Er habe seinen Sohn schlagen müssen

Aus einem Strafurteil:

Er habe daraufhin dort angerufen und den Zeugen G. A. am Telefon gehabt, der ihm gegenüber seine Tatbeteiligung bestritten habe. Am Folgetag sei der Vater des Zeugen G. A. zu ihm gekommen und habe sich für das Verhalten seines Sohnes … entschuldigt. Der Vater des Zeugen G. A. habe weiter bekundet, er habe seinen Sohn schlagen müssen, um diesen zur Wahrheit zu bewegen. Daraufhin habe der Sohn seine Tatbeteiligung zugegeben.

Als ich das las, war ich wirklich gespannt, ob die Verurteilung des möglichen Mittäters von G. A. auch auf diese Episode gestützt wird. Aber der Richter bezieht sich lediglich auf andere Zeugenaussagen, denen er „uneingeschränkt“ folgt. Die angeblichen Äußerungen des G. A. zu seinem Vater erwähnt er mit keinem Wort.

Ein durch „Folter“ erlangtes Geständnis, noch dazu übermittelt durch Dritte, wäre auch ein zu schöner Revisionsgrund gewesen.

Die Rechtsabteilung schreibt

Mail von der Gegenseite. Absender ist, und das steht wirklich da, die „Rechtsabteilung“:

Da es im Moment nur darum geht, wer hat die dickeren Eier, kann er es gern auf einen Onlineabtausch ankommen lassen. Er kann gewiss sein, wir haben die grösseen Kapazitäten und Erfahrungen um Ihn fertig zu machen. Das einzige was er gewinnen kann ist Erfahrung was im Netz alles möglich ist.

Dabei habe ich so sachlich geschrieben.

Fleißig ermittelt

Es geht um harmlose, noch dazu grieselige Videoaufnahmen, die jemand aus seinem Fenster gemacht hat. Die Aufnahmen zeigen nur, was auf einer Anliegerstraße passiert. Zum Beispiel sind Fußgänger zu sehen, die vorübergehen. Allerdings sind die Aufnahmen von so schlechter Qualität, dass die Gesichter nicht zu erkennen sind. Also keine Verletzung des Rechts am eigenen Bild.

Das hinderte die Polizei in der Person eine Kriminalhauptkommissars aber nicht, eine Akte anzulegen und fleißig zu ermitteln. Es werden sogar Zeugen vorgeladen und vernommen. Ermittelt wird, so steht es mehrfach in der Akte, wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Das ist der (neue) Paparazziparagraf. Er hat folgenden Wortlaut:

Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Ist eine Straße eine Wohnung? Oder ein gegen Einblick besonders geschützter Lebensbereich?

Wer Steuern zahlt, darf sich ärgern. Jetzt.

Bloß nix Legales

Wer auf studiVZ oder meinVZ Werbung schalten möchte, unterliegt strengen Anforderungen. Es gibt sogar einen Werbekodex. Der enthält in Ziff. 4.1 die Pflicht, nur Anzeigen für illegale Machenschaften zu schalten:

Die Anzeigen dürfen keine Inhalte nicht zum Werbegegenstand haben, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.

Um freundliche Beachtung wird gebeten.

(Danke an Philipp Ronicke für den Hinweis)

Erst Kontrolle, dann Bescheinigung

law blog – Leser Rudi, selbst Anwalt, weist in einem Kommentar auf eine oft vernachlässigte Vorschrift hin. Die kann einem vielleicht etwas helfen, wenn man öfter mal an Bahnhöfen in die beliebten, weil meistens mit dem Verpassen des Zuges verbundenen Personen- und Gepäckkontrollen der Bundespolizei kommt. Oder jemanden kennt, dem das ständig passiert. In meinem Fall wären das etliche Mandanten, die entweder schwarzer Hautfarbe sind. Oder ansonsten unkonventionell wirken.

Die Bundespolizei ist verpflichtet, jedem Durchsuchten eine schriftliche Bescheinigung auszustellen, in der die Kontrolle mit Ort, Uhrzeit und Datum bestätigt wird. Außerdem muss der Grund für die Maßnahme angegeben werden.

Das Prozedere kostet zwar noch mehr Zeit, aber dann ist es meistens ja auch egal. Wie ich Rudis Kommentar entnehme, sind die Beamten über derartige Verlangen nur begrenzt begeistert. Allerdings ist das natürlich kein Grund für einen Kontrollierten, auf seine gesetzlichen Rechte zu verzichten. Und sich nicht zu beschweren, falls diese missachtet werden.

Gleiche Regelungen gelten auch für die „normale“ Polizei.

Nachtrag: Matthias Böse hat die passenden Paragrafen rausgesucht:

Keine Regelung (ohne Gewähr):

Baden Württemberg
Sachsen

Regelung:

Bayern: § 22 II 3 PAG
Berlin: § 35 III 3 ASOG
Brandenburg: § 22 II 3 BbgPolG
Bremen: § 20 II 3 BremPolG
Hamburg: § 15a II 3 SOG
Hessen: § 37 III 3 HSOG
MeckPomm: § 58 2 SOG MV
Niedersachsen: § 23 II 3 NSOG
NRW: § 40 II 3 PolG
Rheinland-Pfalz: § 19 II 3 PolG
Saarland: § 18 II 3 PolG
Sachsen-Anhalt: § 42 III 3 SOG LSA
Schleswig-Holstein: § 207 2 LVwG
Thüringen: § 19 II 3 OBG

Übersteigertes Verhältnis

Die meisten Angriffe hat sie gestern glatt bis zögerlich abgebügelt. Aber es gab auch Treffer. Nach dem spektakulären Ausbruch von zwei Gefangenen aus der Justizvollzugsanstalt Aachen in der vorigen Woche hatte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) mitunter Mühe, sich im Rechtsausschuss des Landtages zu rechtfertigen.

Auf den vor drei Monaten an sie gerichteten Hilferuf des Personalrats will sie sofort reagiert haben. In gerade mal einem Monat sei der Stand der Überstunden um 2.670 Stunden gesenkt werden konnte. Das habe auch die Stimmung der Bediensteten gebessert, „was sicher zum Abbau des Krankenstandes beigetragen hat.“

Wer heute die schlechte Stimmung in Aachen im Zusammenhang mit dem Ausbruch heranziehe, sei niederträchtig. Sie wiederholte, der Ausbruch sei die Tat eines einzelnen Beamten gewesen. „Den haben Sie uns als unauffällig beschrieben“, kritisierte Monika Düker (Grüne), „tatstächlich war der belastet – Sie täuschen uns!“ Unterstützung kam dazu von Ralf Jäger (SPD): „Es war bekannt, dass dieser Beamte ein übersteigertes Verhältnis zu den Ausbrechern hatte, er war kein unbeschriebenes Blatt.“

Spätestens ab hier kippte die Diskussion um zum vorgezogenen Landtagswahlkampf. Statt konkreter Antworten zeigte die Ministerin auf eine Ausbruchskurve. Mit gezackten Ausschlägen zu rot-grüner Regierungszeit, mit „nur einem Ausbruch in diesem Jahr“.

Der hätte verhindert werden können, monierte Thomas Stotkow (SPD), wenn am Ausbruchsabend zwei Beamte an der Gefängnispforte gewesen wären – nicht eben nur einer. „Wir müssen hingucken, wie wir das verbessern können“, knickte die CDU-Ministerin ein. Womöglich wird ein Vorschlag von Robert Orth (FPP) umgesetzt: „An Flughäfen werden Kontrolleure ja auch von anderen Kontrolleuren kontrolliert.“ (pbd)

Kollege Selbstverständlich

Sieh an, auch bei der Polizei hat sich mittlerweile rumgesprochen: Blutproben dürfen grundsätzlich nur vom Richter angeordnet werden, außer bei Gefahr im Verzug. Die beiden Beamten, die sich heute vor Gericht zu der Frage äußern mussten, wieso sie keinen richterlichen Beschluss eingeholt haben, machten es sich einfach. Sie erklärten:

Der Beschuldigte war mit einer Blutprobe einverstanden.

Mein Mandant wäre dem ersten Polizisten, der sich so äußerte, am liebsten an die Gurgel gegangen. Denn, so erklärte er, mit ihm sei auf der Wache praktisch gar nicht gesprochen worden. Nach einiger Zeit sei der Polizeiarzt ins Zimmer gekommen, habe ihm Fragen gestellt und zwei Blutproben entnommen. Kein Polizist habe ihn gefragt, ob er einverstanden ist. Und schon gar nicht habe ihm jemand erklärt, was passiert, wenn er nicht einverstanden ist.

So ein Einverständnis in strafprozessuale Maßnahmen ist als solches eine fragwürdige Sache. Wer liefert sich schon ohne Not freiwillig ans Messer? Dementsprechend bestehen Gerichte meist darauf, dass der Beschuldigte nicht nur „einverstanden“ sein muss. Er muss vielmehr besonders belehrt werden, wenn es um für ihn tendenziell nachteilige Dinge geht. Erst mal über die Folgen seines Einverständnisses. Außerdem über den Ablauf für den Fall, dass er nicht einverstanden ist. Also muss ihm zum Beispiel gesagt werden, dass man sich bei Weigerung an einen Richter wenden und einen Beschluss beantragen wird. Auf jeden Fall muss auch klar werden, dass es für ihn keine rechtlichen Nachteile bringt, wenn er der Blutprobe nicht zustimmt.

Ich habe den ersten Beamten einige Male in verschiedenen Variationen gefragt, ob und wie er den Beschuldigten belehrt hat. Es kam immer nur die Antwort, er habe den Beschuldigten über sein Recht belehrt, die Aussage zu verweigern, einen Anwalt zu konsultieren und entlastende Beweismittel vorzubringen. Kein Wort davon, dass er den Beschuldigten über die Hintergründe des „Einverständnisses“ belehrt hat.

Erst als er – ich glaube durch den Richter – mit der Nase drauf gestoßen wurde, erklärte er dann:

Selbstverständlich habe ich dem Beschuldigten auch erklärt, wie alles abläuft, wenn er nicht einverstanden ist.

Selbstverständlich.

Dumm nur, das sein Kollege im Anschluss sogar klipp und klar erklärte, weder er noch Kollege Selbstverständlich hätten den Beschuldigten über die Folgen des Einverständnisses informiert. Der Beschuldigte habe doch jedenfalls nicht widersprochen, das sei ja so was wie ein Einverstänndnis.

Aber so was von.

Als er das Problem erkannte, nämlich die an den Haaren zu greifende Falschaussage des anderen Beamten, zog der Polizist leidlich elegant die Notbremse. Es könne ja sein, so fiel ihm ein, dass er mal kurz nicht im Zimmer war. Vielleicht habe Selbstverständlich ausgerechnet in diesem Moment den Beschuldigten belehrt.

Vielleicht.

In der Akte jedenfalls findet sich kein Hinweis darauf, dass mein Mandant von der freiwilligen Sorte ist. Im Gegenteil. Witzigerweise steht auf dem Protokoll im Kästchen „Blutprobe angeordnet von“ der Name Selbstverständlich mit Dienstgrad. Wieso man eine Blutprobe anordnen muss, wenn der Beschuldigte sich ihr freiwillig unterziehen will, vermochte keiner der Beamten zu erklären.

Das Dilemma: Mein Mandant sagt zwar, er sei gar nicht gefragt worden und habe einer Blutprobe nicht zugestimmt. Aber immerhin stehen nun die Aussagen zweier Polizisten entgegen, von welcher Qualität diese Aussagen auch immer sein mögen. Da Polizisten vor Gericht einen Vertrauensbonus genießen, kommt der Beschuldigte so in Rechtfertigungszwang. Er muss quasi belegen, dass die Aussagen der Beamten nicht stimmen.

Ein sehr schwieriges Unterfangen.

Als Beschuldigter bleiben nicht viele Handlungsmöglichkeiten, wenn man sich nicht später in so eine Situation reinreißen lassen will. Man könnte zum Beispiel gucken, dass man auf dem Protokoll dick vermerkt, dass man der Blutprobe widersprochen hat. Dumm nur, dass bei dem ganzen Prozedere nicht einmal eine Unterschrift des Beschuldigten vorgesehen ist. Man wird also möglicherweise salopp abgeledert und von jedem Stück offiziellen Papiers ferngehalten, wenn man eine eigene Erklärung niederschreiben möchte.

Jedenfalls bleibt die Chance, gegenüber dem Arzt deutlich zu widersprechen und darauf zu bestehen, dass er das fehlende Einverständnis in sein Protokoll aufnimmt. Ob er es macht, ist Glückssache. Ärzte, die nachts für die Polizei Blutproben abnehmen, haben nach meiner Erfahrung tendenziell eher ein weichteiliges Rückgrat.

Als letzte Möglichkeit bleibt, sich gegen die Blutprobe zu wehren. Das jedenfalls dürfte kaum zu „unterschlagen“ sein. Erst kürzlich hat ein Gericht festgestellt, dass eine Blutprobe nur unter Anwendung körperlicher Gewalt abgenommen werden darf, wenn ein Richter zugestimmt hat. Das Urteil geht jedenfalls in die richtige Richtung.

Andererseits ist man selbst bei lediglich passivem Widerstand nicht weit entfernt vom nächsten Verfahren – wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Ein Ellenbogen im Beamtenbauch, das ist schnell passiert und wird – im Gegensatz zur Belehrung – mit Sicherheit auch nicht vergessen.

Nicht auszuschließen, dass künftig viel mehr Beschuldigte quasi um Blutproben betteln. Oder erst bei der Aussage der beteiligten Polizisten im Gericht erfahren, wie kooperativ sie doch gewesen sind und dass man sich immer wieder über Leute freut, die einem den lästigen Anruf beim Richter ersparen.

Dabei wäre die Lösung einfach. Ein angebliches Einverständnis in eine Blutprobe oder Hausdurchsuchung ist überhaupt nur diskutabel, wenn der Beschuldigte eine entsprechende Erklärung unterschreibt. Am besten noch mit einer zweiten Unterschrift, dass er besonders darüber belehrt wurde, welche Konsquenzen das Einverständnis oder die Weigerung haben.

Macht mehr Arbeit. Ist aber, meine ich, letztlich auch gut für das Image der Polizei. Die beiden Beamten von heute haben meinen Glauben daran, dass die Guten nicht tricksen, etwas weiter ins Wanken gebracht.

Das Gesetz ist nicht die Begründung

Die Staatsanwaltschaft beantragt beim Gericht, meinem Mandanten eine DNA-Probe zu entnehmen. Sein genetisches Profil soll in der DNA-Datenbank beim Bundeskriminalamt gespeichert werden.

Nach dem Gesetz muss der Richter so eine Anordnung eingehend begründen:

In der schriftlichen Begründung des Gerichts sind einzelfallbezogen darzulegen

1.die für die Beurteilung der Erheblichkeit der Straftat bestimmenden Tatsachen,

2.die Erkenntnisse, auf Grund derer Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten künftig Strafverfahren zu führen sein werden, sowie

3.die Abwägung der jeweils maßgeblichen Umstände.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft erschöpft sich in der Mitteilung, mein Mandant sei wegen einer Straftat erheblicher Bedeutung verurteilt worden. Wegen Ausführung der Tat und seiner Persönlichkeit bestehe Grund zu der Annahme, dass gegen ihn erneut Strafverfahren wegen derartiger Straftaten zu führen seien.

Das ist allerdings keine Begründung, sondern der Gesetzestext. Ich werde den Richter also vor die Wahl stellen, ob er sich selbst die Arbeit macht und aus den vorhandenen Akten unter erheblicher Beanspruchung seiner kostbaren Arbeitszeit eine einzelfallbezogene Begründung extrahiert.

Oder ob er den Antrag des bequemen Staatsanwalts zurückweist. Ich habe auch schon eine Vermutung, wie es laufen wird…

Das teile ich gerne mit

Meine Mandanten sind Zeugen. Sie wollen aber nicht zur Polizei. Ich zitiere mal, was ihnen der zuständige Beamte gesagt haben soll, nachdem sie die Vorladung erhielten und sich telefonisch erkundigten, ob sie den Termin absagen können:

Mir ist egal, ob Sie kommen. Wenn Sie den Termin nicht wahrnehmen, werden Sie halt zwangsweise vorgeführt. Dann holen Sie meine Kollegen zu Hause oder am Arbeitsplatz ab.

Ich habe in meiner Textbausteinkiste gekramt und folgendes Fax geschickt:

Sehr geehrter Herr J.,

ich vertrete die Herren D. und S. als Zeugenbeistand.

Ich habe meine Mandanten informiert, dass es keine gesetzliche Verpflichtung für Zeugen gibt, bei Ermittlungsbehörden wie der Polizei auszusagen. Es gibt auch keine Möglichkeit, das Erscheinen eines Zeugen zum Zwecke seiner Aussage bei der Ermittlungsbehörde zu erzwingen (Meyer-Goßner, StPO, § 163 Rdnr. 37).

Dies alles gilt unabhängig von der Frage, ob besondere Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechte bestehen.

Meine Mandanten haben sich aufgrund dessen entschlossen, nicht auszusagen. Deswegen werden sie den Vernehmungstermin nicht wahrnehmen. Das teile ich Ihnen gerne mit, damit Sie nicht unnötig warten.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt

Meine nach wie vor verunsicherten Mandanten wollen sich jeweils eine Kopie in die Brieftasche legen. Falls sich die Polizei damit nicht zufriedengibt und tatsächlich bei ihnen vor der Türe steht. Was ich nun aber für unwahrscheinlich halte.

Ansehen und Glaubwürdigkeit

Der Presserat informiert über seine aktuellen Rügen. Beispiel:

Der Beschwerdeausschuss rügte die THÜRINGER ALLGEMEINE für einen Beitrag, in dem die Zeitung die Amtsbilanz eines scheidenden Bundestagsabgeordneten und Bürgermeisters kritisch beleuchtet hatte. Der Autor des Beitrages war bis kurz vor Erscheinen des Artikels Pressesprecher dieses Politikers. Ziffer 6 des Pressekodex hätte erfordert, dass die Redaktion diesen Umstand transparent macht. Weil die Zeitung das unterließ, fehlte den Lesern eine wichtige Information zur Einordnung des Beitrages. Die Zeitung gefährdete so zudem Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien (Ziffer 1 Pressekodex).

Neulich erzählte mir ein Lokaljournalist, seine Redaktion auf dem platten Land sei mittlerweile so ausgedünnt, dass er selbst gar nicht mehr recherchieren oder großartig zu Terminen fahren kann. Deshalb bitte er umgängliche Kommunalpolitiker vertraulich, ihm doch gleich einen Artikel über ihre öffentlichen Sitzungen zu liefern.

Manche seiner „freien Mitarbeiter“ seien so schreibfertig, dass er den Text unverändert in den Satz geben kann. Er hat auch eine launige Antwort auf die Nachfrage anderer Politiker, woher er denn immer alles wisse, obwohl er gar nicht da gewesen sei. Die Antwort zitiere ich jetzt aber besser nicht, sonst habe ich einen Feind mehr.

Zu kurz gedacht

Die Richterin am Amtsgericht Mettmann hatte sich bis ins Detail über die Sache Gedanken gemacht. Wie nicht anders zu erwarten, war ihrem Vergleichsvorschlag deshalb wenig entgegen zu setzen. Überdies war eine Einigung auch ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft.

Interessanterweise betonte die Richterin daneben, sie werde die für meine Mandantin bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf den Vergleich erstrecken, so er denn zustande kommt. Sie sagte das nicht einmal, sondern wiederholte es später.

In einem ersten Impuls fand ich die Bemerkung nicht korrekt. Erweckt sie doch den Eindruck, ich würde meine Beratung ob Vergleich ja oder nein möglicherweise an Anwaltsgebühren ausrichten.

Aber dann fiel mir auf, dass diese Zusage ja auch für die Mandantin wichtig ist. Würde sie für den Vergleich keine Prozesskostenhilfe in Aussicht gestellt bekommen, müsste ich ihr die Vergleichsgebühr gesondert in Rechnung stellen. Die Sache würde also für sie (noch) teurer.

Immerhin habe ich dem Impuls nicht nachgegeben und meine Klappe gehalten. Gut so.

Auf die Liste

Im neuen Jahr ändert sich einiges im Bereich der Strafverteidigung. Für Beschuldigte, gegen die Untersuchungshaft angeordnet wird, gibt es eine wichtige Verbesserung. Sie müssen möglichst sofort anwaltlich vertreten sein. Haben sie keinen Anwalt, wird ihnen ein Pflichtverteidiger bestellt. Bisher musste ein Pflichtverteidiger erst beigeordnet werden, wenn der Beschuldigte länger als drei Monate in Untersuchungshaft saß.

Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf erstellt eine Liste „williger“ Anwälte, die auch außerhalb der Bürozeiten ansprechbar sein sollen. Ich lasse mich eintragen. Mal sehen, ob und wie oft ich rausgeklingelt werde, wenn mich ein Beschuldigter auswählt. Ich hoffe jedenfalls, dass es so fair zugeht, erst mal den Beschuldigten in die Liste gucken und Vorschläge machen zu lassen.

Gegen die Benennung durch einen Richter oder Staatsanwalt würde ich mich natürlich auch nicht wehren. Allerdings bevorzugen diese Kreise seit jeher eher weichgespülte Anwälte. Von einem Richter oder Staatsanwalt regelmäßig als Gegner geradezu angefordert zu werden, würde mich jedenfalls etwas an meinen Qualitäten als Strafverteidiger zweifeln lassen.