Private Nachrichten müssen privat bleiben

Für private Facebook-Nachrichten gilt, was auch für E-Mails gilt: Sie dürfen nicht ohne Einverständnis des Absenders veröffentlicht werden. Das Oberlandesgericht Hamburg untersagte jetzt dem Empfänger eines Schreibens, die Nachricht eines Autors an ihn zu veröffentlichen.

Der Autor hatte mit dem Betreffenden korrespondiert und ihm in einer privaten Nachricht via Facebook erklärt, warum er berechtigt einen Adelstitel führt. Diese Nachricht stellte der Empfänger ohne Einverständnis des Absenders in die Facebook-Gruppe “Wir schicken die Faker zur Hölle!” ein.

Die Richter sehen darin eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Jede sprachliche Äußerung sei Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Deshalb dürfe er auch entscheiden, ob und wie seine Äußerungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ausnahmen gälten nur, wenn das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege.

Das sei hier nicht der Fall. Der Betroffene sei keine Person des öffentlichen Interesses. Außerdem enthalte seine Nachricht zahlreiche Rechtschreibfehler; das stelle den Betroffenen zusätzlich bloß (Beschluss vom 4. Februar 2013, Aktenzeichen 7 W 5/13).

Zigarettenduft als Kündigungsgrund

Für eine Kündigung in der Probezeit muss der Arbeitgeber keine Begründung liefern. Tut er dies doch, muss er mit juristischem Ärger rechnen. Dies musste jetzt ein Arbeitgeber erfahren, der einer neuen Mitarbeiterin kündigte, weil diese angeblich nach Zigarettenrauch roch.

Die Frau hatte sich im März 2012 als Bürokraft bei der Firma beworben und zunächst einen halben Tag zur Probe gearbeitet. Ein paar Tage später fand ein Gespräch statt, in welchem die Bewerberin gefragt wurde, ob sie rauche. Außerdem wurde sie auf das Rauchverbot in dem Unternehmen hingewiesen. Die Frau erklärte, sie rauche zwar, werde sich aber ein Rauchverbot halten.

Nachdem sie an ihrem ersten Arbeitstag Tag zwei Stunden lang gearbeitet hatte, sprach die Firma eine Kündigung aus. Als Grund gab die Arbeitgeberin an, die Angestellte habe gravierend nach Rauch gerochen, nachdem sie noch unmittelbar vor Arbeitsbeginn vor der Tür eine Zigarette geraucht hatte. Darüber hätten sich Kolleginnen und Kunden beschwert.

Das Arbeitsgericht Saarlouis befand die Kündigung für treuwidrig und damit unwirksam. Zwar sei diese vorliegend nicht an den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu beurteilen, aber auch in der Probezeit seien das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Auch das Grundrecht aus Artikel 12 verlange, dass ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis mit dem ernsthaften Willen der Zusammenarbeit geführt werde. Den Grundrechtsbereich des Arbeitnehmers betreffende Differenzen könnten ohne vorheriges Gespräch und die Gelegenheit zu reagieren nicht zu einer Kündigung führen, vor allem da die Klägerin nicht gegen das Rauchverbot im Betrieb verstoßen habe.

Normalerweise wird eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Während der Probezeit beträgt die Mindestkündigungsfrist zwei Wochen (Urteil vom 28.05.2013, Aktenzeichen 1 Ca 375/12).

Avancen an Schüler sind ein Entlassungsgrund

Ein Lehrer, der einer 16-jährigen Schülerin explizit sein sexuelles Interesse an ihr mitteilt, darf vom Schulunterricht ausgeschlossen werden. Der Lehrer hatte über Monate mit seiner Schülerin über soziale Netzwerke gechattet und sie schließlich aufgefordert, mit ihm zu schlafen.

Der Fall wurde bekannt, als sich die Schülerin beim Rektor meldete. Ihr war die Sache zu viel geworden. Als Konsequenz verbot die Bezirksregierung Köln dem Lehrer mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit an der Schule; außerdem kündigte sie seine Entlassung an.

Der Pädagoge wehrte sich vor Gericht. Er räumte zwar einen Fehler ein. Er sei auch damit einverstanden, an eine andere Schule versetzt zu werden. Das Unterrichtsverbot und die geplante Entlassung aus dem Beamtenverhältnis hielt er aber für unverhältnismäßig. Immerhin, so führte er an, sei es zu keinem Zeitpunkt zu tatsächlichen sexuellen Kontakten gekommen.

Das Verwaltungsgericht Aachen billigt die Maßnahmen der Bezirksregierung. Bereits “verbale sexuelle Kontakte” mit Schülern seien ein Grund, der die weitere Berufsausübung nicht zulasse (Beschluss vom 1. Juli 2013, Aktenzeichen 1 L 251/13).

Einfach mal plaudern

Welchen Wert “Zusagen” der Staatsanwaltschaft mitunter haben, zeigt sich gerade im Münchner NSU-Prozess. Obwohl den Anwälten der Angeklagten Beate Zschäpe zugesagt worden ist, dass ein mehrstündiger Gefangentransport Zschäpes nicht für einen Vernehmungsversuch benutzt wird, machte sich ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes genau daran. Er soll die Fahrt bewusst genutzt haben, mit Zschäpe ins Gespräch zu kommen,  um ihr nähere Angaben oder gar ein Geständnis zu entlocken.

Die Reise ging von der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf zum Gefängnis in Gera. Die Angeklagte sollte dort Gelegenheit bekommen, mit ihrer Mutter und Großmutter zu sprechen. Die Großmutter war gesundheitlich angeschlagen, so dass sie nicht nach Köln fahren konnte. Zschäpes Verteidiger Heer soll sich ausbedungen haben, dass seine Mandantin während des Transports weder förmlich vernommen oder “informatorisch befragt” wird – was in so einer Situation allerdings auf das Gleiche hinausläuft. Die Bundesanwaltschaft soll jedenfalls zugestimmt haben, dass Zschäpe während der Fahrt nicht vernommen wird.

Dennoch habe der Beamte versucht, mit Zschäpe ins Gespräch zu kommen. Er versuchte es mit dem Wetter, das auf Fehmarn immer anders sein soll auf dem Festland. Eine Antwort auf die Frage wäre aufschlussreich gewesen, weil Zschäpe auf Fehmarn Urlaub gemacht haben soll. Ein anderes Thema war der Brief, den der norwegische Massenmörder Anders Breivik an Zschäpe geschrieben haben soll. Und letztlich soll auch thematisiert worden sein, ob Zschäpe wirklich nicht aussagen wolle oder ob sie nur dem Rat ihrer Anwälte folge.

Zschäpes Anwälte halten das Gespräch für unverwertbar. Zu recht, meine ich. Man könnte ja noch darüber diskutieren, wenn die Verteidiger nicht vorher interveniert hätten, um ein Aushorchen ihrer Mandantin während des Transports zu verhindern. Dass aber entgegen einer entsprechenden Zusage dann doch versucht wird, etwas von Zschäpe zur Sache zu erfahren, ist im Kern eine verbotene Täuschung, die (auch) gegen das Fairnessgebot in der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Denn gerade in diesem Verfahren war von vornherein klar, dass jedes von der Angeklagten geäußerte Wort gegen sie verwendet werden wird, sofern dies möglich ist.

Deshalb ist es widersinnig, überhaupt anzunehmen, dass so etwas wie eine “informatorische Befragung” überhaupt möglich gewesen wäre. Ganz abgesehen davon, dass die Strafprozessordnung so eine Form der Befragung an sich gar nicht kennt.

Man kann aus der Angelegenheit jedenfalls Lehren ziehen, falls man mal mit der Polizei zu tun haben sollte. Vorsicht ist immer immer angebracht, wenn man als Beschuldigter gedrängt wird zu reden – und sei es angeblich nur “off the record”. Mit Ehrlichkeit ist da nämlich nicht unbedingt zu rechnen.

Bericht im Tagesspiegel

Bewegte Zeiten

Die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales musste außerplanmäßig in Wien landen. Frankreich, Spanien und Portugal sollen dem Jet Überflugrechte verweigert haben, weil sie Whistleblower Edward Snowden an Bord vermuteten. Morales kam von einem politischen Besuch in Moskau und wollte nach Hause fliegen. Edward Snowden ist nach Angaben Russlands derzeit im Transitbereich des Moskauer Flughafens.

Snowden war nicht an Bord des Präsidentenflugzeugs, aber die Aktionen von Portugal und Frankreich werfen ein interessantes Licht auf die Aktivitäten, die wohl derzeit im Hintergrund laufen. Denn entweder setzen die USA alles daran, um an Snowden heranzukommen. Oder selbst Länder wie Frankreich, die derzeit nach außen hin Aufklärung über das amerikanische Überwachungsprogramm verlangen, praktizieren von sich aus vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Vereinigten Staaten.

Die Verweigerung von Überflugrechten ist zwar grundsätzlich zulässig, da jeder Staat auch seinen Luftraum als Hoheitsgebiet betrachtet. Allerdings ist nicht mal ansatzweise erkennbar, welche nachvollziehbaren eigenen Interessen Frankreich und Portugal mit der Verweigerung der Überflugrechte verfolgen könnten. Von der Maschine des bolivianischen Präsidenten ging keinerlei Gefahr für die beiden Länder aus – selbst wenn Snowden sich an Bord befunden hätte.

Von daher ist das schon ein höchst ungewöhnlicher Vorgang. Dementsprechend fällt auch das Echo aus, insbesondere in Lateinamerika. Dort protestieren Politiker der meisten Länder vehement gegen die Behandlung von Morales, der sich völlig zu Recht düpiert und herabgesetzt fühlen soll. Die Frage ist nun in der Tat: Was passiert, wenn mal wieder Snowden-Alarm geschlagen wird? Wenn schon Präsidentenflugzeuge aufgrund von Gerüchten gestoppt und zu Zwischenlandungen auf dem “richtigen” Territorium gezwungen werden, dürfen sich normale Flugpassagiere durchaus auf bewegte Zeiten einstellen.

Der lockere Spruch des US-Präsidenten, er werde wegen Snowden keine Kampfjets aufsteigen lassen, hat deutlich an Lustigkeit verloren.

Prozess um Pfarrer König ausgesetzt

Das Verfahren gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König ist nach Presseberichten heute geplatzt. Das Gericht wird erst in vier bis sechs Monaten weiter verhandeln. Grund: Die Verteidigung hat etwa 200 Stunden ungeschnittenes Videomaterial zugespielt erhalten, das von der Polizei stammt. Die Bilder sollen König entlasten. Ihm wird vorgeworfen, während einer Demonstration in Dresden zu Gewalt aufgerufen und schweren Landfriedensbruch begangen zu haben.

Bei den Aufnahmen soll es sich um das Rohmaterial handeln, das eine Einsatzstaffel der Polizei gefertigt hat. Bislang lag dem Gericht das Material möglicherweise nicht vollständig vor. Königs Verteidiger Johannes Eisenberg hat mittlerweile schon erklärt, die jetzt aufgetauchten Bilder sprächen für Manipulation. Die Polizei habe wohl eine “Fälscherwerkstatt” betrieben.

Bei dem Prozess spielen Videos eine große Rolle. Schon mehrere Polizeibeamte kamen bei ihren Aussagen gegen König in Bedrängnis, weil sich ihre Darstellung der Ereignisse nicht mit den Bildern vereinbaren lässt, die Demonstrationsteilnehmer gemacht haben.

Wenn es tatsächlich zu einer so langen Unterbrechung kommt, muss das Verfahren gegen König komplett neu aufgerollt werden.

Nur ein Schlenker

Auch Gerichte machen Fehler. Zu den häufigsten gehört, sachfremde Erwägungen in die Entscheidung einfließen zu lassen.

Ich erinnere mich gerne, als ich einen mutmaßlichen Räuber verteidigte, der den Fahrtweg zu seinem ausgemachten Opfer nicht genau kannte. Deshalb kaufte er unterwegs an der Tankstelle einen Stadtplan. Das Landgericht wertete das strafschärfend. Nein, sagte der Bundesgerichtshof – so eine Vorbereitungshandlung sei schlicht “neutral”. Nicht alles, was man vielleicht moralisch oder sonstwie verwerflich hält, ist halt auch strafrechtlich relevant.

Fast noch offensichtlicher als der Stadtplanfehler ist die Argumentationspanne, die dem Landgericht Nürnberg Fürth nun unterlief. Auf der Anklagebank saß ein junger Mann. Er soll bei einer Demonstration Landfriedensbruch begangen und Widerstand geleistet haben. Das Gericht verschärfte das Urteil, weil der Bruder des Angeklagten Polizeibeamter ist. Wörtlich:

Von daher hätte erwartet werden können, dass der Angeklagte für andere Polizeibeamte, die pflichtgemäß das tun, was ihnen befohlen wird, etwas Verständnis aufbringt.

Das klingt entfernt nach umgekehrter Sippenhaft, und so kam die Botschaft beim Bundesgerichtshof auch an:

Diese Erwägung erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil sich aus dem Umstand, dass der Bruder des Angeklagten ebenso Polizeibeamter ist wie die vom Angeklagten angegriffenen Geschädigten, keine gesteigerten Pflichten des Angeklagten für das verletzte Rechtsgut ergeben und sich dieser daher auf das Maß der der Tat innewohnenden Pflichtwidrigkeit nicht auswirkt

Auch wenn der Hinweis auf den Bruder sicher nur ein argumentativer Schlenker war, muss die Sache neu verhandelt werden (Beschluss vom 14. Mai 2013, Aktenzeichen 1 StR 122/13).

Scheinbar auf null

Die Gründe, Skype und andere Internetdienste nicht zu nutzen, werden jeden Tag zahlreicher. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann mal eingezahltes Skype-Guthaben verfällt. Skype räumt nämlich nach 180 Tagen das Konto leer, sofern in der Zeit nicht wenigstens ein kostenpflichtiger Anruf getätigt worden ist.

Oder besser gesagt: Skype setzt das Guthaben scheinbar auf null und hofft darauf, dass genug Kunden in den sauren Apfel beißen und den Verlust akzeptieren. Auch wenn Skype vordergründig den Eindruck erweckt, die Streichung des Guthabens sei zwingend – die Rechtslage sieht anders aus. Guthaben, das gilt etwa auch für Prepaidkarten, darf nämlich nicht so einfach verfallen. Das haben die Gerichte schon etliche Male geurteilt, sogar für den Fall der Kündigung durch den Anbieter.

Skype nennt das “Inaktivität” und leitet daraus das Recht her, vorhandenes Guthaben zu löschen. Die Inaktivität bezieht sich wohlgemerkt auf kostenpflichtige Anrufe. Kostenlose Skype-Gespräche zählen nicht; der Account wird auch für Gratis-Telefonate nicht gesperrt.

Ich habe mich die Tage genau in diesem Punkt über Skype geärgert. Denn im Ausland wollte ich mich in eins der unzähligen Skype-WLAN einbuchen, doch meine irgendwann mal eingezahlten 20 Euro wurden nicht mehr angezeigt. Die dringenden Mails und ein paar fette Anlagen habe ich notgedrungen übers Telefon geschickt und harre mal den happigen Roaming-Gebühren, die man mir in Rechnung stellen wird.

Über Skypes Umgang mit meinem Geld war ich etwas verärgert. Ich nahm mir vor, mein Guthaben herauszuverlangen. Notfalls über einen befreundeten Zivilrechtler, der mir noch einen so großen Gefallen schuldet, dass er selbst diesen Ministreitwert schlucken müsste.

Ist aber gar nicht nötig, wie sich herausstellte. Skype bietet nämlich von sich aus einen Link, mit dem man sein Guthaben wieder reaktivieren kann (Link). Einloggen, klicken, nach kurzer Zeit ist das Geld wieder für Telefonate verfügbar. Die Prozedur macht offenbar nur Sinn, weil genügend Kunden sich mit dem “Inaktivitäts”-Argument abspeisen lassen und auf ihr Geld verzichten. Ich habe jedenfalls meine Zweifel, ob diese Pseudo-Streichung vor Gericht Bestand hätte.

Aber dafür werde ich den Freundschaftsdienst dann doch nicht aufbrauchen.

Unser Land, unsere Regeln

Vor wenigen Tagen bescheinigte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Menschen, die sich kritisch über die Datenschnüffelei der USA äußern, Antiamerikanismus und Naivität. Das gehe ihm gewaltig auf den Senkel, fügte Friedrich hinzu. Seit heute stellt sich allerdings verschärft die Frage, wie naiv der Innenminister selbst ist.

Die für ihn sakrosankten transatlantischen Freunde sollen nämlich nicht nur den Internetverkehr der EU-Bürger flächendeckend kontrolliert haben. Laut Spiegel haben sie das auch Wanzen in offiziellen EU-Vertretungen installiert und das Behördennetzwerk infiltriert.

Die Enthüllung basiert auf Informationen des Whistleblowers Edward Snowden. Fielen die Reaktionen auf die Überwachung der Bürger noch relativ milde aus, dürfte die Empörung jetzt deutlich wachsen. Und zwar aus gutem Grund. Die Anfänge vom heutigen Tag sind hier dokumentiert.

Immerhin ist es – zumindest aus Sicht von Politikern  – qualitativ schon noch etwas anderes, ob du und ich abgehört werden. Oder die Repräsentanten einer demokratischen Staatengruppe. Gegen die EU als solche, aber auch gegen den durchaus auch mal in EU-Räumen tagenden deutschen Innenminister und seine Kollegen ist das von den USA stets hochgehaltene Argument, Tempora und andere Sicherheitsprogramme dienten dem Kampf gegen den Terrorismus, offenkundig nur bedingt zu gebrauchen.

Es ist nämlich momentan kaum anzunehmen, dass die US-Sicherheitsbehörden die EU-Gremien als einen Ort betrachten, an dem Anschläge geplant werden. Andererseits lässt das Vorgehen der Amerikaner dann nur den Schluss zu, dass sie in ihrer Hybris mittlerweile schlichtweg jedes Mittel für angebracht halten, um ihre Ziele zu verfolgen.

Es mag in den USA Gesetze geben, die das Handeln der NSA legitimieren. Aber diese Gesetze sind für Deutschland und die EU nicht relevant. Die USA überwachen Deutschland und die anderen EU-Staaten, deshalb dürfen wir ihnen auch unsere Regeln entgegengehalten. Diese stellen Spionage in dieser Dimension nicht nur unter Strafe, wir sollten so einen Umgang unter (Noch-)Freunden auch – um ein Wort der Kanzlerin aufzugreifen – mit der nötigen Verachtung strafen.

Auch im Umgang mit dem wichtigsten Bündnispartner und der größten Wirtschaftsmacht gibt es nämlich für die EU Grenzen der Selbstachtung. Wenn die EU nicht spätestens jetzt klare Signale an die USA sendet, dass wir dieses Spiel nicht mitmachen und uns dem eingeschlagenen Weg verweigern, ist es womöglich wirklich zu spät, dann lässt sich die absehbare “Kernschmelze” des Rechtsstaats nicht mehr eindämmen.

Die Bundesregierung und die EU müssen langsam aufhören, mit Wattebäuschen nach den USA zu werfen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wären nicht nur deutliche Worte, sondern auch ein Untersuchungsausschuss des Europarlaments.

Dann würden wir möglicherweise auch erfahren, wie weit es mit der Kooperation zwischen europäischen und amerikanischen Sicherheitsbehörden wirklich ist, über die der Guardian aktuell berichtet. Gut möglich, dass uns danach der Innenminister und so manch anderer gehörig auf den Senkel geht.

Rückblick: Abgehört in der Adenauer-Zeit

“Sexuelle Vorgänge in primitiver Weise”

Das Landgericht München I versetzt der Pornobranche einen Nagelstich. Nach Auffassung der Richter genießt reine Pornografie keinen urheberrechtlichen Schutz.

Es war ein Verfahren von vielen. Ein Produzent von Pornofilmen wollte gegen mutmaßliche Filesharer vorgehen. Er beantragte deshalb bei Gericht einen Beschluss, auf dessen Grundlage Provider sagen müssen, welchem Kunden die festgestellten IP-Adressen zugeordnet waren.

Hiergegen wehrten sich die Betroffenen, unter anderem mit dem Argument, die angeblich in einer Online-Börse getauschten Clips “Flexible Beauty” und “Young Passion” zeigten nur “sexuelle Vorgänge in primitiver Weise”. Deshalb fehle es an einer persönlichen geistigen Schöpfung, wie sie das Urheberrecht voraussetzt. Dem schloss sich das Landgericht München I an.

Mit ihrer Auffassung stehen die Richter aber auf recht einsamer Flur. Fast alle Gerichte bejahen ohne großes Aufhebens die erforderliche Schöpfungshöhe, auch bei Pornofilmen ohne sonstige Handlung (Beschluss vom 29. Mai 2013, Aktenzeichen 7 O 22293/12). 

Großes Comeback fürs BCC-Feld

Die einen machen auf wichtig, die anderen handeln schlicht nachlässig. Es beginnt stets mit einer Mail, die sich an einen größeren Personenkreis richten soll. Statt die Empfänger, die sich vielleicht gar nicht kennen (und womöglich auch nichts voneinander wissen sollen), auf BCC zu setzen, werden diese ins CC-Feld oder gar als Adressaten eingefügt.

Eine weitverbreitete Praxis, die bald ein abruptes Ende finden könnte. Denn das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) knöpft sich Firmen vor, die fahrlässig mit Kundendaten in E-Mails umgehen.

Wegen Verstoßes gegen den Datenschutz erging jetzt ein Bußgeld gegen die Mitarbeiterin eines Handelsunternehmen. Die Frau hatte ein Rundschreiben an Kunden gerichtet. Die Mail hatte einen knappen Inhalt: Man werde sich “zeitnah” um das Anliegen des Kunden kümmern.

Dennoch hatte die E-Mail ausgedruckt einen Umfang von zehn Seiten, wobei das Schreiben selbst nur eine halbe Seite ausmachte. Der Rest waren die E-Mail-Adressen der vielen Kunden, die jeder Empfänger der Mail dann studieren konnte.

Nach Auffassung des BayLDA handelt es sich bei E-Mail-Adressen aber um personenbezogene Daten. In dem Fall hätten sich viele Kunden in dem Verteiler befunden, deren E-Mail-Adresse sich aus Vornamen, Namen und individuellen Absenderdomains zusammensetzten. Sie seien also einfach zu identifizieren gewesen.

Derartige Daten, so die Behörde, dürften nur mit Einwilligung der Betroffenen in Umlauf gebracht werden. Das BayLDA räumt zwar ein, dass der Adressierungsfehler häufig nur auf Nachlässigkeit beruht. Jedoch habe die Behörde auch festgestellt, dass die Praxis in vielen Unternehmen sorglos geduldet wird. Es bedürfe schon konkreter Dienstanweisungen und auch einer entsprechenden Kontrolle, so das BayLDA.

Die Mitarbeiterin der Handelsagentur hat das Bußgeld akzeptiert. In Arbeit ist nach Angaben des BayLDA schon ein weiterer Bußgeldbescheid. Dieser soll sich direkt gegen eine Firma richten.