Der letzte Satz

Die Anwältin schreibt zweieinhalb Seiten voll. Ein Argument nach dem anderen, warum ihre Beschwerde richtig ist. Ich lese das alles und freue mich schon unbändig auf die Arbeit, das alles als Mumpitz zu entlarven.

Dann der letzte Satz:

Aus rein wirtschaftlichen Erwägungen wird die Beschwerde zurückgenommen.

Wieder mal die alte Regel: Immer erst gucken, was am Ende steht. Ich hoffe, der zuständige Richter war schlauer als ich.

Zurück ärgern

Ich habe unser mittlerweile doch beliebtes Antwortschreiben an Abmahnkanzleien um einen Passus ergänzt:

Abschließend machen wir für unsere Mandantin bzw. unseren Mandanten unter Hinweis auf § 34 BDSG folgende Auskunftsansprüche geltend:

– Über welche gespeicherten Daten zur Person unserer Mandantin bzw. unseres Mandanten verfügen Sie und Ihre Auftraggeberin? Woher stammen diese Daten?

– An welche Empfänger oder sonstige Stellen wurden bzw. werden diese Daten weiter gegeben?

– Zu welchem Zweck erfolgt die Speicherung?

Der Anspruch auf Auskunft nach dem Bundesdatenschutzgesetz ist verpflichtend. Er kann und wird gerichtlich durchgesetzt werden, sofern nicht binnen 10 Tagen hier eine ausreichende Antwort vorliegt.

Bisschen zurück ärgern sollte schon erlaubt sein.

Immer diese Gesetzesänderungen

Beim Betreten des Gerichtssaals stutzte ich. Klar, wir hatten drei Angeklagte, deshalb nahmen neben mir zwei weitere Verteidiger Platz. Aber was machte der freundlich lächelnde Rechtsanwalt auf der anderen Seite? Er hatte sich und seine Akten neben der Staatsanwältin ausgebreitet.

Der Richter fragte gleich zu Anfang, ob Bedenken bestehen, den Geschädigten als Nebenkläger beizuordnen und die Nebenklage von dem betreffenden Anwalt vertreten zu lassen. Die Bedenken hatte ich wohl und äußerte sie auch. Immerhin waren wir hier beim Jugendschöffengericht. Die Angeklagten sind noch keine 18 Jahre alt und damit Jugendliche. Gegen Jugendliche ist die Nebenklage aber nur eingeschränkt zulässig. Bis vor einigen Jahren war sie gar nicht möglich.

„Unzulässig“, lautete also das Wort, mit dem ich meine Bedenken zusammenfasste. Mehr konnte ich erst mal nicht sagen, weil mein Netbook hochfuhr und ich noch nicht bei beck-online auf die einschlägigen Paragrafen zugreifen konnte.

Das Lächeln des Anwalts wurde breiter. Überheblich will ich jetzt mal nicht sagen. Auch der Richter verwies aufs „geänderte Gesetz“ und implizierte damit, dass im Alltagsstress bei manchen Anwälten die Fortbildung leidet. Er war aber immerhin bereit, mal hineinzuschauen. Musste er ja ohnehin, wenn er einen Beschluss zu erlassen hätte. Je länger die Lektüre dauerte, desto ungläubiger wurde die Miene des Richters. Gleiches galt für das Gesicht des Nebenklägers in spe, der sich, mangels eigener Gesetzessammlung, vom Richter dessen aktuellen Gesetzestext auslieh und ebenfalls fleißig las.

Heute ging es um gefährliche Körperletzung. Für Fälle der Körperverletzung lässt § 80 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes Nebenklage gegen Jugendliche zu. Aber wie das bei Juristen ist: Keine Ausnahme ohne weitere Ausnahme. Es muss sich bei der Körperverletzung um ein Verbrechen handeln. Verbrechen sind Tatbestände, bei denen die Mindeststrafe ein Jahr Gefängnis ist. Gefährliche Körperverletzung gibt es schon ab einem halben Jahr. Sie ist also kein Verbrechen, sondern nur ein Vergehen.

Der Gesetzestext wurde gedreht und gewendet. Heraus kam aber nur eins: Die Nebenklage war keine Formsache, sondern unzulässig. Wenigstens sah der Rechtsanwalt das dann auch ein, packte seine Sachen und ging.

Die Tür hätte er allerdings nicht knallen müssen.

„Hi, bist du da?“

„Hi, bist du da?“

Mein jugendlicher Mandant hatte eigentlich gedacht, ein Bekannter stellt ihm diese Frage auf ICQ. Aber der Fremde, der sich auf seine Antwort meldete, war auch ganz nett. Er habe da eine tolle Verdienstmöglichkeit. „Zum Großhandelspreis“ habe er günstig jede Menge Softwarelizenzen erworben und suche jetzt Leute, welche die Schlüssel weiter vertreiben. Ebay sei dafür ganz gut.

Mein Mandant ließ sich einwickeln und kaufte einige Lizenzen. Die Abrechnung erfolgte über Paysafecards. Die PIN-Codes der Prepaid-Karten ließ der Mandant seinem Geschäftspartner per ICQ zukommen. In vielen Internetshops können die PIN-Codes wie Bargeld eingesetzt werden. Im Gegenzug erhielt er über ICQ die Softwareschlüssel.

Die Lizenzen kosteten ihm rund ein Zwölftel des Ladenpreises. Also eine gute Ausgangsbasis für florierende Auktionen auf ebay. Tatsächlich gingen die Schlüssel zunächst auch ganz gut weg – bis die ersten Reklamationen eintrudelten.

Der Geschäftspartner, von dem die Lizenzen stammten, hatte zwar Kontakte zu Großhändlern. Aber nur zu solchen, die mit Adress- und Zugangsdaten handeln. In großem Stil holte er sich die Lizenschlüssel auf Softwareseiten – bezahlt wurde von den ahnungslosen Dritten, deren Telefonrechnung oder Kreditkarte belastet wurde.

Das blieb mittelfristig natürlich nicht unbemerkt. Prompt wurden viele Softwareschlüssel gesperrt und funktionierten nicht mehr, als sie mein Mandant bei ebay unter die Leute brachte. Seine Kunden reagierten entsprechend erbost, manche sogar mit Strafanzeigen.

So nahm das Unheil also seinen Lauf. Hunderte Endverkäufer soll der Anbieter geködert haben; gegen die meisten laufen mittlerweile Ermittlungsverfahren wegen Betrugs.

Nur die Hautpfigur ist trotz intensiver Ermittlungen nach wie vor unbekannt. Was ja, wenn man was Positives aus der Geschichte mitnehmen will, eine klare Empfehlung für die Paysafecard ist.

T-Mobile bleibt hart

Im Streit um die Modemnutzung des iPhone für Vertragskunden der 1. Generation bleibt T-Mobile zunächst hart. Hier die Antwort auf mein Schreiben, die ich nun für mehrere Mandanten gleichlautend erhalten habe:

Ihr Mandant telefoniert aktuell in den so genannten Complete Tarifen der 1. Generation. In diesen Tarifen können wir Tethering mit dem iPhone leider nicht anbieten.

Damit Sie nachvollziehen können warum dies so ist, hier ein kurzer Rückblick: Seit Mitte Juni 2009 wird Tethering in Deutschland mit dem iPhone 3G/3GS, ab der Software-Version 0S 3.0 angeboten. Erst zum 10. September 2009 hat T-Mobile die technischen Voraussetzungen für Tethering im T-Mobile Netz geschaffen und als Zusatzoption „Modem Nutzung“ im Rahmen der Complete Tarife der 2. Generation angeboten.

Vorher war Tethering im T-Mobile Netz mit dem iPhone nicht möglich. Daher gehört es auch nicht zum Leistungsumfang des T-Mobile Vertrags und es besteht kein vertraglicher Anspruch auf Tethering in den – nicht mehr angeboten – Complete Tarifen der 1. Generation.

Der Leistungsumfang des T-Mobile Vertrags Ihres Mandanten – im Complete Tarif der 1. Generation – ist unverändert. Eine einseitige Änderung des Vertrags durch T-Mobile ist nicht erfolgt. Es besteht auch kein Anspruch, dass T-Mobile das Mobilfunknetz anpasst, um in den älteren Complete Tarifen Tethering mit dem iPhone zu ermöglichen.

Die Nutzung von Tethering wird auch nicht durch T-Mobile mit dem aktuellen Software-Update für das iPhone gesperrt. Das von Ihnen freiwillig durchgeführte Software-Update für das Endgerät wird vom Hersteller Apple zur Verfügung gestellt und nicht von T-Mobile.

Unser Angebot: Ihr Mandant wechselt kostenfrei – ohne Verlängerung der Laufzeit Ihres Vertrags – in einen Complete Tarif der 2. Generation und beauftragt die Zusatzoption „Modem Nutzung“.

Wenn Sie hierzu weitere Fragen haben, sind wir gern für Sie da.

Ich denke, die Fragen sind mittlerweile längst beantwortet. Und die jetzt von T-Mobile etwas lieblos vorgebrachten Argumente scheinen mir wenig geeignet, die einseitige Einschränkung des Angebots zu rechtfertigen. Vor allem der Verweis auf Apple ist hanebüchen. Bekanntermaßen setzt Apple lediglich die Vorgaben des Telefonanbieters um. Ansonsten wäre es ja auch kaum möglich, dass Kunden, die sich für die kostenpflichtige Datenoption in den neuen Verträgen entschließen, ihr iPhone mit der Software 3.1 künftig als Modem nutzen dürfen.

Es gibt nun im Kern zwei Möglichkeiten: Fristlose Kündigung des Vertrages oder Klage gegen T-Mobile auf Ermöglichung der Modemnutzung.

Geht das überhaupt?

In der Verhandlung ging es nur um das Strafmaß. Der Bundesgerichtshof hatte auf die Revision hin ein Urteil des Landgerichts aufgehoben, in dem eine Gesamststrafe gebildet worden war. Gesamtstrafe bedeutet, dass das Gericht nicht nur über den bei ihm angeklagten Fall entscheidet, sondern auch eine frühere Verurteilung – hier sechs Jahre und sechs Monate Gefängnis, ebenfalls eine Gesamtstrafe – mit einbezieht. Heraus kamen dann zunächst insgesamt neun Jahre.

Mein Mitverteidiger und ich plädierten auf jeweils fünf Jahre, also weniger, als es schon im ersten Urteil gab. Aus guten Gründen, wie wir meinten. Der Vorsitzende war über diesen Antrag jedoch so verblüfft, dass er mich im Plädoyer unterbrach. Ob ich wirklich meine, das Gericht könne die erste Strafe von sechs Jahren und sechs Monaten sogar unterschreiten? Die erste Strafe sei doch rechtskräftig.

Ich habe gleich darauf geantwortet und dargelegt, dass zur Bildung sämtliche Einzelstrafen „aufgelöst“ werden müssten, selbstverständlich auch die dies ersten Urteils, auch wenn dieses an sich rechtskräftig ist. Denn die Gesamtstrafenbildung ist nun mal einer der wenigen Fälle, in denen sich rechtskräftig verhängte Strafen noch ändern können.

So ganz schien mir das Gericht nicht zu glauben. Doch in der Urteilsverkündung wies der Vorsitzende, wahrscheinlich nach ausgiebigem Blick in die Kommentare, ausdrücklich darauf hin, dass wir Verteidiger „formal“ recht hätten. Tatsächlich sei es denkbar, bei der erforderlichen „Auflösung“ alller Strafen sogar den Strafrahmen des ersten Urteils zu unterschreiten. Allerdings betonte er, noch von keinem Fall gehört zu haben, in dem das geschehen ist.

Leider schien dem Gericht unsere Angelegenheit auch nicht geeignet für eine Premiere. Es ließ zwar etwas vom Strafmaß runter, aber längst nicht so viel, wie wir Verteidiger und der Angeklagte erhofft hatten.

Abgesehen vom Erlebnis, einen Richter mit einem juristischen Argument wirklich handfest zu verblüffen, nehme ich aus der Verhanldung also einen neuen Auftrag mit. Wir gehen erneut in Revision.

Was dürfen 844 MB Daten kosten?

Vor einiger Zeit hatte ich an T-Mobile geschrieben und für einen Mandanten gegen eine Rechnung über 7.590,86 € protestiert. Der Mandant sollte für 844 MB zahlen, die er ohne Datentarif heruntergeladen haben soll.

T-Mobile hat nun mitgeteilt, man habe die Forderung niedergeschlagen. Nicht mal auf mein Angebot zur Güte, dem Mandanten rückwirkend eine Flatrate zu berechnen, wollte man eingehen.

Leider schreibt T-Mobile nicht, warum man auf die Forderung verzichtet. Ich halte es aber für gut möglich, dass man das exorbitante Preisgefälle lieber nicht vor Gericht diskutieren möchte.

Kommentar-Updates

Kommentar von Florian Holzhauer

Keine Panik, ihr könnt die politische Rhetorik diesmal stecken lassen, obwohl das Posting wieder aus dem Maschinenraum ist ;)

Ich habe eben die Kommentarfunktionalität hier im Blog etwas umgebaut – wie z.B. von Spreeblick bekannt gibt es nun ordentliche Reply-To-Funktionalität. Im Zuge der Umbauten sind auch verschiedene Text-Formatierungs-Möglichkeiten wieder dazu gekommen.
Weiterlesen

Gut geblufft

Gegen die Kündigung des Mandanten war nichts zu machen. Wohl aber dagegen, dass ihm seine Chefs für die letzten zwei Monate kein Gehalt zahlten. Also Fax an die Firma mit Zahlungsaufforderung. Keine Antwort. Auf die Mahnung kam immerhin ein Schreiben des Steuerberaters. Die Geschäftsführer seien im Urlaub; nächste Woche werde abgerechnet.

Die nächste Woche ging ins Land. Ich telefonierte mit dem Steuerberater. Der war ganz erstaunt. „Hat ihr Mandant das Arbeitgeberdarlehen nicht erwähnt?“ Hatte er nicht. Mit dem Kredit seien nämlich die letzten beiden Gehälter verrechnet worden. „Ihr Mandant sollte lieber die Füße still halten, dann verzichten wir auf die noch offenen 200 Euro.“

Ich rief also den Mandanten an. Der versicherte hoch und heilig, keine Schulden bei seinen Chefs zu haben. Ich glaubte ihm uneingeschränkt, zumal nach drei Tagen das vom Steuerberater angekündigte Fax mit dem Kreditvertrag noch nicht da war.

Also Klage. Kaum war Gütetermin beim Arbeitsgericht anberaumt, kam ein Schreiben des Steuerberaters. Mit kompletter Gehaltsabrechnung für die offenen Monate und der Bitte, den Gütetermin abzusagen, wenn das Geld auf unserem Konto ist.

Von einem Darlehen kein Wort. Ich würde nur gern wissen, ob der Steuerberater wirklich so gut blufft. Oder ob er von seinen eigenen Mandanten hinters Licht geführt wurde.

Zu keinem Zeitpunkt

Aus einer Anklageschrift:

Tatsächlich existierte die Firma F. B. Ltd. jedoch zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr handelte es sich um eine bloße Briefkastenfirma.

Der Rest des Textes ist logischer. Leider.

Alles wird teurer…

Das Schreiben unserer Telefonfirma drückt auf die Tränendrüse:

Seit unserer letzten Preiserhöhung vom 1. Januar 2007 sind die Kosten in vielen Bereichen des unternehmerischen Handelns gestiegen, sei es bei den Energie-, Material- oder Personalkosten. Im Interesse unserer Kunden konnte bislang durch gezielte Einsparungsmaßnahmen unsererseits eine weitere vertragliche Gebührenanpassung vermieden werden.

Aufgrund der hohen Steigerung in den genannten Bereichen, insbesondere bei den tariflichen Erhöhungen der Löhne, sind wir in diesem Jahr gezwungen, die Gebühren, wie unten aufgeführt, zum 01.10.2009 anzupassen. Wir bitten um Verständnis.

Unsere Telefonanlage kostet monatlich nicht mehr 45,00 €. Sondern 45,38 €.

Ich habe das Gefühl, die Gewerkschaften haben schlecht verhandelt.

Familientragödie um Sorgerecht

Bei einer Familientragödie ist vorgestern in Greven ein 65-jähriger Großvater vom Vater seines Enkelkindes getötet worden. Der Hintergrund der Gewalttat ist offenbar ein Streit um das Sorgerecht des eineinhalbjährigen Kindes.

Dere 40-Jährige hatte seine Tochter aus Münster zu sich nach Greven geholt. Von dort wollte es die Mutter mit Unterstützung ihrer Eltern am Samstag wieder abholen. „Unter einem Vorwand verschaffte man sich dann Zugang zum Keller des Hauses und stellte den Strom ab, damit der 40-Jährige gezwungen war, in den Keller zu kommen,“ so schildert es Kriminalhauptkommissar Franz Richter, Leiter der Mordkommission.

In diesem Moment wollte die Mutter ihr Kind aus einem oberen Stockwerk holen. Im Keller aber kam es zu einem Streit zwischen dem Vater und dem Großvater. Der 40-jährige erstach laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer den 65-jährigen mit einem Messer: „Der Täter macht keine Angaben zu den Einzelheiten; wir beschuldigen ihn des Totschlags“. (pbd)