NEBENWELTEN

Praktische Landeskunde, heute Ziff. 4.1 der Leihverkehrsordnung:

Die Bundesrepublik ist in Leihverkehrsregionen eingeteilt. Für die Organisation des Leihverkehrs in den Regionen und die Beachtung der Bestimmungen dieser Leihverkehrsordnung durch die Teilnehmerbibliotheken sind die regionalen Leihverkehrszentralen zuständig.

SPÜRSINN

SPÜRSINN

Frau K. hat eingekauft. Im Elektromarkt. Auf dem Weg zum Parkhaus fällt ihr ein, dass sie eigentlich noch eine Druckerpatrone braucht. Sie geht zurück in den Laden. An der zweiten Rolltreppe wird sie angehalten. Vom Ladendetektiv. Der möchte wissen, was Frau K. in ihrer Tasche hat. 2 DVD´s, eine CD. Und eine Speicherkarte für die Digicam.

Der Kassenzettel lässt den Detektiv kalt. „Klar, Sie haben einen Beleg. Aber die erste Partie der Ware liegt doch längst in Ihrem Kofferraum.“ Zehn Minuten später treffen zwei Polizisten ein. Sie lassen es sich nicht nehmen, Frau K.´s Wagen auf den Kopf zu stellen.

Einziger Erfolg der Aktion – ein langes Gesicht beim Detektiv. Der Elektromarkt will sich für die Aktion übrigens nicht entschuldigen. Aus dem Schreiben der Rechtsabteilung: „Immerhin bleibt festzustellen, dass die Kundin selbst Anlass für die Durchsuchung gegeben hat, wenn sie mit bereits bezahlter Ware erneut das Geschäft betritt.“

Etwas mehr Großmut könnte allerdings auch nicht schaden. Aber darauf kann man wohl nicht klagen.

CHAOTISCH

Am Landgericht Frankfurt läuft was schief, wie sich aus folgendem Beschluss ergibt:

In den Sachen
2/25.O.544/ 2003
usw.

wird der Termin vom 19.4.2004 aufgehoben.

Da auf Grund der chaotischen Verhältnisse auf der Geschäftsstelle der 25. Zivilkammer seit ca. 3 Wochen keinerlei Schriftsätze mehr zu den Akten gereicht worden sind, daher auch keine Zustellungsnachweise in den Akten sind, ist eine ordnungsgemäße, auch dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs entsprechende Rechtsprechung derzeit nicht gewährleistet.

Neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt werden, sobald die Behördenverwaltung für einen ordnungsgemäßen Geschäftsablauf gesorgt hat.

Frankfurt/Main, den 15.4.2004
LG, 25. ZK

Prof. Dr. L………….

Würde mich nicht wundern, wenn landauf, landab Richter und Staatsanwälte murren: nur drei Wochen? Worüber regt sich der Kollege eigentlich auf?

(Zitat via JurText online)

NUTZUNGSAUSFALL

Wer nach einem Totalschaden lange mit der Anschaffung eines neuen Autos wartet, hat möglicherweise keinen Anspruch mehr auf Entschädigung für den Nutzungsausfall. Das Oberlandesgericht Köln hat dies jetzt in einem Fall angenommen, in dem die Geschädigte erst nach über zwei Monaten ein neues Auto gekauft hat.

Kritisch wird es sicher ab Zahlung der gegnerischen Versicherung. Spätestens dann steht das Geld für ein gleichwertiges Auto zur Verfügung, so dass weiteres Abwarten als „fehlender Nutzungswille“ ausgelegt werden kann – und bei den immer kiebigeren Autoversicherungen auch wird.

LANG UND LÄNGER (ACHTUNG: GEWINNSPIEL)

LANG UND LÄNGER (ACHTUNG: GEWINNSPIEL)

Misswirtschaft an der Uni Essen-Duisburg. Der Rektor hat Zwangsverwalter für den AStA eingesetzt (Spiegel online). Mit diesem Satz beginnt der online abrufbare Beanstandungsbescheid:

Die Handlungen und Unterlassungen der Studierendenschaft, welche dazu geführt haben, dass Erfolg zeigende Bemühungen, eine Sanierung der Finanzen der Studierendenschaft mit einhergehender Reduzierung des Personalbestandes durchzuführen und ggf. eine Insolvenz abzuwenden, nach mehr als einem Jahr nicht bzw. nicht in dem gebotenen Umfang ersichtlich sind, sondern dass die Folgen
einer durchgehenden Nichtbeachtung der „ZwöIftelwirtschaft“ auf der Grundlage des letzten Haushaltsplanes für das Jahr 2000/2001 in Essen sowie des letzten Haushaltsplanes in Duisburg, der effektiven Nichtbeachtung der durch den jeweiligen Finanzreferenten in den Jahren 2001, 2002 und 2003 verhängten „Haushaltssperre“, der bisherigen Nichterfüllung der Forderung des Landesrechnungshofes, Buchhaltung, Finanzwesen und Personalwirtschaft umgehend wieder auf eine ordnungsgemäße Grundlage zu stellen, der jahrelang teils falschen und teils unvollständigen Abgabe von Anmeldungen und Erklärungen zur Lohn-, Umsatz- und Körperschaftssteuer mit Bezug auf die Wirtschaftsbetriebe sowie der falschen bzw. unvollständigen Übermittlung von sozialversicherungsrechtlich relevanten Tatbeständen an die Sozialversicherungsträger
fortdauern, werden beanstandet.

Okay, das ist die Vorgabe. Für die 10 besten Originaltexte, die lääääänger und / oder unverständlicher sind, gibt´s als Preis einen Kanzlei-Kugelschreiber.

(danke an Mathias Schindler für den link)

TEMPO

Gerade 15 Stunden war ein Berliner Jugendlicher frei, als er bei einem Einbruch in ein Reisebüro erneut verhaftet wurde. Er war laut dpa erst am Morgen nach sechs Monaten Haft entlassen worden.

Einer meiner Mandanten wollte sich vor zwei, drei Jahren das Geld für die Straßenbahn sparen. Er hat deshalb nach seiner Entlassung versucht, in der Seitenstraße ein Auto zu knacken. Weil er seine alte Strafe vollständig verbüßt hatte, verschonte ihn der Ermittlungsrichter, der zum Glück am gleichen Tag Geburtstag hatte, von der Untersuchungshaft.

Wie mein Mandant vom Gericht nach Hause gekommen ist, kann ich allerdings nicht sagen.

(danke an Mathias Schindler für den Hinweis)

K(R)AMPF GEGEN DEN TERROR

K(R)AMPF GEGEN DEN TERROR

In Bochum hat die Polizei zwei Moscheen umstellt und die Ausweise der Besucher kontrolliert. Laut Spiegel online wurden aber nur die Personen kontrolliert, die während der Polizeiaktion freiwillig aus den Gebäuden herauskamen.

Potenzielle Terroristen müssen bekanntlich um acht Uhr abends zu Hause sein. Oder sie sind freitags mit einer tollen Frau fürs Kino verabredet. Deshalb haben sie keine Zeit abzuwarten, bis die Beamten wieder abgerückt sind.

ÜBERWACHUNG

ÜBERWACHUNG

„In der Mehrzahl der Fälle“ unterlässt der Ermittlungsrichter eine ordnungsgemäße Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen der Überwachung – Stichwort Blankounterschrift.

Auch bei den Benachrichtigungspflichten hapert es. Rechtsstaatlichkeit bedeutet, sich gegen staatliche Eingriffe wehren zu können. Da der naturgemäß geheime Charakter einer Überwachung den Betroffenen nicht den Eingriff erkennen lässt, ist zumindest nachträglich eine Benachrichtigung des Abgehörten gesetzlich vorgeschrieben. Zwar sind davon in engen Grenzen gewisse Ausnahmen möglich. In der Praxis sind diese Ausnahmen die 97-prozentige Regel.

Wie der Staat uns überwacht – informativer Artikel in Spiegel online.

KLEINGEIST

Zettel in der Windschutzscheibe. Mitunter sind sie riskant. Zum Beispiel, wenn dort was von Frauen steht, die ihr Geld auf der Straße verdienen. Eine neue Variante begegnet mir jetzt wegen einer Politesse, die sich von folgendem Zettel beleidigt fühlt:

Du bist ein solcher Kleingeist.

Wobei die Strafanzeige wegen Beleidigung solches ja bestätigt. Wenn man es genau nimmt…

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

HIERARCHIEN

Für einen Antrag wäre es sehr wichtig, dass ein Staatsanwalt an seine Akte kommt. Die befindet sich jedoch bei der Generalstaatsanwaltschaft. Wegen eines anderen Antrags. Nun läge es nahe, dass der Staatsanwalt seinen Kollegen bei der Generalstaatsanwaltschaft anruft und darum bittet, ihm für ein, zwei Tage die Akte zurückzusenden.

Klingt einfach, stößt aber auf ein unüberwindbares Problem, wie mir der Staatsanwalt gesteht:

„Unsere vorgesetzte Behörde wünscht es grundsätzlich nicht, dass wir Akten zurück erbitten.“

Keine Ausnahmen? Das Schweigen bedeutet übersetzt:

„Ich werde mir wegen Ihnen nicht die Karriere versauen.“

Wir warten also weiter. Und nehmen es mit Humor, wenn in Pressemitteilungen mal wieder eine Behördenreform bejubelt wird.

SPARSAM

Meine Kollegin trinkt jetzt manchmal Tee. Wieso drapiert sie ihre gebrauchten Teebeutel aber auf einem Unterteller neben der Kaffeemaschine? Damit wir die Teebeutel für sie in dem Mülleimer werfen? Nein:

Ich will die noch mal verwenden.

Ich persönlich finde das hervorragend. Immerhin trinkt sie meinen Tee.

GEGENANGRIFF

Ein Dialerbetreiber wehrt sich vor Gericht gegen eine Software, die Dialer erkennt und vor der Installation warnt. Nach Auffassung des Betreibers ist dies wettbewerbswidrig. Seine Dialer seien genehmigt. Außerdem erkenne die Software nicht alle Dialer, woraus der Betreiber in seiner Pressemitteilung einen Wettbewerbsvorsprung der Konkurrenz ableitet.

Der Hersteller der Antivirensoftware kontert mit dem Argument, dass es nach der Warnmeldung immer noch die freie Entscheidung des Nutzers ist, ob er den Dialer anwählt oder nicht. Außerdem weist die Firma ebenfalls in einer Pressemitteilung darauf hin, dass bereits ein anderer Antrag auf eine einstweilige Anordnung zurückgewiesen wurde. Überdies sei man immer dankbar für Hinweise auf neue Dialer.

Gibt es einen Anspruch darauf, dass eine Software nicht auf genehmigte Dialer aufmerksam macht? Auch diese Dinger kosten doch genauso viel wie ungenehmigte. Im Übrigen belegt die Firma auf ihrer Seite sms-stadt ja selbst zur Genüge, wie notwendig ein Warnprogramm sein kann. Obwohl die Dialer genehmigt sein sollen, wird nur darauf hingewiesen, dass die Installation des notwendigen Programms nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Über die Kosten wird der Surfer nur informiert, wenn er gesondert auf „Anbieterinformationen“ klickt.

(links gefunden im lawgical)

DOKTOR, SCHON WIEDER

DOKTOR, SCHON WIEDER

Doktortitel. Wir sprachen drüber. Damit kann man vieles. Einlullen zum Beispiel. Ich muss gestehen, mir ist es mal wieder passiert. Kann man einen Herrn Doktor um Vorschuss angehen, nachdem er die Honorarvereinbarung unterschrieben hat? Später, sagte ich mir. Ich habe also kräftig vorgearbeitet. Akteneinsicht, Aktenstudium, Besprechungen. Letzteres in der zeitraubenden Variante. Manche wollen es halt genauer wissen.

Die erste Rechnung schickte ich nach drei Monaten. Klingelte vorher noch jeden Abend mein Handy (nach einigen Anrufen während der Bürozeiten), um „das Wichtigste noch einmal durchzugehen“, gingen wir über zu Kommunikationsverweigerung. Einseitiger.

Als ich ihn dann mal endlich am Telefon hatte, kriegte ich einen drauf. Meine Rechnung sei unverschämt. Im zweiten Satz kam gleich das Wort Anwaltskammer vor. „Sie haben doch noch gar nichts für mich erreicht.“ Gar nichts? Eine längere Besprechung auswärts? Die paar Aktenordner? Der Schriftsatzentwurf? „Das geht ja noch“, schnauzte der sonst so samtweiche Mandant. „Aber unsere Hintergrundgespräche? Die soll ich bezahlen?“

„Ich verkaufe meine Arbeitszeit. Wenn Sie mit mir Gespräche führen, kann ich nicht für andere arbeiten.“ „Aber wenn ich Sie abends anrufe, dann arbeiten Sie doch nicht mehr.“ „Doch, in diesem Augenblick schon. Außerdem erreichen Sie mich um Ihre Lieblingszeit meistens noch im Büro.“

Wir mussten uns also im Unfrieden trennen. Im Honorarprozess behauptete der Ex-Mandant: „Mindestens 75 % der Zeit hat Herr Vetter dafür aufgewendet, mir zu erzählen, was für ein toller Anwalt er ist und wie viele wichtige Fälle er schon gelöst hat.“ So hatte ich es noch nicht gesehen. Da ruft mich also ein Kunde bevorzugt um 20.30 Uhr an, um sich noch etwas aus meinem Leben erzählen zu lassen. Udo, das Sandmännchen.

Der Richter am Amtsgericht nahm die Vorwürfe mit Fassung. Sein Vorschlag: „Wir rechnen einfach eine angemessene Zeit raus, in der Ihr früherer Anwalt unaufgefordert über sich erzählt hat.“ Mein Gegner und sein Anwalt grinsten.

Der Richter: „Der Herr Vetter hat ja auch schon den einen oder anderen Fall bei mir gehabt. Wenn ich ihn richtig einschätze, wäre mein Vorschlag, wir ziehen 15 Minuten ab. Vom gesamten Zeitaufwand.“ Umgerechnet waren das exakt ein Prozent des eingeklagten Betrages.

Die Gegenseite zeigte die Zähne. Der Kollege, der jetzt für den Doktor focht und wahrscheinlich auch keinen Vorschuss genommen hat, holte weitere vier Prozent raus. Ich hätte mich auch 80 : 20 verglichen. Aber man soll auch anderen ein Erfolgserlebnis gönnen.

Mein Geld habe ich übrigens immer noch nicht. Der Doktor steht angeblich kurz vor der Pleite. Hierfür kann ich mich gleich doppelt bedanken – bei meiner puddingweichen Gebührenpolitik und bei Frau Ulla Schmidt.