HARTNÄCKIG

HARTNÄCKIG

Heute mal meine urlaubende Kollegin (btw: schöne Grüße vom Lake Tahoe) am Arbeitsgericht vertreten. Unsere Mandantin, eine Firma mit ein paar hunder Beschäftigten, ist sehr angenehm. Sie weiß, wo die Grenzen für Arbeitgeber gesteckt sind. Deshalb bieten wir bei betriebsbedingten Gründen meistens die „Regelabfindung“ an. Die beträgt ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr.

Heute waren wir sogar bereit, noch etwas draufzulegen. Auch die Richter warnten die Klägerin, dass sie den Prozess verlieren kann. Immerhin haben wir ziemlich gute Gründe, die meine Kollegin auch seitenweise dargelegt hat. Die Sozialauswahl stimmt auch. Und der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört.

Obwohl für die Klägerin Euro 25.000,00 rausgesprungen wären, sagte sie kategorisch nein. Selbst auf den Hinweis des Gerichts, dass sie wahrscheinlich gar nichts bekommt, wenn ein Urteil gesprochen werden muss, blockte sie immer noch ab. Und ihr Anwalt bestärkte sie sogar noch darin: „Meine Mandantin möchte unbedingt ihren Arbeitsplatz behalten.“

Wenn die Kündigung aber doch durchgeht, wonach es aussieht, hat die Gute keine Arbeit mehr. Und keine Abfindung.

Das verstehe, wer will.

BERATUNG

Vor dem Besuch beim Anwalt steht fast immer eine Hürde. Die finanzielle. Einige Kollegen machen die Situation nicht einfach. Sie sagen den Leuten auf die Frage, was eine Beratung kostet: „Das ist nicht so teuer. Wir rechnen nur die Erstberatungsgebühr ab.“

Die „Erstberatungsgebühr“ beträgt Euro 232,00. Ich glaube nicht, dass die Mehrzahl der Kunden an so eine Summe denkt, wenn sie „nicht so teuer“ hört…

Hinzu kommt, dass die Aussage sachlich auch noch falsch ist. Die „Erstberatungsgebühr“ ist in Wirklichkeit eine maximale Obergrenze. Mehr darf eine erste Beratung grundsätzlich nicht kosten. Bei niedrigen Streitwerten werden die Kosten meistens deutlich darunter liegen. Wenn es zum Beispiel um eine Forderung von Euro 400,00 geht, beträgt die Beratungsgebühr Euro 30,02.

Ich mache neuen Mandanten, die sich nicht so auskennen, immer folgenden Vorschlag:

Unser erstes Gespräch ist zunächst mal eine Beratung. Die kostet zwischen Euro 30,00 und Euro 50,00 pauschal. Nach der Beratung kennen sie meine Meinung und wissen, was aus meiner Sicht zu tun ist. Auf dieser Grundlage können wir dann entscheiden, ob wir, sofern erforderlich, weiter zusammen arbeiten. Wenn es weiter geht, wird die Beratungsgebühr angerechnet.

Ich glaube, so eine Regelung hat Vorteile für alle Seiten. Für den Mandanten ist das Abenteuer neuer Anwalt kalkulierbar. Ich muss nicht schon am Telefon endlos lange über die Gebührenordnung oder Stundensätze refererieren, sondern kann am Ende der Beratung, wenn ich den Fall kenne, über das spätere Honorar verhandeln. Der Mandant hat außerdem in Form der Beratung auf jeden Fall einen Nutzen, denn er hat einen konkreten Ratschlag erhalten.

PARKSCHEIBE

Eine dänische Parkscheibe ist ein echtes Teufelsding. Zeigt zwar die gleiche Zeit, hat aber kein weißes P. Und keinen blauen Hintergrund. Deshalb gibt es einen Strafzettel, zumindest in Erkrath bei Düsseldorf.

Der Clou: Wer statt einer dänischen Parkscheibe einen Zettel mit der Ankunftszeit aufs Armaturenbrett legt, geht angeblich straffrei aus. Sogar in Erkrath.

Mehr über diese Posse im Express.

ABGEHÖRT

ABGEHÖRT

Spiegel online berichtet unter dem Titel „Mein Handy, eine Wanze“ über die neuesten Abhörtricks der Polizei, insbesondere den IMSI-Catcher:

Der IMSI-Catcher empfängt diese Nummer und macht das Mithören des Anschlusses möglich. Allerdings leiten alle Handys in der Nähe dieser kontrollierten Funkstelle automatisch ihre Daten und Kennummern an den Catcher weiter.

Schnuffelig-treuherzig das Statement aus dem Innenministerium:

„Personenbezogene Daten unbeteiligter Dritter werden nur erhoben, soweit dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Einsatzzwecks unvermeidbar ist. Gegebenenfalls angefallene Daten Unbeteiligter werden nach Einsatzende sofort gelöscht.“

Unvermeidbar … sofort … unbeteiligt. Schöne Worte. Wer mag daran glauben, bei so einem reizvollen Spielzeug?

GEGEBENER ANLASS

Mich erreicht gerade ein Fax des Arbeitsgerichts Wuppertal:

Sehr geehrte Rechtsanwälte,

in Sachen P./C. wird der Kammertermin vom 3. September 2003, 11.30, Gerichtstag Velbert, aus gegebenem Anlass – Explosion der Polizeiwache Velbert – verlegt nach Wuppertal.

Es ist das gleiche Haus.

EVÜ

EVÜ

Es ging zwar „nur“ um Euro 50,62. Aber eine gewonnene Dialerklage – vor allem gegen die Firma T. aus Elmshorn – freut mich immer. Das Risiko ist immer groß, weil internetunkundige Amtsrichter häufig ziemlich ratlos vor der Problematik stehen. In dem heute reingeflatterten Urteil vom 15. August 2003 hat das Amtsgericht Velbert die Sache gleich ganz am Anfang totgemacht:

Die Klage wird abgewiesen.

Soweit die Klägerin ein mit „EVÜ“ bezeichnetes Blatt Papier vorlegt, ist dieses nicht geeignet, eine Inanspruchnahme von Leistungen durch die Beklagten zu beweisen. Es handelt sich bereits nicht um eine Urkunde. Denn eine Unterschrift enthält das Blatt nicht. Der auf ihm befindliche Text lässt sich mit jedem besseren Computer selbst herstellen. …

Unter diesen Umständen wäre es angesichts des Umstandes, dass die Beklagten jedenfalls spätestens mit Schreiben vom 19. Mai 2002 die Forderung beanstandet hatten, Aufgabe der Zedentin gewesen, durch Offenlegung der vollständigen Zielrufnummer – also ungekürzt um die letzten 3 Ziffern – zunächst einmal substantiiert darzulegen, mit wem die Beklagten telekommuniziert haben sollen. Erst sodann wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, dies durch konkrete Angaben zu erschüttern.

(Aktenzeichen 17 C 183/03)

AUF REZEPT

Seit heute dürfen niederländische Apotheker – als erste in Europa – Cannabis in kleinen Mengen verkaufen. In Packungen zu jeweils fünf Gramm wird der Stoff für 44 Euro oder 50 Euro je Dosis angeboten, teilte das Gesundheitsministerium in Den Haag mit.

Aber nur für medizinische Zwecke, meldet Focus.

BEWEGUNG

Endlich kommt mal Bewegung in unser verkrustetes Strafsystem. Die Bundesjustizministern möchte als Alternative zur Strafe die gemeinnützige Arbeit einführen. Bei Freiheitsstrafen von bis zu 6 Monaten würde es künftig heißen: malochen statt sitzen. Außerdem wäre das leidige Problem der Leute gelöst, die ins Gefängnis müssen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können. Die sind nämlich zu einem Gutteil an der Überbelegung der Haftanstalten verantwortlich.

Bin allerdings gespannt, wie viele Betroffene auch „arbeitswillig“ sind.

(Quelle: beck-aktuell)

NOCH MEHR BÜROKRATIE

NOCH MEHR BÜROKRATIE

Der Wertsack ist ein Beutel, der auf Grund seiner besonderen Verwendung nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden.“
(Merkblatt der Deutschen Bundespost)

Mehr schräge Beamtensätze in Bild online.

LEERE

Bei der Diskussion um die Frage, wie künftig gerichtliche Übersetzer bezahlt werden sollen, finden sich wirklich tiefschürfende Überlegungen. Beispiel:

Maßeinheit für die Vergütung soll die im Bereich des Übersetzerwesens allgemein eingeführte Standardzeile sein, die sich aus 55 Anschlägen einschließlich der Leerzeichen zusammensetzt. Zwar vertritt die ganz herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur die Meinung, Leerzeichen seien keine Schriftzeichen im Sinne des § 17 Abs. 4 ZuSEG, weil sie nicht der Kommunikation dienten und damit auch keine Übersetzungsleistung erforderten. Wegen der weitverbreiteten Akzeptanz der Standardzeile erscheint es jedoch angebracht, diesen Umrechnungsmaßstab aufzugreifen.

Bei solchen Auswüchsen des deutschen Bürokratismus fühle ich nur noch eins – tiefe, gähnende Leere…

(Quelle des Zitats: Transblawg)

NICHT, NIEMALS, NIE

NICHT, NIEMALS, NIE

Aus einer Ladung des Landgerichts, eingegangen am 11. August 2003:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass eine Verlegung des Termins am 25. November 2003 unter keinen Umständen in Betracht kommt. Das Gericht bemüht sich seit April darum, die Sache zu verhandeln. Aus verschiedenen Gründen musste der Termin nunmehr achtmal verlegt werden. Sollte einer der Prozessbevollmächtigten erneut verhindert sein, wird nichts anderes übrig bleiben, als einen anderen Rechtsanwalt in Untervollmacht zu beauftragen.

Aus einem Schreiben des gleichen Gerichts, eingegangen am 30. August 2003:

Der Termin vom 25. November 2003 ist wegen Urlaubs des Berichterstatters aufgehoben worden. Sie brauchen an diesem Tag nicht zu erscheinen. Neuer Termin ergeht von Amts wegen.

??????

Das Amtsgericht Düsseldorf belehrt per Formblatt über ein Fahrverbot:

Sofern Sie nicht mitteilen, dass Sie den Führerschein abholen werden, wird die Rückgabe von hier aus so veranlasst, dass er Ihnen nach Ablauf des Fahrverbots rechtzeitig zugehen kann.

KURZER PROZESS

Manche Anklageschriften sind, kurz gesagt, Schrott:

An das
Amtsgericht

In der Strafsache
gegen
K., Claudia

beantrage ich, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Ein hinreichender Tatverdacht nach § 281 StGB (Missbrauch von Ausweispapsieren) liegt nicht vor. Meine Mandantin hat ausweislich der Akte schlechte, kaum leserliche Fotokopien von Ausweispapieren vorgelegt. Damit kann der Tatbestand nicht erfüllt werden, denn bei § 281 StGB muss es sich um echte Papiere handeln (Tröndle/Fischer, StGB, § 281 Rdnr. 2).

Rechtsanwalt

BASTARD

Bevor sie sich schwängern ließ, hätte sich eine Bonnerin besser die Kontoausztüge ihres Partners zeigen lassen. Das Familiengericht spricht ihr nämlich Unterhalt ab, weil der Kindesvater – ein Postbeamter – einen teuren Mercedes abbezahlt. Zynische Begründung des Gerichts laut Express:

Die Klägerin trifft also ein Auswahlverschulden, weil sie sich auf einen finanziell belasteten Partner eingelassen hat.

Das Urteil dürfte zur Folge haben, dass die Mutter jetzt Sozialhilfe benötigt. Somit finanzieren wir Steuerzahler indirekt den Daimler. Dazu fällt mir nichts mehr ein, außer, dass man Vätern, die ihre Kinder „Bastard“ nennen, prophylaktisch sowieso mal ganz fest wohin treten sollte.