SITUATIONEN

Schuldner, die einem unverblümt mit Selbstmord drohen, wenn man die Forderung weiter eintreibt.

Mandanten, die – aus nachvollziehbaren Gründen – jetzt wirklich keine Kompromisse mehr machen wollen.

Das sind wohl die Situationen, in denen man dem Klischee des unbarmherzigen Juristen gerecht zu werden hat.

SCHMERZENSGELD FÜR MANDANT

Eine Berliner Strafverteidigerin muss ihrem Mandanten 7.000,00 € Schmerzensgeld zahlen. Der Mann war in Untersuchungs- bzw. Vorführhaft gewandert, weil er wegen eines Auslandsaufenthalts eine Hauptverhandlung versäumte. Das Kammergericht sah es als erwiesen an, dass die Anwältin ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. Sie hatte es unter anderem versäumt, einen Terminsverlegungsantrag zu stellen. Außerdem habe sie ihren Auftraggeber nicht über die Konsequenzen aufgeklärt, die ihm drohten.

(R-Archiv dokumentiert die Entscheidung)

50 CENT

Ich gehe ins Discountsportstudio, weil es als einziges (?) rund um die Uhr geöffnet hat. Was ich aber nicht begreife ist die Tatsache, dass 95 % der Männer ungeduscht wieder abhauen, sich so ins Auto oder die Straßenbahn setzen und später daheim an den Abendbrottisch. Oder vor die Glotze. Anderes stellen wir uns lieber erst mal gar nicht vor.

In meinem alten Studio war das Verhältnis genau umgekehrt. Aber da kostete die Dusche ja auch nicht 50 Cent …

AMPELPHASEN

Zum ersten Mal den Ampelphasenplan für eine Düsseldorfer Kreuzung angefordert. Netter Mitarbeiter am Telefon. Ich muss nur mitteilen, wen ich vertrete und worum es geht. Außerdem soll ich auf keinen Fall den Gebührenscheck über 25,00 € vergessen.

NUR EIN DIEBSTAHL

Ein paar Schachteln Zigaretten im Rucksack oder ein Lippenstift in der Handtasche bringen deutsche Staatsanwälte nicht unbedingt in Rage. So ein „normaler“ Ladendiebstahl wird bei Ersttätern gerne eingestellt. Verbunden mit der Warnung, dass beim nächsten Mal mit Nachsicht nicht zu rechnen ist.

Dramatisch wird es aber häufig, wenn es Streit mit dem Ladendetektiv gibt. Wendet der nicht zahlende Kunde Gewalt an, zum Beispiel indem er den Detektiv zu Boden schubst, wird aus dem kleinen Eigentumsdelikt ein räuberischer Diebstahl nach § 252 StGB. Das hat den Vorteil, dass der Staat den Verteidiger bezahlt. Der Nachteil liegt darin, dass unter einem Jahr Freiheitsstrafe an sich nichts mehr zu machen ist.

Wäre da nicht ein Umstand, der allerdings im Eifer des juristischen Gefechts gern übersehen wird. Die Gewaltanwendung alleine reicht nämlich nicht. Vielmehr muss der Täter die Gewalt einsetzen, um sich im Besitz der Beute zu erhalten. Will er einfach nur abhauen, um seine Personalien nicht angeben zu müssen, bleibt es beim Diebstahl, eventuell in Tateinheit mit einer Körperverletzung.

Mitunter argumentieren Gerichte so: Na ja, der Dieb hat die Beute ja nicht weggeworfen. Also kam es ihm zumindest auch darauf an, sie zu behalten. Damit darf man sich als Verteidiger aber wirklich nicht zufrieden geben. Dass der Täter gerade in diesem Moment überhaupt nicht mehr an die Beute denkt, ist wahrscheinlich – insbesondere bei Alltagswaren.

Brauchbare Urteile gibt es hierzu auch. Zuletzt OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2005, hier zu finden.

PS. Das Delikt mit der schlechtesten Kosten-Nutzen-Relation ist übrigens der Überfall auf einen Taxifahrer. Das bringt mindestens fünf Jahre (§ 316a StGB).

DIE GOOGLE-ANWÄLTE-INBOX

Beschwerdebriefe an Google sind auf der Seite Chilling effects abgedruckt (Monitoring the legal climate for internet activity). Zu den häufigsten Beschwerdeführern gehören Microsoft und Scientology.

Mathias Schindler schickte mir den Link mit dem Stoßseufzer: „Ach, hätten wir nur ein funktionierendes Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland :-)“

FTPWELT: ANGEBLICH ANKLAGEN

In Sachen FTPWelt.com scheint sich etwas zu tun. heise online berichtet, die ersten Anklagen gegen Nutzer würden vorbereitet. Ist mir so nicht ganz nachvollziehbar, weil die Betroffenen dann wenigstens schon Gelegenheit gehabt haben müssten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Gehört hat man davon jedenfalls bislang nichts.

Möglicherweise ist aber auch gemeint, dass die ersten Vorgänge jetzt an die Staatsanwaltschaften abgegeben werden, die für den Wohnsitz der Beschuldigten zuständig sind.

(Danke an Jens Puddig und Andreas Heinz für den Link)

MITGEWIRKT ?

Die Ehefrau des Bundeskanzlers soll juristisch gegen einen Bericht des Stern vorgehen. Dort wird erörtert, inwieweit Doris Schröder-Köpf möglicherweise vielleicht und unter Umständen an der Idee zur „Vertrauensfrage“ mitgewirkt haben könnte.

Die Netzeitung berichtet (mit Link zum beanstandeten Artikel).

(Danke an Marc Wickel für Link)

NASSE FÜSSE

Wer nach einem Stadtspaziergang bei leichtem Regen nasse Füsse hat, kann den Kaufpreis für seine neuen Lederschuhe zurückverlangen. Das Amtsgericht Düsseldorf entschied, dass eindringendes Wasser unter diesen Umständen bei Schuhen einen Mangel darstellt.

Der Verkäufer muss jetzt den Kaufpreis von 70,00 € erstatten. Das Geschäft hatte sich auf den Standpunkt gestellt, trockene Füße könne man nur bei Gore-tex-Material oder nach sorgfältiger Imprägnierung erwarten. Dem war jedoch ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger nicht gefolgt. Er hatte Verarbeitungsmängel an den Nähten der Schuhe festgestellt.

(Urteil vom 22. Juni 2005, Aktenzeichen 31 C 7545/04; PDF-Download)

DER REST

Eine Richterin, der Gegenanwalt und ich. Einigen sich am Amtsgericht auf einen Vergleich. Die Kostenquote wird mit 42 : 48 Prozent festgelegt. Es bedarf eines wartenden Kollegen, der sich bei der Protokollierung einschaltet und fragt, was mit den restlichen Verfahrenskosten passieren soll.

Ist aber auch heiß, heute.

GEFÜHLTE 40 GRAD

„Ich hätte gern einmal Aquapower.“

„Wenn Sie trockene Haut haben, gibt es da ein neues Produkt aus der Linie.“

„Und was macht das?“

„Das ist etwas reichhaltiger. Ölt etwas besser, sozusagen.“

(Ich gucke sie an. Sie guckt mich an.)

„Okay, Sie können natürlich auch warten, bis der Sommer zu Ende ist.“

„Ja, ist vielleicht besser. Also dann das Normale …“

OPPOSITIONSPROGRAMM

Reichensteuer ab 20.000 Euro im Monat. Das ist dann zufälligerweise der Betrag, den selbst politische Spitzenfunktionäre und Amtsinhaber gerade so nicht erreichen.