IDEEN UND IHRE UMSETZUNG

So einfach ist das alles nicht:

Grundgesetz

Artikel 67

(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muß dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig Stunden liegen.

Artikel 68

(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen.

Soweit ich mich an Staatsrecht erinnere, sollte die Selbstauflösung des Bundestages durch einfache Mehrheit gerade nicht möglich sein. Das ist eine Lehre aus der Weimarer Republik.

Faktisch muss Schröder sich also von den eigenen Leuten das Misstrauen aussprechen lassen. Dann stellt sich wohl für den Bundespräsidenten die Frage, ob das alles ernst gemeint ist.

DER EX-KANZLER ?

Müntefering kündigt vorgezogene Bundestagswahl an

Müsste so was nicht eigentlich der Kanzler ankündigen? Oder ist der Kanzler schon keiner mehr?

19.06 Uhr: Wenn sich die Verhältnisse klären sollen, kann das doch nur heißen, dass die SPD verlieren will. Denn die Verhältnisse im Bundesrat würden sich durch eine Neuwahl des Bundestages ja nicht ändern. Ziemlich konfus, was Müntefering so erzählt.

(Danke an Ingo für die Mail)

POST: TOTALVERLUSTE

Spiegel online berichtet über Missstände bei der Post. Seitdem diese verstärkt auf Subunternehmer setzt, sollen immer mehr Briefsendungen spurlos verschwinden.

Da geht es uns ja noch gold. Bislang haben wir nur Probleme damit, dass an manchen Tagen gar keine Post kommt. „Personalengpass“, heißt es dann aus dem Beschwerdezentrum. Immerhin wandern die Sendungen nicht in den Straßengraben, sondern werden am nächsten Tag nachgeliefert.

KUNDENBINDUNG

14,6 Prozent Jahreszinsen. Dazu alle paar Monate nicht nachvollziehbare „Kosten“ und „Auslagen“ in Höhe von jeweils bis zu 20,00 €. Und dann noch ein kleiner „Fehler“ in der ohnehin reichlich unübersichtlichen Forderungsaufstellung, wegen dem manche Zahlungen nur teilweise gebucht wurden.

Manche Banken verstehen wirklich was von Kundenbindung.

AUS MEINEM KOPF

Fahre ich gleich ins Büro? Oder erst in den Getränkemarkt?

Ach, doch lieber erst zum Getränkemarkt. Ein bisschen Abwechslung kann doch nicht schaden.

Samstag, 8.41 Uhr.

NUR ´NE UNTERSCHRIFT

Nervig: Personen, die es nicht mal schaffen, ein Formular für die Prozesskostenhilfe zu unterschreiben. Und das, obwohl selbst der Richter schon gesagt hat, dass er die Staatsknete bewilligt, wenn die Unterlagen endlich vorliegen.

(Ja, ja, man sollte mit rein gar nichts in Vorleistung treten.)

ALTE WERTE

Noch ein uraltes Sparbuch im Schrank, womöglich sogar eines geerbt? Dann könnte eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt Anlass sein, das Guthaben endlich mal aufzulösen.

Nach Auffassung des Gerichts ist laut beck-aktuell eine Bank auch noch mehr als 30 Jahre nach der letzten Kontobewegung verpflichtet, das ausgewiesene Guthaben und die Zinsen auszuzahlen. Das gelte selbst dann, wenn die Bank überhaupt keine Unterlagen mehr habe.

Ich habe in leiser Vorahnung gerade mal in meinen alten Papieren gewühlt. Immerhin knapp 60 Euro auf einem Postsparbuch. Letzte Kontobewegung: Sommer 1983. Ich glaube, das war diese Interrail-Tour…

ZWEI TAGE

Für alle enttäuschten Besucher von Discountmärkten, die jetzt doch Auto fahren müssen, ein Zitat aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb:

§ 5 Abs. 5:

Es ist irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten ist. Angemessen ist im Regelfall ein Vorrat für zwei Tage, es sei denn, der Unternehmer weist Gründe nach, die eine geringere Bevorratung rechtfertigen.

Der Trick ist aber vermutlich, dass weder Lidl noch die Bahn „Werbung“ gemacht haben dürften. Wenn man von der PR-Kampagne absieht.

FREIER HANDEL

ebay lässt den Handel mit Bahntickets von Lidl zu, berichtet heise. Das kann man eigentlich nur uneingeschränkt begrüßen. Mit welchem Recht nimmt die Bahn denn für sich in Anspruch, ein von vornherein übertragbar gestaltetes Produkt vom Weiterverkauf auszuschließen?

Nach WM-Tickets und Bahnfahrkarten stünden dann womöglich bald auch DVDs und Bücher unter einem Handelsverbot. Uuups, ich bin ja schon still…

(Wobei natürlich schon wieder die Abzocker unterwegs sind. In den meisten Angeboten wird nur eine Fahrkarte angeboten. Dass es bei Lidl allerdings zwei Fahrkarten für 49,90 € gab, wird geflissentlich nicht erwähnt.)

NEUZUGÄNGE

Mein Patenkind Julius (4) erzählt derzeit gerne, dass der Udo ein silbernes Auto kriegt. Mit einer Frau drin. Das hat schon zu Spekulationen über einschneidende Änderungen in meinem Privatleben geführt. Außerdem zu Beschwerden („Wieso kriege ich keine Einladung?“).

Dabei meint er doch nur das Navigationssystem.

KNALLHARTE RECHERCHE

Gespräch mit einer Reporterin. Sie arbeitet für ein nicht ganz unbekanntes Magazin.

„Ich soll über diesen Fall was bringen.“

„Also, wir haben Informationen zusammengestellt. Und Artikel, die bereits erschienen sind“

Eine halbe Stunde später.

„Danke für den Tipp. Das reicht locker, um den Beitrag hinzufrickeln.“

Schön, wenn wir helfen konnten. (Auch wenn unser Bild vom hehren Journalismus einen weiteren Kratzer bekommen hat.)

DOPPEL-GÄHN

In Moskau dauert die Verlesung eines Urteils ja schon mal zwei bis drei Wochen.

Ich kann am Ende eines langen Tages nur erschöpft verlauten lassen, dass schon knappe fünf Stunden an die Unerträglichkeitsgrenze gehen. Wie heute. Das Gericht trägt außerplanmäßig ein 380-seitiges Dokument vor. Wäre ja vielleicht ganz interessant, würde es sich nicht ausgerechnet um eine Gerichtsentscheidung von solcher Wichtigkeit handeln, dass sie sich jeder Prozessbeteiligte schon intravenös verabreicht hat.

Wenn mich mein Gefühl nicht trügte, hätte ich mein Notebook zum fünffachen Zeitwert an manchen verscherbeln können, der im Gerichtssaal nach ein klein wenig Abwechslung lechzte.

Kurz blitzte auch der Gedanke auf, ob das gesetzliche Verbot, in Ton oder Bild aus dem Gerichtssaal zu berichten, auch für akutes Langeweile-Blogging gilt.

Aber unabhängig davon gebietet es sicher der Respekt vor dem Gericht, die Publishtaste allenfalls in Verhandlungspausen zu drücken.