Was ist ein geschlossener Raum?

Es kommt vor, dass Gefangene sich nackt ausziehen müssen und dann “durchsucht” werden. Für die Aktion sind gewisse Mindeststandards zu beachten, die in den Strafvollzugsgesetzen der Länder geregelt sind. Für Hessen stellt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nun in einem Beschluss klar, dass eine Nacktkontrolle nur in einem geschlossenen Raum stattfinden darf, in dem sich keine anderen Gefangenen aufhalten.

Zum Streit war es gekommen, weil ein hessisches Gefängnis nach Besuchen Nacktkontrollen durchführte, hierbei nach Auffassung eines Gefangenen aber nicht die Vorgaben des Gesetzes beachtete. Die Haftanstalt kontrollierte Gefangene regelmäßig in einem Raum im Bereich der Innenpforte, dessen Ausgang mit einem Vorhang versehen war, der während der Durchsuchung zugezogen wurde. Darüber hinaus war eine Schamwand aufgebaut, hinter der sich der Gefangene entkleiden konnte.

Der Kontrollraum besaß einen weiteren Durchgang zu einem Nebenraum, in dem Automaten aufgestellt sind, aus denen Gefangene nach Besuchen Genussmittel erwerben können. Dieser Durchgang war weder mit einem Vorhang noch einer Tür versehen. 

So eine räumliche Situation ist kein “geschlossener Raum”, wie ihn das hessische Strafvollzugsgesetz für solche Maßnahmen vorschreibt. Das befand schon das Landgericht Gießen, welches kurz und knapp urteilte, ein geschlossener Raum setze nach dem Wortsinn voraus, dass er mit Türen versehen sei. Vorhänge oder andere Abtrennungen reichten deshalb nicht.

Der Gefängnisleiter war der Meinung, damit überspanne das Gericht die Anforderungen. Jedoch stellt auch das Oberlandesgericht Frankfurt sich auf den Standpunkt, ein geschlossener Raum müsse eine Tür haben. Nur dort seien Durchsuchungen nackter Gefangener zulässig, und auch nur dann, wenn keine anderen Inhaftierten sich im Raum befinden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 22. November 2011, Aktenzeichen 3 Ws 836/11.

Mobilfunk: Keine Strafen für Nichttelefonierer

Im harten Preiskampf verwenden Mobilfunkanbieter viel Energie darauf, beim Kunden verdeckt abzukassieren. Etliche dieser Versuche scheitern allerdings vor Gericht. So musste sich das Landgericht Kiel jetzt mit der Frage beschäftigen, ob eine rückwirkende Nichtnutzungsgebühr von 4,95 Euro pro Monat und ein Pfand für die SIM-Karte zulässig sind.

Mit der Nichtnutzungsgebühr hatte es der Anbieter auf besonders sparsame Kunden abgesehen. Die Klausel lautete:

Wird in 3 aufeinander folgenden Monaten kein Anruf getätigt bzw. keine SMS versendet, wird dem Kunden eine Nichtnutzungsgebühr in Höhe von € 4,95 monatlich in Rechnung gestellt.

Mit dieser faktischen Strafe fürs Nichttelefonieren konnten sich die Richter nicht anfreunden. Die Klausel verkehre das Prinzip, dass man nur dann bezahlt, wenn man auch anruft oder simst, in sein Gegenteil. Das benachteilige den Kunden über Gebühr; überdies müsse niemand mit so einer Regelung im Kleingedruckten rechnen.

Auch einem Pfand von 9,95 Euro, welches bei Nichtrückgabe der SIM-Karte bis 14 Tage nach Vertragsende fällig werden sollte, erteilte das Landgericht Kiel eine Abfuhr. Hierbei handele es sich um einen pauschalierten Schadensersatz. Dieser sei aber allenfalls dann zulässig, wenn der Kunde einen geringeren Schaden nachweisen könne.

Die Richter weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Schaden für die Mobilfunkfirma wahrscheinlich sowieso unter 9,95 Euro liege, denn eine gebrauchte SIM-Karte sei nach Vertragsende praktisch wertlos. Außerdem müsste die Klausel eine Aussage darüber treffen, ob das Pfand auch nach Ablauf von 14 Tagen erstattet wird, wenn der Kunde die SIM-Karte doch noch einschickt.

Geklagt hatten die Verbraucherzentralen.

Landgericht Kiel, Urteil vom 29. November 2011, Aktenzeichen 2 O 136/11

Urlaub kann nicht angespart werden

Langzeiterkrankte Arbeitnehmer müssen sich darauf einrichten, dass ihre Urlaubsansprüche schneller verfallen. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist dies spätestens 15 Monate nach Ablauf des Jahres der Fall, in dem die Urlaubsansprüche entstanden sind. Die süddeutschen Richter ziehen damit die Konsequenz aus einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Das Bundesarbeitsgericht hatte noch 2009 entschieden, dass bei einer Dauererkrankung Urlaubsansprüche nicht schon im März des Folgejahres verfallen, sofern der Urlaub bis dahin nicht genommen werden konnte. Dadurch war es für arbeitsunfähig Erkrankte möglich geworden, Urlaub über mehrere Jahre anzusparen. Im Falle des späteren Ausscheidens aus der Firma hatten sie dann zum Beispiel einen Abgeltungsanspruch.

Der Europäische Gerichtshof meint jedoch in einem im Herbst letzten Jahres verkündeten Urteil, eine gesetzliche Obergrenze von 15 Monaten sei bei krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub europarechtlich in Ordnung. Genau diese zeitliche Grenze sieht die geltende Fassung des Bundesurlaubsgesetzes auch vor.

Die Richter am Landesarbeitsgericht Baden Württemberg folgten nun dieser Ansicht. Ein Mann war nach langer Erkrankung aus seiner Firma ausgeschieden. Für seinen während dreier Jahre nicht genommenen Urlaub verlangte er eine Abgeltung. Das Landesarbeitsgericht sprach ihm wegen der 15-Monats-Grenze aber nur das Geld für ein Jahr zu.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21. Dezember 2011, Aktenzeichen 10 Sa 19/11

Wulff und die Verschwiegenheit

Für seinen Mandanten muss sich ein Anwalt auch mal nach der Decke strecken. Muss er aber auch Unsinn erzählen? Diese Frage stellte ich mir heute morgen, als ich die jüngste Erklärung des Kollegen Gernot Lehr las.

Rechtsanwalt Lehr vertritt den ersten Mann in unserem Staate und bemühte sich in dieser Eigenschaft, eine Zusage des Bundespräsidenten im Fernsehinterview mit ARD und ZDF zu relativieren. Wulff hatte dort in Aussicht gestellt, er werde alle 400 Fragen herausgeben, die ihm im Rahmen der Kreditaffäre gestellt wurden. Und natürlich die Antworten, welche er samt uns sonders über seinen Anwalt Gernot Lehr geben ließ.

So viel Transparanz soll nach Lehrs Worten nun doch nicht sein. Der Anwalt erklärte laut Tagesspiegel:

Der im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr zwischen Anwälten und Dritten fällt unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht.

Die Aussage ist natürlich richtig. Aber sie ist nicht mal ansatzweise geeignet, die Nichtveröffentlichung der Fragen und Antworten zu begründen.

Die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts gilt einzig und allein gegenüber dem Mandanten, nicht gegenüber Dritten. Lehr kann tatsächlich nichts veröffentlichen, wenn Christian Wulff es nicht will. Stimmt Wulff aber der Veröffentlichung zu, hat sich das Argument Verschwiegenheitspflicht damit erledigt.

Der Mandant entscheidet ganz allein, ob und in welchem Umfang er seinen Anwalt an der Schweigepflicht festhält. Christian Wulff könnte also ganz einfach zu Rechtsanwalt Lehr sagen, dass er mit der Veröffentlichung der Fragen und Antworten einverstanden ist – so wie er das im Fernsehen angekündigt hat. Ab diesem Moment wäre die Verschwiegenheitspflicht kein Thema mehr. (Ebenso wenig wie der Persönlichkeitsschutz der Anfragenden, denn deren Namen könnte man ja weglassen.)

Ich finde es schon bedenklich, dass Wulffs Anwalt hier ernsthaft den Eindruck erwecken zu versucht, es bestünden nicht ausräumbare juristische Probleme aus dem Mandatsverhältnis, welche die von seinem Mandanten angekündigten Transparenzoffensive verhindern. Wenn der Kollege Lehr sich argumentativ etwas zu weit nach der Decke streckt, fällt dies letztlich auch auf Christian Wulff zurück. Aber womöglich ist der nach der Mailbox-Geschichte ja schon weitgehend schmerzbefreit.

Gefängnis für Wulff-Witze?

Durchs Web rauscht die Wulff-Witze-Welle. Auf Facebook, Twitter, in Blogs oder Kommentaren der großen Nachrichtenortale hinterlassen Bürger teils originelle, teils lustige, teils boshafte Sprüche über den ersten Mann im Staat. Das ist nicht ganz ohne Risiko, denn das Strafgesetzbuch stellt die “Verunglimpfung des Bundespräsidenten” gesondert unter Strafe. Und das nicht zu knapp: Wer schuldig gesprochen wird, dem drohen mindestens drei Monate Haft. 

Das Finanzportal monero.de hat mich zu Risiken und Nebenwirkungen von Wulff-Witzen interviewt.  Das Gespräch ist hier nachzulesen.

Keine Gratisurteile für freie Datenbanken

Richter haben es bequem, wenn sie ein Urteil suchen. Ihr Arbeitsplatz ist meist mit “juris” vernetzt, einer der größten juristischen Datenbanken in Deutschland. Doch solche Dienste kosten hohe Gebühren. Für den Nichtjuristen, der mal schnell ein Urteil googeln will, sind sie viel zu teuer. Umso lobenswerter ist es deshalb,  dass es freie Projekte gibt, die interessante Urteile seriös dokumentieren und ins Netz stellen.

Doch der Staat macht es freien Datenbanken nicht immer einfach, an Kopien der Urteile zu kommen. So kassierte jetzt openJur, die Internetseite ist mit 165.000 Urteilen am Start und eines der größten kostenlosen Angebote, eine Niederlage vor dem Amtsgericht Schleswig. Der zuständige Richter meint, die Datenbank habe keinen Anspruch auf kostenlose Urteilskopien. Vielmehr müsse sie für jede Entscheidung eine Pauschale von 12,50 Euro zahlen.

Dabei gibt es durchaus die Möglichkeit, von Kosten abzusehen. Die Gerichte müssten nur ein “öffentliches Interesse” daran bejahen, dass Datenbanken wie openJur Urteile veröffentlichen. Jedoch sieht das Gericht, etwas lapidar, in der Zugänglichkeit von Urteilen für jedermann kein öffentliches Interesse. Vielmehr verlangt es über die bloße Veröffentlichung hinaus “besondere Gründe”.

Vielleicht hätte schon die Überlegung geholfen, dass Urteile “Im Namen des Volkes” ergehen. Nicht zu vernachlässigende Teile des Volkes möchten mit Sicherheit gern wissen, wie stellvertretend für sie Recht gesprochen wird. Insofern stellen Urteilsdatenbanken ebenso Öffentlichkeit her wie das Publikum im Gerichtssaal, das ja auch nur unter engen Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann.

Zudem leben wir, das ist sicher nicht übertrieben, in einer immer mehr verrechtlichten Gesellschaft. Wer sich im Arbeits-, aber auch Privatleben vernünftig orientieren will, muss sich mit juristischen Fragestellungen auseinander setzen. Was für eine tolle Sache ist es da, dass man Urteile heutzutage googeln kann. Da könnte der Staat durchaus seinen Beitrag leisten und bei Projekten wie openJur, immerhin ein gemeinnütziger und für seine Arbeit preisgekrönter Verein, einfach mal nicht die Hand aufhalten.

Aber vom Ergebnis überrascht der Beschluss ohnehin nicht. Der Staat und insbesondere die dominante Datenbank juris stehen nämlich in enger geschäftlicher Verbindung. Um was für handfeste finanzielle Interessen es geht, hat der Spiegel im letzten Jahr dokumentiert

Beschluss des Amtsgerichts Schleswig vom 20. Dezember 2011, Aktenzeichen 1 AR -6- 34

Eine Waffe für Werbemüde

Die Deutsche Post hat ein Urteil rechtskräftig werden lassen, mit dem ihr die Zustellung des eigenen Werbeblatts “einkauf aktuell” an einen werbemüden Bürger untersagt wurde. Geklagt hatte ein Lüneburger Rechtsanwalt.

Der Jurist hatte die Post mehrfach schriftlich aufgefordert, ihm nicht jeden Samstag die Werbesendung in den Briefkasten zu stopfen. Bei “einkauf aktuell” handelt es sich um ein in Plastikfolie eingeschweißtes Fernsehprogramm, dem noch Werbeprospekte beigelegt werden, meist von Supermärkten, Getränkeläden und Elektrodiscountern. Die Deutsche Post vertreibt “einkauf aktuell” bundesweit.

Die Post hielt es für unzumutbar, bei einer solchen Massensendung individuelle Wünsche zu berücksichtigen. Sie verlangte stattdessen, dass der Kläger ein Schild mit “Werbung unerwünscht” an seinem Briefkasten anbringt. Das Landgericht Lüneburg stellte sich jedoch voll auf die Seite des Juristen. Niemand müsse es akzeptieren, dass sein Briefkasten mit unerwünschter Werbung zugemüllt werde. Ein Aufkleber könne nicht verlangt werden, zumal der Empfänger ja möglicherweise andere Werbung durchaus haben möchte, nur eben nicht “einkauf aktuell”.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Landgericht Lüneburg die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Die Deutsche Post hat aber keinen entsprechenden Antrag gestellt. Laut FAZ steht sie auf dem Standpunkt, das Urteil regele nur einen Einzelfall. Das ist formal zwar richtig, jedoch ist die Entscheidung des Landgerichts Lüneburg ganz offensichtlich als Grundsatzurteil gedacht.

Die Richter sprechen nämlich nicht nur von “einkauf aktuell”, sondern stellen vielmehr klar, jede Postwurfsendung greife in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dementsprechend stehe es jedem Bürger frei, sich die weitere Zusendung von Massenbriefen zu verbitten und bei Verstößen dagegen zu klagen. Mit der nun rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Lüneburg haben Werbeverdrossene jetzt jedenfalls eine handfeste Grundlage, um sich juristisch gegen Postwurfsendungen zu wehren.

Das Urteil im Wortlaut

Passt schon

Fahndungspannen kommen vor. Die Frage ist, was man daraus macht. Die Internetüberwachung eines süddeutschen Landeskriminalamtes wählt einen bemerkenswerten Weg. Sie definiert die Panne einfach weg, um doch noch an einen Hausdurchsuchungsbeschluss zu kommen.

Wochen-, wenn nicht monatelang haben die Beamten aus der Abteilung “Internetrecherche” mit spezieller Software verfolgt, über welche deutschen Internetanschlüsse ein kinderpornografisches Video in Tauschbörsen eingestellt wurde. Zumindest im Falle meines Mandanten, dessen IP-Adresse nur ein einziges Mal geloggt wurde, gab es dabei ein hausgemachtes technisches Problem.

Als die Polizisten die Daten auswerteten, stellten sie fest, dass die Uhrzeit in ihrem Sicherungsserver falsch war. Die Systemzeit hinkte 5 Minuten und 28 Sekunden hinter der “Atomzeit” her. Kurz: Jemand hatte vergessen, die Serverzeit mit der Echtzeit zu synchronisieren.

Auf Basis der falschen Zeit wurden dann bei Internetprovidern die Namen und Adressen der Anschlussinhaber abgefragt. Die Provider gaben also Auskunft darüber, wem die IP-Adresse 5 Minuten und 28 Sekunden vor dem Zeitpunkt zugeteilt war, in dem das Angebot der kinderpornografischen Datei dokumentiert wurde.

Für die Internetexperten der Polizei ist das aber kein großes Problem. Sie weisen darauf hin, Router seien “üblicherweise” dauerhaft mit dem Internet verbunden und erhielten allenfalls durch eine Zwangstrennung diverser Provider eine neue IP-Adresse. Kabelanbieter würden ihren Kunden sogar wochenlang dieselbe IP-Adresse zuordnen. Überdies erhielten die meisten Kunden auch nach einer Neueinwahl wieder dieselbe IP-Adresse.

Ohnehin sei für das Filesharing eine “dauerhafte Verbindung mit dem Internet” erforderlich. Deshalb sei anzunehmen, dass die Internetverbindung auch nach 5 Minuten und 28 Sekunden noch für den gleichen Nutzer bestand. Es passt also alles, weshalb der Beamte schreibt:

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Beauskunftete mit hoher Wahrscheinlichkeit der Verbreiter der kinderpornografischen Datei ist.

Ich hätte ja wenigstens erwartet, dass man mal beim Provider meines Mandanten nachfragt, wie der es mit der Vergabe von IP-Adressen hält. Oder ob vielleicht auch heute noch zu ermitteln ist, wem die IP-Adresse im richtigen Zeitpunkt zugeteilt war. Aber die Ermittler sind sich so sicher, dass sie es bei allgemeinen Spekulationen belassen – vielleicht auch wegen der Vielzahl der betroffenen Fälle.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass ein Richter den Durchsuchungsbeschluss anstandslos unterschrieb. Und welche Überraschung, dass bei einer ersten Überprüfung der Computer meines Mandanten keine Kinderpornos gefunden wurden…

Richterliches Smartphoneverbot

An Bewährungsauflagen sollte man sich halten. Zumindest wenn man in einer kleineren Stadt wohnt, in der Polizeibeamte ihre Klientel regelmäßig gut im Auge haben. Im beschaulichen Tuttlingen missachtete ein 39-Jähriger genau dies. Er ließ sich mit einem Smartphone in der Stadtmitte ertappen – und löste damit eine Hausdurchsuchung bei sich aus.

Ein Gericht hatte den Mann nach Angaben der Tuttlinger Polizei wegen des Besitzes von Kinderpornografie verurteilt. Zu den Bewährungsauflagen gehörte auch, dass er kein internetfähiges Handy benutzt. Genau so ein Gerät sahen Kriminalbeamte aber letzte Woche bei ihm, als er durch die City schlenderte.

Bei der Kontrolle fanden die Beamten Kindepornos auf dem Handy. Ein Richter ordnete darauf eine Wohnungsdurchschung an, bei der weiteres einschlägiges Material gefunden wurde.

Dem Mann droht jetzt ein weiteres Verfahren.

Der nette Herr F.

Die Düsseldorfer Polizei fahndet nach einem mutmaßlichen Bankräuber. Nun hat sie das Fahndungsplakat neu gestaltet, und zwar aus einem bemerkenswerten Grund: In der bisherigen Fassung kam der Verdächtige einfach zu sympathisch rüber.

In der Tat zeigte das ursprüngliche Fahndungsplakat den Gesuchten Thomas F. als recht freundlichen Kerl:

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Möglicherweise gingen zu viele Verehrinnenmails auf der Polizeihotline ein. Oder gar Anfragen für Kuppelshows im Trash-TV. Jedenfalls sieht sich das Polizeipräsidium Düsseldorf zur Klarstellung veranlasst, dass auch Bilder täuschen können.

Der Beschuldigte sei keineswegs so nett und harmlos, wie er auf dem Foto wirke. Vielmehr sei er “bewaffnet und entschlossen”. Das belege auch ein Vorfall vom 9. Dezember letzten Jahres, bei dem der 46-Jährige in Krefeld auf der Flucht fast einen Polizeibeamten umgefahren habe.

Um die unfreiwillige Sympathiewerbung zu beenden, rückt die Polizei nun ein ganz anderes Foto an die erste Stelle des Fahndungsaufrufs. Es soll den Verdächtigen bei seinem letzten Banküberfall in Sachsen-Anhalt zeigen, wie etwa dieses weitere Bild aus der Überwachungskamera:

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Das neue Fahndungsplakat, mit deutlich sichtbarer Pistole, gibt es hier als PDF.

BKA wieder über Tor erreichbar

Das Bundeskriminalamt ist mit dem Versuch gescheitert, nur durch individuelle IP-Adressen ausgewiesene Besucher auf seine Seite zu lassen. Die Behörde hatte ihr Angebot für Anonymisierungsdienste gesperrt. Nach Informationen von heise online hat der Bundesdatenschutzbeauftragte hiergegen erfolgreich protestiert.

Rechtlich gesehen haben Anbieter von Onlineangeboten keinen Anspruch darauf, dass sich Nutzer durch eine individuelle IP-Adresse “ausweisen”. Das Telemediengesetz fordert in seiner aktuellen Fassung sogar, dass Angebote anonym oder unter Verwendung von Pseudonymen nutzbar sein müssen – die Bezahlung eventueller Dienstleistungen eingeschlossen.

Hierauf hat der Bundesdatenschutzbeauftragte das Bundeskriminalamt laut heise online hingewiesen, nachdem ihm im Sommer 2011 Beschwerden erreichten, wonach es nicht möglich war, etwa über den Anonymsisierungsdienst Tor die Webseite bka.de anzusurfen. Das Bundeskriminalamt habe erklärt, die betreffende IP-Range sei bereits in den Grundeinstellungen des Servers gesperrt gewesen. Die Blockade wurde dann aufgehoben.

Bereits früher war das Bundeskriminalamt dadurch aufgefallen, dass es seine Webseite als Honeypot benutzt. So wurde durch gezielte Veröffentlichungen versucht, Mitglieder der militanten gruppe auf die Seite zu locken und über ihre IP-Adressen zu identifizieren. Dabei wurden natürlich auch die IP-Adressen aller Nutzer gespeichert und womöglich kontrolliert.

Winkender Aushilfsblogger

So, das war’s dann mit dem Aushilfsgeblogge im law blog. Ich ziehe mich wieder zurück ins heimische Wohnzimmer und hoffe, daß die Reinigungskraft (in unserem Blog würde ich von Putzfrau sprechen ;-) ) nicht allzu viel zu tun hat, wenn ich hier weg bin.

Diejenigen, die zu faul waren, sich an was Neues zu gewöhnen, werden wem-auch-immer danken, daß Udo Vetter wohl behalten aus seinem Urlaub zurück ist. Bei den anderen, die sich einfach so auf ihren Chefblogger freuen, hoffe ich, daß ich ein wenig zur Unterhaltung beitragen konnte.

Macht’s gut und Danke für den Fisch die freundliche Aufmerksamkeit,

… sagt freundlich winkend … der Aushilfsblogger.

Nachdem ich wieder da bin, auch von mir ein riesiges Dankeschön an den Berliner Kollegen Carsten R. Hoenig, der hier fast drei Wochen die Stellung gehalten hat. Bitte vergesst nicht, dass es von Carsten auch künftig täglich was zu lesen gibt. Auf seinem eigenen Blog, das ich hiermit allen Interessierten noch mal gern ans Herz lege. U.V.

Verunglimpfung

Bundespräsident Christian Wulff hat gegen einen Facebbok-Nutzer Strafanzeige wegen „Verunglimpfung des Bundespräsident“ (§ 90 StGB) gestellt.

berichtete gestern Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr in seinen Rechtsnews.

In dem Verfahren vor dem Landgericht Dresden am 11. Januar 2012 geht es um ein Foto, auf dem das Präsidenten-Ehepaar zu sehen sein soll; die Frau Gemahlin mit nach oben ausgestrecktem rechten Arm – dem nach § 86a StGB strafbaren Hitlergruß; riecht ein wenig nach Photoshop.

Egal ob montiert oder nicht: Die Veröffentlichung dieses Fotos auf Facebook stellt nach Ansicht des Bundespräsidenten und der Staatsanwaltschaft eine Straftat nach § 90 StGB dar: Die relativ selten angeklagte „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“.

Denn neben diesem Foto soll auch noch durch entsprechende (blödsinnige) Bildunterschriften eine Verbindung zwischen der Frau und dem Dritten Reich hergestellt worden sein.

Daß es sich insgesamt nicht um einen Ritt über den Ponyhof handelt, erkennt der Laie schon daran, daß es die Staatsschutzkammer des Landgerichts ist, die über diese Sache verhandelt. Was vor dieser Kammer sonst noch so Thema ist, kann man sich in § 74a GVG zu Gemüte führen.

Ob dieses Verfahren, was der BPräs. mit seiner „Ermächtigung“ (eine Art qualifizierter Strafantrag) losgetreten hat, tatsächlich so sinnvoll ist, scheint mir zweifelhaft. Und zwar nicht nur hinsichtlich des Streisand-Effekts (ohne den dieser Beitrag heute nicht geschrieben worden wäre).

Die Verunglimpfung ist eine Spezialität der Beleidigung nach § 185 StGB. Speziell ist beispielsweise die Strafandrohung: Mindestens 3 Monate Kerker.

Es gibt ein paar Probleme, ich mal so aus der Ferne sehe.

Unmittelbar betroffen wurde die Präsidenten-Gattin, nicht der Gatte selbst. Bereits an dieser Stelle kann man diskutieren, ob mit der … sagen wir mal … Karikatur der Schutzbereich der Norm berührt wird.

Geschützt ist der Bundespräsident in Person, nicht aber sein Vertreter nach Art. 57 GG. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem Charakter des § 90 als Sondervorschrift; zudem gewähren die §§ 185 ff. dem Stellvertreter ausreichenden strafrechtlichen Schutz.

liest man beispielsweise im Münchener Kommentar. Da ist also durchaus Spielraum für eine (Freispruch-) Verteidigung des Facebook-Freunds.

Dann haben wir noch die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 und 3 GG, Meinung und Kunst.

Je nach Fallgestaltung kommt noch die Frage nach der Täterschaft hinzu, wenn nicht feststeht, wer zur Zeit der Veröffentlichung des „Beitrags“ hinter dem Rechner gesessen hat.

Alles in Allem ein paar Unwägbarkeiten, die im worst case (aus Sicht des Herrn Präsidenten) zu einem blamablen Prozeßende führen könnten.

Und überhaupt: Wenn ich in den vergangenen 2 1/2 Wochen hier im Weblog jede Verunglimpfung des Aushilfsbloggers durch so einige Kommentatoren zur Anzeige gebracht hätte … ganze Horden von Strafverteidigern hätten sich davon ihr Altenteil finanzieren können. ;-)

Kann es sein, daß der Herr Bundespräsident über ein nur sehr dünnes Fell verfügt?

… fragt sich der verunglimpfte Aushilfsblogger.