Derzeit keine Auskunft

Das ist ja eine üble Art! Mit diesem Tadel des Landgerichts Wuppertal muss die Staatsanwaltschaft dort leben. Sie hatte während der umstrittenen Ermittlungen gegen Harald Friedrich, den ehemaligen Abteilungsleiter des Umweltministers und andere Beschuldigte hintergangen.

Denen wird, wie berichtet, Untreue zu Lasten des Landes NRW vorgeworfen. Aber bevor sie überhaupt dazu gehört wurden, konnte ausgerechnet die Hauptbelastungszeugin die Akten lesen. Denn ihr Anwalt hatte die entsprechende Einsicht beantragt – und bekommen. Das war „rechtswidrig“, so urteilte kürzlich das Landgericht in seinem Beschluss. Und wirft der Verfolgungsbehörde vor, sie habe den von ihr „zu gewährenden Rechtsschutz ausgehöhlt“.

Diese Kritik steigert Friedrich noch. „Es ist ein Skandal! Die Staatsanwaltschaft hat zu Unrecht ein riesiges Fass aufgemacht. Aber mein Verteidiger hat noch immer keine vollständige Einsicht in die Akten. Riesiges Fass? Tatsächlich war Friedrich im Mai vorigen Jahres überraschend festgenommen worden. Er saß drei Wochen in Untersuchungshaft.

Die Vorwürfe gegen den Vertrauten der Umweltpolitikerin und früheren Ministerin Bärbel Höhne (Grüne) waren schlimm. Er sollte mit „freihändigen Vergaben von Forschungsaufgaben“ banden- und gewerbsmäßigen Betrug getrieben haben. Nach und nach sickerte durch: Friedrich hat sich niemals persönlich bereichert. Vor fünf Monaten schließlich nahm Oberstaatsanwalt Ralf Meyer die schweren Beschuldigungen zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf hatte sich eingeschaltet.

Von dort sind auch kritische Töne gegen die Wuppertaler Kollegen zu hören: Die könnten das Verfahren längst beendet haben. Man sähe zum Vorwurf der Untreue noch „Klärungsbedarf“. Das hatte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) dem Parlament berichtet. Vor drei Monaten. Doch Meyer wühlt noch immer.

Er und Beamte des Dezernats 15 im Landeskriminalamt sind eifrigst auf der Suche – was kann man Friedrich nicht doch noch anhängen? Womöglich hat er während verschiedener Arbeitssitzungen zwei Currywürste statt einer gegessen? Sogar noch Pommes Frites dazu? Oder war es nicht doch Lachs? Das alles ist eine Schnitzeljagd in Spesenquittungen. Aber wird Friedrich dadurch belastet? Wie will Oberstaatsanwalt Ralf Meyer noch beweisen, ob Friedrich sich mit einer Wurst mehr oder einer größeren Portion Wildfisch bewusst und gewollt irgendeiner Straftat schuldig gemacht könnte?

Dazu fällt seinem Chef Helmut Schoß lediglich „derzeit keine Auskunft“ ein. Schoß will auch nicht sagen, ob es Fakten gibt, die zur Anklage reichen. Oder ob das Verfahren eingestellt wird. Und erst recht nichts dazu, warum Friedrichs Anwalt noch immer keine Einsicht in die Akten hat. Hätte er sie, könnte sich Friedrich wehren. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal aber lässt ihn, den Rechtsausschuss des Landtages und die Öffentlichkeit vor deren Augen schmoren. (pbd)

Mieterverein ist günstiger

Einen Artikel der Agentur dpa über Mietervereine überschreibt WELT Online wie folgt:

Mieterverein ist günstiger als Rechtsschutz-Police

Das stimmt. Ebenso wäre zutreffend:
Ein Klassenausflug ist günstiger als eine Kreuzfahrt
oder
Ein Welt-Abo ist günstiger als der Springer-Verlag

Mietervereine bieten außergerichtliche Beratung sowie meistens eine Prozesskostenversicherung. Die Konditionen lassen sich beispielhaft beim Berliner Mieterverein nachlesen. Da der Mieterverein-Rechtsschutz nur eine Ausschnittdeckung bietet, ist es ganz logisch, dass die Kosten unter denen einer üblichen Rechtsschutzversicherung liegen können.

Weiteren Rechtsschutz, etwa für Streitigkeiten im Verkehr und im Beruf, finden offenbar aber auch die Mieterschützer sinnvoll – sie bieten das nämlich gegen Extraprämie an. Die Mitgliedschaft im Mieterverein als Alternative zur Rechtsschutzversicherung hochzujubeln, so wie es im Artikel passiert, ist daher mehr als seltsam.

Zumal eines m.E. für eine externe Rechtsschutzversicherung spricht: Wer wegen Falschberatung sich eines Tages den Mieterverein vorknöpfen will, wird es bei einer externen Rechtsschutzversicherung vermutlich einfacher haben, eine Deckungszusage zu erhalten.

Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass Falschberatung bei Mietervereinen die ganz krasse Ausnahme ist. Aber wie eine BGH-Entscheidung (VIII ZR 102/06)
gezeigt hat, ist ein Mietverein-Mitglied wegen Falschberatung sogar schon aus der Wohnung geflogen.

Mietwagen: So wird ein wenig extra kassiert

Wer im Ausland mal ein Auto gemietet hat, hat das vielleicht schon erlebt: Der Wagen wurde vollgetankt zurückgegeben, aber später kommt dann noch eine Abrechnung über angeblich fehlendes Benzin. Fünf Liter nur, der Betrag wird samt einer Servicegebühr fürs Nachtanken der Kreditkarte belastet. Auf eine Streiterei wollen sich die wenigsten Kunden einlassen und schlucken die Kröte.

Freunde aus Münster, die Ostern auf Mallorca verbrachten, berichten von einer neuen Benzin-Masche bei der Autovermietung: Sie hatten online den Wagen gebucht und holten ihn am Flughafen von Palma de Mallorca ab. Der Mitarbeiter hatte eine gute Nachricht: Sie bekämen den Wagen vollgetankt und könnten ihn mit leerem Tank zurückgeben. Das Auftanken übernehme die Mietwagen-Firma.

Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt: Für diesen Service mussten die Münsteraner 75 Euro extra zahlen. Diskussionen vergeblich, so wie bei anderen verblüfften Kunden am Schalter. Vereinbart war das nämlich nicht.
Nachgerechnet: Der Wagen, ein Citroen C4 Picasso, hat einen Tank von 60 Litern. Der Benzinpreis liegt aktuell bei etwa 1,10 Euro auf Mallorca. Macht etwa neun Euro Aufpreis. Nur, wer schafft es, einen leeren Wagen am Flughafen zurückzugeben? Die meisten Kunden dürften mit mindestens fünf oder zehn Litern wieder auf den Hof rollen, denn kurz vor dem Abflug wird niemand riskieren, mangels Benzin zu spät zu kommen.

Das Ergebnis – wie gehabt: Wegen 15 oder 20 Euro Nepp wird selbst ein Münsteraner Rechtsgelehrter nicht streiten wollen, schon gar nicht bei einer Firma im Ausland. Zu befürchten ist allerdings, dass unschuldige Studenten demnächst in Klausuren zu vielfältigen Rechtsfragen rund um solches Vertragsgebahren Stellung nehmen müssen.

Entscheidung bei Pirate Bay

Im Verfahren der Copyrightindustrie gegen die „The Pirate Bay“ Betreiber wurden eben die Urteile in der ersten Instanz gefällt. Alle vier Betreiber wurden zu einem Jahr Haft verurteilt, die Schadenssumme wurde mit 3,6 Millionen Dollar beziffert. Es scheint schon jetzt klar, dass das Verfahren in die nächste Instanz geht.

Mehr Informationen finden sich z.B. in diesem Blogposting, das im Moment bis Ende der Urteilsverkündung noch kontinuierlich aktualisiert wird.

Ferienanfang

Diktiergerät aus der Hand legen, tief durchatmen.

Urlaub.

Bis einschließlich Montag, 4. Mai, wird wieder Andreas Kunze in bewährter Weise unterhalten und informieren. Ich werde mich auch melden, falls ich Erzählenswertes in Thailand erlebe.

Wird schon nicht gleich eine Revolution sein.

Kein Antrag, keine Haftprüfung

Fast genüsslich erklärt der Staatsanwalt im Fall der verhafteten Sängerin Nadja B., ihm liege bisher weder eine Haftbeschwerde noch ein Haftprüfungsantrag vor.

Das klingt etwas merkwürdig, denn als Verteidiger beantragt man reflexartig Haftprüfung mit mündlicher Verhandlung, wenn man von der Verhaftung eines Mandanten erfährt. Der Grund ist einfach: Mit Eingang des Antrages läuft eine Frist von zwei Wochen. Länger darf der Ermittlungsrichter oder das zuständige Gericht nicht mit der Verhandlung warten.

Je früher der Antrag also gestellt wird, desto eher tut sich was. Wird kein Antrag gestellt, passiert in aller Regel erst mal nichts, und das mitunter monatelang. Es sei denn, der Staatsanwalt kommt selbst zur Überzeugung, dass der Beschuldigte freizulassen ist und beantragt die Aufhebung des Haftbefehls. Darauf sollte man aber eher nicht vertrauen…

Schaden lässt sich mit dem Haftprüfungsantrag kaum anrichten. Er kann jederzeit zurückgenommen oder in eine Haftbeschwerde umgewandelt werden. Mit Einverständnis des Beschuldigten ist es auch möglich, die Zweiwochenfrist zu überziehen, falls noch irgendwelche Gespräche laufen oder auf Gutachten gewartet wird.

Nachtrag: Gericht verbietet Bild Berichterstattung

Für verlustig zu erklären!

Manchmal spüre ich Mitleid mit Richtern. Nein, nicht wegen des kargen Gehalts. Sondern weil sie geduldig Tag für Tag Dinge erklären müssen, die ihre Prozessparteien eigentlich wissen sollten. Oder sich zumindest erklären könnten, wenn sie auch nur eine Minute nachdächten.

So hatten wir aus bestimmten Gründen ein Versäumnisurteil gegen unseren Mandanten, den Beklagten, ergehen lassen. Hierüber echauffieren sich die Klägeranwälte nun wie folgt:

Das Versäumnisurteil datierte vom 25.09.2008. Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil erfolgte am 21. Oktober 2008. Damit ist die gesetzliche Einspruchsfrist eindeutig überschritten gewesen!

Für die Klägerin ist nicht nachvollziehbar, dass, da die Gegenseite gegen das Versäumnisurteil am 21.10.2008 Einspruch eingelegt hat, das Versäumnisurteil erst am 21.01.2009 zugestellt worden sein sollte.

Der Beklagte ist des Rechtsmittels für verlustig zu erklären!

Dazu der Richter in sachlich unübertreffbarer Kühle:

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil war zulässig, insbesondere form- und fristgerecht angebracht, §§ 339, 340 ZPO. Insbesondere wurde das am 25.09.2008 verkündete Versäumnisurteil erst am 21.01.2009 zugestellt, so dass der am 21.10.2008 eingegangene Einspruch rechtzeitig war. Denn die Frist beginnt erst mit Zustellung des Urteils, nicht jedoch mit dessen Verkündung zu laufen (§ 339 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Gleichwohl ist eine Einspruchseinlegung vor Zustellung und nach Verkündung zulässig (RGZ 40, 392).

Heim statt Knast soll die Regel werden

Erziehung, Schule und Arbeit statt Knast! Jugendliche Straftäter müssen eine Untersuchungshaft nicht gleich hinter Gittern absitzen. Sie können vom Richter in einem Heim untergebracht werden. Diese Möglichkeit für tatverdächtige Menschen – zwischen mindestens 14, aber noch nicht 18 Jahren – gibt es zwar schon. Sie soll aber künftig zur Regel in Nordrhein-Westfalen werden.

Mit diesem Vorstoß will Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) jungen Menschen mehr Chancen bieten. Wenn die nicht gerade schwer kriminell geworden sind, ist das Gefängnis vermeidbar – sie können auch von fachlich geschultem Personal betreut und gelenkt werden.

„Da wird alles geleistet, was Erzieher aufzubieten haben“, versprach gestern CDU-Jugendminister Armin Laschet. Allerdings muss die Landesregierung noch Hürden nehmen. Weil es bislang in NRW nur zwei geeignete Einrichtungen gibt, wird nach ähnlichen gesucht. Die müssen für 250 Euro täglich Jugendliche an 7 Tagen in der Woche aufnehmen und sie rund um die Uhr betreuen können.

Die beiden Vorbilder sind das Projekt „stop and go!“ der evangelischen Jugendhilfe in Iserlohn und in Solingen vom Landschaftsverband Rheinland der „Halfeshof“. Dort wird sieben Zöglingen pädagogische Hilfe geboten, es herrschen aber auch harte Sitten: „Niemand wird sich selbst überlassen“, schildert Direktorin Birgit Lambertz die Praxis. Wer Regeln und Grenzen nicht einhalte, müsse dann doch ins Gefängnis.

Andererseits biete der „Halfeshof“-Aufenthalt gute Aussichten: „Wer sich hier bemüht, kann im anstehenden Prozess auf eine Bewährungsstrafe hoffen“. Einziges Manko: In Solingen sind ebenso wie bei „stop and go!“ in Iserlohn keine Plätze mehr frei. (pbd)

Nur einer wird gebraucht

Es schepperte ganz schön bei dem Unfall, den mein Mandant vor einigen Tagen hatte. Der Sachverständige hat 4.000 Euro Schaden errechnet. Zum Glück gab es zwei unbeteiligte Zeugen. Noch mehr Glück: Die Polizeiwache im Düsseldorfer Süden war nur 100 Meter entfernt. Mein Mandant konnte mit den Zeugen gleich dort vorsprechen. Der Unfallgegner war lieber weiter gefahren.

Der Beamte am Tresen hörte sich die Geschichte an. Und schickte dann den einen Zeugen, der es wohl auch etwas eilig hatte, weg. Begründung: „Wenn zwei Zeugen das gleiche sagen, reicht einer.“ Von dem anderen Zeugen nahm er dann die Personalien und eine Aussage auf. Immerhin.

Nur irgendwie hätte ich schon ganz gerne auch den Namen und die Adresse des eiligen Zeugen gehabt…

Was kommt aus dem Geldautomaten?

Eine Richterin will meinem Mandanten nicht glauben, dass er den höchst ungewöhnlichen und somit verdächtigen Betrag von 610,00 € nicht durch Drogenverkäufe erwirtschaftet, sondern aus dem Geldautomaten gezogen hat.

In der Urteilsbegründung findet sich folgendes Argument:

Darüber hinaus ist die Geldstückelung aus dem Geldautomaten nicht nur in fünfziger, zwanziger und zehner, sondern auch in 5-Euro-Scheinen üblich. Diese haben sich aber nicht bei dem Geld befunden.

Das ist falsch. Wenn man zweihundert, vielleicht dreihundert oder sogar noch einen höheren Betrag abhebt, ist normalerweise eher kein Fünfer dabei. Selbst wenn es „üblich“ wäre, könnte es ja auch noch ausnahmsweise anders gewesen sein. Von den unzähligen Geldautomaten mal abgesehen, an denen der Kunde mittlerweile angeben kann, welche Geldscheine er haben möchte.

Mies ist so was noch dazu. Denn in der Hauptverhandlung wurde noch nicht mal gefragt, in welcher Stückelung das Geld aus dem Automaten gekommen sein soll. Wenn ein Richter aus dem Hinterhalt mit angeblicher Lebenserfahrung kontert, ist das schon ein Armutszeugnis. Dann aber noch so daneben zu greifen, tut schon weh.

Und hier geht es nicht um eine Bagatelle, sondern um Freiheitsstrafe.

Zahlen, aber bitte bis vorgestern

„Der Rechnungsbetrag ist sofort nach Erhalt der Rechnung, spätestens am 12. März 2009, fällig.“

Toll, die Rechnung selbst ist vom 16. März 2009. Weniger lustig ist, dass der Mandant vor allem deswegen Ärger hat, weil sich der eilige Rechnungssteller bislang als Schnarchnase erwiesen hat.

interplastic 1022 G

Beim spontanen Ausmisten eines Schrankfachs mit Büromaterial bin ich gestern auf Kohlepapier gestoßen. Eine ganze Packung.

Auch wenn wir keine Schreibmaschine mehr im Betrieb haben, hebe ich es mal auf. Dürfte ja schon heute genug Menschen geben, die gar nicht wissen, was man damit genau gemacht hat.