GRUSELIG

Heute schon gegruselt?

In Österreich verlangt eine Frau knapp € 40.000 Euro Schmerzensgeld, weil sie während ihrer eigenen Operation aufgewacht ist. Sie will alles mitbekommen und schreckliche Schmerzen erlitten haben. Das Krankenhaus bestreitet nicht, dass die Zufuhr von Narkosegas unterbrochen war. Wegen der Schmerzmittel hat sich die Frau aber nicht bemerkbar machen können, berichtet orf.at.

(link gefunden bei Michael Kadlicz)

DURCHGEFALLEN

In Bayern scheitert jeder fünfte Jurastudent am Staatsexamen. In anderen Bundesländern sieht es auch nicht wesentlich besser aus. Spiegel online beleuchtet einige Hintergründe, die zu solchen persönlichen Desastern führen.

Einer der wichtigsten Punkte wird eher beiläufig behandelt: Viele Studenten verkennen, dass im Examen mehr verlangt wird als im Studium. Im Examen immer die Fähigkeit geprüft, einen konkreten Fall zu lösen. Deshalb war es mir schon immer ein Rätsel, wieso Studenten immer noch bevorzugt Lehrbücher pauken und sich abstrakten Rechtsfragen widmen, statt die unzähligen veröffentlichten Klausurenfälle durchzuarbeiten.

Dabei lernt man wenigstens automatisch Methodik und die gängigen Argumentationsmuster mit. Im Examen kommen praktisch nie Fälle dran, die man sowieso schon kennt. Denen kann man sich nur nähern, wenn man das juristische Handwerkszeug, insbesondere die Auslegungsmethoden, beherrscht. Darüber steht in den Lehrbüchern aber meist kein Wort.

(danke an Mathias Schindler für den link)

FREMDSPRACHEN

Gerade eine Mandantin kennen gelernt, die nur Polnisch spricht. Sie war sichtlich erstaunt, dass ich kein Polnisch kann. Das war ein kurzes Gespräch. Aber vielleicht sehen wir uns ja bald wieder. Bei „Dolmetscher, Translator“ hat sie jedenfalls genickt. Und den Zettel mit dem neuen Termin hat sie auch eingesteckt.

STROMKREISE

Auch Mieter von nicht renovierten Altbauten können verlangen, dass die Elektroinstallation einem Mindeststandard entspricht. Insbesondere müssen die üblichen Elektrogeräte im Haushalt problemlos laufen. Das hat der Bundesgerichtshof am 26. Juli 2004 entschieden.

Vermieter können sich also nicht mehr darauf herausreden, dass schwache Stromkreise und fehlende Steckdosen hinzunehmen sind.

EBAY-PANNE

ebay soll in der Nacht von Freitag auf Samstag einige Stunden nicht erreichbar gewesen sein. Offenbar hatte jemand – erfolgreich! – versucht, sich die Domain übertragen zu lassen, berichtet heise online.

Viele Auktionen sollen ausgelaufen sein, ohne dass Gebote abgegeben werden konnten. Ob ebay den Schaden erstatten muss? Zwischen dem Anbieter und ebay besteht zweifellos ein Vertragsverhältnis. Über seine allgemeinen Geschäftsbedingungen schließt ebay zwar die Haftung weitgehend aus. Aber unabhängig von der konkreten Formulierung ist es nicht möglich, die Haftung für erhöhte Fahrlässigkeit und Vorsatz auszuschließen.

Ob und inwieweit ebay im Umgang mit der eigenen Domain hier ein Vorwurf zu machen sein könnte, ist eine Tatsachenfrage. Gravierenden Schlendrian hätte der Verkäufer zu beweisen.

LESERKREIS

Der law blog hat eine regelmäßige Leserin in Kalifornien. Schon witzig, dieses Internet. (Es gibt ja schon Leute, die keinerlei Erinnerung daran haben, wie es vorher war.)

REPETIERT

Je schlechter die eigene Position, desto besser sollte man vorbereitet sein. Zum Beispiel, wenn man die Klageerwiderung einschließlich Widerklage erst am Tag vor dem Gerichtstermin faxt. Nicht aus Faulheit, sondern aus bestimmten Gründen. Ein Gericht könnte da leicht fuchsig werden. Der Gegenanwalt ohnehin. Verspätung. Zurückweisung. Nichtberücksichtigung. Prozessverlust. Böse Worte. Aber welche, mit denen man rechnen muss.

An sich ist die Lage klar. Ein Gericht kann Verteidigungs- und Angriffsmittel nur zurückweisen, wenn dadurch der Rechtsstreit verzögert wird. Eine Widerklage ist aber kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel. Eine Klageerwiderung schon. Der Prozess würde also durch die spät eingereichte Widerklage verzögert. Über die muss das Gericht unbedingt entscheiden, weil sie kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist, das unter die Verspätungsvorschrift fällt. Somit verzögert die Widerklage den Rechtsstreit. Die Verzögerung durch die verspätete Klageerwiderung ist deswegen nicht mehr ausschlaggebend; der Rechtsstreit dauert ja sowieso länger.

Aber weiß das jeder Richter? Und der Gegenanwalt? Also wird die Argumentation vorbereitet. Einschließlich der Option, ein unwilliges Gericht notfalls mit einem Befangenheitsantrag auszubremsen. Das Ganze wird studiert, repetiert. Und nachts vor dem Termin liegst du schon mal wach und gehst alles noch dreimal im Geiste durch.

Dann der Gerichtstermin. „Tja“, sagt die Richterin und beäugt das Fax mit dem Schriftsatz auf den letzten Drücker, „wir werden wohl heute nicht weiterkommen.“ Der Gegenanwalt reckt sich wie erwartet. „Das ist doch alles verspätet“, schimpft er. „So geht es nicht.“

„Doch, so geht es“, lächelt die Richterin. „Eine Widerklage ist nämlich kein Angrifss- oder Verteidigungsmittel. Die kann ich nicht als verspätet zurückweisen …“ Es folgt der ganze Vortrag, den du selbst einstudiert hast.

Du lächelst ebenfalls. Und freust dich über ein angenehmes Gefühl der Entspannung. Hier wird nichts mehr anbrennen. Gute Gelegenheit, auch mal einen unsachlichen Gedanken zu verschwenden:

Was würde diese klasse Richterin wohl zu einer Einladung auf einen Kantinenkaffee sagen?

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

KORREKT

„Gefällige Staatsanwälte“ in Sachen GVU: Die taz berichtet darüber, wie aus Sachverständigen „sachverständige Zeugen“ werden.

Überdies ist laut Pressestaatsanwältin alles „ordnungsgemäß verzeichnet“. Komisch, dass mir eine Asservatenliste oder Fotos der CDs entgangen sein sollten. Bei über 2000 Datenträgern dürfte die Dokumentation ja eigentlich nicht so winzig sein.

Da es Verlautbarungen der Staatsanwaltschaft unzweifelhaft korrekt sind, muss ich wohl mal einen Termin beim Augenarzt machen.

PAUSCHALEN

Eine Mandantin streitet sich vor Gericht mit ihrer Notarin über eine Kostenrechnung. Wir bringen seitenweise Einwände vor; die Notarin schreibt emsig zurück. Die Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts fällt dagegen in der Sache ziemlich kurz aus. Die Notarin hat nämlich die Paragrafen bei den einzelnen Kostenpositionen nicht penibel zitiert. Außerdem hat sie „Schreibauslagen“ geltend gemacht. Korrekt muss es aber „Dokumentenpauschale“ heißen.

Schon deswegen soll die Kostenrechnung aufzuheben sein, und zwar „ohne weiteres“. Als Beleg führt der Präsident des Landgerichts ein Dutzend Urteile an. Im Rechtsstreit geht es zwar nicht um Dokumentenpauschalen. Aber ich habe mich trotzdem gefreut. Und auch geärgert. Aufgefallen war mir dieser schrecklich gravierende Fehler nämlich nicht. Ich muss dringend meinen bürokratischen Spürsinn schärfen.

SPEZIALISTEN

Anwälte dürfen sich jetzt auch „Spezialist für Verkehrsrecht“ nennen. Das Bundesverfassungsgericht hat es einem Kollegen gestattet, diesen selbstgestrickten Titel in seinen Briefkopf aufzunehmen.

Nichts dagegen. Gleichzeitig wertet das Gericht aber Fachanwälte ab, indem es Folgendes schreibt:

Fachanwälte sind aber nicht notwendig Spezialisten. Dies ergibt sich schon aus § 43 c Abs. 1 BRAO, der die Führung von zwei Fachanwaltsbezeichnungen erlaubt. Angesichts der Weite der Tätigkeitsfelder, für die Fachanwaltschaften eingerichtet sind, wird insoweit keine Spezialisierung vorausgesetzt.

Fachanwälte machen einen zermürbenden Kurs, schreiben fünfstündige Klausuren über Examensniveau und stellen sich einer mündlichen Prüfung. Sie müssen mit Falllisten auch nachweisen, dass sie im jeweiligen Rechtsgebiet nachhaltig Erfahrung und Praxis haben.

Aber trotzdem soll das einen geringeren Grad der Spezialisierung ausdrücken als das nackte Eigenlob „Spezialist“? Darüber schüttele nicht nur ich den Kopf. Sondern auch der Kollege Gaius von der Locht aus München, der mir den Link geschickt hat. Er zeichnet seine Mail schon mal mit „Fachanwalt für ArbR und SteuerR und Spezialist“, augenzwinkernd selbstverständlich.

FUNDSACHE

Ein Pärchen aus Österreich hat 1,2 Millionen Schilling in einem Abbruchhaus gefunden. Das Geld brachten die beiden nicht zum Fundbüro, sondern gaben es zum größten Teil aus. Das Linzer Schöffengericht hat sie vom Vorwurf der Unterschlagung freigesprochen. Und die beiden haben sogar Aussicht, die restlichen 20.000 Euro zu bekommen, berichtet orf.at.

(danke an Helge für den link)