Gibt es sie?

Telefonnotiz:

Herr K. bittet um RR. Betr.: Er hat von einem Bekannten gehört, Sie hätten eine Internetseite „lorblog“, die er aber nicht finden kann. Gibt es sie?

Wir klären das auf. Morgen.

Ein Koffer Post

Jemand hat mir sein Leben auf den Besprechungstisch gelegt. Einen Koffer voller ungeöffneter Briefe. Darunter auch sehr viele von Gerichten.

So leid es mir tat, musste ich meine weitere Tätigkeit von einem größeren Kostenvorschuss abhängig machen. Denn die Papiere zu sortieren und zu bewerten, würde mindestens anderthalb Tage Arbeit kosten.

Von den paar Unterlagen, die ich mir angesehen habe, muss ich sagen, der Betreffende wäre bei der Schuldnerberatung ohnehin besser aufgehoben.

Inkasso-Krieger

Der Fernsehsender Premiere ist ja nicht ganz unbekannt, was seine Abopolitik und Inkassopraxis angeht. Auch wir haben mal wieder so einen Fall mit einigen Merkwürdigkeiten.

Der Mandant hatte ein bestimmtes Programm abonniert, das wurde umgestellt. Der Mandant sollte weniger Leistung fürs gleiche Geld bekommen. Eine Kündigung hätte Premiere nach eigenem Bekunden ja sogar akzeptiert. Jedoch nur mit einem großen Aber.

Denn, so beschied man unseren Mandanten, er habe die Frist für die Kündigung versäumt. Diese soll sich aus einem „Infomailing“ ergeben haben. Nur leider hat der Mandant so ein Infomailing nie erhalten. Und selbst wenn – Vertragsänderungen kommen nicht durch Schweigen zustande, sondern durch Zustimmung. Zugestimmt hat unser Mandant aber nicht.

Die Korrespondenz mit der infoscore Forderungsmanagement GmbH verlief unergiebig, obwohl wir sowohl den Sachverhalt als auch die rechtlichen Folgen so klar darlegten, dass es auch ein I-Dötz hätte begreifen müssen.

Unser letztes Schreiben endete mit den Worten:

Wenn Sie an Ihrer Rechtsauffassung festhalten, stellen wir anheim, unseren Mandanten nicht weiter mit Mahnungen zu belästigen. Bitte erheben Sie doch gleich Klage, damit die Angelegenheit vor Gericht geklärt werden kann. Unser Mandant sieht einem Rechtsstreit gelassen entgegen.

Und tatsächlich: Die Gegenseite beantragte einen Mahnbescheid. Nach dem Widerspruch schreibt nun nicht mehr infoscore, sondern die Rechtsanwalt Rainer Hass & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH:

Wir können Ihrem Widerspruch jedoch nicht entnehmen, welche Einwendungen Sie gegen die Forderung erheben. Wir bitten Sie, uns bis spätestens 20.07.2009 die Gründe mitzuteilen, die Sie zu Ihrem Widerspruch veranlasst haben.

Statt zu nerven, könnte man ja vielleicht mal in die bisherige Korrespondenz schauen. Da steht alles drin. Aber das Verhalten macht natürlich Sinn – als psychologische Kriegsführung. Ich bin seit heute endgültig dafür, die endlosen Briefschleifen mancher Inkassobüros auf die Liste verbotener Foltermethoden zu setzen.

Guter Vorschlag

Die Mail kam von der Polizei. Sie war an die Betreiber eines Forums gerichtet. Der Absender wollte die Daten eines Kommentators, insbesondere die IP-Adresse.

Für den Fall, dass die Daten nicht herausgegeben werden, hieß es in der Mail, werde ein richterlicher Beschluss erwirkt. Die Forenbetreiber können noch nicht einmal ansatzweise nachvollziehen, was an dem Kommentar strafbar sein soll. Ich auch nicht.

Ich habe ihnen zu folgender Antwort geraten:

„… kommen wir gern auf Ihren Vorschlag zurück, einen richterlichen Beschluss herbeizuführen. Sobald dieser schriftlich, nicht nur per Mail, vorliegt, werden wir die gewünschte Auskunft geben.“

Wer weiß, vielleicht hat ja auch der Richter Probleme, einen Tatverdacht auszumachen…

„Durchgeknallt“ muss keine Beleidigung sein

Einen Staatsanwalt als „durchgeknallt“ zu bezeichnen, ist nicht unbedingt eine Beleidigung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Gericht hob die Verurteilung des Zeit-Herausgebers Michael Naumann auf, der in einer Talkshow unter anderem gesagt hatte:

Und ich bin ganz sicher, dass dieser staatsanwaltliche, man muss wirklich sagen: Skandal eines ganz offenkundig, ich sag`s ganz offen, durchgeknallten Staatsanwaltes, der hier in Berlin einen außerordentlich schlechten Ruf hat, der vor einem Jahr vom Dienst suspendiert worden ist, der zum ersten Mal überhaupt wieder tätig wird. Dieser Skandal wird
zweifellos dazu führen, dass sich die hiesige Justizbehörde und die ihr zugeordnete Staatsanwaltschaft fragen muss, ob man auf diese Art und Weise gegen Privatpersonen vorgehen kann.

Wegen dieser Aussage war Naumann wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zu Unrecht, denn die Äußerung ist nach Auffassung des Verfassungsgerichts von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Der Kontext der Äußerung im Zusammenhang mit der Kritik an der Informationspolitik der zuständigen Staatsanwaltschaft spreche gegen die Annahme, dass der Beschwerdeführer dem Betroffenen pauschal die geistige Gesundheit habe absprechen und ihn damit ungeachtet seines Sachanliegens habe diffamieren wollen. Vielmehr liege es aus Sicht des unvoreingenommenen Publikums nahe, dass er auch durch diese Begriffswahl Kritik an dem Umgang des Generalstaatsanwaltes mit den Persönlichkeitsrechten eines Beschuldigten üben wollte.

Die Herauslösung des Begriffes „durchgeknallt“ aus diesem Kontext verstelle den Blick
darauf, dass die umstrittene Äußerung im Zusammenhang mit einer Sachauseinandersetzung um die Ausübung staatlicher Strafverfolgungsbefugnisse fiel. In diesem Kontext könne der verwendeten Begriffswahl aber nicht jeglicher Sachbezug abgesprochen werden, da sie – wenn auch in polemischer und in herabsetzender Form – durchaus die Sachaussage transportieren kann, dass ein als verantwortlich angesehener Staatsanwalt im Zuge der Strafverfolgungstätigkeit die gebotene
Zurückhaltung und Rücksichtnahme auf das Persönlichkeitsrecht eines
Beschuldigten in unsachgemäßer und übertriebener Weise habe vermissen
lassen.

Teil der von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz umfassten Freiheit, seine Meinung
in selbstbestimmter Form zum Ausdruck zu bringen, ist laut Bundesverfassungsgericht auch, dass der Äußernde von ihm als verantwortlich angesehene Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für die zu kritisierende Art der Machtausübung angreifen kann, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente seiner Äußerung aus diesem Kontext herausgelöst betrachtet werden und als solche die Grundlage für eine einschneidende gerichtliche Sanktion bilden.

Pressemitteilung mit Link zur Entscheidung

Trotzdem

Aus einem Polizeibericht:

Der Beschuldigte gab nach der Durchsuchung uns gegenüber an, dass er sich über einen Anwalt zur Sache äußern wolle. Trotzdem wolle er weiter versuchen, sich kooperativ zu verhalten.

Ich habe den Beschuldigten inzwischen umgestimmt.

Weiter auf gelb schreiben

Nun schon fast 15 Jahre haben wir „legal pads“ von der Firma sigel gekauft. In gelb und, man verzeihe die Geschmacksverirrung, zur Abwechslung auch in rosa. Aber anscheinend sind bunte Notizblöcke in Deutschland nicht sonderlich beliebt. Das Produkt ist vor langer Zeit aus den Katalogen der diversen Büroversender verschwunden.

Ich habe mich so an die Blocks gewöhnt, dass ich wirklich ungern auf weißes Papier schreiben möchte. Zum Glück hatten wir noch einen Vorrat von vielleicht 50 oder 60 Blocks. Doch auch der neigt sich nun dem Ende zu. Ich habe vorhin den letzten gelben Block ins Besprechungszimmer gelegt.

Direktimporte sind kaum finanzierbar. Meine Kontakte zu amerikanischen Anwälten sind so begrenzt, dass ich jedenfalls keinen bitten möchte, für mich ein Paket auf den Weg zu bringen. Von früheren Versuchen eher pessimistisch gestimmt, fragte ich vorhin trotzdem noch mal Google nach der aktuellen Marktlage.

Und siehe da, es naht ein Retter in der Not. Der Gadget-Versender Pro Idee hat echte legal pads im Angebot.

Ich habe einen dicken Packen bestellt. Und gleich bessere Laune. Trotz des saftigen Preises.

Soldaten: Risiko Taschenmesser

Während in Afghanistan deutsche Soldaten Krieg führen, bahnen sich jetzt in Deutschland rechtliche Querelen für arglose Bundeswehrangehörige an. Bei Polizeikontrollen, vor allem in Schleswig-Holstein, sind nämlich Soldaten außerhalb des Dienstes mit einem juristischen Vorwurf konfrontiert worden: Verstoß gegen das Waffengesetz. Ihr Vergehen? Die Soldaten, meist in Uniform auf dem Heimweg ins Wochenende, hatten das „Standardmesser“ der Bundeswehr dabei.

Es handelt sich um ein Taschenmesser (Hersteller: Victorinox), allerdings in Form eines Einhandmessers. Die Besonderheit an Einhandmessern ist, dass sie mit einer Hand geöffnet werden können. Problem: Einhandmesser fallen seit neuestem unter das Waffengesetz. Wer so ein Messer bei sich hat, riskiert ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro.

Das Bundesinnenministerium vertritt in einem mir vorliegenden Schreiben eine harte Linie:

Die an Soldaten ausgegebenen Messer vom Typ Bw Einhandmesser Original Victorinox, Jungle Devil und Bw-Kampfmesser Infanterie fallen grundsätzlich unter den Tatbestand des Führensverbots des § 42a Abs. 1 WaffG.

Nur dienstliche Nutzung sei erlaubt. Freizeit, auch in Uniform verbrachte, sei jedoch kein Dienst:

Führt ein Soldat vor oder nach dem Dienst, auch in Uniform, solch ein Messer mit sich, greift das Waffengesetz. Es wird hierbei davon ausgegangen, dass die Bundeswehr es nicht für erforderlich hält, dass ein Soldat auf dem Heimweg oder bei der Fahrt zur Kaserne bzw. Dienststelle ein Kampf- oder Einhandmesser mit sich führt. Auch Schusswaffen und andere an Soldaten ausgegebene Ausrüstungsgegenstände müssen nach dem Dienst grundsätzlich auf dem Bundeswehrgelände verbleiben.

Weiter:

Auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge der Bundeswehr für junge und charakterlich noch nicht gefestigte Soldaten scheint es vorzugswürdiger, Bundeswehrmesser grundsätzlich in der Kaserne bzw. Dienststelle zu belassen.

Der Reservistenverband hat sich inzwischen auch schon eingeschaltet. Er rät allen Reservisten dringend ab, die zur Ausrüstung gehörenden Einhandmesser bei sich zu führen, und zwar „weder bei dienstlichen Veranstaltungen noch privat“.

Zum Thema: BKA darf Lampen nicht zu Waffen umdefinieren

Staatsanwalt lässt Beweismittel „löschen“

In der Affäre um den, wie mehrfach berichet, geschassten Ex-Abteilungsleiter des NRW-Umweltministeriums Harald F. haben SPD und Grüne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt. Ob dieser Ausschuss überhaupt in die Tiefen des Strafverfahrens schauen kann, ist höchst fraglich.

Gerade zum heiklen Bereich – der Telekommunikationsüberwachung auch von Landtagsabgeordneten und Journalisten – hat der zuständige Oberstaatsanwalt Ralf Meyer bereits am 24. November 2008 dem Landeskriminalamt einen Vernichtungsauftrag erteilt. Wörtlich heißt es: „Ich bitte unverzüglich sämtliche Daten, Beweissicherungsdatenträger und die schriftlichen Dokumentationen in den TKÜ-Sonderbänden – soweit erstellt -, die im Rahmen der TKÜ-Maßnahmen angefallen sind, zu löschen.“

Das Landeskriminalamt reagierte gut eine Woche später prompt: „Nach Verfügung der StA Wuppertal vom 24.11.2008 zur Vernichtung bzw. Löschung sämtlicher Daten, Beweissicherungsdatenträger und schriftliche Dokumentationen in den TKÜ-Sonderbänden wurden die betreffenden Unterlagen und Datenträger vernichtet bzw. gelöscht.“

Unterdessen spitzt sich der Streit um die Einstellung des Ermittlungsverfahren zwischen der ermitteltenden Staatsanwaltschaft Wuppertal und ihrer Aufsichtsbehörde zu. „Die Geschichte ist gestorben“, zieht ein leitender Beamter der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bereits die Bilanz.

Sein Kollege in Wuppertzal widerspricht heftig: „Unsere Ermittlungen werden sich wenigstens noch über die Sommerpause erstrecken“. Dabei gehe es auch nicht darum, ob Herr F. nur Pommes Frites oder doch auch Schnitzel gegessen hat – es gehe bei Spesenabrechnungen um Differenzen bis zu 300 Euro: „Das alles ist kein Pappenstiel.“ (pbd)

Praxisgebühr muss gezahlt werden

Das Bundessozialgericht hat heute entschieden, dass die Praxis­gebühr von 10 Euro für den Arztbesuch pro Quartal nicht verfassungswidrig ist.

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger begehrte die Rückzahlung von 30 Euro, die er als Praxisgebühr für das 1. – 3. Quartal 2005 hat entrichten müssen. Er hält die Praxisgebühr für grundsätzlich verfassungswidrig und beantragte bei der Beklagten schon Ende 2004, ihn von dieser frei zu stellen.

Die Beklagte lehnte dies ab, weil die Voraussetzungen einer Befreiung und die Praxisgebühr nicht verfassungswidrig sei. Die Klage hier­gegen ist in allen Instanzen erfolglos geblieben. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Praxis­gebühr sieht der Senat nicht.

Die Praxisgebühr fügt sich nach Auffassung des Bundessozialgerichts nahtlos ein in das System der sonstigen Zuzahlungen, die von den Ver­sicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten sind. Die Krankenkassen sind weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wieder­herstellung der Gesundheit verfügbar ist. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung darf viel­mehr auch von finanziellen Erwägungen mitbestimmt sein.

Gerade im Gesundheitswesen hat der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht. Dem Gesetzgeber ist es im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes grundsätzlich erlaubt, die Versicherten über den Bei­trag hinaus zur Entlastung der Krankenkassen und zur Stärkung des Kostenbewusstseins an bestimmten Kassenleistungen in der Form von Zuzahlungen zu beteiligen, jedenfalls soweit dies dem Einzelnen finanziell zugemutet werden kann und der Versicherungsschutz durch die Höhe der Zuzahlungen nicht ausgehöhlt wird.

Davon kann bei einer vierteljährlichen Zuzahlung von 10 Euro für den Praxisbesuch und einer Begrenzung der Gesamtsumme aller Zuzahlungen auf 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (§ 62 SGB V) ‑ bei chronisch Kranken, die wegen derselben schwer­wiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, auf nur 1 % ‑ nicht die Rede sein.

Aktenzeichen: B 3 KR 3/08 R

Preiswert und ohne Portokosten

Der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss läuft nach seinem Austritt aus der SPD zu Hochform auf. So gibt er auf abgeordnetenwatch.de Einblicke in die Welt seiner ehemaligen Kollegen aus der Bundestagsfraktion:

Ein grosser Teil der Parlamentarier ist mit dem Internet nicht aufgewachsen. Sie empfinden es daher moeglicherweise sogar als Bedrohung. Sie nehmen es nicht als technisches Netz oder als Kommunikationsinfrastruktur wahr, verstehen nichts von Netzneutralitaet, sondern als etwas, wo man eben Boeses bekommen kann und wo vermeintlich das Boese auch herkommt und die Gesellschaft durchdringt. Das Netz spiegelt nicht Probleme wider, sondern verursacht sie in deren Augen. …

Kein (SPD-) MdB kaeme z.B. auf die Idee, zum Gespraech auf einen Bauernhof zu fahren, ohne sich vorher etwas ueber die Milchquote oder dergl. anzulesen oder wenigstens aufschreiben zu lassen. Unter „Internet“ koennen sich aber eben viele immer noch weniger vorstellen als unter einer Kuh. Ein weiterer Teil hat sich daher auf die Aussagen von „Fachleuten“ wie Martin Doermann verlassen, der in der Fraktion von einem „guten Kompromiss“ und „Verhandlungserfolg“ gegen die Union sprach. Dass sich Stasi 2.0 die Haende reibt weiss er nicht, will er nicht wissen, weil es ihm weder die Bundesnetzagentur noch sein Referent so aufgeschrieben haben und nur ueble Lobbyisten das Gegenteil behaupten. …

Und ein anderer Teil hat sich, wie Peter Struck, davor gefuerchtet, ein negatives Medienecho zu bekommen (ueberlegt mal bei einer Ablehnung, was wohl die Zeitungen dazu sagen….). Dieser Teil der Partei, zu dem auch Muentefering gehoert, nimmt die „digitale“ Welt noch allenfalls als eine wahr, in die man preiswert und ohne Portokosten „etwas hinschicken“ kann. Bevorzugt nette Worte ueber sich selbst oder die Partei.

Die ganze Abrechnung auf abgeordnetenwatch.de.

spickmich.de: Auch anonyme Meinungen sind geschützt

Das Lehrerbewertungsportal spickmich.de hat sich durchgesetzt: Auch künftig dürfen Schüler ihre Lehrer im Internet benoten. Der Bundesgerichtshof wies die Revision einer Lehrerin zurück, die von ihren Schülern nicht mit vorgegebenen Noten bewertet werden wollte.

Im einzelnen:

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Bewertung der Leistungen der Klägerin als Lehrerin mit Namensnennung durch Schüler auf der Website www.spickmich.de, die von den Beklagten gestaltet und verwaltet wird.

Zugang zu dem Portal haben nur registrierte Nutzer. Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des Namens der Schule, des Schulortes, eines Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse. An die E-Mail-Adresse wird ein Passwort versandt, das den Zugang zu dem Portal eröffnet.

Die mit den Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien gebunden wie etwa „cool und witzig“, „beliebt“, „motiviert“, „menschlich“, „gelassen“ und „guter Unterricht“. Ein eigener Textbeitrag des Bewertenden ist nicht möglich. Aus dem Durchschnitt der anonym abgegebenen Bewertungen wird eine Gesamtnote errechnet. Die Nutzer können außerdem auf einer Zitatseite angebliche Zitate der bewerteten Lehrer einstellen.

Die Klägerin, deren Name und Funktion auch der Homepage der Schule, an der sie unterrichtet, entnommen werden kann, erhielt für das Unterrichtsfach Deutsch eine Gesamtbewertung von 4,3. Ihr zugeschriebene Zitate wurden bisher nicht eingestellt. Mit der Klage verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Löschung bzw. Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, des Namens der Schule, der unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung und der Zitat- und Zeugnisseite auf der Homepage www.spickmich.de. Sie blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Der u. a. für den Schutz des Persönlichkeitsrechts und Ansprüche aus dem Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision zurückgewiesen.

Unter den Umständen des Streitfalls hat der BGH die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für zulässig gehalten.

Zwar umfasst der Begriff der personenbezogenen Daten nicht nur klassische Daten wie etwa den Namen oder den Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen und Beurteilungen, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen. Für die Erhebung, Speicherung und Übermittlung solcher Daten in automatisierten Verfahren gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes.

Die Erhebung und Speicherung von Daten zur Übermittlung an Dritte ist auch ohne Einwilligung des Betroffenen nach § 29 BDSG u.a. dann zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und –speicherung nicht gegeben ist. Ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin hat der BGH nach Abwägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und des Rechts auf freien Meinungsaustausch andererseits für nicht gegeben erachtet.

Die Bewertungen stellen Meinungsäußerungen dar, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen, bei der der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre genießt. Konkrete Beeinträchtigungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Äußerungen sind weder schmähend noch der Form nach beleidigend. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig, weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes Individuum gebunden ist. Die Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich das Recht, das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.

Auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an den Nutzer kann nur aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Im Streitfall ist im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten und die Zugangsbeschränkungen zum Portal die Datenübermittlung nicht von vornherein unzulässig. Besondere Umstände, die der Übermittlung im konkreten Fall entgegenstehen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.