KETTENSÄGE

KETTENSÄGE

Was tut man nicht alles, um ans Geld einer Unfallversicherung zu kommen:

Als die Ärzte nach dem Vorfall im Januar vergangenen Jahres die Finger des 58-Jährigen wieder annähen wollten, waren sie verschwunden. Im Krankenhaus hatte der Verletzte angegeben, er habe die Finger wohl auf dem Weg verloren. Tatsächlich aber hatte der 28- Jährige Daumen und Zeigefinger nach eigener Aussage in eine Mülltonne geworfen. RP online

Statt 42.000 Euro gab es für den Einsatz der Kettensäge anderthalb Jahre Gefängnis.

ERZIEHER?

Ein Urteil, das alle Eltern interessiert:

Das gegen zwei Erzieherinnen eines Lahnsteiner Kindergartens ausgesprochene Beschäftigungsverbot ist rechtmäßig: Die Erzieherinnen haben sich wegen der Anwendung entwürdigender Erziehungsmethoden als ungeeignet für ihre Tätigkeit erwiesen. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden. (Pressemitteilung des Gerichts)

Vertretbar.de weist auf die möglicherweise weitreichenden Folgen der Entscheidung hin:

Viel interessanter ist aber, was in der Begründung nur in einem Nebensatz erwähnt wird.

§ 1631 Abs.2 BGB: Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

gelte nicht für die Eltern der Kinder, denen die Personensorge ohnehin obliegt, sondern erst recht für die in Ergänzung des elterlichen Erziehungsrechts tätig werdenden Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten. Denkt man die Entscheidung weiter, muss §1631 Abs.2 BGB dann auch im Verhältnis Lehrer zu Schülern Wirkung entfalten. Der Traum eines Züchtigungsrechts (etwa als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund) dürfte dann auch für die letzten Zweifler ausgeträumt sein.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

VOLLES PROGRAMM

Die Stadt Düsseldorf zieht in den Krieg:

Der städtische Ordnungs- und Servicedienst wird spätestens Ende dieses Monats mit Kontrollen gegen Raucher in der City vorgehen, die ihre Kippen auf die Straße oder auf den Gehweg schnippen. Ertappte müssen dann zehn Euro Strafe zahlen, so die NRZ.

Das gibt schöne Prozesse vor dem Amtsgericht über die Frage, ob die „Zivilstreife“ sich im Stadtgewimmel den richtigen Sünder gegriffen hat. 10 Zeugen. 2 Hauptverhandlungstermine. Anwalt, Richter. Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht. Eben das volle Programm. Im Gegensatz zu Strafzetteln wegen Falschparkens zahlt hier sogar die Rechtsschutzversicherung…

DER HERR DR.

DER HERR DR.

Ein falscher Doktortitel kostet einen Anwalt nicht das Honorar. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt kann ein Mandant einen Vergleich mit seinem Anwalt nicht unter Hinweis auf den falschen Doktortitel des Juristen anfechten, berichtet WAZ-online.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

UNVERLANGT ZUGESANDT

Die Macher vom M-E-X-Blog haben es gut. Sie kriegen seit Wochen die FAZ ins Haus geschickt, ohne die Zeitung bestellt zu haben. Anscheinend steckt eine Firma dahinter, die sich möglicherweise auf „unverlangt zugesandte“ Ware spezialisiert hat.

Wie groß ist das Risiko, bei unverlangt zugeschickten Zeitungen etc. zahlen zu müssen?

Das neue Bürgerliche Gesetzbuch stärkt dem Empfänger den Rücken:

BGB § 241a Unbestellte Leistungen

(1) Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet.

(2) Gesetzliche Ansprüche sind nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.

Auch wenn Absatz 2 etwas zweideutig formuliert ist, braucht man sich eigentlich keine Sorgen zu machen. Rückforderungsansprüche sind in der Regel ausgeschlossen, so der Standardkommentar Palandt.

Die irrige Annahme einer Bestellung muss jedenfalls der Absender beweisen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte den Absender auffordern, den Vertragsschluss nachzuweisen. Der wird dies natürlich ignorieren und weiter nichtssagende Mahnungen schicken. Spätestens mit der Rückfrage kann der Absender aber kaum noch behaupten, er sei „irrig“ von einer Bestellung ausgegangen – wenn er diese gar nicht vorlegen kann.

Früher galt die Regel, dass man unbestellte Waren 1/2 Jahr in den Schrank legen und zur Abholung bereit halten muss. Heute heißt es: freuen und konsumieren – der Absender hat es ja auch nicht besser verdient.

SPONSOR

Lyssa:

Gegen eins sah ich durch Zufall die letzte Minute des Films Hexenjagd („The Crucible“ im Original) auf Kabel 1. Der Film endet für einige der Protagonisten recht unglücklich mit dem Tod durch den Strick. Die allerletzte Einstellung zeigt nur noch die straff gespannten Seile am Balken hängen. Dann wird das Bild ersetzt durch einen Text auf weißem Hintergrund:

„Dieser Prozeß wurde Ihnen präsentiert von der Rechtsschutzversicherung der DEVK.“

SCHNELL ENTFREMDET

Sehr geehrte Frau P.,

unser Mandant hat mit Ihnen die gemeinsame Tochter S., geboren am 15. Februar 2003.

Herr N. möchte nach besten Kräften seinen Pflichten als Vater nachkommen und für seine Tochter da sein. Wir schlagen vor, dass Sie das Sorgerecht mit unserem Mandanten gemeinsam ausüben. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Sorge in täglichen Angelegenheiten würde natürlich bei Ihnen verbleiben.

Es kommt unserem Mandanten nicht darauf an, Ihre Rolle als Mutter in Frage zu stellen. Andererseits hat auch er als Vater Rechte und Pflichten, denen er sich stellen will. Es kann auch für ein Kind nicht gut sein, wenn ihm der Kontakt zum Vater vorenthalten wird, so wie dies derzeit geschieht.

Wir bitten Sie, auf der beigefügten Kopie dieses Schreibens Ihr Einverständnis mit dem gemeinsamen Sorgerecht zu erklären. Sollten Sie hierzu nicht bereit sein, werden wir unserem Mandanten raten, sein Sorgerecht bzw. zumindest sein Umgangsrecht vor dem Familiengericht durchzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

NETTO

Wer auf Gutachtenbasis abrechnet, bekommt nur noch den Nettobetrag als Schadensersatz. Diese Regelung hat der Gesetzgeber vor allem eingeführt, um die Autoversicherungen zu entlasten. Die müssen die Umsatzsteuer nur noch zahlen, wenn der Geschädigte eine entsprechende Reparaturrechnung vorlegt.

Um Schadensersatz handelt es sich zum Beispiel auch, wenn ein Vermieter Geld wegen unterlassener Schönheitsreparaturen verlangt. Die beliebte Abrechnung „auf der Basis des Kostenvoranschlages eines Meisterbetriebes“ ist zwar nach wie vor möglich – aber eben nur noch netto.

Das neue Prinzip ist anscheinend noch nicht mal Anwälten klar. Aber was kümmert es mich? Ich stehe auf der Vermieterseite.

HÖCHSTSTRAFE

HÖCHSTSTRAFE

Gaeton Remy war nicht hungrig, sondern eher so erregt wie einst Mike Tyson im Ring. Doch den Biss ins Ohr eines Gerichtsangestellten mit einer „scharfkantigen goldenen Zahnprothese“ hätte er sich lieber verkneifen sollen: Der 31-Jährige wurde in New York zu 25 Jahren Haft verurteilt. Spiegel online

§ 38 Abs. 2 des deutschen Strafgesetzbuches lautet:

Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist 15 Jahre …

Das nur zum Vergleich.

HILTI

Als Anwalt hat man es gut. Man verdient Geld mit den Sorgen anderer Leute. Wenn die Sorgen dann plötzlich mal die eigenen sind, wird mir immer wieder klar, wie nervig rechtliche Auseinandersetzungen sein können.

Heute vor einer Woche sitze ich im Büro, als im Nachbarhaus Handwerker loslegen. Schon nach fünf Minuten merke ich, dass bei jedem Hammerschlag die Grenzwand – direkt in meinem Rücken – ganz erbärmlich erzittert. Kurze Zeit später fallen mir ungefähr 15 fette Risse auf, die sich vom Ansatz der Raufaser bis über die Stuckdecke ziehen.

Nachdem ein Ortstermin recht wortkarg verlief, schreibt mir der Handwerker jetzt folgendes:

Bei den unsererseits ausgeführten Abstemmarbeiten mit der Hiltimaschine und den Kernbohrungsarbeiten ist zwar Lärm zu hören, es können jedoch keinerlei Schäden an dem Haus aufgetreten sein, dies können Sie bei jedem Architekten und Statiker nachfragen.

Wie bitte? Ich habe dabei gesessen und zugeschaut, wie Vorschlaghämmer, Hiltimaschine und sonstwas für Stärke 8 auf der Richterskala sorgten und den Stuck ruinierten. Und der gute Mann erzählt mir jetzt, das sei schlichtweg ausgeschlossen. Ich könnte glatt…

Wenn sich mal wieder ein Mandant aufregt, kann er sich ab sofort wieder meines vollen Mitgefühls sicher sein.

VORZEITIG

Arbeitsverträge enthalten mitunter überraschende Klauseln:

Der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer können mit dem Ende des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 62. Lebensjahr vollendet oder später, mit einer Erklärungsfrist von 6 Monaten das Vertragsverhältnis vorzeitig beenden. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer vorzeitig Ruhegehalt…

Unter Bezug auf diese Bedingung „trennt“ sich die Firma derzeit von etlichen langjährigen Führungskräften. Ich habe meinem Auftraggeber geraten, dagegen zu klagen. Immerhin verstösst eine Beendigungsmöglichkeit, die einseitig im Belieben des Arbeitgebers steht, gegen den bei uns geltenden Kündigungsschutz. Es kämen ja auch andere Auflösungsgründe in Betracht, wenn man so etwas für zulässig ansehen will: Schwangerschaft, Schwerbehinderung, die Vollendung des 50. Lebensjahres, der Wechsel der Haarfarbe…

Die gleiche Auffassung vertrat auch der Abeitsrichter. Darauf hin war die Firma plötzlich bereit, tief in die Tasche zu greifen und eine ordentliche Abfindung zu zahlen.

Der Anwalt der Gegenseite erzählt dann auch freimütig, dass er in erster Linie ein Urteil verhindern soll, das die Klausel für unwirksam erklärt. Immerhin gibt es in dem Unternehmen noch etliche gutbezahlte ältere Arbeitnehmer, von denen man sich mit Hilfe dieser Bestimmung dringend trennen will. Wie man hört, ist die Erfolgsquote gar nicht schlecht.

HAPPIG

Heutzutage muss man ja nur mal 3 Wochen im Urlaub sein, schon mahnen Inkassofirmen liegengebliebene Rechnungen an. Dafür setzen sie immer mit größter Selbstverständlichkeit happige Gebühren an.

Diese Kosten muss man als Schuldner nur in den seltensten Fällen übernehmen.

Es gibt viele Urteile, die kurzgefasst folgendes sagen:

1. Eine Mahnung kann jedes Unternehmen auch noch selbst schreiben. Dafür braucht man kein Inkassobüro.

2. Ein Inkassobüro darf erst nach Ablauf angemessener Fristen (möglicher Urlaub etc.) beauftragt werden. Besonders dann, wenn der Kunde bisher immer pünktlich gezahlt hat.

3. Der Kunde darf keine Einwände erhoben haben. Weigert sich der Kunde aus sachlichen Gründen, zum Beispiel mit Hinweis auf Mängel, die Rechnung zu zahlen, sind Formularbriefe von Inkassofirmen nutzlos.

4. Grundsätzlich kann jede Firma auch gleich einen Rechtsanwalt beauftragen. Bei dem werden die außergerichtlichen Mahnkosten auf spätere Prozessgebühren angerechnet. Kommt es also zum Rechtsstreit, sind Inkassokosten in aller Regel nicht erstattungsfähig.

ENTRÜCKT

ENTRÜCKT

Der neue Mandant, ein älterer Herr, gibt mir seine Visitenkarte.

Oh, die Telefonnummer ist nicht mehr aktuell.

Er streicht die alte Nummer, schreibt die neue daneben.

Moment noch, ich habe jetzt auch ein Fax.

Er kritzelt eine Faxnummer auf die Visitenkarte.

Ach, da fällt mir auf, die Postleitzahl ist jetzt ja auch fünfstellig. Moment mal, die lautet … ich komme gleich drauf.

Schließlich notiert er auch noch seine neue Privatanschrift, denn er ist ja 1998 umgezogen.

Ich hoffe inständig, dass wenigstens der Name noch stimmt…