekom von solchen Abmahnungen. Den Beschluss des Landgerichts Köln, der die Herausgabe der IP-Adressen anordnet, fügen die Rechtsanwälte nicht bei.

Das ist der Stand der Dinge. Hier meine Meinung zu den wichtigsten Punkten:

Es ist höchst zweifelhaft, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die wesentlichen Gründe:

Das bloße Betrachten eines Streams ist nach der derzeit gültigen Rechtslage keine „Vervielfältigung“. Das Gesetz fordert aber gerade diese „Vervielfältigung“ für eine Urheberrechtsverletzung. Ob das eventuelle Zwischenspeichern auf dem Gerät schon eine Vervielfältigung ist, haben die Gerichte bislang nicht geklärt.

Die Rechtsanälte U + C berufen sich lediglich auf das Urteil des Amtsgerichts Leipzig im Fall kino.to. Dort ging es aber um die Verantwortung von Betreibern einer Streaming-Plattform, nicht um deren Nutzer. Die Abmahner vergleichen hier Äpfel mit Birnen.

Wenn man das Gesetz ernst nimmt, ist das Betrachten eben noch keine Vervielfältigung. Deshalb sehe ich, wie andere Juristen auch, schon gar keine Urheberrechtsverletzung.

Eine Urheberrechtsverletzung beim Anschauen eines Streams setzt weiter voraus, dass die Quelle „offensichtlich rechtswidrig“ ist. Die Streams sollen auf der Plattform „redtube“ gehostet worden sein. Redtube ist Teil des Erotikkonzerns Konzerns Manwin, der unter anderem auch die weltweit größte Streamingseite Youporn betreibt. Manwin dominiert das Sexgeschäft im Internet, und zwar international.

Nicht mal ein aufmerksamer Nutzer wird Anhaltspunkte dafür finden, dass Manwin außerhalb der Legalität operiert. Fragen des örtlichen Jugendschutzes ausdrücklich ausgenommen, aber die tun hier nichts zur Sache.

Wie Youporn hostet redtube riesige Mengen an Videoclips. Eine große Zahl der Videos wird offensichtlich von den Produzenten selbst eingestellt, da neben den Filmen oft auch gleich Banner und Links auf die Bezahlseiten der Anbieter führen. Es handelt sich also definitiv nicht um ein Angebot, das ein Nutzer als „illegal erkennen kann. Das gilt dann eben auch für einen Film, der – wie auch immer – ohne Einverständnis des Rechteinhabers auf redtube gelandet sein könnte.

Von daher hätte sich ein argloser Nutzer also gerade nicht bei einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle bedient. Selbst wenn man also beim Streamen ein Vervielfältigen annehmen will, würde das jeden Schadensersatzanspruch zunichte machen. Der Nutzer hätte zwar die Datei vervielfältigt, aber es würde sich um eine zulässige Privatkopie handeln. Raum für Ersatzansprüche besteht da nicht.

Überdies – das gilt für alle Filesharing-Fälle – haftet jemand keinesfalls einfach so für jede Urheberrechtsverletzung, die über seinen Anschluss begangen wurde.

Die Rechtsanwälte U + C behaupten dies in ihrem Schreiben zwar, aber die Rechtsprechung sieht mittlerweile anders aus. So kommen meist auch Ehegatten, Kinder, Mitbewohner oder schlicht Besucher als Bösewichte in Betracht. Für deren Fehlverhalten haftet ein Anschlussinhaber nicht, wenn er die Mitnutzer darüber belehrt hat, dass sie keine Urheberrechtsverletzungen begehen sollen.

Gleiches gilt natürlich auch für den Fall eines technischen Missbrauchs, der ebenfalls möglich ist. Kann der Anschlussinhaber darlegen, dass er seinen Internetanschluss ausreichend abgesichert hat, muss er für eventuellen Missbrauch ebenfalls nicht haften.

Von daher gibt es insgesamt gesehen keinen Grund, die 250 Euro eilfertig zu überweisen. Selbst dann nicht, wenn einem die Sache peinlich ist. Eine große Zahl – um nicht zu sagen fast alle – Empfänger der Schreiben beteuern uns gegenüber, dass sie definitiv keine Pornos auf redtube angeschaut haben. Damit ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass U + C hier auf einen komplett falschen Zug aufgesprungen sind.

Als nächstes wird es sicher Beschwerden gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln geben, der die Telekom zur Herausgabe der IP-Adressen angeblicher Nutzer verpflichtete. Aus den oben obigen Gründen hätte das Landgericht Köln kritisch hinterfragen müssen, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung plausibel ist. Das ist sie bislang keinesfalls, so dass die Freigabe nicht hätte erklärt werden dürfen.

Interessant ist abschließen, dass der Schadensersatz von 250 Euro nicht auf das Anwaltskonto der Rechtsanwälte U + C gezahlt werden soll, obwohl die geltend gemachten Anwaltskosten 2/3 des Betrages ausmachen. Vielmehr sollen Abgemahnte das Geld direkt an den angeblichen Rechteinhaber überweisen, die mir bislang unbekannte Aktiengesellschaft namens „The Archive“. Diese sitzt in der Schweiz. Das wird es eher nicht leichter und vor allem billiger machen, eventuell zuviel gezahltes Geld wieder zu bekommen.

Drossel-Debatte erreicht Mobilfunktarife

Mit ihren Flatrate-Tarifen wird die Telekom momentan nicht glücklich. Jetzt nehmen Verbraucherschützer auch die Mobilfunktarife ins Visier. Die Verbraucherzentrale Sachsen mahnte das Telekommunikationsunternehmen ab, weil es bei bestimmten LTE-Tarifen eine Drosselung gibt.

„Surfen mit bis zu 100 MBit/s“ – so warb die Telekom für ihre Internettarife „via Funk“. Verbraucher in überwiegend ländlichen Regionen ohne DSL sollen damit in den Genuss schnellen Internets kommen können. Doch das Vergnügen währt laut den Verbraucherschützern nicht lange. Je nach gebuchter Tarifklasse greift die Drosselungsklausel, wenn man ein bestimmtes Surfvolumen verbraucht hat, sehr schnell. So beim Tarif S Standard zu 34,94 € ab 10 Gigabyte und beim Tarif M zu 39,95 € ab 15 Gigabyte. Für den Rest des Monats werden dann für den Rest des Monats auf eine Geschwindigkeit von max. 384 KBit/s für den Downstream zurückgesetzt.

Die Verbraucherzentrale Sachsen rügte eine Irreführung der Kunden. Sobald das Volumen für schnelles Internet erschöpft sei, könne dieser die Verbindung nicht mehr sinnvoll nutzen.

Die Telekom reagierte schnell auf die Abmahnung. „Wo Flatrate drauf steht, soll auch Flatrate drin sein. Wir werden beim Tarif Call & Surf via Funk deshalb nicht mehr von einer Flatrate sprechen“, kündigte laut Süddeutscher Zeitung heute ein Unternehmenssprecher an. Den Rückzieher wertet die Telekom als weiteren Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz. Dieser sei längst nicht abgeschlossen.

Vor kurzem hatte die Telekom nach einem negativen Gerichtsurteil schon zugesagt, bei Festnetztarifen nicht mehr von einer Flatrate zu sprechen, wenn die Geschwindigkeit nach gewisser Zeit gedrosselt wird.

Der Schritt der Telekom könnte auch für andere Mobilfunkfirmen Handlungsdruck erzeugen. Viele Anbieter bewerben fürs mobile Internet ihre Tarife als „Flatrates“. Gleichwohl drossen sie die Datengeschwindigkeit ab gewissen Grenzen. Es wird sich also die Frage stellen, ob das zulässig ist.

Gutjahrs Fail

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Endlich macht mit Richard Gutjahr mal jemand den Versuch, sich auf das Niveau jener zu begeben, die Vorratsdatenspeicherung und Überwachung für (über)lebensnotwendig halten. Und denen zur Verteidigung ihrer Meinung keine Platitüde zu schade ist. Als aktuelle Beispiele sind SPD-Chef Sigmar Gabriel und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zu nennen.

Gleichwohl schwächelt Gutjahr leider auf der Zielgeraden. Im Laufe seines Beitrags lässt er dann doch wieder sachliche Argumente sprechen. Also irgendwie ein Fail. Aber ein unbedingt lesenswerter.

Kein FDP-Bonus fürs Frühstück im Hotel

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Hoteliers in Höhe von 7 % gilt nur für die Übernachtung. Für das Frühstück muss dagegen der Regelsteuersatz von 19 % abgeführt werden, auch wenn das Hotel Übernachtung und Frühstück zu einem Pauschalpreis anbietet. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Das Finanzamt hatte von einem Hotelier verlangt, dass er für den anteiligen Frühstückspreis 19 % Umsatzsteuer abführt. Der Unternehmer wollte für diesen „kalkulatorischen Anteil“ am Gesamtzimmerpreis aber nur die ermäßigte Umsatzsteuer von 7 % zahlen.

Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt recht. Der ermäßigte Steuersatz beziehe sich lediglich auf die reine Übernachtung. Sonstige Dienstleistungen wie das Frühstück seien von der Steuerbefreiung nicht umfasst. Gegenüber dem Finanzamt müssen Hoteliers deshalb auch bei Pauschalpreisen für den Anteil des Frühstücks den normalen Steuersatz zahlen.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte nach ihrem Amtsantritt 2010 die Umsatzsteuer für Hoteliers auf 7 % Prozent ermäßigt (Aktenzeichen XI R 3/11).

Abmahnung gegen Stream-Nutzer

Spätestens mit kino.to ist Streaming im Internet salonfähig geworden. Viele nutzen die Angebote. Und das nicht nur, um urheberrechtlich unproblematische Inhalte anzuschauen. Bislang galt das als relativ risikolos. Denn die Contentindustrie ging nur gegen die Betreiber von Streaming-Portalen vor, nicht gegen einzelne Nutzer. Das könnte sich jetzt ändern.

Der Mainzer Rechtsanwalt Karsten Gulden berichtet von einer Abmahnung, die ein Nutzer des Streaming-Portals redtube.com bekommen hat. Der Nutzer soll sich über Redtube den Porno „Amanda’s Secrets“ angeschaut haben. Einzelheiten zur Abmahnung sind dem Juristen nach eigenen Angaben bislang nicht bekannt.

Interessant wäre insbesondere, wie die Rechteinhaber an die IP-Adresse des Abgemahnten gekommen sind. Das Landgericht Köln soll sie, das weiß RA Gulden aus der Abmahnung, über eine ganz normale Abfrage an die Rechteinhaber herausgegeben haben, wie sie bislang in Filesharing-Fällen üblich ist.

Für mich ist nicht ganz klar, wie die Rechteinhaber in dem Fall feststellen konnten, ob der betreffende Anschluss Daten beim Streamingdienst abfragte – und insbesondere welche. In Frage kommt in erster Linie eine „Überwachung“ der von Redtube ausgelieferten Streams. Ich ging bisher davon aus, dass dies (rechtssicher) nicht möglich ist.

Sollten die Contentindustrie tatsächlich selbst den Streaming-Verkehr analysieren können, wäre das natürlich ein Alarmsignal für die Nutzer von Streaming-Portalen. Aber nicht nur für diese. Auch Filehoster wie das selige megaupload.com galten bislang als relativ „sicher“, weil der Nutzer im Gegensatz zum Filesharing seine IP-Adresse ebenfalls nicht quasi öffentlich stellt.

Eine andere – vielleicht näherliegende – Möglichkeit ist natürlich, dass Redtube die beim Abruf festgehaltenen Nutzerdaten herausgegeben hat, möglicherweise auf juristischen Druck.

Ohnehin ist höchst fraglich, ob der Abgemahnte tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Denn bislang streiten sich Juristen noch intensiv darüber, ob das Betrachten einzelner Streams nicht möglicherweise schlicht und einfach zulässig ist.

Belästigung aus Köln

Die Gebühreneinzugszentrale gibt es nicht mehr. Damit ist auch das Schreckenskürzel GEZ weg. Aber die Methoden haben sich offensichtlich kaum geändert.

Die Quälgeister des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nennen sich jetzt „Beitragsservice“. Und der bleibt penetrant. So setzt er, nur ein Beispiel von vielen, einer Dame im Düsseldorfer Stadtteil Wittlaer zu.

Die ist verheirat mit einem Mann, der die Gebühren für die gemeinsame Wohnung in einem 2-Familien-Haus zahlt. Das könnte dieser (er nennt sich wahrhaftig so) „Service“ durchaus wissen, denn die Verhältnissse im Haushalt sind nicht neu – und waren schon zu Zeiten der GEZ bekannt. Stattdessen vergeudet der GEZ-Nachfolger Porto und Papier und will immer wieder wissen, wer der Familienangehörige der Dame ist.

Für die Antwort soll sie sogar zahlen. Entweder das Porto für den „Antwortbogen“. Oder 6,5 Cent pro Minute für ein klärendes Telefonat. „Bitte bedenken Sie,“, so droht der Service aus Köln, „dass Sie gesetzlich verpflichtet sind, uns Auskunft zu geben“. Wörtlich: „Bitte in BLOCKSCHRIFT“. Und weiter: „In den Farben Blau oder Schwarz!“ Aber gerne. Hier kommt die Antwort. In Blockschrift. Und sozusagen schwarz auf weiß: NEIN!

Denn das alles ist, auch juristisch, absurd. Und wer das weiß, hat stets den zweckmäßigen Platz für diese belästigenden Briefe aus Köln: den Papierkorb. (pbd)

„Nichts in der Hand“

Nicht mit Ruhm bekleckert hat sich die Polizei bei den Ermittlungen rund um eine Drogenplantage im Kreis Vorpommern-Greifswald. Das Landgericht Neubrandenburg attestierte den Ermittlern in einem Urteil wenig Fingerspitzengefühl.

Tatsächlich, so das Gericht, beruhte die Verurteilung zweier Helfer nur auf deren Geständnissen. „Ohne die Geständnisse der Angeklagten hätten wir gar nichts gehabt“, zitiert N24 den Vorsitzenden Richter. Die Hintermänner der Aktion seien entwischt, weil die Polizei die Plantage nicht erst beobachtete, sondern gleich mit einem Sondereinsatzkommando zuschlug und sonstigen Spuren nicht energisch nachging.

Die jetzt verurteilten Helfer stufte das Gericht als „kleine Lichter“ ein. Da sie noch nicht einmal am Tatort waren, hätten sie ohne ihre eigenen Geständnisse nach Auffassung des Gerichts gar nicht verurteilt werden können.

An sich eine alltägliche Geschichte. Sie bestätigt aber mal wieder schön die Erfahrung, dass redselige Beschuldigte meist das beste Beweismittel – und oft das einzige Beweismittel – gegen sich selbst sind. Selbst wenn man im Gegensatz zu den Angeklagten tatsächlich nichts zu „verbergen“ hat, lohnt es sich auf jeden Fall, das Recht zu schweigen als Option im Auge zu haben.

Mordparagraf unter der Lupe

Mord. Ausgerechnet eine der schwersten Strafvorschriften passt nicht recht ins sonstige System des Strafgesetzbuches. Der Mordparagraf geht in erster Linie von den Beweggründen des mutmaßlichen Täters aus, nicht wie sonst üblich von der eigentlichen Tat. Jetzt gibt es mal wieder Initiativen, das Relikt in eine sinnvollere Fassung zu bringen.

Der Mordparagraf erklärt unter anderem jenen zum Mörder, der einen Menschen aus bestimmten Motiven tötet. Genannt werden Mordlust, die Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder niedrige Beweggründe. Der Katalog hat keine sonderlich sympathischen Urheber. Seine nach wie vor aktuelle Fassung erhielt er 1941 unter Federführung Roland Freislers.

Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk möchte mit dem unglücklichen Paragrafen nun brechen. Sie hat eine Bundesratsinitiative eingebracht, um die Vorschrift zu ändern. Mit guten Gründen, wie ein Bericht der Zeit belegt.

Interessant finde ich auch den Aspekt, dass ein weiteres Mordmerkmal, die Heimtücke, strukturell schwache Täter benachteiligt. Zum Beispiel Frauen, die aus körperlicher Unterlegenheit zu Gift greifen. Hätten sie die Möglichkeit, ihrem Opfer offen gegenüber zu treten, stünde ihre Chance auf eine mildere Strafe deutlich besser. Denn ist eine Tat erst mal als Heimtückemord eingeordnet, hat das Gericht kaum noch eine Möglichkeit, die lebenslange Freiheitsstrafe zu umgehen.

Ausweise dürfen nicht kopiert werden

Firmen sind grundsätzlich nicht berechtigt, Personalausweise zu scannen und die Daten zu speichern. Dies stellt das Verwaltungsgericht Hannover in einem aktuellen Urteil klar.

Ein Logistikdienstleister aus Rehden hat auf seinem Gelände ständig mehrere tausend Autos gelagert. Täglich werden viele Autos von Speditionen abgeholt, die sie vornehmlich an Autohäuser ausliefern. Um den Vorgang zu sichern, scannte die Firma bei Abholung der Autos die Personalausweise der Fahrer ein.

Der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte kritisierte diese Praxis. Er erhielt jetzt aber Rückendeckung von den Richtern. Der Personalausweis ist laut Gericht ein Identifizierungsmittel, das der Inhaber vorlege und vorzeige, um sich auszuweisen. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sei aber das unbeschränkte Erfassen der Daten – und damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen – untersagt. Dadurch solle die Datensicherheit geschützt werden, weil einmal erfasste und gespeicherte Daten leicht missbräuchlich verwendet werden könnten.

Das Gericht betont ausdrücklich, es unterstelle dem Logistikunternehmen keinen Datenmissbrauch. Es sei aber vom Prinzip her erforderlich, dass möglichst wenig Personalausweisdaten erhoben und gespeichert werden. Daran müsse sich eine Firma halten, egal wie ernst sie selbst den Datenschutz nimmt.

Das Urteil zeigt erneut, dass niemand verpflichtet ist, seinen Ausweis kopieren zu lassen oder ihn gar als Pfand zu hinterlegen. Ausnahmen gibt es allerdings insbesondere für Banken, wenn diese Kunden nach dem Geldwäschegesetz überprüfen (10 A 5342/11).

Die Prohibition der Prostitution

Das Strafrecht soll es richten. Mal wieder. Die Große Koalition will sich an Frankreich und den skandinavischen Ländern orientieren und Prostitution strafbar machen. Nicht die Prostituierte, sondern der Kunde soll gegebenenfalls verfolgt werden.

So sehen es nach Medienberichten die aktuellen Planspiele vor, welche die künftige Bundesregierung umsetzen soll. Immerhin gehen die Pläne derzeit nicht so weit, Prostitution insgesamt zu verbieten. Den verantwortlichen Politikern scheint klar zu sein, dass trotz lautstarker Befürworter wie Alice Schwarzer eine Prohibition der Prostitution kaum durchsetzbar wäre.

Zum einen, weil die moralisch-religiöse Keule in unserem Land längst zum Gummihämmerchen verkümmert ist. Zum anderen, weil der Versuch, das Gewerbe nicht nur auf dem Papier zu verbieten, quer durch die Weltgeschichte bislang immer gescheitert ist. Dass dies dann ausgerechnet in einer – in den Kernzügen – noch liberal eingestellten Gesellschaft wie der unseren gelingen soll, ist ja wohl kaum anzunehmen.

Stattdessen also der Gedanke, wenigstens die Kunden von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Das soll unter der Voraussetzung möglich werden, dass die Zwangslage der Betroffenen für den Kunden erkennbar ist. Da schwingt die Vorstellung mit, Prostituierte würden in Ketten an ihren Arbeitsplatz geführt und wiesen erkennbare Misshandlungsspuren auf, so dass jeder Kunde trotz diffuser Beleuchtung sofort eine Notlage diagnostizieren kann.

So einfach ist es aber nicht. Die weitaus meisten Zwangslagen beruhen auf psychischem Druck. Diesen Druck kann der Kunde im Regelfall nicht erkennen. Ich stelle mir also die Frage, welchen Anwendungsbereich so eine Strafdrohung überhaupt haben kann.

Überdies: Erkennt der Kunde die Notsituation oder wendet er gar selbst Gewalt an, gibt es für sein Verhalten bereits strafrechtliche Normen. Sie heißen etwa Nötigung und Freiheitsberaubung. Und Körperverletzung oder gar Vergewaltigung. Diese Vorschriften schützen auch Sexarbeiter.

Bleibt also der Verdacht, dass die angehende Regierung vordergründig mit ihrem Gesetzesvorhaben tatsächlich gar keine Bestrafung bezweckt. Sondern Abschreckung. Die schlichte Angst vor möglichem Ärger soll davon abhalten, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. In diese Richtung geht ja eindeutig der etwa bei Spiegel online zitierte Satz einer Verhandlungsführerin, Freier müssten künftig halt damit rechnen, „dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht“.

Das Strafrecht dient demnach als moralischer Hebel. Auch damit haben wir schon Erfahrungen gemacht. Sehr schlechte.

Die Sdg. ist unzustellbar

Die Post schickt uns den Brief an einen Mandanten zurück. Mit folgender Mitteilung:

Der Hausbfk. des Empfängers wird nicht geleert und ist voll. Ersatzzustellung erfolglos. Die Sdg. ist unzustellbar.

Oh, oh. Ich brauche da nicht lange zwischen den Zeilen zu lesen. Zumal das Handy des Mandanten tot ist. Auch seine Mailadresse scheint nicht mehr zu gehen. Immerhin bin ich gut ausgerüstet. Der Mandant hat den erbetenen Kostenvorschuss gezahlt. Eine schriftliche Vollmacht habe ich auch. Ersteres, damit ich ihn freudig besuchen kann. Letzteres, damit ich zügig in den Knast komme.

Wann auch immer.