Schweigen ist böse. Nicht.

Mit deutlichen Worten ruft das Kammergericht Berlin einen Bußgeldrichter am Amtsgericht Tiergarten zur (Strafprozess-)Ordnung. Der Richter hatte und hat möglicherweise Probleme damit, dass Betroffene von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen.

So fand sich in seinen Entscheidungen zum Beispiel die Formulierung, wonach bei einem Betroffenen sein „Versuch…, dadurch die Aufklärung des Sachverhaltes zu verhindern oder zumindest zu erschweren, dass er sich zur Sache nicht einließ, … gescheitert ist“.

Hierzu das Kammergericht:

Seine Berufung auf das Schweigerecht, auf das der Tatrichter ihn zuvor hingewiesen hatte, wird damit als Mittel gewertet, dem etwas Ungehöriges anhaftet, weil es darauf abzielt, die Aufklärung des Sachverhaltes durch das Gericht zumindest zu erschweren. Diese Wertung lässt besorgen, dass der Tatrichter das dem Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare entstammende Recht zu schweigen, das zu den elementaren Wesensmerkmalen eines rechtsstaatlichen Verfahrens gehört, nicht als solches ansieht, sondern als unlauter und seine Tätigkeit unnötig erschwerend begreift.

Da er zugleich die Geldbuße gegenüber der – auch bei der höheren Geschwindigkeitsüberschreitung maßgeblichen – Regelbuße des Bußgeldbescheides verdoppelte, liegt die Annahme nahe, dass er hierbei eben dieses prozessuale Verhalten des Betroffenen zu dessen Lasten berücksichtigt hat.

Dieser Fehler, so wird betont, sei den Richtern schon aus früheren Verfahren bekannt. Deshalb haben sie die Rechtsbeschwerde zugelassen und das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben.

(Link zum Beschluss des Kammergerichts)